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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 719 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2023
Wenn sie wüsste / The Housemaid Bd.1
McFadden, Freida

Wenn sie wüsste / The Housemaid Bd.1


ausgezeichnet

Millie bewirbt sich bei Nina für einen Job als Hausmädchen. Ihre Vergangenheit könnte dabei zum Problem werden, allerdings scheint Nina in dieser Hinsicht keine Überprüfung vorgenommen zu haben, denn sie stellt sie ein. Von Anfang an schikaniert Nina ihr Hausmädchen, demütigt sie bei jeder Gelegenheit und greift auch nicht ein, wenn ihre Tochter verbal auf Millie losgeht. Als Ninas Mann Millie zur Hilfe kommt, fühlt sich diese geschmeichelt, schließlich sieht der Mann nicht nur gut aus, er ist auch aufmerksam, charmant und darüberhinaus unglaublich reich. Nina platzt fast vor Eifersucht und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Situation eskaliert.

Ich war ein wenig skeptisch bei diesem Buch, da hierzu fast überwiegend nur positive Stimmen zu hören sind. Zwar deutete der Prolog eine tolle Story an, die folgende Erzählung hat meine Erwartungen allerdings bei weitem übertroffen. Zu Beginn kam Millie zu Wort und schilderte mir ihre Sicht der Dinge. Die Vorkommnisse im Haus ließen mich nicht nur den Kopf schütteln, ich konnte kaum glauben, was ich erfahren habe. Lange Zeit glaubte ich, zu wissen, worauf die Geschichte hinausläuft, als der fast schon berühmt berüchtigte Twist erfolgte, der dazu führte, dass meine Kinnlade sicherlich fast auf den Boden gefallen ist. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet, was für eine geniale Wendung war das denn, bitte? Nun kam Nina zu Wort und ich hinterfragte alles, was ich bis dahin zu wissen geglaubt habe. Großartig!

Was danach folgte, setzte dem Ganzen noch einmal die Krone auf, zu meiner Überraschung gab es im weiteren Verlauf tatsächlich noch einige Ereignisse, die dazu führten, dass es bis zuletzt spannend blieb. Die Auflösung war teuflisch, perfide und genial. Dieses Buch verdient die Bezeichnung Thriller, lässt mich begeistert und zufrieden zurück sowie voller Vorfreude auf die nächstes Jahr erscheinende Fortsetzung! Von mir gibt es volle Punktzahl mit Sternchen und eine Leseempfehlung.

8 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.08.2023
Die letzte Nacht / Georgia Bd.11
Slaughter, Karin

Die letzte Nacht / Georgia Bd.11


ausgezeichnet

Sara Linton ist Zeugin in einem Zivilrechtsstreit, der Angeklagte ist ein junger Mann, der den Reichtum seiner Eltern wie ein Schutzschild vor sich trägt. Durch Zufall erfährt Sara, dass das Verbrechen im Zusammenhang damit steht, was ihr selbst vor fünfzehn Jahren widerfahren ist. Um den Täter zu überführen, muss Sara sich ihrer Vergangenheit stellen.

Der elfte Band der Georgia-Reihe hat es mir nicht leicht gemacht, trotz oder vielleicht auch wegen des sensiblen Themas gestaltete sich der Anfang ein wenig zäh und es hat lange gedauert, bis ich im Buch angekommen bin. Die erste Hälfte war interessant, aber doch eher ein Roman als Thriller, die Vergangenheit von Sara wurde thematisiert und erst langsam steigerte sich die Spannung, bis sie etwa in der Mitte fast explodiert ist. Im Nachhinein empfinde ich dies als richtig, denn das Zusammenspiel aus Vergangenheit und Gegenwart brauchte eine gewisse Zeit, um die perfekte Balance zu finden. Als dies geschah, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen, ich inhalierte förmlich jede Seite, bekam einfach nicht genug.

Das Thema der sexualisierten Gewalt ist kein leichtes, sensible LeserInnen sollten dies wissen; die zuweilen derbe Sprache kann ebenfalls belastend sein. Diese war aber wichtig, um Authentizität zu vermitteln, auch wenn mir mancher Satz wirklich sauer aufgestoßen ist. Der Lauf der Erzählung hielt viele Überraschungen bereit, neben der Beziehung der üblichen Beteiligten wurden viele Einzelheiten eingestreut, die mir neu waren, zusätzlich dazu bekannte Fakten wiederholt. Obwohl ich mir sicher war, den Ausgang zu kennen, hat mich die Wendung kalt erwischt, raffiniert legte die Autorin Spuren, die im Nachhinein zwar Sinn ergaben, im Laufe der Geschichte aber unmöglich zu erraten gewesen sind. Die Auflösung war verstörend, aber stimmig. Wieder einmal ist es Karin Slaughter gelungen, mich zu begeistern und trotz des etwas holprigen Starts kann ich nicht anders, als die volle Punktzahl zu vergeben.

16 von 16 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.08.2023
Unwesen
Lindqvist, John Ajvide

Unwesen


ausgezeichnet

Die kleine Hafenstadt Norrtälje ist im Aufruhr, als buchstäblich über Nacht ein gelber Container auftaucht, der scheinbar niemandem gehört. Die alleinerziehende junge Mutter Siw hat besondere Fähigkeiten und ist überzeugt davon, dass etwas Unheilvolles geschieht, wenn der Schiffscontainer geöffnet wird. Dies denkt auch Max, der ebenfalls eine paranormale Besonderheit aufweist. Nachdem die Eigentumsverhältnisse geklärt wurden, lässt der Bürgermeister den Container öffnen und das Grauen nimmt seinen Lauf, als die Menschen und auch die Stadt selbst anfangen, sich zu verändern.

„Vielleicht möchtet ihr jetzt einwenden, das Grauen sei nur ein Begriff und nichts, was eine physische Gestalt annehmen kann. Gestattet mir deshalb die Anmerkung, dass es der Wind ist, der hier spricht. Auch ich kann auf einen Begriff reduziert werden und doch bin ich und spreche hier zu euch. Und ich sage euch, dass es das Grauen war.“ (Seite 463)

Als Schwedens Antwort auf Stephen King (im Buch übrigens hartnäckig Steven genannt) nennt Daily Mirror den Autor und im Falle des vorliegenden Buches würde ich dies unterschreiben! Hätte man mir das Buch ohne Angabe des Autors in die Hände gelegt, hätte ich beim lesen als ersten Tipp Stephen Kings Namen in den Topf geworfen. Vorab weise ich ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Roman handelt. Wer aufgrund des Klappentextes einen Thriller oder übermäßigen Horror erwartet, wird enttäuscht. Der Container spielt zwar eine Rolle, überwiegend aber eine untergeordnete, denn so richtig thematisiert wird dieser erst im letzten Drittel des Buches. Bis dahin gibt es Hinweise und Anmerkungen, es gibt sogar eine Stimme, die aus dem Container berichtet, der fast aus der Hölle zu stammen scheint. Dennoch dreht die Geschichte sich hauptsächlich um drei befreundete Männer und zwei Freundinnen sowie Familien der fünf Personen, die alle zufällig aufeinandertreffen und deren Leben dadurch verändert wird.

Max, Johan und Marko sind seit vielen Jahren miteinander befreundet und auch Siw und Anna sind beste Freundinnen seit der Schulzeit. Wie es dazu kam, was die fünf so unglaublich unterschiedlichen Menschen erlebt und miteinander durchgemacht haben, wird erzählt und dies nicht immer chronologisch, sondern zeitlich versetzt und so, dass oft etwas verschwiegen und damit die Spannung aufrechterhalten wird. Mir hat das sehr gefallen, ich fand es mega interessant, zu lesen, wie die Kinder zu Jugendlichen und letztendlich jungen Erwachsenen geworden sind, was sie geprägt hat und welche Dinge ihren Charakter geformt haben. In Verbindung mit der parallel erzählten Geschichte, die den Container betrifft, der Einfluss nimmt auf die Menschen von Norrtälje und auch die Stadt selbst, ergab dies eine tolle Story, die für mich gerne über die 768 Seiten hinaus hätte gehen können. Zu keinem Zeitpunkt empfand ich Langeweile, kein Erzählstrang war uninteressant, geschweige denn zu viel. Die ungewöhnliche Erzählweise, in der ein namenloser Erzähler mich direkt ansprach, hatte zusätzlich fast etwas Intimes, ich hatte oft das Gefühl, mittendrin zu sein, statt den Lauf der Dinge nur als unbeteiligte Dritte verfolgen zu können.

Zusätzlich zu dem oben bereits genannten Umstand, dass aus Stephen King auf unerklärliche Weise Steven King wurde, gab es manchmal eine etwas holprige, stellenweise eine fast schon seltsame Übersetzung. Diese möchte ich allerdings nicht bewerten, weil mich diese Aussetzer aufgrund der großartigen Geschichte nicht übermäßig beeinflusst haben. Ich zähle das vorliegende Buch zu einem meiner Jahreshighlights und freue mich darauf, weitere Bücher des Autors lesen zu dürfen. Für dieses grandiose Werk vergebe ich zehn Sterne von fünf und bin mir im Klaren darüber, dass dies mathematischer Unsinn ist. Große Leseempfehlung gibt es natürlich zusätzlich dazu!

22 von 22 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.08.2023
Und dann verschwand die Zeit
Greengrass, Jessie

Und dann verschwand die Zeit


sehr gut

Caro und ihr Halbbruder Pauly werden von Paulys Mutter Francesca, die mit Caros Vater verheiratet und mit diesem unterwegs ist, dazu aufgefordert, Zuflucht zu suchen im High House, das auf einer Anhöhe neben einer kleinen Stadt am Meer liegt. Francesca ist Umweltforscherin, ihr Mann Universitätsprofessor; die beiden wissen von Berufs wegen, welche Katastrophe der Welt bevorsteht. Das Wetter spielt verrückt und der Meeresspiegel steigt. Um das Haus kümmern sich Sally und ihr Großvater, die Francesca dafür bezahlt hat. Als das Wasser steigt, sind die vier alleine auf sich gestellt.

„…ich drängte meine Tränen zurück, beschämt, denn sie fielen nicht aus Mitleid, Menschlichkeit oder Mitgefühl, sondern weil ich Angst bekam, plötzlich und unmittelbar, um mein Leben.“ (Seite 31)

Caro, Sally und Pauly sind die drei Stimmen im Buch, wobei den meisten Raum die jungen Frauen einnehmen, denn Pauly ist vierzehn Jahre jünger als seine Halbschwester sowie Sally und im Buch überwiegend ein Kind, das es zu beschützen gilt. Diese Dystopie hinterfragt nicht, warum die Katastrophe eingetreten ist, sie behandelt mehr das Zusammenleben der Personen und die Auswirkungen auf deren Leben. Was auf der restlichen Welt geschieht, ist kein Thema, die Handlung beschäftigt sich nur mit den vier Menschen im Haus. Dies ist durchaus interessant, aber wer auf atemlosen Nervenkitzel steht oder kaum auszuhaltende Spannung will, der ist hier falsch. Leise und unaufgeregt geht es zu, einzelne Reibereien und Streitigkeiten unterbrechen den Alltag, der sich unermüdlich um die Nahrungssuche und ums Energiesparen dreht. Das Miteinander, der Überlebenskampf und die Gedanken daran, was war und noch folgt, bestimmen die Handlung; nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Es zieht sich eine gewisse Erwartung durchs Buch, die Prognosen sind da und sie sind schlecht. Viel wird nicht verraten, einiges nur angedeutet und anderes bleibt bis zuletzt unklar. Mein Kopfkino wurde angeregt, ich spielte verschiedene Szenarien durch und musste letztlich einsehen, dass es darum nicht geht. Ein wenig Beklemmung bleibt nach dem lesen zurück, einiges zum nachdenken und eine leise Hoffnung, dass es anders wird. Liebe Welt, viel Glück!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.07.2023
Das Ende von Eden
Amidon, Stephen

Das Ende von Eden


ausgezeichnet

In der ruhigen Vorstadt Emerson erschüttert der Mord an der neunzehnjährigen Eden die Nachbarschaft. Anscheinend hat die junge Frau regelmäßig Partys gefeiert mit drei Freunden, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die in der Mordnacht bei ihr gewesen sind; es handelt sich um die labile Hannah, den Draufgänger Jack und den Außenseiter Christopher. Die Eltern der Jugendlichen tun alles, um ihre Kinder zu schützen, und dabei sind ihnen alle Mittel recht, besonders da es einige Geheimnisse in den Familien gibt, die nicht ans Licht kommen sollen.

Aus verschiedenen Perspektiven nähert sich der Autor dem Mordfall und schildert dafür die Sicht der Elternteile der beteiligten jungen Erwachsenen. Langsam und beharrlich beleuchtet er das Leben der Familien, lässt kaum einen Stein auf dem anderen und kehrt den sprichwörtlichen Schmutz unter dem Teppich nach oben. Fast jeder von ihnen hat Dreck am stecken, die einen mehr, die anderen weniger. Gemeinsam haben alle, dass sie sich einig sind nur in dem Bemühen, das eigene Kind zu schützen, komme da was wolle. Da werden Allianzen geschmiedet und Pakte geschlossen, es wird vertuscht und gelogen, bis sich die Balken biegen. Dabei geht es nicht darum, die Wahrheit zu finden, sondern eine Lösung, die jeden zufrieden stimmt.

Unausweichlich steuert die Geschichte auf ihren Höhepunkt zu und meine Versuche, den Hergang zu erraten, schlagen fehl. Immer wieder kommt eine Komponente ins Spiel, die meinen Verdacht nicht erhärtet, sondern im Gegenteil ad absurdum führt. Ich kann kaum glauben, was ich lese, welche Vorstadt-Hölle sich sich da vor meinen Augen auftut. Die Verstrickungen mancher Personen erstaunen mich, andere lassen meine Abneigung steigen, nähren meine Wut und führen dazu, dass ich ein gewisses Ergebnis nicht sehen will. Die Auflösung überrascht mich, erwischt mich kalt und vieles macht plötzlich Sinn. Ein passenderes Ende hätte ich mir nicht wünschen können, obwohl ein schaler Nachgeschmack bleibt bezüglich einiger Ereignisse, die damit verbunden sind. Ein großartiger Kriminalroman, den ich gerne weiterempfehle. Für mich ein Highlight, das ich mit voller Punktzahl bewerte.

14 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.07.2023
Idol in Flammen
Usami, Rin

Idol in Flammen


gut

Die junge Schülerin Akari ist besessen von Masaki, der Mitglied in einer J-Pop Band ist, also einer japanischen Popmusik-Gruppe. Sie kauft alle CDs und DVDs der Band, die meisten doppelt und dreifach, führt einen Blog und spart alles, was sie in ihrem Nebenjob verdient, um Tickets für ein Konzert ihres Idols kaufen zu können. Als ein Skandal um Masaki die Nachrichten beherrscht, ist Akari entschlossen, alles zu tun, um noch ein besserer Fan zu sein.

Der Begriff J-Pop war mir bisher kaum geläufig, ich brachte diesen zwar mit Japan in Verbindung, aber was damit tatsächlich gemeint ist, war mir überhaupt nicht klar. Es wäre wahrscheinlich sinnvoller gewesen, sich vor dem Lesen dieses Buches darüber zu informieren, denn dann hätte sicherlich einiges mehr Sinn gemacht. Ich möchte also meinen Leseeindruck damit beginnen, dies interessierten LeserInnen nahezulegen, um diesen gesellschaftskritischen Roman rund um die Fankultur in Japan mehr verstehen und damit nachvollziehen zu können.

Im Nachhinein wird mir durch mein nachträglich angelerntes Wissen erst richtig bewusst, worauf die Autorin hinauswollte, wobei es schwierig für mich ist, dies wirklich zu verstehen, weil ich in jungen Jahren zwar ebenfalls ein Fan des ein oder anderen männlichen oder weiblichen Popstars gewesen bin, dies aber nie damit verbunden war, dass ich mich mit Fanartikeln dieser Person hätte eindecken wollen. Mir persönlich reichte da der lebensgroße Starschnitt oder ein Poster, um glücklich zu sein. Im Buch ist dies anders, das Verhalten von Akari fand ich befremdlich, um nicht zu sagen fanatisch, ihr Umfeld überfordert, die Marketingmaßnahmen, wenn es um Kinder und Jugendliche geht, überzogen und falsch. Anscheinend funktioniert diese Maschinerie hervorragend und die Schäden, die sie verursacht, sieht man erst, wenn es zu spät ist.

Dieser preisgekrönte Roman funktioniert wahrscheinlich besser in dem Land, in dem er spielt. Mir waren viele Andeutungen und Hinweise fremd, wodurch wahrscheinlich beim lesen einiges an Authentizität verloren ging. Dennoch hat mir das Buch gefallen, denn Japan fasziniert mich, seine Menschen und deren Kultur auch.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.07.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


gut

Der Gelegenheitsarbeiter Robert Simon pachtet im Jahr 1966 in Wien ein Café, er will sein Glück versuchen, sich seinen Traum von einer eigenen Gastwirtschaft erfüllen. Anfangs kommen die Menschen nur zögerlich, das Viertel ist arm, aber bald schon erwacht dort das Leben, wie überall sonst auch in der Stadt, und damit die Sehnsucht nach Glück und einem Stück Normalität so kurz nach dem Krieg.

Es war ein leises, oft nur an der Oberfläche kratzendes Buch. Die Schicksale der Menschen ploppten auf wie Blasen bei einem starken Regen, blieben kurz an der Oberfläche und platzten dann auf, um mit dem restlichen Wasser fortgeschwemmt zu werden, Platz zu machen für nachfolgende Geschichten, die nächste Generation der Glücklichen und der Glücklosen, deren Nachschub nie versiegt. Nicht immer gab es eine Erklärung, einen Anfang oder Abschluss, die Gäste kamen und gingen, einige Namen behielten Platz, andere wiederum wurden wichtig, blieben da und begleiteten Robert ein Stück. Fast konnte ich die Atmosphäre spüren, das Wienerische, das Vergangene, das Pulsierende, das Bestreben auf der Suche nach Glück.

Wer eine aufregende Geschichte erwartet, wird enttäuscht, es sind zufällig zusammengewürfelte Schicksale von Menschen, die dem Gefühl der damaligen Zeit nachspüren und die wir begleiten auf ihrem Weg. Es passiert nichts und doch so viel, sprachlich ist das Buch wahrlich keine Wucht, aber hier und da berührte es mich trotzdem ein wenig, ein Hauch Melancholie und Hoffnung zog sich durch die Zeilen, ein bisschen Kitsch und Sentimentalität. Mir fehlte ein wenig die Spannung, manchmal der Zusammenhang und oft waren mir die Beschreibungen der vielen Gassen zu viel, vielleicht fehlte mir auch einfach der Bezug zur Stadt. Ein kurzer Ausflug ins Wien, der mir ein kurzweiliges Lesevergnügen gebracht hat.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.07.2023
Ist es Liebe? Nein - es ist ... Unmöglich
Lotz, Sarah

Ist es Liebe? Nein - es ist ... Unmöglich


sehr gut

Durch Zufall landet eine i-Mail von Nicolas Belcher bei Rebecca - Bee - Davies, die prompt eine E-Mail zurückschreibt und Nick auf den Fehler hinweist. Zwischen den beiden beginnt eine Unterhaltung, die irgendwann dazu führt, dass sie sich treffen wollen. Der fünfundvierzigjährige Nick ist zwar noch verheiratet, seine Frau Poll hat ihn aber mit Nicks bestem Freund Jez betrogen, die Ehe ist am Ende und die Scheidung steht bevor. Als Bee am verabredeten Treffpunkt ankommt, gibt es keine Spur von Nick, obwohl dieser steif und fest behauptet, dort zu sein. Wutentbrannt blockiert Bee den Unbekannten, aber die Anziehung ist stärker und kurz danach schreibt sie ihn wieder an.

„Wären die Dinge anders gelaufen, wenn wir weniger selbstzufrieden gewesen und den Hinweisen gefolgt wären? Vielleicht. Vielleicht hätte uns das sofort in den Irrsinn katapultiert, der uns bevorstand. Vielleicht hätte einer von uns beiden den anderen für verrückt gehalten und den Kontakt abgebrochen.“ (Seite 18)

Ich mag Bücher, die anders sind und diese Geschichte ist definitiv etwas besonderes. Dies nicht etwa wegen der schriftlichen Unterhaltung der beiden Beteiligten, die immer wieder die Erzählung unterbricht, sondern wegen eines Umstandes, den der Klappentext nicht verrät und den ich möglichst versuchen möchte, ebenfalls zu verschweigen. Da es allerdings LeserInnen gibt, die solche Storys nicht mögen, folgt nun ein Satz, der einen Hinweis enthält.

SPOILER
Die Geschichte spielt auf zwei Ebenen, allerdings nicht zeitlich versetzt, sondern in zwei verschiedenen Universen.
SPOILER ENDE

Ich wusste nicht was mich erwartet, habe mit einer Liebesgeschichte gerechnet, die sich aus dem Schriftverkehr ergibt. Wie erstaunt war ich zu Beginn des zweiten Teils, als es einen kryptischen Hinweis gab, worauf das Ganze hinausläuft, wobei ich ehrlich gesagt nicht sofort das gesamte Ausmaß des Abschnitts erfasst habe. War ich davor interessiert, kann ich bestätigen, dass ich ab da total angefixt und gespannt darauf war, wo die Reise hingeht. Der englische Titel Impossible trifft es exakt, aber obwohl es tatsächlich unmöglich ist, was sich Nick und Bee wünschen, blieb bei beiden und auch bei mir ein kleiner Rest Hoffnung, dass es trotzdem klappt. Vielleicht bin ich ganz tief in meinem Inneren doch mehr eine Romantikerin, als es nach Außen hin scheint.

Wie sich die Geschichte entwickelt, welche Hürden und Hindernisse vorkamen, und ob es eine Chance für Bee und Nick gibt, das muss jeder Leser und jede Leserin selbst herausfinden. Ich jedenfalls wurde sehr gut unterhalten, fand den Humor toll und fast wäre es ein Highlight geworden, wenn die Übersetzung nicht gewesen wäre. Gefühlt auf jeder Seite kam, sehr zu meinem Leidwesen, folgender Ausspruch vor: Weiß der Himmel, Herrje, Herrgott, meine Güte; getoppt nur noch durch: ach du meine Güte. Von seltsamen Wortfindungen wie Kameradchen will ich lieber gar nicht erst anfangen. Das hat irgendwann meinen Lesefluss behindert und dazu geführt, dass Bee und Nick mir etwas gestört vorkamen, was ihre Sprache betrifft. Wer darüber hinwegsehen kann, der zählt zu meinen vier Sternen einfach einen dazu. Abgesehen davon spreche ich aber gerne eine Leseempfehlung aus, denn das Buch war ansonsten wirklich richtig toll!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.07.2023
Melody
Suter, Martin

Melody


ausgezeichnet

Tom Elmer lässt sich treiben, erst nachdem der Geldhahn zugedreht wurde, beginnt er, den Ernst des Lebens zu begreifen und sucht nach einem Job. Der Alt-Nationalrat Dr. Peter Stotz sucht indes nach Jemandem, der seinen umfangreichen Nachlass ordnen soll, und stellt Tom nach dem Vorstellungsgespräch ein. Die beiden Männer freunden sich an und führen täglich Gespräche, die sich immer mehr hauptsächlich um Melody drehen, einst die Verlobte von Dr. Stotz und dessen große Liebe, die vor über 40 Jahren kurz vor der Hochzeit verschwand. Als Tom mit der Großnichte seines Arbeitgebers eigene Nachforschungen anstellt, finden beide heraus, dass Dr. Stotz eine eigene Sicht auf die Wahrheit hat.

Das vorliegende Buch war eine Premiere für mich, denn es war das erste Werk des Autors, das ich gelesen habe. Ich bin begeistert vom Schreibstil und auch der Art des Erzählens, es wird also sicherlich nicht das letzte Buch von Martin Suter bleiben, das ich lese. Dies aber nur am Rande. Die Geschichte von Dr. Stotz bekam Tom und somit auch ich nur häppchenweise serviert, sodass eine gewisse Spannung erzeugt wurde, die das ganze Buch über anhielt. Ich habe mir die verschiedensten Gründe ausgemalt, was damals passiert sein konnte, und hätte nicht weiter daneben liegen können. Hierbei verstand der Autor es meisterhaft, falsche Spuren zu legen und auch Wendungen einzubauen, die mich verblüfften. Immer, wenn ich dachte, dass ich den Durchblick habe, legte er noch einmal nach und überraschte mich. Die Auflösung wiederum war ebenfalls anders als gedacht, ich hätte mit diesem Ausgang nicht gerechnet.

Zusammenfassend ein großartiges Buch mit einer spannenden sowie wendungsreichen Story, dazu sprachlich eine Wucht. Für mich persönlich ein Highlight, das die volle Punktzahl nebst Extrasternchen verdient und bekommt.

11 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.