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sleepwalker

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Insgesamt 501 Bewertungen
Bewertung vom 21.08.2020
Das Dorf der toten Seelen
Sten, Camilla

Das Dorf der toten Seelen


weniger gut

Silvertjärn ist eine Geisterstadt in der nordschwedischen Provinz Norrland. Ein Lost Place, seit vor 60 Jahren alle Bewohner bis auf ein Baby und eine gesteinigte, an einen Marterpfahl gebundene Frau, spurlos verschwunden sind. Alice Lindstedt, Absolventin der Stockholmer Filmhochschule macht sich mit Freunden und ehemaligen Kommilitonen auf den Weg dorthin, um einen Dokumentarfilm zu drehen. Und um etwas über ihre Großmutter zu erfahren, die aus dem Dorf stammt, es aber zu der Zeit, als es verlassen wurde, schon in Stockholm gelebt hat. So fahren Alice, Tone, Emmy, Max und Robert gemeinsam mit zwei Autos in die abgelegene Provinz, versorgt mit Proviant, Filmausrüstung und Walkie-Talkies, denn eines ist klar: so weit ab vom Schuss werden sie keinen Handy-Empfang haben. Was zu Anfang aussieht wie eine eher harmlose Expedition in die Vergangenheit, kippt sehr schnell. Alle fünf haben das Gefühl, in dem verlassenen Dorf nicht allein zu sein. Und auch die Stimmung zwischen den eigentlich befreundeten Personen wird nach und nach schlechter. Misstrauen und alte Feindschaften brechen aus und die Geschichte des Dorfes spielt mit der Zeit nur noch eine untergeordnete Rolle, vor allem, als die erste aus der Gruppe tot ist.
Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen aus unterschiedlichen Zeiten erzählt: Heute und vor 60 Jahren. So erfährt man als Leser teils aus Briefen, teils aus tatsächlicher Handlung, nach und nach, was damals in dem Bergwerksstädtchen passiert ist. Das Buch hat dann ein sehr hohes Tempo, man will unbedingt wissen, was denn eigentlich hinter allem steckt. Was haben der Pastor, die Familie des Bergmanns und vor allem „Schwachkopf-Gitta“ mit den Geschehnissen zu tun und was wurde aus ihnen? Diese Fragen an sich bieten Stoff für eine sehr spannende Geschichte und die Autorin schafft es phasenweise, enorm hohe Spannung aufzubauen. Aber an anderen Stellen ist die Geschichte einfach nur dröge und langweilig, womit die Autorin viel von der Spannung kaputtmacht.
Die Charaktere waren für mich zu flach beschrieben und nicht wirklich greifbar, trotz ihrer eigentlich führenden Rolle hat auch Alice für mich eher einen Nebenrollen-Charakter. Die Personen benehmen sich wie (zum Teil verzogene, zickige und kindische) Jugendliche, keiner weiß wirklich, was er tut, es wird viel gestritten und wirklich sympathisch ist mir kein einziger geworden.
Sprachlich ist das Buch einfach gehalten und flott und flüssig zu lesen. Die Geschichte an sich ist auch eine wirklich sehr gute Idee, das Konzept ist anfangs sehr gut – allerdings macht der Schluss vieles wieder kaputt, was die Autorin am Anfang aufgebaut hat. Er ist hanebüchen konstruiert und nicht wirklich befriedigend, da für mich viel zu viele Fragen unbeantwortet blieben und Hintergründe so gut wie nicht aufgeklärt werden. Es ist schade um die gute Idee, denn so ist das Buch eine wilde Mischung aus Gruselkrimi und Esoterikthriller, die nicht wirklich überzeugen kann. Ich hatte mir auf jeden Fall von dem Buch etwas anderes erwartet. Es ist der Debütroman von Camilla Sten, der Tochter der schwedischen Bestseller-Autorin Viveca Sten (ja, die von den Sandhamn-Krimis). Potenzial hat sie sicherlich, das zeigt der starke Prolog. Von mir 2 Sterne.

Bewertung vom 21.08.2020
Mami kann auch anders / Tagebuch einer gestressten Mutter Bd.3
Sims, Gill

Mami kann auch anders / Tagebuch einer gestressten Mutter Bd.3


ausgezeichnet

„Mami kann auch anders“ von Gill Simms ist nach „Mami muss mal raus“ und „Mami braucht ՚nen Drink“ schon der dritte Band der Reihe um Ellen und ihre Familie. Die anderen beiden kenne ich nicht, hatte aber keine Probleme, das Buch zu verstehen.
Das ist echt nicht Ellens Jahr. Ihr Mann Simon hat sie mit einer Frau betrogen, die ihm nichts bedeutet (sagt er). Die Paartherapie, die den beiden helfen soll, scheitert. Daher zieht Ellen mit den pubertierenden Kindern Peter (13) und Jane (15) aufs Land. Und schon befindet man sich als Leser mit Ellen und den Pubertieren auf einer Achterbahnfahrt zwischen Selbstfindung, Neuanfang und Erwachsenwerden. Unterstützt von guten Freunden (die sie verkuppeln wollen), Gin und Wein versucht Ellen ihr Leben neu zu organisieren. Dazwischen wird gestritten, sich versöhnt, getrunken und das Ganze dann wieder von vorn. Aber als dann auch noch ihr Vater einen Herzinfarkt erleidet, stellt Ellen fest: das Jahr kann eigentlich getrost weg. Und sie lernt sehr schnell: Pubertät ist, wenn die Eltern anfangen, den Kindern peinlich zu werden.
Die Autorin hat sich als Bloggerin einen Namen gemacht, ist aber inzwischen auch eine bekannte Autorin, der vierte Teil der Reihe erscheint (zumindest auf Englisch) im Oktober. Das Buch beschreibt das wahre Leben eines alleinerziehenden Elternteils mit Teenagern. Das, was viele Frauen erleben, wenn sie ihre Männer dahin schicken, wo der Pfeffer wächst und plötzlich alleine mit ihren Pubertieren dastehen. Das Leben, das dann folgt, ist nicht zwingend das kuschelige Cottage, sondern oft die kleine, abgeranzte Bude (die zudem nur ein einziges Badezimmer hat!), die aber dafür mit drei „geschwätzigen Hühnern“ und zwei Hunden. Und das Leben mit zwei pubertierenden Teenagern ist ganz sicher kein Zuckerschlecken, vor allem, wenn sie der Mutter die alleinige Schuld an der Trennung der Eltern geben. Damit ist Ellen nicht allein auf der Welt, viele Leser:innen können es ihr sicher nachfühlen. Und die, die es nicht können, amüsieren sich vermutlich bei der Lektüre des Buchs genauso wie ich. Und manchmal kommt alles dann doch anders als erwartet und nach und nach findet sich alles und man rauft sich zusammen.
So überspitzt und überzogen manche Szenen anmuten wollen – unrealistisch ist an dem Buch rein gar nichts. Alltagswahnsinn in Reinkultur eben. Der Ton im Buch ist rau aber herzlich (zumindest meistens), die Sprache ist flapsig und forsch und die Autorin spricht fließend zynisch – alles in allem ist das Buch unterhaltsam und nett zu lesen. Von mir daher 4 Sterne.

Bewertung vom 21.08.2020
Divided States of America
Kern, Claudia

Divided States of America


ausgezeichnet

„Divided States of America“, das Buch von Claudia Kern ist 2017 erschienen, kurz nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt wurde. Im Buch heißt da Staatsoberhaupt Johnson, aber jeder Leser weiß direkt, wie der Hase läuft, die Parallelen sind unübersehbar. Brutaler Wahlkampf eines Nicht-Politikers führt zu dessen Amtseinführung. Ahnung hat er keine, statt mit Kompetenz spaltet er das Land mit Populismus und schart rechte Wähler um sich und steuert mit dem ganzen Land im Schlepptau auf eine große Katastrophe zu. Aus den Vereinigten Staaten werden sehr schnell gespaltene (divided) Staaten.
„Was wir nicht alles für Macht tun“ – dieses Zitat steht praktisch für das ganze Buch. Denn die Antwort ist ganz klar: Präsident Johnson und seine Anhänger würden schlichtweg ALLES für Macht tun. So verwandelt sich das Land innerhalb kürzester Zeit in einen Moloch aus Hass, Antisemitismus, Rassismus, Gewalt und Angst. „Sieg H***“ und „verlogene J***npresse“ ist in manchen Kreisen wieder salonfähig, arische Namen en vogue, es wird geprügelt, gepöbelt, gedroht und gemordet. Aus Freunden und Kollegen werden innerhalb kürzester Zeit Feinde, „Mörder eures Landes und eurer Identität“. Grenzen werden geschlossen, Bürger- und Menschenrechte ausgesetzt. Manchmal kam ich mir ein bisschen vor wie bei George Orwells „Animal Farm“ – alle Menschen sind gleich, nur manche sind gleicher. So wird am Anfang unterschieden zwischen Schwarzen, Mexikanern und Muslimen – je nachdem, wer mehr Nutzen bringt („Ohne Muslime… würde die ganze Wirtschaft zusammenbrechen. Niemand will ernsthaft, dass die das Land verlassen.“). Später sind dann einfach alle Feinde und „Das Blut bestimmt deine Heimat, nicht ein Stück Papier“. Vieles davon passiert tagtäglich – und nicht nur in den USA.
Jedes Kapitel ist mit einem Zitat überschrieben. Von Hitler, Göring, aber auch von Churchill oder Schiller. Sehr bezeichnend finde das Zitat aus Hans Christian Andersens „Des Kaisers neue Kleider“: „Aber der Kaiser hat doch gar keine Kleider an“. Denn in dem Buch, das inzwischen mehr oder weniger von einer Dystopie zur Realität geworden ist, wird viel gelogen und manipuliert und auch viel mit falschen Fakten, also Fake News, gespielt wird. Bei manchen Elementen dachte ich beim Lesen nur, dass das hoffentlich niemanden auf dumme Ideen bringt. Aber eigentlich ist so gut wie alles, was die Autorin schreibt, mittlerweile passiert. Was für ein bedrückender Gedanke und was für ein prophetisches Werk, vom Narzissmus des Staatsoberhauptes, seiner Beugung der Gesetze, der Tatsache, dass er glaubt, über dem Gesetz zu stehen, bis hin zu den willigen Schafen, die ihm folgen, Hauptsache „America first“.
Das Buch besteht aus mehreren Handlungssträngen, die die unterschiedlichen Perspektiven darstellen. Am Schluss werden alle zu einem fulminanten und absolut schockierenden Höhepunkt (ausgerechnet am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag) verknüpft. Erzählt wird die Geschichte locker und in leicht zu lesender Umgangssprache, Kraftausdrücke und Schimpfwörter sind da an der Tagesordnung, aber durch die leichte Sprache darf man sich nicht täuschen lassen. Denn das Buch ist ganz sicher keine leichte Lektüre – sowohl tatsächlich als auch zwischen den Zeilen.
Es ist nichts für schwache Nerven, es hat mich schockiert und fassungslos gemacht. Vor allem die Tatsache, dass das Buch 2017 erschienen ist und sich so vieles als wahr herausgestellt hat, was damals noch nicht abzusehen war. Die Geschichte, die damals noch sehr fiktiv war, ist heute zum Teil traurige Realität. Zwar passierte es in Wirklichkeit nicht ganz so schnell, wie im Buch (100 Tage), aber es ist dennoch verstörend, wie schnell die Stimmung in einem Land so komplett kippen kann. Vor ein paar Jahren hätte man das Buch als überzogen und unrealistisch abgestempelt – heute nicht mehr. Sprachlich manchmal ein bisschen holprig und die Autorin findet nicht immer 100%ig die richtigen Wörter, dennoch von mir die volle Punktzahl. 5 Sterne.

Bewertung vom 18.08.2020
Feuerland
Engman, Pascal

Feuerland


gut

Selten habe ich einen Thriller gelesen, der für mich so schleppend in Fahrt kam wie „Feuerland“ von Pascal Engman. Und nicht nur einmal habe ich überlegt, das Buch einfach ungelesen beiseite zu legen. Die verschiedenen Handlungsstränge, die der Autor spinnt, fand ich zuerst äußerst unspannend und sie hatten auch anfangs überhaupt nichts miteinander zu tun. Zunächst ein Überfall auf einen Uhrenladen in Schweden, dann eine Menge Privatleben der Menschen, die später tragende Rollen einnehmen werden (und von denen jeder sein eigenes Päckchen zu tragen hat), dann verschwinden zwei Geschäftsmänner und zu guter Letzt findet auch eine Klinik für illegale Organtransplantationen ihren Platz in der Geschichte. Mehr möchte ich zur Geschichte an sich gar nicht sagen, um nicht zu spoilern.
Jeder Handlungsstrang für sich hätte, ordentlich aufgebaut und ausgearbeitet, Stoff für einen bodenständigen und guten Thriller geboten. So aber packt der Autor so viel in sein Buch und auf die nicht ganz 500 Seiten, dass es dem Leser bei so viel Inhalt beim Lesen beinahe schwindelig wird. Und er den Faden zu verlieren droht. Nicht nur einmal musste ich zurückblättern und neu ansetzen, weil mir bei der Hektik und Rasanz der Geschichte irgendwas entgangen ist, wobei ich dann manchmal feststellen musste, dass der Fehler nicht bei mir lag, sondern dem Autor die Logik abhanden gekommen ist. Der Autor schafft es nicht, jedem Thema gerecht zu werden und daher gelingt es ihm auch nicht, ein wirklich gutes Buch daraus zu machen. Insgesamt konzentriert er sich auf zu viele verschiedene Dinge und meiner Meinung nach setzt er die Prioritäten nicht immer richtig.
Auch die Charaktere konnten mich nur mäßig begeistern. Zwar hat jede Person ihre eigenen Probleme und Schwächen, aber alles in allem sind alle sehr begabt, fast genial und überbordend in ihrer Kompetenz. So genial, dass es nicht nur manchmal unrealistisch ist, sondern schlicht nervt. Sei es nun Vanessa, die suspendierte Ermittlerin mit dem Alkoholproblem oder Nicholas, der traumatisierte ehemalige Soldat mit dem PTBS und der autistischen Schwester – die Fälle haben nur auf sie und ihre Genialität gewartet. Ich leider nicht. Auch die Übersetzung, vor allem die Wortwahl, fand ich manchmal nicht ganz stimmig.
Etwa nach dem ersten Drittel nimmt das Buch dann doch etwas Fahrt auf und ab und zu wird aus dem eher drögen Dahingeplätschere eine spannende Geschichte. Da war ich dann froh, drangeblieben zu sein, auch wenn das Buch mich nicht nachhaltig beeindrucken konnte. Die Idee, die Handlung in Schweden und in Chile spielen zu lassen, fand ich gut, der Rest ist etwas, das man schon unzählige Male gelesen hat. Mängel bei der Logik, unsympathische Hauptcharaktere und eine komplett überladene Geschichte ließen nur bedingt Lese-Vergnügen aufkommen. Von mir für die spannenden Abschnitte und die gute Idee aber drei Sterne.

Bewertung vom 14.08.2020
How to Be Gay. Alles über Coming-out, Sex, Gender und Liebe
Dawson, James

How to Be Gay. Alles über Coming-out, Sex, Gender und Liebe


ausgezeichnet

„Ihr seid keine Außenseiter, sondern Teil einer großen Gemeinschaft. Sogar einer wunderbaren Gemeinschaft.“ – Diesen Satz in Juno Dawsons Buch „How to be gay. Alles über Coming Out, Sex, Gender und Liebe“ finde ich wichtig und ganz wunderbar. Das Buch ist aber natürlich keine Bedienungsanleitung, weder für das Leben als LGBTQ+-Mensch, noch fürs Outing oder für Angehörige/Freunde/Bekannte für den täglichen Umgang. Denn tatsächlich ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität und Geschlechtsidentität etwas sehr Individuelles. Aber es gibt Probleme, die vermutlich fast jeder Betroffene hat und viele sind sicher froh, dass sie in diesem Buch gesammelt und aufgearbeitet zu finden sind.
Die Autorin, die selbst als James Dawson geboren wurde, lebte als schwuler Mann und ist inzwischen unter dem Namen Juno Dawson bekannt. Sie schafft mit Informationen aus eigener Erfahrung, Erfahrungsberichten andere Betroffener und einiger Studien, auf die sie sich bezieht, einen hervorragenden Überblick über alle möglichen Arten der sexuellen Identität, von schwul, lesbisch und asexuell bis zu transsexuell, transgender und queer.
Das Buch ist sehr forsch und direkt, teils lustig oder sogar flapsig formuliert. Die Autorin nennt die Dinge beim Namen, schlägt (wenn angebracht) aber auch ernste Töne an, wie beispielsweise bei Themen wie sexuell übertragbare Krankheiten oder Mobbing und Diskriminierung. So ist das Buch für Jugendliche ebenso geeignet wie für interessierte Erwachsene. Die kurzen Erfahrungsberichte, die das Buch beinhaltet sind ebenfalls von Menschen unterschiedlicher Altersgruppen. Es gibt kein Thema, das die Autorin nicht anspricht, sowohl bezüglich der psychischen Aspekte, als auch wenn es ums körperliche (sprich: Sex) geht. Auch beim Aufräumen mit Klischees, Vorurteilen und falschen Darstellungen (nein, es gibt keine biologischen Unterschiede zwischen Homos und Heteros!), nimmt sie kein Blatt vor den Mund und ich denke, das ist auch gut so.
Natürlich fehlen in dem Buch weder hilfreiche Adressen (im Anhang), noch eine Auflistung der wichtigsten LGBTQ+-Vokabeln oder eine Aufzählung bekannter LGBTQ+-Menschen. Quintessenz aus dem Buch für mich war: du bist nicht allein mit dem, was du erlebst und du bist gut so, wie du bist. Erschreckend natürlich auch, dass weltweit in sehr vielen Ländern Homosexualität verboten ist und zum Teil mit dem Tode bestraft wird, selbst in Europa machen manche Länder hierbei sehr negativ von sich reden und gibt es immer noch große Unterschiede im Umgang mit transsexuellen Menschen. Deshalb finde ich das Buch enorm wichtig für alle, die sich bezüglich ihrer Geschlechtsidentität unsicher fühlen und auch für deren Umfeld. Natürlich ist es kein Leitfaden und kann nur eine grundlegende Hilfestellung sein und Mut machen, aber das schafft das Buch sehr gut. Denn eines ist klar: sexuelle Identität ist keine Entscheidung, Menschen deswegen zu diskriminieren oder gar zu hassen wohl! Niemand muss sich wegen seiner sexuellen Ausrichtung entschuldigen und es ist essenziell, sich selbst treu zu bleiben, um im Leben glücklich zu werden/zu sein und da ist es auch egal, was dazu in der Bibel steht, vermutlich sind das ohnehin Übersetzungsfehler. Ein hilfreiches und wichtiges Buch, dazu gut geschrieben und trotz der Menge an Informationen lustig und unterhaltsam – von mir die volle Punktzahl.

Bewertung vom 11.08.2020
Kalt flüstern die Wellen / Ben Kitto Bd.3
Penrose, Kate

Kalt flüstern die Wellen / Ben Kitto Bd.3


gut

„Neuankömmlinge haben es verdient, dass man sie herzlich aufnimmt“ – irgendwie klappt das auf der kornischen Insel St. Agnes (die wildeste und geheimnisvollste der Scilly-Inseln) nicht mehr so wirklich gut, zumindest nicht in „Kalt flüstern die Wellen“ von Kate Penrose, dem dritten Band der Reihe um den Ermittler Ben Kitto. Die Geschichte beginnt am 5. November. Guy-Fawkes-Night oder Bonfire Night (dem 5. November), Ben Kittos 35. Geburtstag. Der Tag wird traditionell mit Feiern, Feuer und Feuerwerk begangen. Hier nimmt er aber ein jähes Ende, als in der Asche einer heruntergebrannten Feuerstelle menschliche Überreste gefunden werden. Schnell stellt sich heraus, dass der Tote ein „Eindringling“ in die Idylle der Insel war. Und auch weitere „Zugereiste“ werden bedroht, Nachrichten in kornischer Sprache machen klar: Fremde sind hier nicht willkommen. Und selbst Ben, der ursprünglich von der Insel stammt, ist nicht sicher, denn er hat lange auf dem Festland gelebt und gehört nicht mehr wirklich zur verschworenen Gemeinschaft der alteingesessenen Insulaner, aber „Die Gemeinschaft überlebt nur, wenn wir uns gegenseitig unterstützen.“
Der Vorteil beim Mord auf einer Insel ist für die Ermittler ganz klar: es ist eine überschaubare Anzahl an Verdächtigen und keiner kann weg. Nachteil: jeder kennt jeden - und keiner kann weg, also ist der Mörder auf jeden Fall noch vor Ort. Und verdächtig ist praktisch jeder, der auf der Insel ist.
Erzählt wird die Geschichte flott und sprachlich unkompliziert. Die Übersetzung ist gelungen, bis auf den Ausdruck „offene Wirbelsäule“ für spina bifida (im Deutschen wird umgangssprachlich „offener Rücken“ verwendet). Allerdings werden die Ränge der Polizeibeamten (wie im Englischen üblich) nur abgekürzt und nicht zu Anfang erklärt. Ich kenne sie, aber ob der durchschnittliche Leser darin so firm ist, weiß ich nicht. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, aus Sicht von Ben Kitto (in der Ich-Form) und aus der eines der Hauptverdächtigen, des „Vogelmannes“ Jimmy Curwen, eines geheimnisvollen, eher schlichten Gemüts, eines „Freaks“, dieser Strang aber aus Sicht eines außenstehenden Erzählers. Die Charaktere sind von der Autorin gut herausgearbeitet und lebendig beschrieben. Mein Favorit ist eindeutig Jimmy Curwen, seine zurückhaltende Art und seine Liebe zu Vögeln hat mich berührt, vor allem, da er selbst ein bisschen wirkt wie ein aus dem Nest gefallenes Vogeljunges. Und auch die Kriminaltechnikerin Liz Gannick konnte mit ihrem Motto „meine Loyalität gehört den Toten, nicht den Lebenden“ bei mir absolut punkten.
Die Autorin beschreibt die düstere und mystische Landschaft ganz hervorragend und gibt der Geschichte einen ganz speziellen Reiz. Zwar ist die Handlung an sich nicht übermäßig spannend, sie folgt eher Schema-F mit Opfer, Ermittlung, Irrungen, Wirrungen und Lösung, aber die Landschaft und vor allem die Menschen auf der Insel und ihre Eigenheiten tragen viel dazu bei, dass das Buch dann doch eine unterhaltsame Lektüre wurde. Die Kauzigkeit der „Alteingesessenen“ und ihr Misstrauen, sogar Hass, Fremden gegenüber wird von der Autorin sehr gut beschrieben.
Das Buch ist konzeptionell ein solider Krimi. Handfest und bodenständig, so, wie ich mir die Einwohner der Insel vorstelle, auf der die Geschichte spielt. Allerdings schafft es die Autorin nicht, mich mit ihrer Geschichte zu packen. Zwar hat sie alles, was ein Krimi braucht, mir fehlte aber die Spannung, die war zwar unterschwellig konstant vorhanden, aber für mich nie wirklich hoch. Und irgendwo zwischen Argwohn Fremden gegenüber, Angst vor Veränderungen, Familienstreitigkeiten und alten, verkrusteten Traditionen habe ich fast die Lust verloren, weiterzulesen. Es ist nicht wirklich langweilig, aber halt leider auch eher latent spannend. Die Geschichte plätschert ein bisschen dahin. Der Schluss hat mich ziemlich überrascht, ist aber stimmig. Wegen der leider nur latent vorhandenen Spannung vergebe ich 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 10.08.2020
Dirty Vegan
Pritchard, Matt

Dirty Vegan


ausgezeichnet

Nicht erst seit den Fleischskandalen der vergangenen Jahre ist der Trend zur tierproduktfreien Ernährung festzustellen. Vegane und vegetarische Kochbücher gibt es zu Hauf, deshalb war ich auf „Dirty Vegan“ von Matt Pritchard sehr gespannt. Bei ihm war es der Dokumentarfilm „Cowspiracy – Das Geheimnis der Nachhaltigkeit“, der ihn dazu brachte, vegan zu leben. In Großbritannien ist der Profi-Skateboarder und Stuntman als Fernsehkoch bekannt. Zwei Kochbücher hat er auf Englisch veröffentlicht, Dirty Vegan ist das erste, das auch auf Deutsch erschienen ist.
Den Auftakt zum Buch macht ein Überblick über den Werdegang von Pritchard, den ich interessant fand, da er selbst ziemlich ungewöhnlich ist. Ungewöhnlich sind seine Rezepte dann allerdings nicht, sie fallen alle eher in die Kategorie „leicht umzusetzen“ oder „für jeden Tag“. Um die Rezepte nachzukochen, muss man weder Profikoch noch übermäßig versiert sein, die Rezepte sind einfach und sicher auch für diejenigen interessant, die (noch) nicht vegan leben. Denn viele der Gerichte basieren nicht auf Fleisch-Ersatz, sondern kommen schlicht ohne tierische Zutaten aus. In anderen Rezepten tauscht der Autor tierische Komponenten einfach durch pflanzliche aus, wie beispielsweise bei den Milchprodukten in den Frühstücks-Rezepten. Zwar baut er da komplett auf Mandelmilch (es gibt auch ein Rezept für selbstgemachte Mandelmilch), die kann man (meiner Meinung nach) aber auch getrost durch andere Pflanzen-Drinks ersetzen.
Von Frühstück mit Porridge und Ganola über eine große Auswahl an Salaten und vielfältige Hauptgerichte wie Gulasch mit Jackfrucht, selbstgemachten Vischstäbchen aus Tofu oder Nuggets aus selbstgemachtem Seitan bis hin zu Suppen und Süßkram wie Milchreis, einem veganen Victoria Sponge oder Schokocupcakes – da ist für jeden was dabei und die Rezepte sind toll bebildert und gekonnt in Szene gesetzt.
Die Rezepte an sich scheinen sehr ausgewogen, wobei der Autor wohl (vielleicht weil er Sportler ist, vielleicht aber auch, weil es ein wichtiges Thema in der veganen Ernährung ist) ein Haupt-Augenmerk auf Eiweiß legt. Mit viel Tofu, Tempeh und Hülsenfrüchten kommt da auf jeden Fall ganz sicher kein Mangel auf. Pritchard ist auf du und du mit dem Leser, schreibt locker-flockig und im Plauderstil, hat aber immer noch ein wenig Hintergrundwissen parat und Rezepte wie das Katerfrühstück oder der „Hangover Smoothie“ lassen tief blicken. Das Buch bietet neben etwas aufwändigeren Hauptgerichten auch Grundlagenrezepte wie für selbstgemachte Granola, Pizzateig, Dips und Soßen oder fermentierten Rotkohl. Die meisten Rezepte beinhalten Zutaten, die man entweder im Haus hat oder leicht bekommen kann, auf eher exotische Zutaten wie Aquafaba kann man meistens auch verzichten, was der Autor auch dazuschreibt.
Ich fand das Buch nett anzuschauen, die Bilder sind fantastisch und lassen einem beim Durchblättern echt das Wasser im Mund zusammenlaufen und die Rezepte sehen alle ansprechend und auch für nicht-Küchengötter machbar aus. Vegan leben heißt in keinem Fall Verzichten und Darben. „Vergiss es, lebe und genieße!“ scheint eine der Maximen des Autors zu sein. Die Rezepte sind reichhaltig und bunt. Und ob für Veganer, Vegetarier oder alle, die gerne mal ohne tierische Produkte kochen möchten – das Buch macht wirklich Lust darauf, die Rezepte auszuprobieren. Daher vergebe ich die volle Punktzahl. 5 Sterne.

Bewertung vom 06.08.2020
Frank Goosen über The Beatles / KiWi Musikbibliothek Bd.6
Goosen, Frank

Frank Goosen über The Beatles / KiWi Musikbibliothek Bd.6


ausgezeichnet

„Frank Goosen über The Beatles“ ist Teil der Kiwi-Musikbibliothek und da ich „Lady Bitch Ray über Madonna“ schon gelesen habe, habe ich mich auf das Buch gefreut. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Das Buch selbst besteht aus drei fast gleich langen Teilen. Im ersten Teil beschreibt der Autor, wie er mit 13 Jahren überhaupt zum Beatles-Fan wurde, denn schließlich hatten die sich getrennt, als er gerade mal vier Jahre alt war. Und der Weg zum leidenschaftlichen Fan war für ihn genauso wenig einfach, wie seinerzeit für meinen eigenen Vater. „Meine Familie steckte knietief im deutschen Schlager.“ – oh ja. „Meine Omma schwärmte für Karel Gott“ – nochmal ja. Und dennoch wurden mein 1950 geborener Vater und der 1966 geborene Frank Goosen glühende Beatles-Verehrer. Goosen nicht zuletzt deshalb, weil sein eigener Vater statt eines Lohns für eine Elektriker-(schwarz)Arbeit Schallplatten, nämlich das Rote und das Blaue Album und Abbey Road von den Beatles, für seinen Sohn genommen hat. Da zeigte Papa-Goosen nicht nur, wie lieb er seinen Sohn hatte (er hatte ihm „nur selten etwas mitgebracht. Abgesehen von den Beatles-Platten erinnere ich mich eigentlich nur an eine herrlich hässliche Seppelfigur mit grünem Hut, Goldkettchen, vorstehenden Zähnen und unentwegt nickendem Kopf, die er während einer Messe in München erstanden hatte, als er noch bei einer anderen Firma angestellt gewesen war, bevor er seine eigene gründete.“), sondern erinnerte sich tatsächlich auch an den Musikgeschmack des Juniors.
Er schreibt über den Tag, an dem John Lennon erschossen wurde. „Ich glaube, es war Susanne, die sagte: »Verdammt, wieso nicht McCartney?« Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich kurz darüber nachdachte, ob es nicht tatsächlich besser gewesen wäre…“. Beschreibt, wie er selbst erste Gehversuche an der Gitarre und im Songwriting unternahm und wie sein Fantum jahrelang zwischen alten Platten und den Solo-Platten der Beatles-Mitglieder so dahingeplätscherte war.
Im zweiten Teil wandelt der Autor zur Vorbereitung aufs Schreiben des Buchs mit Frau, zwei pubertierenden Söhnen und dem Guide Steve in Liverpool auf den Spuren der Beatles, besucht die Penny Lane und sämtliche Geburts- und Elternhäuser. Durch Steves ständigen Fragen hat Frank Goosen sicher noch neue Nuancen der Beatles erkannt – ob er seine Söhne zu Fans gemacht hat, wage ich allerdings sehr zu bezweifeln.
Im dritten Teil ordnet er noch einmal sämtliche Alben samt ausgewählter Stücke für sich ein. Er schreibt knackige Kurzkritiken dazu, viele der Stücke kenne ich, manche nicht, auf jeden Fall machen seine Anmerkungen dazu Lust drauf, wieder mal reinzuhören.
Natürlich ist das Buch keine Biografie der Beatles. Und keine Autobiografie des Autors. Es zeigt schlicht seine persönliche Schnittmenge mit den Jungs aus Liverpool. Nicht mehr und nicht weniger. Noch eine Beatles-Biografie hätte die Welt auch ganz sicher nicht gebraucht. Der Autor schreibt lustig und kurzweilig, natürlich, denn er ist Kabarettist. Und auch Kritik fehlt nicht. So stellt er anhand von immer wieder auftauchenden musikalischen Wiederholungen eines fest: „Die Beatles hatten sich in den sieben Jahren, in denen sie zusammen professionell aufgenommen hatten (1962–1969), auserzählt.“ Und obwohl ich erst 1977 geboren wurde, konnte ich mich in vielem von dem, was er beschreibt wiederfinden, denn mein Vater war ein Beatles-Fan. Allerdings bin ich mit Tonbandgerät statt einer Schneider Kompaktanlage aufgewachsen. So war seine nostalgische Reise in die Jugend irgendwie auch meine und ich bedanke mich fürs Mitnehmen. Von mir 5 Sterne.

Bewertung vom 04.08.2020
Sommer der Wahrheit / Sheridan Grant Bd.1
Neuhaus, Nele

Sommer der Wahrheit / Sheridan Grant Bd.1


sehr gut

Im Jahr 1994 ist Sheridan Grant ein 15jähriges Mädchen, das auf einer Farm in Nebraska lebt. Aufgewachsen als Adoptivkind, geliebt vom Vater, eher gehasst von der Mutter („Du benimmst dich wirklich wie der letzte Abschaum! Ich schäme mich, dass du unseren Namen trägst, du … du … niederträchtiger, schlechter Mensch!“), von einem ihrer vier Brüder schikaniert und gequält. Sie passt mit ihrer Liebe zu Literatur und Musik, ihrer Begeisterung für Bücher und ihren guten Noten nicht wirklich in die Familie und in die Welt aus Farmarbeit und Kirche. „Ich passte so wenig in die Familie Grant wie ein Eisbär in die Wüste.“, konstatiert sie, zudem ist sie das einzige Mädchen neben den vier leiblichen Söhnen ihrer Eltern. Sie pubertiert und rebelliert vor allem gegen die Mutter und dann überschlagen sich die Ereignisse in ihrem Leben. Sie forscht nach ihrer Herkunft, sucht ihre Wurzeln, kämpft mit Widrigkeiten und muss Hindernisse überwinden und findet dabei über Umwege und zahlreiche Liebhaber (oder in ihrem Fall eher Sexualpartner) ihren eigenen Weg ins Leben. Muss sie auch, denn sie stellt nach und nach fest, dass sie sich auf niemanden wirklich verlassen kann.
„Sommer der Wahrheit“ von Nele Neuhaus ist der erste Teil der Trilogie um Sheridan Grant. Es ist in der Hauptsache ein unterhaltsamer Coming-of-Age-Roman über Familiengeheimnisse, manchmal auch tiefgründig, ab und zu nachdenklich machend. Mir ist in Sheridans Entwicklung in Anbetracht ihres Alters definitiv zu viel sexuelle Aktivität verarbeitet, aber vielleicht bin ich da auch zu prüde. Alles in allem überstürzen sich die Ereignisse in ihrem Leben vielleicht auch ein bisschen zu viel und zu heftig, man kann es unrealistisch nennen oder „ein bewegtes Leben“.
Sheridan ist ein sehr interessanter Charakter. Die Mischung aus kindlicher Unbedarftheit und Naivität und ihrer fast promisken Art ist explosiv. Ihr Vater kommt mir sehr unbeholfen und oft hilflos vor, die Hosen in der Beziehung hat definitiv seine Frau an, allerdings lässt er sehenden Auges zu, dass seine Familie zerbricht. Da bedient Nele Neuhaus auch jegliches Klischee der hinterwäldlerischen Farmbewohner, denn die heuchlerische, fast bigotte Mutter, hätte mit ihren Ansichten statt in die 1990er Jahre auch ins vorige Jahrhundert gepasst. Vertrauen, Vertrauensseligkeit, Lügen, falsche Freunde, Einsamkeit und Hoffnung sind zentrale Elemente des Buchs und machen es zu einem runden und gelungenen Werk, in dem Sheridan eine manchmal schmerzvolle Entwicklung durchläuft.
Zwar sind Klischee, Theatralik und Tragik sehr präsent, was ich allerdings einem Unterhaltungsroman nicht ankreiden kann, er erhebt ja nicht den Anspruch, große Literatur zu sein. Und natürlich hat Sheridan zu allen Schicksalsschlägen und Problemen noch ein riesiges musikalisches Talent – natürlich, sonst müsste man ja kein Buch draus machen. Insgesamt geht sehr viel schief und sehr viel sehr glatt, es ist sehr konstruiert und plakativ, aber trotz ein paar Längen und ein paar wirren Windungen nie langweilig sondern packend, manchmal spannend und flott zu lesen. Obwohl ich ein überzeugter Krimi-Leser bin, hat das Buch mich trotz der vielen (manchmal auch sehr konstruierten) Schicksalsschläge gut unterhalten und ich freue mich auf die folgenden Teile. Wer allerdings ein Buch im Stil der Krimis von Nele Neuhaus erwartet, könnte enttäuscht sein. Dieses Buch hat damit nicht einmal stilistisch etwas gemeinsam. Zwar ist die Sprache einfach, das Buch flott und leicht zu lesen, aber die Spannung und die Atmosphäre der Taunus-Krimis fehlen völlig. Von mir aber klare 4 Sterne.

Bewertung vom 04.08.2020
Zeiten des Sturms / Sheridan Grant Bd.3
Neuhaus, Nele

Zeiten des Sturms / Sheridan Grant Bd.3


sehr gut

„Zeiten des Sturms“ heißt der dritte und letzte von Nele Neuhaus‘ Serie um Sheridan Grant. Und stürmisch geht es auch in diesem Buch weiter.
Nach viel Hin und Her in den ersten beiden Büchern (man kann das dritter aber problemlos einzeln lesen, alles Wichtige wird „wiedergekäut“) wähnt sich die inzwischen 21jährige Sheridan endlich am Ziel angekommen: sie hat mit Dr. Paul Sutton einen Mann gefunden, der sie aufrichtig liebt und sie heiraten möchte. Aber, wie schon im zweiten Teil, holt sie auch hier ihre Vergangenheit wieder ein und sie bricht abermals ihre Zelte ab. Um in Nebraska ihrer Familie nahe zu sein und eventuell doch noch ihren Traum, Sängerin zu werden, verwirklichen zu können.
Die Geschichte ist dicht und flott erzählt, die Autorin musste alle Ideen, die sie noch rund um Sheridan und ihre Familie hatte, in diesem Band unterbringen. Manchmal kommt es einem sehr konstruiert vor, sicher war es nicht einfach alle losen Enden und die verschiedenen Handlungsstränge zu einem stimmigen Ende zu verbinden. Sheridan hat sich zwar ein bisschen weiterentwickelt, ist aber immer noch fast so naiv wie im ersten Band, sowohl was ihre Liebesgeschichten, als auch was ihre Karriere als Sängerin betrifft. Einerseits ist sie eine starke junge Frau, andererseits braucht sie immer wieder Rat und Hilfe von anderen, um sich nicht in Dinge zu verstricken, die ihr nicht guttun. Sie findet gute und schlechte Freunde und erweist sich manchmal als eine undankbare, unreife, inzwischen aber über 20jährige, Göre. Freundschaften gehen in die Brüche, es wird geliebt und getrennt – also insgesamt wenig Neues.
In der Hauptsache sind die Charaktere alte Bekannte, sie zeigen sich nur manchmal von einer anderen, unerwarteten Seite. Die Zeitsprünge innerhalb der Geschichte sind manchmal ziemlich groß, was das Buch manchmal wie einen Par-Force-Ritt erscheinen lässt, manchmal wie ein „Abhaken von Ideen und Ereignissen“. Aber der Schluss ist stimmig. Für mich kam er überraschend und ein bisschen abrupt, aber es ist ein stimmiger Abschluss der Trilogie, meiner Meinung nach sollte es keinen vierten Teil geben. Jede weitere Zeile zu dieser Reihe wäre zu viel und vermutlich nur noch abgedroschene Wiederholung.
Sprachlich ist das Buch schlicht, einfach und flott zu lesen. Die Geschichte ist ebenso konstruiert und voller Klischees, mit Ereignissen zugepackt und ein ewiges Hin und Her wie in den anderen beiden Teilen. Aber wer die mochte, mag auch den dritten. Mir ging es auf jeden Fall so. Die Trilogie hat mich bestens unterhalten und mich drei Nächte lang wachgehalten. Im Vergleich zum zweiten Teil finde ich den dritten wieder stärker, dem ersten eher ebenbürtig. Die einzigen Längen für mich waren, wenn die vielen Ereignisse aus den Vorgänger-Bänden wieder aufgewärmt wurden, was aber natürlich wichtig ist, um das Buch auch unabhängig von den anderen lesen zu können. Von mir dafür also klare 4 Sterne.