Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Jonas R
Wohnort: 
Göttingen

Bewertungen

Insgesamt 58 Bewertungen
Bewertung vom 08.11.2024
Lady Mechanika Volume 2
Chen, M. M.

Lady Mechanika Volume 2


weniger gut

More pseudoarchaeology, less clockwork steampunk

The stylish and, I think, somewhat fetishizing artwork continues, but as another writer takes the helm, Lady Mechanika is partnered with new supporting characters. The plot and motivation of the first collected volume are dropped, and Mechanika is set in a different track, to rescue a child and her grandfather. You get secret societies, Babylonian high technology and alchemy, ancient superweapons, lizardmen, and some exotism thrown in. A good part of the story takes place in "Africa", blissfully unspecific.
This felt a bit like a Tomb Raider story, although the ancient ruins are not explored by Lady Mechanika, but by the supporting characters. Neither Mechanika's artifical body parts nor her mysterious history were of particular importance.

Bewertung vom 08.11.2024
Une Semaine de Bonté
Ernst, Max; Appelbaum, Stanley

Une Semaine de Bonté


gut

Meine Rezension bezieht sich auf die deutsche Ausgabe von 1975, nicht die englische von 1976. Das Werk besteht aber weitgehend aus wortlosen Graphik-Collagen.

Max Ernsts Une Semaine de Bonté ist schwer zu beschreiben. Er hat zahllose Elemente aus verschiedenen Bildern ausgeschnitten und neu angeordnet. Menschen mit Tierköpfen, herumliegende Riesenegel, Meereswogen im Schlafgemach... Die 182 surrealen Collagen sind in sieben Gruppen als Woche strukturiert, jedem Tag ist ein Element zugeschrieben. Die Gruppen werden auch durch bestimmte Bildmotive zusammengehalten. So ist ihnen nicht nur durch die materielle Anordnung im Buch, sondern auch durch den konstruierten Wochenrahmen eine Sequenz, wenn schon keine Konsequenz gegeben. Für die deutsche Ausgabe (1963/1975) hat Max Ernst die kurzen Begleittexte/Zitate für jeden Wochentag neu gefasst/zusammengestellt. Das Buch ist ein berühmtes Werk des Surrealismus; als Comicfan frage ich mich aber auch, ob die wortlosen Bildgeschichten der Zeit (von Frans Masereel, Lynd Ward, Otto Nückel u.a.) Ernst beeinflusst haben.

Einerseits ist das Buch ein absolutes Fest des Surrealismus, der Phantastik und der graphischen Kunst. Andererseits verweigert es sich bestimmten Zugängen - zum Beispiel dem rationalen Verstehen. Ich habe mich oft gefragt, was bestimmte Bildelemente in der Collage eigentlich zeigen. Ist es Absicht, dass nicht wirklich zu erkennen ist, was die Figur da auf dem Bauch hat (oder was auch immer), oder bin ich zuwenig vertraut mit der Bildsprache des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, um die rekontextualisierten Schnipsel zu verstehen?
Mir fiel es nicht ganz leicht, mich davon zu lösen und der (alp-)traumhaften Fluidität dieser Bildwelt einfach hinzugeben. Ich suchte die Zusammenhänge (die reichlich vorhanden sind, deren Sinn sich aber dem Zugriff entzieht) und verpasste dabei vielleicht das unprätentiöse Staunen über die Chimären und das Rauschen des Sturms.
Persönliche Highlights: Der Mittwoch, und die Knochen im freitäglichen Liebeslied.

Bewertung vom 08.11.2024
I Shall Never Fall in Love
Conner, Hari

I Shall Never Fall in Love


ausgezeichnet

Funny, adorable, queer Regency romance!

Hari Conner's comic about a trio of friends growing up and dealing with social expectations - finding a match, specifically - is utterly delightful. Great artwork, witty writing, loveable characters, quirky situations, and sensitive, intelligent handling of issues around queerness, race, and money in a decidedly heteronormative, racist, elitist society. It's obvious Conner had fun writing and drawing their characters, most visible in the cartoony reaction faces of Eleanor, but also in the wider cast of characters. And it's heartwarming how the story shows kindness and acceptance, sometimes in unexpected places. I highly recommend it!

Bewertung vom 08.11.2024
Queer*Welten 10-2023 - Das queerfeministische Phantastik-Magazin
Vogltanz, Melanie;Bardilac, Eleanor;Klemp, Simon

Queer*Welten 10-2023 - Das queerfeministische Phantastik-Magazin


ausgezeichnet

Wieder eine gelungene Ausgabe! Fünf Kurzgeschichten, ein Gedicht, einen Essay, 18 Mikrofiktionen im Postkartenformat, zur Jubiläumsausgabe ein Einblick in die redaktionellen Abläufe - und wieder Veranstaltungshinweise und Rezensionen.
Ein paar der Postkarten fand ich weniger interessant, mit dem Gedicht konnte ich auch nicht soviel anfangen. Die stilistische Abwechslung der Geschichten gefiel mir. Gebrochene Figuren und die Suche nach Heil oder Heilung zogen sich als Themen durch die Kurzgeschichten. Die Charaktere in Vogltanz' "No Filter" fand ich stark. Die Iwein-Adaption von Bardilac ("Brunnenlied") ist reizvoll, bei ihrer gehobenen Prosa bin ich noch zwiegespalten, ob sie nicht etwas zu gekünstelt für meinen Geschmack ist und dadurch mein Eintauchen in die Geschichte behindert. Gekonnt geschrieben ist der Text jedenfalls. Klemps "Seelenpartnertest" ist ebenfalls gekonnt und konsequent geschrieben, strebt aber eine ganz andere Stilebene an (Alltag, Slice of Life, Umgangssprache). Die Hauptfigur leidet hier unter ihrem Wunsch, ein gesellschaftlich verbreitetes System von Anerkennung/Bestätigung auch auf ihre queere Beziehung anzuwenden.
"Unterschied" von Rosenberg wartet mit einer interessanten Konstellation auf, aber ich fand, die Geschichte hätte ein bisschen mehr Bewegung verdient - zuviele Elemente wiederholten sich für meinen Geschmack. Dahlkes "Sarah" schließlich beschreibt eine zarte, zerbrechliche Annäherung. Die androide Erzählstimme ist sehr menschlich; ich hätte es spannend gefunden, wenn Dahlke hier etwas tiefer in die Psyche (?) einer androiden KI eingestiegen wäre.

Perssons Essay "Auf Nimmerwiedersehen, Mittelerde" fand ich mittelmäßig. Er schwankt zwischen proklamatorischen Grundsätzen und persönlichen Einschränkungen, betont manche Aspekte (die ohne Zweifel wichtig ist), vernachlässigt aber andere und wirkt auf mich dadurch nicht ganz rund.

In ihrer Bandbreite hat mir die zehnte Ausgabe der Queerwelten richtig gut gefallen.

Bewertung vom 08.11.2024
Du entscheidest! Der Ruf des Kerkers
Conner, Hari

Du entscheidest! Der Ruf des Kerkers


ausgezeichnet

A Dungeon Adventure with Room for Kindness

Hari Conner's choose-your-own-path gamebook "Into the Dungeon" is short and sweet. It has less than 90 sections = pages (most of them illustrated), but packs a lot of engaging encounters and decisions into it. You can choose between four pre-generated characters with ungendered descriptions and different stats. Stats decide outcomes (there are no dice rolls), so for a dedicated player/reader it would be rewarding to figure out the best path through the dungeon for each character.

I've played two of the four characters, and "cheated" at lot to explore most of the pages, probably spending two hours or more with the book, which I thoroughly enjoyed. There are stills parts of the dungeon/caverns I haven't explored yet.

While the book provides a variety of threats, it is not combat focused. I like how Conner balances the satisfaction of a fight well-fought with that of resolving conflict without violence. There are many opportunities for wounds and death, but also interesting, moving social encounters waiting in the dungeon. It felt very rewarding to literally get the most out of a situation through kindness.

That, and the many black and white illustrations really make this gamebook shine.

Bewertung vom 16.10.2024
Ein göttliches Paar
Zeichnerin, Amalia

Ein göttliches Paar


sehr gut

Ein göttliches Paar von Amalia Zeichnerin ist eine romantische Novelle von knapp unter hundert Seiten. Der Spannungsbogen verläuft eher ruhig, die Handlung zielt weder auf heftige Dramatik noch auf Humor und Überraschungen ab. Unsicher bin ich mir, ob nicht doch der Konflikt mit dem Vater einer der beiden Hauptfiguren dramatischer rüberkommen sollte - das konfrontative Streitgespräch fand ich irgendwie blass und konnte die emotionale Aufgewühltheit des Protagonisten im Anschluss nicht recht mitempfinden.
Die Probleme, die dem Paar im Weg stehen (sowohl der Konflikt mit dem Elternhaus als auch das simple Missverständnis), sind recht konventionell und schlicht, aber für die kurze Novelle völlig ausreichend. Ähnlich verhält es sich mit der Botschaft, Liebe in all ihren Formen zu akzeptieren - diese Message steckt innerweltlich auch in den Lehren der Anhängerschaft des "göttlichen Paares", die in Gesprächen wiedergegeben werden. Für manche könnte das zu dick aufgetragen sein, aber im Kontext dieser recht ruhigen, kurzen Geschichte fand ich es in Ordnung.
Mir gefällt vor allem der Fokus auf Queerness und rücksichtsvoller Offenheit, der sich durch die Geschichte zieht. Das ist keine angetackerte queere Repräsentation, sondern wirklich schön umgesetzt und bildet ganz klar das Herz der Erzählung.

Bewertung vom 09.06.2024
Queer*Welten 07-2022
Moor, Iva;Krieg, Lisa Jenny;Dismond, Aisha Ella

Queer*Welten 07-2022


sehr gut

Die 7. Ausgabe der Queerwelten enthält drei Kurzgeschichten, einen Essay und einen Queertalsbericht und folgt damit der etablierten Struktur der Hefte.

Iva Moors "Medusas Lachen" fand ich gut erzählt. Moor seziert die Mythen um Medusa und erzählt sie aus der Perspektive ihrer Schwester. Die Entscheidung, diese Neuerzählung komplett in der ersten Person zu halten, ist nachvollziehbar. Die Umsetzung ist zwar insgesamt gut, lässt aber doch manche Passagen bemüht wirken. Insbesondere das Ende finde ich gestelzt.

"Die gläserne Tochter" von Lisa Jenny Krieg ist die kürzeste der drei Geschichten und hat mir am wenigsten zugesagt. Interessante Ideen, aber die Hintergründe bzw. das Worldbuilding bleiben kryptisch, weswegen die Protagonistin erzählerisch ein bisschen hängen gelassen wird, anstatt sie und ihre Motivationen besser zu verankern.

Die dritte Geschichte, "MGM und Baby Ray" von Aisha Ella Dismond, hat mir am besten gefallen. Die Charaktere sind spannungsreich, das dystopische Setting gut mit einer Mischung aus sehr konkreten und eher allgemeinen Elementen gezeichnet, ohne es zu sehr in den Vordergrund zu rücken, und die Handlung wird nie langweilig. Ganz vereinzelt finde ich, dass ein Detail zu betont nebensächlich inszeniert wird (Paz' Cyberbeine), und das Ende ist nicht auf Anhieb durchschaubar, während der Rest mit großer Klarheit erzählt wird. Trotzdem eine sehr coole Story!

Den Essay von Liv Katny ("Euer Happy End ist mein Alptraum - Queere und transhumane Ich-Erzähler*innen in phantastischer Literatur") fand ich auch gut. Katny untersucht, wie aus der Perspektive queerer Ich-Erzähler\*innen heteronormative Setzungen und Gewohnheiten unterlaufen werden können.

Im Queertalsbericht finden sich Rezensionen von vier Romanen, einem Sachbuch und einem Musikalbum.

Last but not least möchte ich das wunderbare Cover von Daniela Schreiter (@fuchskind) erwähnen. Die Titelbilder werden von Ausgabe zu Ausgabe abwechslungsreich immer wieder von anderen Künstler\*innen geschaffen, sind aber immer kontemplativ-friedlich bis hoffnungsvoll und damit ein gewisser Gegenpol zu den Geschichten, die oft leidvolle Erfahrungen thematisieren. Schreiters queere Hexe mit ihrer zufriedenen Katze ist vielleicht das bisher fröhlichste Cover und macht gute Laune.

Bewertung vom 29.12.2023
Die Henne Maja und der Fuchs
Timmer, Hannah;zum Buttel, Elke

Die Henne Maja und der Fuchs


sehr gut

Nachdem sich die Henne Maja im ersten Band Sorgen um ihre Kinder bzw. Eier machen musste, weil sie geraubt wurden, hat sie diesmal Angst, dass ihrem Sohn Fredi im Wirtshaus des Fuchses etwas Schlimmes zustoßen könnte. Ähnlich wie im ersten Band geht es also wieder um elterliche oder familiäre Sorgen, eben um ein Abenteuer der Mutter. Das wird mit Humor und Gefühl erzählt und mit liebevollen Bildern von Elke zum Buttel illustriert.
Schade ist, dass dieses zweite Buch keinen Anhang aufweist. Im ersten Band wurde die polizeiliche Handlung fachkundig und kindgerecht im Glossar erklärt; der zweite Band hat leider keine Entsprechung dazu. Aus der Handlung heraus bietet sich auch nichts in dieser Richtung an, dennoch vermisse ich hier den Reiz, den das Glossar in der ersten Geschichte ausmachte.
Wer gerne Bilderbücher aus dem Selbstverlag mit Tieren als Protagonisten mag, sollte sich die Henne Maja ansehen.

Bewertung vom 05.09.2023
Queere Familien
Nicolaisen, Jasper

Queere Familien


ausgezeichnet

Jasper Nicolaisen hinterfragt das Familienmodell, das in unserer Gesellschaft meist noch als Norm und normal hingestellt wird, und zweifelt auch damit gängige Abwertungen anderer Familientypen an, zu denen diese Norm nicht passt. Dabei geht es nicht in erster Linie um geschlechtliche oder sexuelle Queerness von Personen, die Elternrollen übernehmen, sondern um einen weitergefassten Begriff von Queerness, der die Reibung mit der sozialen Norm ins Zentrum rückt.

Er lädt dazu ein, über die möglichen Stärken solcher Familien nachzudenken. Mich störte an ein, zwei Stellen sein stilisierter Selbstbezug, aber insgesamt gelingt ihm eine umsichtige Betrachtung, wie (nicht nur) queere Familien, indem sie bestimmte Werte leben und dadurch utopisches Potenzial entwickeln. Dabei mischt er einen lockeren Plauderton mit anspruchsvollen Sätzen. Gelungenes, kurzes Büchlein, das zur Reflektion und zu einem wertschätzenden Umgang mit Anderen (und Andersartigen) anregt - und sicher auch eine Streicheleinheit für alle, die von der Omnipräsenz idealisierter Familienharmonie frustriert sind.

Bewertung vom 18.08.2023
Love and Gravity
North, Ari

Love and Gravity


ausgezeichnet

This is the second half of Always Human, a wlw romance in a scifi setting. Both Sunati and Austen are confronted with difficult decisions and struggle with making life-altering choices. I love how Ari North does not just tell a romantic story, but at the same time let's the characters discuss their mistakes and help each other grow. We don't have enough stories that not only show problematic behaviours, but also let's the characters explicitly reflect and improve.

Favourite bits (without spoilers): The talking teddy in the blanket fort (though Bob the Shark is also great, of course), and the matching Lumo-Tats. Yes, I enjoy Rae very much, how do you know?