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Benutzername: 
haberlei
Wohnort: 
Wien
Über mich: 
Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 341 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2022
Strandfeuer / Theo Krumme Bd.8
Berg, Hendrik

Strandfeuer / Theo Krumme Bd.8


ausgezeichnet

Urlaub schützt vor Morden nicht

„Strandfeuer“ von Hendrik Berg, der 8. Band der Nordsee-Krimiserie rund um Kommissar Theo Krumme ist nicht nur spannend, sondern verfügt darüber hinaus über viel Nordsee-Flair und einen Schuss Mystik.

Worum geht es?
Eigentlich verbringt Kommissar Krumme in Sankt Peter-Ording seinen Urlaub, als in der Nähe seines Hotels die Leiche eines jungen Mannes gefunden wird. Der Tote lebte als Freund der Enkelin im Haus der reichsten Familie des Ortes, auf deren Kosten. Seine Arbeit als Barkeeper diente eher seinem Vergnügen und dem Anknüpfen von Frauenbekanntschaften. Kommissar Krumme gewinnt immer mehr den Eindruck, dass alle, die mit dem Toten in Verbindung standen, irgendetwas verschweigen.

Obwohl ich in die Reihe quer eingestiegen bin, fand ich problemlos in die Geschichte hinein. Auch den maßgeblichen Personenkreis überblickte ich rasch. Vorkenntnisse aus früheren Bänden vermisste ich nicht, verspüre aber große Lust Krummes Werdegang und die bisherigen Fälle nachzulesen.

Der Schreibstil ist flüssig, die kurzen Kapitel fliegen nur so dahin. Der Kriminalfall spielt, bis auf die in der Vergangenheit liegende Rahmenhandlung, in der zeitlich nicht näher bestimmten Gegenwart. Obwohl das Buch 2022 erschien, bleibt Corona unerwähnt. Sprachlich ist der Text wohl im gesamten deutschsprachigen Raum gut verständlich, landläufiger Dialekt kommt kaum vor - etwas mehr davon hätte ich durchaus reizvoll und noch authentischer empfunden..

Was diesen Krimi so besonders macht, ist einerseits das stimmungsvolle Bild der Urlaubsfreuden an der Nordsee - vom turbulenten Treiben am Badestrand über interessante Wattwanderungen bis zu romantischen Sonnenuntergängen – und andererseits der Hauch von Mystik und Geheimnisvollem, der noch zusätzliche Spannungseffekte auslöst.

Die eigentliche Handlung, die Ermittlungen rund um den Mord an dem Barkeeper, ist eingebettet in eine Rahmenhandlung, ein Schiffsunglück im Jahre 1822. Hier gelingt dem Autor in beachtenswerter Weise, den wahren Kern mit einer fantasievollen Story zu ummanteln.

Durch stetige neue Erkenntnisse, weitere Verdächtige, Cliffhanger am Kapitelende und darauffolgende Szenenwechsel bleibt die Spannung durchgehend erhalten. Zum Miträtseln hat man als Leser*in reichlich Gelegenheit. Letztendlich löst sich der Fall – schlüssig und doch nicht wie erwartet.

Wie meist bei Folgebänden erweist sich die Charakterisierung der Protagonisten als nicht sehr tiefgreifend, weil ja logischerweise die Entwicklung und die Vorgeschichte nicht detailliert wiederholt, sondern höchstens angedeutet werden kann. Nichtsdestotrotz erscheint Theo Krumme als angenehmer Chef, kein Superheld, sondern ein Mensch mit Schwächen und mit normalen Alltagsproblemen eines Polizeibeamten, der zwischen Privatleben und verantwortungsbewusstem beruflichen Einsatz einen Spagat machen muss. Auch sein Team und seine Lebensgefährtin sind sympathisch und wirken lebendig.

„Strandfeuer“ hat mir nicht nur Lesestunden voller Spannung geschenkt, sondern die Urlaubsatmosphäre an einem Nordseestrand erscheint mir nunmehr so verlockend, dass ich mir gut vorstellen kann, dass ich mich doch einmal von Wien aus auf die Reise nach Nordfriesland mache. Zuvor lese ich wohl erst noch den einen oder anderen Band aus dieser Reihe. Auf eine Fortsetzung freue ich mich sowieso.

Bewertung vom 18.04.2022
Einstand
Hauer, Sonja

Einstand


ausgezeichnet

Satz, Sieg, Schuss

„Einstand“ von Sonja Hauser, mein erstes Buch dieser Autorin, ist der Auftakt zu einer neuen Reihe – mit dem Linzer Inspektor Felix Brunner als Ermittler.

Worum geht es?
Nach einer Doppelpartie Tennis wird einer der miteinander befreundeten Männerrunde in der Duschkabine erschossen. Bei dem Mordopfer handelt es sich um den Immobilienmakler Alexander Baumann, einen beruflich erfolgreichen, sehr attraktiven Frauenliebling. Inspektor Felix Brunner erkennt bald, dass der Fall komplexer ist als gedacht.

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Das Buch erschien 2022, spielt in der Gegenwart, ohne genaue Zeitangaben, vermutlich vor Corona. Die Tat und die Ermittlungen finden in Linz und Umgebung statt.

Die Handlung ist ausgezeichnet aufgebaut. Je intensiver Felix Brunner und sein Team ermitteln, desto mehr erweitern sich der Kreis der Verdächtigen und die Motive für die Tat. Immer wieder verlaufen sich Spuren ins Leere. Als Leser*in hat man reichlich Gelegenheit mitzurätseln und eigene Theorien zu entwickeln. Nur stückchenweise verdichten sich die Informationen, dadurch hält sich der Spannungsbogen durchgehend bis zum dramatischen Finale. Die Lösung des Falles ist dann doch etwas überraschend, aber durchaus schlüssig.

Inspektor Felix Brunner kämpft quasi an zwei Fronten. Denn er muss nicht nur die komplizierten Fäden des Falles entwirren und sich gegenüber Kollegen und Vorgesetzten behaupten, sondern steckt auch inmitten einer Ehekrise. Er ist sympathisch, hat aber durchaus Ecken und Kanten. Auch sein Umfeld und die Tatverdächtigen sind gut vorstellbar beschrieben.

„Einstand“ ist ein spannender, gut konstruierter Krimi, den ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 16.04.2022
Tote tanzen keinen Walzer
Minck, Lotte

Tote tanzen keinen Walzer


ausgezeichnet

„Tote tanzen keinen Walzer“ von Lotte Minck ist nicht nur der 15. Band der sogenannten Ruhrpott-Krimödien-Reihe, sondern laut Autorin bzw. Verlag leider auch der letzte.

Worum geht es?
Bärbel und Frank planen ihre Hochzeit. Aus diesem Anlass besuchen Loretta und der gesamte Freundeskreis einen Tanzkurs. Wie kann es anders sein? Wo Loretta auftaucht, gibt es einen Mordfall! Ein Tanzkursteilnehmer wird während der Tanzstunde erschossen. Natürlich beginnt Loretta auf eigene Faust zu ermitteln.

Ich bin bei Band 12 quer eingestiegen und bin seither ein Fan von Loretta. Die Krimis lesen sich flott und flüssig, sind vom Schreibstil her sehr unterhaltsam, humorvoll, auch der eingeflochtene Ruhrpott-Dialekt trägt zum Amüsement und zur Authentizität bei.

Mir ist nicht nur Loretta ans Herz gewachsen, sondern die gesamte Freundesschar um sie herum, die alle immer füreinander da sind, so sympathisch und menschlich gezeichnet sind, liebenswert trotz ihrer Eigenheiten oder vielleicht gerade wegen ihrer Wesenszüge.

Der Kriminalfall ist spannend konzipiert. Es ist von Anfang an fraglich, ob der Schuss den Richtigen traf. Immerhin bewegten sich die Tanzpaare. Es mangelt weder an Verdächtigen noch an Motiven. Man kann wunderbar miträtseln, verfolgt Theorien, die ins Nirwana führen, tappt – wie Loretta – lange im Dunkeln, bis in einem dramatischen Finale sich alles - doch irgendwie überraschend – klärt.

Somit endet diese Reihe mit einem spektakulären Fall, der Lorettas Spürsinn noch einmal ordentlich fordert. Dennis und sie planen einen neuen Lebensabschnitt, eine Auszeit, auch vom Detektivspielen. Wer weiß, vielleicht kommen sie ja wieder …? Als begeisterte Leserin dieser Krimis würde ich es mir wünschen. Vorerst kann ich ja noch jene Bände nachlesen, die ich noch nicht kenne.

Bewertung vom 12.04.2022
Nur Bärbel backte besser
Wood, Dany R.

Nur Bärbel backte besser


ausgezeichnet

„Nur Bärbel backte besser“ von Dany R. Wood, der bereits 5. Band einer Dorfkrimi-Reihe, ist ein Feuerwerk an Komik, reich an witzigen Dialogen, schräg-schrulligen Typen und aberwitzigen Situationen. Zudem steckt auch noch eine Krimihandlung dazwischen, mit vielen Verdächtigen und zahlreichen in die Irre führenden Spuren.

Worum geht es?
Familie Backes, bestehend aus dem Dorfpolizisten Jupp, seiner Frau Inge und Oma Käthe, stellen die Putzfrau Ivana ein, weil Inge durch ein Gipsbein gehandicapt ist. Tags darauf ist Ivana tot. Vom Balkon gestürzt. Der Krimi spielt in einem kleinen Nest namens Hirschweiler, wo praktisch jeder jeden kennt und der Polizeiposten nur von einem Mann besetzt ist – von Jupp. Und Jupp glaubt nicht an Selbstmord. Ivanas Nachbarn benehmen sich verdächtig. Und Oma Käthe, eine rüstige 80jährige, will sich mit der Produktion von Torten selbstständig machen …

Dies war für mich das erste Buch dieser Reihe. Ich war nach wenigen Seiten nicht nur mit den Protagonisten vertraut und mitten im Geschehen, sondern voll begeistert von den originellen Typen und den humorvollen Schilderungen. Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich, auch der saarländische Dialekt fließt mit ein, und die Kapitel sind angenehm kurz.

Die Spannung zu erfahren, wer nun eigentlich Ivana umgebracht hat und warum, wird im Grunde genommen von all den urkomischen Situationen, den kauzigen Menschen, von Jupps unkonventionellem Ermittlungsstil und den witzigen Dialogen getoppt. Man kommt aus dem Schmunzeln und Lachen kaum heraus, bei all den Hoppalas, den verrückten Ideen und abstrusen Aktionen. Nichtsdestotrotz ist die Krimihandlung gut konzipiert. Man kann mit rätseln, wird auf falsche Fährten geleitet und am Ende überrascht.

Ich habe mich schon lange nicht mehr so köstlich amüsiert. Diese verrückt-liebenswerte, chaotische Familie hat mir Spaß gemacht. Ganz sicher lese ich die anderen Bücher auch noch!

Bewertung vom 11.04.2022
Der blonde Hund
Ehmer, Kerstin

Der blonde Hund


ausgezeichnet

„Etwas geschieht. Aber es ist größer als dein Fall.“ (Niko zu Spiro)

„Der blonde Hund“ von Kerstin Ehmer ist ein beeindruckend realistisch und authentisch verfasster historischer Kriminalroman.

Worum geht es?
November 1925. Ein Journalist wurde ermordet und in einen Berliner Kanal geworfen. Im Zuge der Ermittlungen stößt Kommissar Spiro auf einen Jungen, „blonder Hund“ genannt, der mit dem Ermordeten in Verbindung stand. Spiro folgt dieser Spur nicht nur in Berlin, sondern sie führt ihn nach München und schließlich bis nach Pommern. Immer wieder begegnet er nationalsozialistischen Bewegungen. Während er versucht seinen Fall zu lösen, wirft sich seine Freundin Nike nicht nur ins schillernde und auch tief dunkelrote Nachtleben der Stadt Berlin, sondern interessiert sich auch für Séancen und Astrologie.

„Der blonde Hund“ ist bereits der dritte Fall dieser Reihe; Kenntnis der Vorgängerbände ist nicht erforderlich. Ich kam problemlos in die Geschichte hinein und überblickte auch den maßgeblichen Personenkreis in Kürze.

Der Schreibstil liest sich flüssig. Die Sprache ist authentisch, zeitlich angepasst, Lokalkolorit wird durch Dialektdialoge erzeugt. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und verfügen über Datumsangaben, was ich persönlich sehr schätze, weil man dadurch chronologisch den Überblick behält. Besonders eindrucksvoll empfand ich die Stimmungsbilder, die einen so richtig hineinziehen, ob ins schillernde Berliner Nachtleben mit all seinen Ausschweifungen, in die Düsternis einer Moorlandschaft, in das Grauen des Krieges, das kärgliche Leben der Artamanen oder in ein pompöses Fest der Oberen Zehntausend.

Den Kriminalfall in all seiner Komplexität empfand ich als das Gerippe für einen grandios recherchierten Roman über das Gesellschaftsbild in Deutschland im Jahr 1925. Es offenbart sich immer deutlicher das Umsichgreifen des nationalsozialistischen Gedankenguts, in höheren Kreisen ebenso wie unter den armen und einfachen Menschen. Die Menschen sind aus den verschiedensten Motiven dafür empfänglich, von Machtstreben über Idealismus, Gemeinschaftsgefühl oder Hoffnungslosigkeit bis zur Verinnerlichung dessen, was immer eindringlicher und lautstark verkündet wird. Wie von Spiro werden diese Tendenzen anfangs vielfach noch belächelt, keineswegs als gefährlich, sondern nur als Spinnerei weniger, als eine vorübergehende Zeiterscheinung eingestuft. Doch im Laufe des Romans werden sie immer spürbarer, immer mächtiger, sodass Nike letztlich feststellt: „Etwas geschieht. Aber es ist größer als dein Fall. Es geschieht gleichzeitig an verschiedenen Orten.“

Wie bereits das Cover assoziiert, hat auch Esoterik einen gewissen Einfluss auf die Menschen dieser Zeit. So interessiert sich auch die sonst sehr rational und wissenschaftlich denkende Nike für Séancen und Astrologie. „Der Aberglaube ist zurück“, sagt Nike, „Unwissen und Dummheit sind wiederauferstanden.“

Der Spannungsbogen hält sich über den gesamten Roman auf gutem Niveau. Genaugenommen laufen eigentlich zwei Handlungsstränge parallel. Denn während Spiro den Mordfall bearbeitet, pflegt Nike einen sadistisch schwer verletzten Jungen und gerät auf der Suche nach dem Peiniger ins SM-Milieu. Der Perspektivenwechsel bringt zusätzliche Spannungsmomente, gestaltet die Handlung noch abwechslungsreicher und bietet weitere gefahrvolle Situationen.
Miträtseln erweist sich als schwierig, zu kompliziert sind die Zusammenhänge, zu viele Fäden hat Spiro zu verfolgen, zu entwirren. Auch Nikes Aktionen werfen weitere Fragen auf. Das macht den Fall aber umso interessanter. Stück für Stück offenbaren sich die Einzelheiten, bis die wahren Geschehnisse aufgedeckt und die Täter gefunden sind. Das Ende mag vielleicht nicht zufriedenstellend sein, aber es ist realistisch und passt zu jener Zeit.

Die Protagonisten Ariel Spiro und Nike Fromm sind sympathische Menschen, aber Charaktere mit Ecken und Kanten, die es sich und ihrem Umfeld nicht leicht machen. Er wirkt ernsthafter als die

Bewertung vom 10.04.2022
Karfreitagstod
Leiss-Huber, Anton

Karfreitagstod


sehr gut

Fatale Geldquelle

„Karfreitagstod“ von Anton Leiss-Huber ist ein typischer Whodunit-Krimi mit regionalem Einschlag und Schwerpunkt auf der polizeilichen Ermittlungsarbeit.

Worum geht es?
Ausgerechnet am Karfreitag findet man eine erhängte Leiche im Glockenturm. Auf den ersten Blick sieht es nach Selbstmord aus, doch je intensiver Oberkommissar Max Kramer und seine Kollege Fritz Fäustl ermitteln, desto mehr beschleichen sie Zweifel. Denn der Tote und die Studenten, mit denen er in einer Wohngemeinschaft lebte, erzeugten und dealten mit Drogen.

Obwohl es für mich das erste Buch dieser Reihe war, kam ich problemlos in die Handlung hinein und gewann auch relativ rasch einen Überblick hinsichtlich des maßgeblichen Personenkreises. Was den Fall anbelangt, sind die Vorgängerbände irrelevant. Was jedoch den sogenannten roten Faden betrifft, das Umfeld und die Entwicklung der Protagonisten, gab es zwar Hinweise und Andeutungen, aber zum umfassenden Verständnis der Charaktere sollte man alle Bände kennen.

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel hatten eine angenehme Länge und tragen – passend zum Karfreitag – auf das Requiem in der katholischen Liturgie weisende Überschriften. Der Text ist primär in Dialogform gehalten. Dadurch wirkt die Handlung lebendig und als Leser fühlt man sich mit anwesend, kann den Gedankengängen der Ermittler gut folgen und mit rätseln. Durch die eingebauten Rückblenden in Form von Tagebuchauszügen verfügt man zwar stets über einen Wissensvorsprung gegenüber den Kommissaren, tappt aber dennoch hinsichtlich Motiv und Täter bis zum Schluss im Dunkeln, wodurch die Handlung stets die Spannung hält . Die Auflösung des Falles war schlüssig, für mich jedenfalls überraschend.

Der Roman erschien 2022 und spielt in Altötting, vermutlich noch vor 2020, da Corona unerwähnt bleibt. Die Ermittlungen erstrecken sich über nur wenige Tage, nämlich über die Osterfeiertage. Es ist ein Regionalkrimi, was durch die Umgangssprache und vereinzelt durch landläufigen Dialekt zum Ausdruck kommt, weniger durch Beschreibungen von Sehenswürdigkeiten oder landschaftlichen Stimmungen.

Die beiden Kommissare sind sympathisch, bilden ein gut eingespieltes Team. So manche Eigenschaft, Reaktion oder Handlung hätte ich wohl besser nachvollziehen können, wären mir die Vorgeschichten geläufig. Auch die neben den Ermittlern agierenden Personen sind anschaulich beschrieben, sowohl in Aussehen als auch in groben Wesenszügen vorstellbar, so manche Bewohner dieser Stadt dürften - vielleicht etwas überzeichnet – wohl ziemlich spießig und bigott sein.

Wer solide Regionalkrimis mag, dem wird wie mir „Karfreitagstod“ spannende Lesestunden bescheren und die darin vorkommenden Altöttinger Typen werden ihn erheitern. Den einen oder anderen Vorgängerband möchte ich noch nachlesen, um die Kommissare und ihre Charaktere besser kennenzulernen. Ansonsten freue ich mich auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 05.04.2022
Nur eine Fellnase vom Glück entfernt / Lichterhaven Bd.6
Schier, Petra

Nur eine Fellnase vom Glück entfernt / Lichterhaven Bd.6


ausgezeichnet

Hund gesucht, Liebe gefunden

Wenn man einmal abschalten möchte von all den Problemen, mit denen man sich vielleicht herumschlagen muss, bzw. von den Hiobsbotschaften draußen in der realen Welt, dann sollte man ein Buch wie „Nur eine Fellnase vom Glück entfernt“ von Petra Schier zur Hand nehmen und sich in das fiktive Städtchen Lichterhaven an der Nordsee mit seinen liebenswerten menschlichen und tierischen Einwohnern entführen lassen.

Worum geht es?

Duke, ein riesiger Rottweiler, benötigt ein neues Zuhause, weil sein Herrchen verunglückt ist. Er ist so ganz anders als man sich diese Hunderasse vorstellt. Er ist liebenswürdig, verschmust und extrem schreckhaft. Caroline und Henning bewerben sich für das Tier, spielen mit Duke und unternehmen ausgiebige Spaziergänge. Im Laufe der Zeit verflüchtigen sich die anfänglichen Ressentiments.

Dieses Buch ist bereits der sechste Band dieser Reihe, in die ich quer eingestiegen bin. Ich kam problemlos in die Story hinein und fühlte mich bereits nach wenigen Seiten mitten im Geschehen. Auch den Personenkreis konnte ich relativ rasch überblicken.

Der Schreibstil ist flüssig und locker, mit humorvollen Szenen, schlagfertigen Dialogen und anschaulichen Stimmungsbildern vom idyllischen Leben an der Nordsee. Insbesondere die Gedankenwelt des Hundes ist amüsant; die Welt aus seiner Perspektive zu betrachten, regt zum Schmunzeln an.

Im Mittelpunkt der Handlung steht einerseits Duke mit seiner Schreckhaftigkeit, andererseits aber vor allem Caroline, eine der drei Foodsisters – drei tüchtigen, selbstständigen Frauen, die Events gestalten bzw. Catering anbieten, und Henning, ein ehemaliger Formel-1-Fahrer mit zweifelhaftem Macho-Ruf.

Die Charaktere von Caro und Henning sind sehr authentisch und ausführlich beschrieben, ihr Wesen, ihre Eigenschaften basieren darauf, wie sie aufwuchsen, wie sie ihr bisheriges Leben gestalteten. Selbstständigkeit ist Caro ungemein wichtig. Sie will keineswegs in das althergebrachte Bild einer Frau, die für Heim und Kinder dazusein hat, gedrängt werden. Henning gelingt es mit Geduld und sehr viel Einfühlungsvermögen, dass Caro sich von ihren Vorurteilen ihm gegenüber lösen und ihm vertrauen kann. Die Beziehungsgeschichte entwickelt sich langsam, aber geradlinig und kommt ohne die üblichen Klischees, wie entzweiende Missverständnisse oder unnötige Eifersucht aus, was ich ebenso wohltuend empfand wie die zarten, gefühlsbetonten, romantischen und dezent erotischen Liebesszenen.

Obwohl Duke als tierisches Bindeglied aufgrund seiner Tollpatschigkeit für so manch lustige Szene im Buch verantwortlich ist, er durch sein sanftmütiges und ängstliches Wesen auch sehr liebenswürdig geschildert wird, so hat mich persönlich vor allem Henning und seine gefühlvolle, rücksichtsvolle Art und sein Fingerspitzengefühl Caro gegenüber am meisten begeistert.

Lichterhaven und seine reizenden Bewohner endlich kennengelernt zu haben, hat mir erquickliche Lesestunden beschert. Ein wunderbares Wohlfühlbuch – mein erstes, sicher nicht mein letztes, denn ich will nicht nur verfolgen, wie es nun weitergeht, sondern auch nachlesen, was zuvor so alles passiert ist.

Bewertung vom 02.04.2022
Die kalte Mamsell / Viktoria Berg Bd.3
Dix, Elsa

Die kalte Mamsell / Viktoria Berg Bd.3


ausgezeichnet

Spannung, harmonisch eingebettet in ausgezeichnet recherchiertem historischen Umfeld

„Die kalte Mamsell“, der dritte Band der Norderney-Reihe von Elsa Dix, ist einer der spannendsten historischen Krimis, die ich je gelesen habe.

Worum geht es?
Es ist Spätsommer im Jahr 1913. Viktoria befindet sich mit ihrem Vater auf Erholungsurlaub auf Norderney. Christian tritt seinen neuen Job als Kriminalassistant an. Als zwei Tote in einem Eiskeller aufgefunden werden und Christian hinzugerufen wird, begleitet ihn Viktoria. Sie entdeckt an der toten Frau eine wertvolle Brosche – eine Brosche, die einen Bezug zu ihrer eigene Familie hat …

Für mich war es nunmehr das zweite Buch dieser Autorin bzw. dieser Reihe. Ich war nach wenigen Zeilen wieder vertraut mit Norderney und den beiden Protagonisten. Es ist jedoch nicht unbedingt erforderlich, die Vorgeschichte zu kennen. Jeder Band ist für sich alleine problemlos verständlich und lesbar.

Bereits wenn man das Buch zur Hand nimmt, ist es eine Augenweide. Ein stimmiges Cover, mit einer stilvollen Umrahmung, die jeweils bei den Kapitelüberschriften wiederkehrt. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind angenehm kurz, mit Überschriften versehen.

Ich schätze vor allem den Erzählstil, dieses harmonische Ineinanderfließen der Handlung mit all den faszinierenden Einzelheiten, die ein wunderbares Bild des damaligen Lebens geben, von den Ermittlungstechniken der Polizei angefangen über die Stellung der Frau, die Standesunterschiede, die Atmosphäre im Seebad – bis hin zu technischen Errungenschaften, wie z.B. einem Bericht über einen Flug mit dem Zeppelin-Luftschiff. Exzellent recherchiert, Informativ, anschaulich, aber nie zu langatmig. Mit einer Vielfalt an Details versinkt man in das Geschehen, wird mit all den damaligen strengen Regeln, der Etikette und Vorherrschaft jeglicher Art konfrontiert. Sogar Christian darf nur „diskret“ ermitteln. Unter der straffen Abgrenzung zwischen Adel und normalem Volk, unter Vorurteilen sowie festgefrorenen Ansichten haben auch Viktoria und Christian zu leiden.

Die Spannung steigert sich von Kapitel zu Kapitel. Obwohl Christian und Viktoria unter verschiedenen Voraussetzungen ihre Spuren verfolgen, zeigt sich bald, dass der Mordfall rund um die Küchenmamsell mit Viktorias Vergangenheit zusammenhängt und der Fall komplexer ist als gedacht. Überraschende Erkenntnisse, gefährliche Situationen und unerwartete Wendungen fesseln bis zum actionreichen, dramatischen Finale.

Die Protagonisten Viktoria und Christian sind ein sympathisches Paar. Viktoria ist eine für die damalige Zeit außergewöhnliche Frau, als Lehrerin berufstätig, obwohl sie einem wohlhabenden Haus entstammt und nicht arbeiten müsste. Sie vertritt moderne Ansichten, agiert selbstständig und selbstbewusst, ist willensstark, stur und zielstrebig, impulsiv und etwas leichtsinnig. Christian hat sich aus ärmlichen Verhältnissen hochgearbeitet, ist intelligent und tüchtig, verlässlich, kann sich nur schwer unterordnen und wird immer wieder von Selbstzweifeln überwältigt, weil ihn die gehobene Gesellschaft seiner Herkunft wegen nicht akzeptiert. Die beiden lieben einander. Noch ist der Standesunterschied ein Hindernis. Es wird interessant werden, wie sich ihre Beziehung im Hinblick auf die ab 1914 zu erwartenden Ereignisse entwickeln wird.

„Die kalte Mamsell“ ist ein Buch, das man am liebsten in einem Zug auslesen möchte, in dem packende Spannung mit fundierter historischer Recherche exzellent verbunden ist.
Ich hätte am liebsten 6 Sterne vergeben!

Bewertung vom 29.03.2022
Mörderische Brise / Pfarrerin Clara Clüver Bd.1
Humberg, Christian

Mörderische Brise / Pfarrerin Clara Clüver Bd.1


sehr gut

„Mörderische Brise“ von Christian Humberg ist ein stimmiger Wohlfühl-Roman mit Leiche, aber eigentlich ist die Ermittlung eher nur Nebensache.

Worum geht es?
Clara Clüver hat sich von ihrem Freund getrennt und will ein neues Leben beginnen. Daher zieht sie von Wiesbaden nach Travemünde, woher sie ursprünglich stammt und wo sie ihre neue Stelle als Pastorin antreten soll. Dort angekommen muss sie feststellen, dass ihre Nachfolge mit dem alten Geistlichen noch gar nicht geklärt ist. Clara sucht sich eine Unterkunft und lernt u.a. Jule kennen. Kurz vor ihrer Ankunft war Erich Konstantin, ein lokaler Gastronom, ermordet worden. Die beiden Frauen ermitteln auf eigene Faust.

Wenn man das Buch zur Hand nimmt, assoziiert man aufgrund des Covers, auf dem ein brausendes Meer und ein dunkelbewölkten Himmel zu sehen ist, einen düsteren Krimi mit bedrohlicher Stimmung. Dem ist nicht so.

Eigentlich ist es ein fröhliche Stimmung erzeugender Roman rund um drei unternehmungslustige, lebensfrohe Frauen, die sich gut verstehen. Der Schreibstil liest sich leicht und flüssig. Ihre Erlebnisse sind umrahmt von zahlreichen, sehr anschaulich geschilderten Stimmungsbildern von Travemünde und Umgebung, die Urlaubsfeeling und Urlaubssehnsucht erzeugen und das Kopfkino mit Meeresrauschen, Möwengeschrei, Fischgeruch und auf den Wellen schaukelnden Booten bereichern. Die Großstädterin Clara genießt das Leben dort und als Leser:in genießt man mit.

Zusätzlich zu den landschaftlichen Schönheiten und Sehenswürdigkeiten hat der Autor als weitere Besonderheit dieses Landstriches die recht gruselige Travemündner Sage um Roggenbuk eingebaut, die sich als roter Faden durch das Buch zieht und auch einen Bezug zu Claras verstorbenem Vater hat.

Der Roman ist trotz einigen mysteriösen Vorkommnissen nicht durch Nervenkitzel geprägt. Die Ermittlungen der beiden Frauen beruhen im Großen und Ganzen auf Small Talk mit den Familienmitgliedern und anderen mit dem Mordopfer in Verbindung stehenden Menschen. Zwar mangelt es nicht an Verdächtigen und Motiven, doch entscheidende Hinweise bzw. Spuren finden sich lange nicht. Man tappt mehr oder weniger im Dunkeln - bis Clara dem Mörder doch zu nahe kommt und sich schließlich in einem dramatischen Showdown Motiv und Tathergang aufklären, und zwar durchaus überraschend.

Die Protagonistinnen sind drei sympathische engagierte Frauen, die das Herz am rechten Fleck haben, hilfsbereit sind und gut mit Menschen umgehen können, mit den typischen wortkargen Nordländern ebenso wie mit penetranten Touristen.

Der Cosy-Regionalkrimi „Mörderische Brise“ hat mir sehr angenehme Lesestunden beschert. Da das Buch den Auftakt zu einer neuen Reihe bildet, freue ich mich schon auf Claras zukünftige Erlebnisse bzw. die weitere Detektivtätigkeit der Damenriege.

Bewertung vom 29.03.2022
Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1
Vassena, Mascha

Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1


sehr gut

„Mord in Montagnola“ von Mascha Vassena ist der gelungene Auftakt zu einer neuen Krimi-Serie, die im Tessin spielt.

Worum geht es?
Die Übersetzerin Moira kehrt nach vielen Jahren Auslandsaufenthalt in ihr Heimatdorf zurück, um ihren gesundheitlich angeschlagenen Vater zu besuchen. Sie trifft ihre Jugendliebe, den Rechtsmediziner Luca wieder, der sie um Unterstützung als Dolmetscherin in einem Mordfall ersucht. Durch die Befragungen wird Moira immer mehr in die Ermittlungen involviert und trägt schließlich maßgeblich zur Entlarvung des Mörders bei.
Der Schreibstil liest sich flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Es ist ein typischer Regionalkrimi, der natürlich einen gewissen Fokus auf Land und Leute der Gegend hat, auf Landschaft und Kulinarik, auf Sehenswertes und Besonderes, wie in diesem Fall auf den berühmten Bewohner Montagnolas, Hermann Hesse. Ich empfand die Vermischung der polizeilichen Aktivitäten mit den privaten Szenen gut ausgewogen, passend zu einem Krimi dieses Genres.

Nach dem ziemlich heftigen, thrillermäßigen Prolog bewegt sich die Handlung in punkto Spannung eher im Wohlfühlmodus bis zum dramatischen Showdown. Die Ermittlungen gehen zäh voran, immer wieder führen Spuren in eine Sackgasse, erweisen sich Verdächtige als unschuldig – das ermöglicht es auch der Leserschaft ausgezeichnet, eigene Theorien aufzustellen, mit zu raten. Letztlich löst sich der Fall überraschend, aber schlüssig auf.

Die Charaktere sind überzeugend dargestellt, insbesondere Moira mit ihren sehr menschlichen Eigenschaften, wie Hilfsbereitschaft, Verständnis für die Sorgen anderer und Verantwortungsgefühl, aber auch alle anderen wesentlichen handelnden Personen haben Struktur und strahlen eine gewisse Lebendigkeit aus.

„Mord in Montagnola“ ist ein Kriminalroman mit reichlich Lokalkolorit, einer sympathischen Protagonistin, wo zwar die Mordermittlung im Mittelpunkt steht, dennoch noch Raum für Privates ist. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich freue mich auf die Fortsetzungen.