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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 575 Bewertungen
Bewertung vom 28.12.2020
Picknick im Dunkeln
Orths, Markus

Picknick im Dunkeln


sehr gut

Gleich mal vorneweg eine Warnung: Wer nach dem Verlagstext "eine aufregende philosophische Reise, eine urkomische und todernste Geschichte über die großen Fragen des Lebens" erwartet, wird wahrscheinlich etwas enttäuscht sein.

Das hat dieser kluge, kurze Roman jedoch nicht verdient. Leider werden die Klappentexte jedoch auch hierzulande immer reißerischer, keine Ahnung, was sich die Marketing-Abteilungen davon versprechen. Jedenfalls habe ich in "Picknick im Dunkeln" keine urkomischen Passagen gefunden, wohl aber fein dosierten Wortwitz. Und ja, es geht um den Tod, darum ob und wenn ja was uns danach erwartet, und die philosophischen Betrachtungen sind durchaus ernst, aber deswegen nicht gleich todernst.

Der Plot mutet zunächst mystisch-skurril an: Stan Laurel, bekannt vor allem als Komiker des legendären Filmduos "Laurel und Hardy"/"Dick und Doof", trifft in einem zappendusteren Gang auf den rund 700 Jahre vor ihm geborenen Thomas von Aquin, seines Zeichens dominikanischer Theologe und Philosoph. Autor Markus Orths schafft eine unterhaltsame und lehrreiche Melange aus einer Doppelbiografie und einem philosophischen Spaziergang.

Ich habe das Buch zwei Mal gelesen und kann dies nur empfehlen: Es steckt voller sprachlicher Kleinode, besonders die witzig-beschreibenden Neologismen, wie etwa "Schneckenfühlerfingerchen" haben es mir angetan. Für das bessere Verständnis manch philosophischen Gedankengangs hätten mir etwas mehr einschlägige Vorkenntnisse wohl geholfen. Sehr bereichernd fand ich hingegen die wahre Flut an biografischen Details, vor allem zu Stan Laurel. Daneben ist der Roman aber vor allem auch eine Geschichte über zwei Männer, die aus völlig unterschiedlichen Erfahrungs- und Glaubenswelten stammen, und die dennoch in einen wirklichen Dialog treten. Die den Gesprächspartner erzählen lassen und ihm aufmerksam zuhören, versuchen, ihn zu verstehen, auch das, was zunächst fremd erscheint, ins eigene Denken zu lassen.

So gesehen ein wichtiges Buch, gerade in einer Zeit, in der sich vorgefasste Meinungen schnell zementieren und Diskussionen oft zum reinen Schlagabtausch statt zu wirklichem Dialog verkommen.

Bewertung vom 22.12.2020
Tödliche Gemälde
Bernheimer, Konrad

Tödliche Gemälde


sehr gut

Mein Interesse an diesem Kunstkrimi wurde zum einen durch die interessante Vita des Autors geweckt - Der in Venezuela geborene Konrad O. Bernheimer gilt als einer der bedeutendsten Kunsthändler Europas.

Da ich seit dem Beginn der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Beschränkungen unter mittelschwerem "Museums-Entzug" leide und sehr gerne Krimis lese, lockte mich die Kombination aus spektakulären Morden und psychologisch raffiniert gestaltetem Verwirrspiel, die der Klappentext verspricht.

Ich habe den Roman fast in einem Zug durchgelesen und wurde bestens unterhalten. Dennoch möchte ich gleich zu Beginn eine kleine Warnung aussprechen: Leser klassischer Kriminalromane werden unter Umständen ihre Probleme mit der Geschichte haben. Zu klischeehaft sind die Figuren, der Zufall spielt dem Protagonisten oft extrem in die Hände, der Plot ist an vielen Stellen arg konstruiert, nicht schlüssig und realitätsfern. Und dass der Täter sehr schnell als solcher bekannt ist, lässt die Spannung naturgemäß ziemlich abflachen.

Dennoch gebe ich aus vollem Herzen eine Leseempfehlung für diesen Debütroman. Und zwar an alle, die bereit sind, ihn (wie ich) mit einem Augenzwinkern zu lesen. Die Story ist nämlich eine wirklich witzige Persiflage des internationalen Kunsthandels. Das der Autor dieses Metier wie seine Westentasche kennt, merkt man an vielen witzigen Details. Die Kunstwerke nach denen der Protagonist seine Morde inszeniert - was mich im übrigen an den Film "Seven" von David Fincher erinnert hat - sind ganzseitig im Buch abgebildet. Zwar in schwarz-weiß, aber um den gleichermaßen fundierten wie interessanten kunsthistorischen Betrachtungen des Autors zu folgen reichen die Illustrationen allemal.

Mein größter Kritikpunkt gilt der Sprache. Stilistisch ist hier jede Menge Verbesserungspotenzial, was ich nicht mal so sehr Bernheimer anlaste, der immerhin seine ersten Schritte als Romancier unternommen hat. Vielmehr ist mir schleierhaft, wie das Verlagslektorat derart viele Fehler in Druck geben konnte.

Dennoch: Ich habe mich köstlich amüsiert, viel über Renaissance-Kunstwerke, einiges über katholische Märtyrer und Heilige gelernt und bin ein wenig über den Kunsthandel entsetzt. Vor allem aber warte ich schon jetzt auf den angekündigten Folgeband!

Bewertung vom 21.12.2020
Räuchern in Winterzeit und Raunächten
Fuchs, Christine

Räuchern in Winterzeit und Raunächten


sehr gut

Egal ob man Räucherriturale als Unterstützung für den eigenen, spirituellen Weg nutzen möchte, oder ob man einfach neugierig ist, wie sich wohlduftende Kräutermischungen und Harze auf Stimmung und Wohlbefinden auswirken - das neue Buch von Christine Fuchs bietet praktische Anleitung dazu.

Im ersten Teil erläutert die Räucherexpertin traditionelle keltische und germanische Bräuche, bei denen getrocknete Pflanzenteile verglüht wurden. Hier hätte ich es schön gefunden, sich nicht nur auf unseren Kulturkreis zu beschränken, sondern auch kurz auf Rituale aus dem asiatischen, afrikanischen und amerikanischen Kulturkreis einzugehen. Es folgt eine Beschreibung des keltisch-germanischen Jahreskreises mit besonderem Augenmerk auf die sogenannten Zeitqualitäten, veränderte Lichtverhältnisse und Stimmungen in der Natur.

In die Begriffsbestimmung der Raunächte bringt Fuchs zunächst einmal Klarheit, gibt es doch gleich drei verschiedene kalendarische Festlegungen. Die Autorin plädiert hier für eine individuelle Herangehensweise, sie fordert dazu auf, nachzuspüren welche Zeit für einen selbst die stimmigste für diese winterlichen Rituale ist. Für mich ist dies eine sehr pragmatische und sympathische Herangehensweise. Zu den einzelnen Raunächten schließlich gibt es neben Hintergrundinformationen jeweils die Schilderung eines persönlichen Erlebnisses beim Räuchern (nicht der Autorin) sowie - übersichtlich in einem farbigen Kasten abgesetzt - Beispiele für Tagesfragen, mit denen man sich in der jeweiligen Raunacht auseinander setzen kann.

Abgerundet wird das Buch schließlich mit Tipps zu Utensilien und Räuchermischungen. Die stabilen ausklappbaren Umschlaginnenseiten des Softcovers zeigen stimmungsvolle Arrangements zu den sechs traditionellen Wegmarken, von Herbstbeginn über Advent bis zu Lichtmess. Überhaupt ist das Buch optisch sehr gelungen, ein modernes Layout und viele, ansprechende Fotos machen Freude beim Durchblättern und wecken Lust, sich umgehend ans Räuchern zu machen.

Bewertung vom 18.12.2020
Immer wieder vegan
Seiser, Katharina

Immer wieder vegan


ausgezeichnet

Dieses moderne, hochwertig gestaltete und sehr durchdachte Kochbuch trifft genau meinen Geschmack. Und wo bitteschön, wenn nicht bei einem Kochbuch, kommt es auf Geschmack an ...?! Schon als ich es zum ersten Mal in der Hand hielt, war ich quasi verliebt: Ein edler Leineneinband in frohen Farben lädt zum Schmökern ein, die moderne, übersichtliche Gestaltung macht Lust, sofort den Kochlöffel zu schwingen, und gleich zwei Lesebändchen ersparen Einmerker, die rausfallen können.

Die erfahrene Kulinarik-Journalistin und Autorin bereits mehrerer Kochbücher, Katharina Seiser, stellt hier 70 Rezepte aus 30 Ländern vor. Allesamt sind "von vorneherein" vegan und kommen ohne jegliche Fleischersatzprodukte aus. Die Gerichte sind praktischerweise nach unseren vier Jahreszeiten geordnet, was das saisonale Einkaufen und Kochen sehr erleichtert. Darüber hinaus gibt es ein Kapitel mit Rezepten, die "jederzeit" zubereitet werden können, da sie ohne Frisches vom Markt auskommen. Innerhalb der Kapitel gibt es eine Ordnung nach Frühstück / kalt / lauwarm / warm und süß.

Den ersten Teil des Buchs bildet eine ausführliche Warenkunde, in der Seiser hilfreiche Tipps zu Einkauf, Lagerung, Küchenwerkzeug und Verwendung gibt. Der Hinweis, Küchenmesser regelmäßig schleifen zu lassen fehlt hier genauso wenig wie die Warnung, mit Meersalz Mikroplastik zu sich zu nehmen.

Zum Schluss runden ein Glossar mit Fachbegriffen, ein ausführliches Register (praktischerweise nach Namen und Zutaten verschlagwortet) und einer wahre Flut an Literaturtipps dieses Kleinod im Bücherregal ab.

Aber nun zum Wichtigsten, den Rezepten: Schmecken sie? Und wie! Ich koche mich gerne "rund um den Globus", aber ich habe hier viele kulinarische Neuentdeckungen gemacht. Wie schwierig oder aufwändig ist die Zubereitung? Das variiert, ist aber anhand entsprechender Symbole auf einen Blick zu erkennen. Mir ist jedenfalls bislang alles problemlos gelungen, und ich habe einige neue Lieblingsrezepte gewonnen.

Für alle, die weniger tierische Produkte essen wollen (oder die, die bereits vegan leben) und neugierig auf fremdländische Gaumenfreuden sind, die sich auch mit hiesigen Zutaten gut zubereiten lassen, ist dieses Kochbuch genau das Richtige!

Bewertung vom 11.12.2020
Grace. Das Mädchen mit den weißen Handschuhen
Maher, Kerri

Grace. Das Mädchen mit den weißen Handschuhen


weniger gut

Dieser Roman über das Leben von Grace Kelly, der oscarprämierten US-Schauspielerin und späteren First Lady des Fürstentums Monaco, lässt mich ziemlich ratlos zurück.

Das - viel zu kurze - Leben der schillernden Persönlichkeit bot jahrzehntelang reichlich Stoff für die Regenbogenpresse, ihr dramatischer Unfalltod gab Anlass zu wilden Spekulationen, und so hatte ich eine fesselnde Geschichte, gespickt mit biografischen Details, erwartet. Doch leider erzählt Kerri Maher die erste Hälfte des Buch unglaublich langweilig, vor allem Graces Werdegang als junge Schauspielerin gerät zu einer drögen Aneinanderreihung belangloser Gespräche und Begegnungen, lediglich unterbrochen von diversen Liebschaften und ihrem fortwährenden Buhlen um die Anerkennung des Vaters. Grace lernt die damaligen Größen des Filmgeschäfts kennen, doch leider bleiben diese als Romanfiguren blaß und oberflächlich, die Autorin schafft es nicht, sie wirklich zum Leben zu erwecken. Begegnungen geraten zum bloßen Namedropping, Gespräche mit Tiefgang sind selten. Interessant ist die Maschinerie der Filmindustrie, die Macht der großen Filmgesellschaften und Regisseure, aber leider verliert sich auch das etwas zwischen vielen Belanglosigkeiten.

Die Protagonistin wird als taktierende Frau geschildert, die ihr Leben lang erfolglos um Anerkennung - zunächst durch den Vater, später durch den Ehemann - buhlt. Die Männer werden fast durchweg in sehr schlechtem Licht gezeichnet, und so wundert es auch wenig, dass sich der Traumprinz aus Monaco schnell zum Despoten entpuppt, den Grace nur deshalb nicht verlässt, weil sie laut Ehevertrag ansonsten ihre Kinder nicht mehr sehen dürfte. Wie es um die Beziehung von Grace und Rainier in Wirklichkeit stand, wussten natürlich nur die beiden, aber die Darstellung hier im Roman ist für meinen Geschmack doch sehr einseitig. Grace ist die Gute, Rainier der Böse.

Gut gelungen ist der (fiktive) mehrmonatige Briefwechsel zwischen dem künftigen Fürstenpaar vor ihrer Hochzeit. Hier gewinnen die beiden Kontur und man bekommt eine Ahnung davon, was sie aneinander fanden. Das letzte Drittel des Romans nimmt dann auch etwas an Fahrt auf und konnte mich mehr fesseln. Insgesamt hat mich die literarische Umsetzung dieser spannenden Vita jedoch sehr enttäuscht, hier wurde viel Potenzial verschenkt.

Bewertung vom 07.12.2020
PASTA
Pearson, Anna

PASTA


ausgezeichnet

Obwohl ich leidenschaftlich gerne frisch koche - Pasta selbst zuzubereiten, daran hatte ich mich bislang nicht gewagt. Zu aufwendig erschien mir das Vorhaben, außerdem wollte ich nicht das Risiko eingehen, mir mit einer Pastamaschine eventuell ein weiteres Küchengerät zuzulegen, das nach einmaligem Gebrauch nur Platz im Schrank wegnehmen würde ...

Doch dank dieses großartigen Buchs von Köchin und Designerin Anna Person (und wahrscheinlich auch ein wenig aufgrund der vielen zusätzlichen Zeit, die ich wegen der coronabedingten Beschränkungen derzeit zu Hause verbringe) hat sich dies geändert. Ich liebe es, mit eigenen Händen (und ohne Maschine!) Pasta herzustellen, und sie schmecken einfach traumhaft!

Doch zurück zum Buch: Nach einer kurzen, informativen Warenkunde gibt der erste praktische Teil äußerst detaillierte Anleitungen zum Herstellen der verschiedenen Nudelteige und -sorten. Jeder Arbeitsschritt ist genauestens beschrieben und anhand eines Fotos illustriert, teils im Maßstab 1:1, was gerade für Anfänger extrem hilfreich ist. Überhaupt scheint die Autorin etwas perfektionistisch veranlagt zu sein. Es ist sonst nicht meine Art, in der Küche mit dem Maßband zu hantieren. Hier aber habe ich mich brav an die Millimeter-Angaben zu Teigdicke etc. gehalten, und das Ergebnis gibt Anna Pearson Recht.

Die Abschnitte für Eiernudeln sind, sowohl bei Text als auch den Fotos in Rot , diejenigen für Hartweizenpasta in Blau gedruckt, was die Orientierung sehr erleichtert. (Allerdings hätte ich Vierfarb-Druck für die Fotos den einfarbigen und grob gerasterten den Vorzug gegeben, aber das ist Geschmackssache.)

Nach den sage und schreibe 30 Pastasorten schließt sich eine Rezeptsammlung mit 40 Gerichten an. Diese sind saisonal geordnet und werden auf je einer Doppelseite mit wundervollem, ästhetischen Foto vorgestellt. Die Rezepte kommen mit wenigen Zutaten aus, sind meist leicht zuzubereiten, und alles was ich bislang gekocht habe, war ausgesprochen schmackhaft.

Ein großes Plus dieses Kochbuchs ist seine Praxisorientierung. Zwei Lesebändchen (eins für die Pastasorte, eins fürs Gericht) sparen ein mühevolles Hin- und Herblättern. Und geradezu genial sind die Seitenverweise, die jeweils deutlich sichtbar seitlich am Rand des Textes erscheinen. Sie sind auf einen Blick zu erfassen und deutlich übersichtlicher als - wie üblich - im Fließtext oder als Fußnoten.

Angaben zu Zubereitungsdauer und Schwierigkeitsgrad habe ich vermisst, und ein Register mit der Übersetzung typisch schweizer Begriffe ins Hochdeutsche hätte mir eigene Recherche erspart. (Was Baumnuss, Kefen und Randen sind, wissen vermutlich die meisten Deutschen nicht.)

Aber von diesen Kleinigkeiten ist "Pasta" ein rundum gelungenes, durchdachtes und sehr ästhetisches Kochbuch, das jeden , der sich die Zeit dafür nimmt, dazu befähigt, leckere, hochwertige Nudeln selbst auf den Tisch zu zaubern.

Bewertung vom 07.12.2020
Als wir wieder Hoffnung hatten / Die Hafenschwester Bd.2
Metzenthin, Melanie

Als wir wieder Hoffnung hatten / Die Hafenschwester Bd.2


ausgezeichnet

Der Auftakt zur Hafenschwester-Trilogie hatte mir gut gefallen, und so habe ich die Fortsetzung mit Spannung erwartet.

Und ich wurde nicht enttäuscht, mit "Als wir wieder Hoffnung hatten" ist Melanie Metzenthin ein wirklich hervorragender Historienroman gelungen.

Diesmal begleiten die LeserInnen Protagonistin Martha, inzwischen glücklich verheiratet und Mutter dreier Kinder, von der unbeschwerten Zeit im Jahr 1913 durch die grausamen Jahre des ersten Weltkriegs bis hin zur Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann.

Es hat mir große Freude bereitet, die aus dem ersten Teil bekannten Figuren erneut zu begleiten. Sie durchlaufen allesamt eine plausible Entwicklung, haben Ecken und Kanten. Eindimensionale Charaktere sucht man bei Metzenthin vergebens, ihre Geschichten sind so bunt und vielschichtig wie das echte Leben. Eine weitere Stärke sind bestens recherchierte historische Details, wie etwa die Beschreibung des Passagierschiffs Imperator, auf dem Dach des New Yorker Hotels Mc Alpin campierende Blackfoot Native Americans oder das durch Einwanderer geprägte damalige Hamburger Chinesenviertel. Besonders fasziniert hat mich, wie weit fortgeschritten die rekonstruierende Gesichtschirurgie zur damaligen Zeit bereits war, nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Kriegsversehrten, die von den Ärzten versorgt werden mussten.

Neben den persönlichen Schicksalen der Romanfiguren zeichnet die Autorin auch ein anschauliches Sittengemälde sowie eine Sozialstudie Deutschlands zur Zeit des ersten Weltkriegs, nicht nur, aber auch anhand der Hafenschwester, die ihr medizinisches Engagement auch nach der Heirat fortsetzt und ihres politisch aktiven Ehemanns.

Ein rundum gelungener Historienroman mit Tiefgang, ich fiebere bereits jetzt dem dritten Teil der Saga entgegen.

Bewertung vom 07.12.2020
Das schwarze Gold des Südens
Haigh, Tara

Das schwarze Gold des Südens


sehr gut

Ein Historienroman, der das Wohl und Wehe zweier Schwestern erzählt, die als Töchter eines florierenden Süßholzimperiums in Bamberg aufwachsen ...? Eine sehr ungewöhnliche Idee, aber meine Neugierde war schnell geweckt. Umso mehr, als ich zuvor nie gehört hatte, dass in Süddeutschland Süßholz angebaut wurde, der Rohstoff für die Lakritzproduktion.

Erfolgsautorin Tara Haigh verflicht die persönlichen Schicksale ihrer Protagonistinnen geschickt mit zeithistorischen Ereignissen, wie etwa dem Bau des Pariser Eiffelturms oder die Besetzung Eritreas durch italienische Truppen. Die temporeiche Erzählung wechselt häufig zwischen den beiden Perspektiven, die jeweils eine der beiden ungleichen Schwestern in den Mittelpunkt stellt. Spannung entsteht durch den Gegensatz der pflichtbewussten Amalie, die eher der Vernunft als dem Herzen folgt, und ihrer jüngeren Schwester Elise, die mit dem Vater bricht, mit ihrem Geliebten nach Paris flieht und dort ihr eigenes Geschäft eröffnet.

Mit dem "Schwarzen Gold des Südens" hat sich Tara Haigh an ein ungewöhnliches Sujet gewagt. Herausgekommen ist ein wahrer Pageturner, der in Sachen Spannung mit einem guten Krimi locker mithalten kann. Gegen Ende des Romans jagt ein Twist den nächsten, und das überraschende Ende ... wird natürlich hier nicht verraten!

Besonders gelungen sind die inneren Monologe der Hauptfiguren, ihre Sehnsüchte und Ängste, ihre Hoffnungen und Zweifel. Zudem ist der Roman ein unterhaltsames und informatives Sittengemälde Westeuropas Ende des 19. Jahrhunderts, vom ländlich-traditionellen Kalabrien bis zur pulsierenden Metropole Paris.

Manche Wendung war mir persönlich dann doch etwas zu süß, und damit meine ich keineswegs Elises leckere Lakritzkreationen. Und Elises Geliebter hätte ein paar Ecken und Kanten vertragen, er ist mir fast zu perfekt. Aber dies ist Geschmacksache, und davon abgesehen habe ich die Geschichte geradezu verschlungen und wirklich genossen!

Bewertung vom 04.12.2020
Lustige Lyrik. Fünfzig komische Gedichte

Lustige Lyrik. Fünfzig komische Gedichte


sehr gut

Herausgeber Harry Fröhlich versammelt in dieser Anthologie humorvolle Gedichte aus unterschiedlichsten Epochen. Die Bandbreite der Autoren reicht von bekannten wie Joachim Ringelnatz und Christian Morgenstern bis zu nicht so prominenten wie Ror Wolf.

Natürlich wird nicht jeder jedes Gedicht witzig finden, ich kann z.B. mit James Krüss eher wenig anfangen, dafür liebe ich Robert Gernhardt. Aber Humor ist eben sehr individuell, es ist auch Geschmackssache, und daher ist gerade die sehr bunte Mischung dieses Büchleins eine Stärke, die sich bereits auf dem ebenso bunten Cover mit einem Mosaik aus lachenden Gesichtern andeutet.

Ebenso gut gefällt mir, dass das Büchlein mit knapp 10 cm x 15 cm klein und handlich ist und somit als idealer Begleiter kurze Wartezeiten unterwegs unterhaltsam gestalten lässt.