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Berlin
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Bewertungen

Insgesamt 623 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2017
Noble Gesellschaft
Weng, Joan

Noble Gesellschaft


gut

In der noblen Gesellschaft im Berlin der 20er Jahre kommt es zu gehäuften Todesfällen, auf den ersten Blick Selbstmorde, doch der berühmte UFA Schauspieler Carl von Bäumer glaubt nicht daran. Das wäre viel zu einfach. Sein Lebensgefährte Paul ist bei der Polizei und so ist Carl dicht dran an den Ermittlungen und stellt auch eigene Nachforschungen an. Zu dem ersten Todesfall kommen noch ein verschwundenes Hausmädchen und ein hinterrücks erschossener Stricher eines Ringerverbandes hinzu und ganz langsam kann Carl die Verbindungen herstellen.
In „Noble Gesellschaft“ zeichnet Joan Weng ein sehr schönes Porträt der Gesellschaft Mitte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Besonders die wohlhabenderen Leute führen ein fast schon dekadentes Leben mit Hauspersonal, Feiern und Champagner während andere sich sehr abrackern müssen. Ein wichtiges Thema ist auch das Verbot von homosexuellen Beziehungen, was immer wieder am Beispiel von Carl und Paul dargestellt wird, die nicht zu ihrer Liebe stehen dürfen, im Familienkreis aber sehr offen damit umgehen. Diese Darstellungen einer Gesellschaft in einer bestimmten Zeit sind sehr gelungen und machen das Lesen zu einem Vergnügen.
Ich finde den Begriff des Krimis für dieses Buch jedoch sehr schwierig. Es wird zwar in einem Mordfall ermittelt, doch alles sehr nebenbei und ohne größere Bedeutung, auch die Polizeiarbeit von Paul spielt kaum eine Rolle, was ich in einem Krimi jedoch erwarten würde. Carl schlendert eher als Hobbydetektiv durchs Leben, dem ein paar Hinweise in den Schoß fallen, wie der Fall zu lösen ist. Spannung entstand für mich beim Lesen jedoch nicht wirklich, was ich sehr schade fand. Als großer Fan der Gereon-Rath-Reihe von Volker Kutscher hatte ich mir hier mehr erhofft, als die gelegentliche Erwähnung des berühmten Namens Ernst Gennart.
Alles in allem empfinde ich „Noble Gesellschaft“ von Joan Weng als schöne Gesellschaftsbeschreibung, jedoch fehlte mir die Spannung, die ich von einem Krimi erwarte. Es plätscherte für mich etwas zu sehr dahin, ohne treibende Kraft in der Kriminalhandlung.

Bewertung vom 22.02.2017
Kleine Geschichte der Malerei
Gebhardt, Volker

Kleine Geschichte der Malerei


sehr gut

Eine „Kleine Geschichte der Malerei“ – kann es das überhaupt geben? Kann man etwas so Komplexes in einem kleinen Taschenbuch wie diesem zusammenfassen, ohne den Leser zu überfordern oder einfach Relevantes wegzulassen? Volker Gebhardt wagt mit diesem Buch zumindest einen Versucht, und der ist meine Meinung nach recht gelungen.
Ich selbst habe mir das Buch nach einem Museumsbesuch gekauft, denn der Audioguide war zwar gut und schön, aber ich hätte einfach gerne mehr Hintergrundwissen, wenn ich durch Museen laufe und möchte die Dinge gerne selbst etwas besser einordnen können. Natürlich kann dieses Buch nur einen minimalen Beitrag dazu leisten, aber dafür eignet es sich gut. Die Aufmachung ist zunächst einmal sehr übersichtlich, schon von außen kann man anhand der farbigen Markierungen der Seiten sehen, wo ein neuer Abschnitt beginnt und man findet sich schnell zurecht. Auch die Abdrucke der Bilder fand ich qualitativ für das Taschenbuch sehr gut und man konnte vom Text immer schnell zu Bildern am Rand springen, um schnell anhand des Bildes die beschriebenen Grundlagen nachvollziehen zu können.
Kritisch anmerken muss ich jedoch, dass mir das ganze teilweise zu abstrakt beschrieben war und zu viele Informationen in kürzeste Absätze gepresst wurden. Sicher gibt das dünne Format schon vor, dass hier alles schnell gehen muss. Ich hätte mir aber gewünscht, lieber den einen oder anderen Künstler wegzulassen und dafür mehr Wissen über zentrale Themen und Motive zu vermitteln.
Alles in allem hat mir das die „Kleine Geschichte der Malerei“ von Volker Gebhardt sehr gut gefallen, auch wenn ich mir an manchen Stellen eine Konzentration auf den großen Überblick gewünscht hätte, statt an vielen Stellen ins Detail zugehen. Ein großer Überbau hat mir an mancher Stelle beim Lesen gefehlt.

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Bewertung vom 22.02.2017
Im ersten Licht des Morgens
Baily, Virginia

Im ersten Licht des Morgens


ausgezeichnet

Im ersten Licht des Morgens
Im ersten Licht des Morgens
Virginia Baily
Rezension vom 22.02.2017 (0)

Eigentlich wollte Chiara nur einen Freund besuchen. Im Rom im Jahre 1943 ist sie unterwegs im jüdischen Ghetto, als die Nationalsozialisten die Juden zusammentreiben, um sie in Lager zu bringen. In Sekunden muss sie sich entscheiden, was sie tun soll – und rettet einen Jungen vor dem sicheren Tod, indem sie sich als seine Tante ausgibt. Jahre später holt sie diese Geschichte wieder ein, Danieles Tochter meldet sich bei ihr, sie ist auf der Suche nach ihrem Vater. Chiaras Leben gerät nach ruhigen Jahren wieder völlig durcheinander, denn auch sie weiß nicht, wo Daniele ist.
Virginia Bail ys Roman „Im ersten Licht des Morgens“ ist eine wunderschöne Geschichte über die unbegrenzte Liebe einer Mutter zu ihrem Adoptivsohn und gleichzeitig ein wunderbares Porträt einer besonderen Stadt. Das römische Lebensgefühl dringt aus jeder Zeile der Geschichte und man wandelt beim Lesen mit Chiara durch die Straßen der ewigen Stadt, leistet ihr Gesellschaft bei Cappuccino und Cornetti und schlendert mit der jungen Maria durch die Ruinen des alten Roms. All dies ist jedoch nur die Basis für eine sehr bewegende Geschichte, die kein Einzelfall ist. Zahlreiche jüdische Familien wurden von den Nazis getrennt und auseinandergerissen. Daniele Levi, Chiaras Ziehsohn, ist hier nur ein Beispiel für viele gescheiterte Lebensentwürfe.
„Im ersten Licht des Morgens“ von Virginia Baily ist ein Roman voller Strahlkraft und Liebe, der einen sofort mitreißt und auf eine Reise schickt, die nicht immer leicht ist, aber einen umso mehr als Leser bewegt. Mich hat Danieles Schicksal ebenso sehr berührt wie das Chiara, Maria und Simone, alles sehr beeindruckende Figuren, daher konnte ich das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen.

Bewertung vom 09.02.2017
Elefant
Suter, Martin

Elefant


ausgezeichnet

In seiner Schlafhöhle findet der Obdachlose Schoch etwas, was er zunächst für ein Spielzeug hält, dann für eine alkoholbedingte Vision: einen kleinen rosa Elefanten, der aussieht wie eine Spielzeugausführung eines echten Elefanten und im Dunkeln leuchtet. Mit einem Unterschied: dieser Elefant lebt. Schoch erkennt schnell, dass dieses Wunderwerk geschützt werden muss und hat ebenso schnell den Schöpfer – wenn man ihn so nennen will- des kleinen Elefanten auf den Fersen. Dr. Roux will endlich berühmt und reich werden und dieser Miniaturelefant soll sein Schlüssel dazu sein.
„Elefant“ von Martin Suter ist zunächst einmal wunderschön geschrieben. Man verliert sich als Leser in Sprache und Handlung und muss sich unweigerlich auf die Geschichte des rosa Mini-Elefanten einlassen. Dabei trifft man auf wirklich herzensgute Menschen, die Sabu vor dem Schicksal, als Spielzeug für Kinder zu enden, die sonst schon alles haben retten wollen und gleichzeitig auf kalte Karrieristen, für die der kleine Elefant nur das Produkt eines wissenschaftlichen Experiments ist, das man besitzen und vermarkten kann, wie man möchte. Damit baut Suter gleichzeitig eine Drohkulisse vor uns auf und zeigt, was Genmanipulation schon heute bewirken kann. Unausgesprochen schwingt für mich dabei auch die Frage mit, was mit dem Ergebnis des Experiments passiert wäre, wenn es eben nicht ein niedlicher rosa Elefant geworden wäre, sondern etwas Beängstigendes, vielleicht Hässliches, Abstoßendes. Hätten sich dann auch so schnell Menschen gefunden, um das Wesen zu schützen und zu retten?
Martin Suters Roman „Elefant“ ist eine zauberhafte Geschichte, die auf das Gute im Menschen setzt, ein Kampf Gut gegen Böse um den putzigsten Protagonisten, der sich momentan auf der Bestsellerliste tummelt. Nur, dass das Böse eben nicht mehr wie in alten Märchen ein dunkler Zauberer oder eine schrumpelige Hexe ist, sondern ein außer Kontrolle geratenes wissenschaftliches Forschungszentrum, dass nur auf Profit und Popularität ausgerichtet ist und nicht auf gesundheitliche Aspekte der Genforschung. Für mich ist „Elefant“ von Martin Suter ein Ausnahmebuch, großartig zu lesen, mit einer tollen Idee und spannenden Umsetzung. Dieses Buch sollte ohne Einschränkung auf jede Leseliste.

Bewertung vom 06.02.2017
Rain Dogs / Sean Duffy Bd.5
McKinty, Adrian

Rain Dogs / Sean Duffy Bd.5


ausgezeichnet

Der neueste Band um den irischen Kommissar Sean Duffy heißt „Rain Dogs“ und spielt in Nordirland im Jahr 1987. Eine tote Frau wird in einer Burg gefunden und alles deutet darauf hin, dass sie Selbstmord begangen hat. Besonders da wie es scheint nachweislich niemand in der fraglichen Zeit die Burg betreten oder verlassen konnte, da ein schweres Gitter am einzigen Eingang heruntergelassen war. Doch die Gerichtsmedizin findet deutliche Hinweise für einen Mord und Duffy muss sich schon das zweite Mal in seiner Karriere mit dem Phänomen des „Locked Room“ auseinandersetzen.
Adrian McInty hat für seinen Ermittler Duffy wieder einen hochspannenden Fall geschaffen. Doch nicht nur die Ermittlungen reißen einen als Leser mit, die ganze Szenerie rund um den Protagonisten Sean Duffy ist einfach hervorragend angelegt. Seine beiden Kollegen Crabbie und Lawson sind sehr unterschiedlich, dabei jedoch beide sehr sympathisch und zu dritt ergänzen sie sich großartig und sind ein tolles Team. Von anderen Krimis hebt sich auch die Idee ab, die Krimi-Reihe während der Unruhen in Nordirland spielen zu lassen und so ein ganz besonderes Umfeld zu schaffen. McInty lässt sich jedoch nicht dazu verführen, Duffy in rein politischen Morden und Anschlägen ermitteln zu lassen, im Gegenteil, gerade die alltägliche Polizeiarbeit in solch schwierigen Zeiten zeigt er am Beispiel von Sean Duffy und macht seine Bücher dadurch besonders mitreißend. So muss Duffy zum Beispiel jedes Mal bevor er in sein Auto steigt, kontrollieren, ob darunter auch keine Bombe versteckt ist. Was diese Situation mit der Phsyche der Polizisten in der Zeit macht, kann sich jeder Leser anhand der Beschreibungen schnell denken.
„Rain Dogs“, der inzwischen fünfte Band der Reihe um den Ermittler Sean Duffy von Adrian McInty ist ein spannender und mitreißender Krimi, der einem gleichzeitig ein gutes Gefühl für die unruhige Situation in Nordirland in den 80er Jahren vermittelt. Für alle Krimi-Fans ist die Sean-Duffy Reihe von Adrian McInty ein Muss.

Bewertung vom 03.02.2017
Shylock
Jacobson, Howard

Shylock


sehr gut

Shylock und Strulovitch lernen sich zufällig kennen, auf einem jüdischen Friedhof kommen sie ins Gespräch und der Kunstsammler Strulovitch lädt Shylock in sein Haus ein. Dessen Tochter ist verschwunden, während Strulovitchs Teenager-Tochter Beatrice grundsätzlich zwar noch zu Hause wohnt, aber eindeutig ihre Grenzen testet. Neuester Coup ist die Freundschaft zu It-Girl Plurabelle und die Beziehung zu seinem Fußballprofi, der zu allem Überfluss auch noch kein Jude ist. Für Strulovitch gibt es nur eine Möglichkeit, die Beziehung zu legitimieren: Der Fußballprofi soll sich nachträglich beschneiden lassen. Das erscheint dem jedoch etwas zu gewagt und die Geschichte nimmt Fahrt auf.
Howard Jacobsons Roman „Shylock“ ist im Rahmen des Hogarth Shakespeare-Projekts bei Knaus erschienen und ist eine Neubehandlung von Shakespeares Stoff aus „Der Kaufmann von Vendig“. Schwerpunkt des Romans sind die Gespräche zwischen Shylock und Strulovitch, in denen es hauptsächlich um ihre jüdische Identität geht, inwieweit sie sie beeinflusst und wo die Grenzen sind, die sie nicht überschreiten würden. Strulovitch wurde selber von seinem Vater enterbt, als er eine Christin heiratete, trotzdem stellt er jetzt fest, dass er als Vater ebenso handelt und sich nicht vorstellen kann, dass Beatrice keinen Juden heiratet. Die Gespräche zwischen Shylock und Strulovitch sind höchst amüsant zu lesen, sie haben sich scheinbar völlig in eine Blase zurückgezogen, aus der sie Entscheidungen treffen, die am Leben vorbeizugehen scheinen. So hat Beatrice dann auch entsprechend wenig Verständnis für die Vorstellungen ihres Vaters. Die Geschichte mit der nachträglichen Beschneidung führt Jacobson am Ende derart ad absurdum, dass man beim Lesen nur noch lachend den Kopf schütteln kann.
Der Roman „Shylock“ von Howard Jacobson ist ein witziger Parforceritt durch das jüdische Selbstverständnis der Hauptfiguren und sehr unterhaltsam zu lesen, daher kann ich den Roman nicht nur Shakespeare-Fans guten Gewissens weiterempfehlen.

Bewertung vom 31.01.2017
DuMont BILDATLAS Toskana
Henss, Rita

DuMont BILDATLAS Toskana


ausgezeichnet

Was für ein wunderschönes Heft! Dazu muss man sagen, dass ich selber ein Jahr lang in der Toskana gelebt und studiert habe, der Region bin ich also sowieso verbunden. Im Dumont Bildatlas werden jetzt spannende Informationen rund um Essen, Leben und Feste in der Toskana vorgestellt und mit wunderbaren Bildern untermalt, die die Schönheit von Siena, Florenz und der Landschaft noch einmal unterstreichen.
Die Informationen sind dabei vielfältig, man sollte sich jedoch keinen Reiseführer-Ersatz darunter vorstellen. Für alle, die zu Hause auf dem Sofa schon etwas träumen möchten, bevor es losgeht oder die, die sich an die schöne Zeit erinnern möchten, ist der Bildatlas auf jeden Fall perfekt. Die Restaurant-/Hoteltipps können aber auf keinen Fall einen ausführlichen Reiseführer ersetzen.

Bewertung vom 31.01.2017
Die Kleidermacherin
Pradas, Núria

Die Kleidermacherin


gut

Roser und Laia sind zwei Frauen aus völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, doch etwas verbindet sie: Die Liebe zur Mode und zum Modehaus Sant Eulalia, das Rosers Familie gehört. Beide durchleben die turbulenten 20er und 30er Jahre in Barcelona, glückliche und unglückliche Zeiten, Krieg und Frieden.
Nuria Pradas Hauptfigur in die „Die Kleidermacherin“ ist Laia, eine junge Frau aus ärmeren Verhältnissen, die durch ihr Talent zum Star des Barceloner Modehauses aufsteigt. Leider schafft es die Autorin nicht, einem Laias Gefühle und Handlungen wirklich näher zu bringen und die Figuren werden so nicht schlüssig miteinander verbunden. Alles wirkt wie ein loser Verbund aus kurzen Episoden, die es nicht richtig schaffen sich zu einem geschlossenen Roman mit einer nachvollziehbaren Protagonistin zusammenzufügen. Auch Rosers Rolle in der ganzen Handlung ist mir bis zum Schluss nicht ganz klar geworden.
Das Thema des Buches fand ich jedoch sehr spannend und interessant, auch wenn mich die Umsetzung nicht richtig überzeugen konnte. Die Modewelt entwickelt sich in 20er und 30er Jahren auf ganz neue Art und Weise und gerade für Frauen wurde es immer wichtiger, sich durch Mode auszudrücken und ihre Persönlichkeit zu unterstreichen. „Die Kleidermacherin“ macht sehr schön deutlich, dass nicht nur Paris als Zentrum der Mode hier einen Beitrag leistete, sondern es weltweit viele Häuser gab, die sich der Mode und ihren Trägerinnen verschrieben hatten.
Nuria Prada hat mit „Die Kleidermacherin“ ein spannendes Thema in einer sehr spannenden Zeit gewählt, leider sind die Charaktere meiner Meinung nach viel zu flach und erreichen einen als Leser emotional nicht, so dass mich das Buch nicht richtig mitreißen konnte.

Bewertung vom 30.01.2017
Lunapark / Kommissar Gereon Rath Bd.6
Kutscher, Volker

Lunapark / Kommissar Gereon Rath Bd.6


ausgezeichnet

Inzwischen ist der sechste Band der Krimi-Reihe um Gereon Rath erschienen und „Lunapark“ spielt im Jahr 1934. Als ein SA-Mann tot aufgefunden wird und dazu noch eine kommunistische Parole über ihm an der Wand prangt, ist für das simple Schwarz-Weiß-Denken der Sicherheitspolizei sofort klar, dass hier Kommunisten gezielt Jagd auf –natürlich unschuldige- SA-Männer machen. Rath muss in diesem Fall mit seinem alten Kollegen Gräf zusammen ermitteln, der inzwischen bei der Sicherheitspolizei arbeitet. Dies stellt Rath vor große Probleme, denn die simplen Verurteilungen der politischen Polizei kann er nicht akzeptieren und begibt sich, wie so oft, auf eigene Ermittlungen. Das bringt ihm einmal wieder mehr Ärger ein, als er eigentlich gedacht hatte und auch sein altes Feindbild Dr. Marlow taucht wieder auf.
Der neue Band von Volker Kutscher rund um den Berliner Kriminalkommissar Gereon Rath übertrifft meiner Meinung nach alle vorhergehenden Bände noch einmal an Qualität und besonders an historischer Auseinandersetzung mit dem Umfeld des Protagonisten. Mit viel Sinn für Details und Stimmungen beschreibt Kutscher, wie der Nationalsozialismus sich langsam auch in den Alltag der Familie Rath einschleicht. Neben der Kriminalermittlung nimmt dies den Hauptteil der Geschichte ein und macht auch den besonderen Reiz des Buches aus. Natürlich ist auch die Kriminalhandlung wieder spannend beschrieben, doch Raths Arbeit lässt sich nicht mehr losgelöst von der politischen Situation sehen, was für die Hauptfigur selbst am schwierigsten zu sein scheint. Er will eigentlich nur in Ruhe seiner Arbeit nachgehen, so das Gefühl beim Lesen, doch inzwischen ist alles politisch und besonders der Tod eines SA-Mannes ist nicht mehr objektiv zu untersuchen.
Volker Kutscher zeigt in „Lunapark“ auf eindrucksvolle Weise, wie der Nationalsozialismus sich immer weiter verbreitet und wie er das Leben aller Menschen beeinflusst. Diese gesellschaftlichen Veränderungen packt er dabei in einen spannenden Krimi, den man einfach nicht mehr aus der Hand legen kann. Ein großartiger Roman, der weit mehr ist als ein Krimi, sondern uns einen detaillierten Blick auf die gesellschaftlichen Umbrüche der 30er Jahre werfen lässt.