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leserattebremen
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Bewertungen

Insgesamt 623 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2016
Follower
Ruge, Eugen

Follower


ausgezeichnet

Nio Schulz lebt im Jahre 2055, in Australien werden Klimabomben gezündet, Kinder werden von ukrainischen Leihmüttern ausgetragen und statt wirklich Sport zu machen, tragen die Menschen Muskel-Silikon-Implantate. Schulz reist nach Wú Chéng in China, wo er die neusten Entwicklungen seiner Firma an chinesische Partner verkaufen soll. Doch plötzlich ist Nio Schulz vom Radar der zahlreichen überwachenden Techniken verschwunden, die die Menschen mit sich herumtragen und niemand weiß, was geschehen ist. Niemand außer Nio Schulz.
Das Jahr 2055, das Eugen Ruge in seinem Roman „Follower“ beschreibt, scheint oberflächlich sehr schräg für uns, bei genauerer Betrachtung kommt es einem jedoch schon fast wie die Gegenwart vor. Technisch weit entfernt davon sind wir keinesfalls, Ruge führt die Oberflächlichkeit und das Geltungsbedürfnis in der heutigen Zeit einfach ad absurdum. Jeder lässt sich optisch manipulieren und operieren, wo es nur geht. Alles was zählt ist das Kapital und die Macht darüber, so kann man sogar seinen eigenen Tod wirtschaftlich verwerten und seine eigene Hinrichtung verkaufen, um Geld für die Hinterbliebenen zu erhalten. In dieser Umgebung bildet die Technik den Rahmen, der alle Menschen durch den Alltag leitet, computergesteuerte Brillen und implantierte Sonden sorgen für eine ständige Kommunikation. Suspekt ist, wer nicht oder wenig kommuniziert.
„Follower“ ist in einem ganz eigenen Stil geschrieben, als ständige Aneinanderreihung von Aspekten und Handlungen, die alle fast gleichwertig nebeneinander stehen. Die Hauptfigur ist zwar eigentlich vollständig in ihrer Zeit gefestigt und hat bewusst zunächst keine Probleme mit all der Kontrolle und Oberflächlichkeit, doch dann scheint ihn der Tod seines Großvaters, zu dem es keinen Kontakt mehr gab und über den er – wie er merkt- gar nichts weiß, völlig aus der Bahn zu werfen. Diese vollständige Haltlosigkeit der Hauptfigur, ihre Orientierungslosigkeit wird durch Ruges Stil direkt erfahrbar. Es gibt keine Distanz zu Schulz, als Leser erlebt man alles unmittelbar mit. Abgegrenzt davon stehen die verschiedenen Ermittlungsprotokolle zu der Suche nach dem verschwundenen Nio Schulz, die der Autor über den Roman verstreut und die von einer unglaublichen Distanz des ganzen geschaffenen Systems den darin lebenden Menschen gegenüber zeugen. Alles passt in Parameter und was nicht hinein passt, wirkt auffällig und anders. Der Mensch ist nur noch ein Zahlenmuster und ein Diagramm, das alles über ihn aussagt.
Eugen Ruges Roman „Follower“ hat mich unglaublich fasziniert und begeistert. Man muss sich schon auf die Geschichte einlassen und sich auch selbst fragen, was es bedeutet, ein Leben wie Nio Schulz zu führen, was die Abgründe sind und wie man sich selbst dabei verlieren kann. Ich kann jedem diesen Roman nur ans Herz legen, Ruge führt uns in einem Roman, der eigentlich als Science Fiction daherkommt, genau vor Augen, was eigentlich schon heute wichtige Themen sind.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.09.2016
Die Unvollkommenheit der Liebe
Strout, Elizabeth

Die Unvollkommenheit der Liebe


ausgezeichnet

Als die Protagonistin und Erzählerin Lucy von Elizabeth Strouts Roman „Die Unvollkommenheit der Liebe“ für längere Zeit aus etwas unklaren Gründen im Krankenhaus liegen muss, kommt ihre Mutter sie besuchen. Für die Erzählerin ist es ein bedeutender Besuch, den ihre Beziehung war nie besonders innig. Fünf Tage verweilt die Mutter auch nachts am Bett ihrer kranken Tochter und langsam beginnt die Erzählerin dabei, ihr Leben und die Beziehung zu ihrer Mutter aufzuarbeiten.
Elizabeth Strout ist mit diesem Buch ein unglaublich eindringlicher und direkter Roman über eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung gelungen. Die Erzählerin kommt aus ärmsten Verhältnissen und hat sich hochgearbeitet, ihre Mutter lebt nach wie vor mit ihrem Mann in ihrem Heimatort. Dass mit dem Vater etwas Schwerwiegendes in ihrer Kindheit vorgefallen ist, er vielleicht sogar Kriegstraumata hat und nicht ins Leben zurückfand, wird zwar angedeutet, genaueres erfährt man aber nicht. Lucy ist sehr überrascht von dem Besuch ihrer Mutter und lässt den Leser regelrecht ungefiltert an ihren Gefühlen und Gedanken teilhaben. Teilweise in längeren Abschnitten, manchmal aber auch nur in wenigen Sätzen auf einer Seite erfährt man sehr viel über ihr Innenleben und ihre Vergangenheit, was sehr bewegend ist und einen als Leser fast zum direkten Mitspieler der Geschichte macht, so distanzlos präsentiert sich Lucy uns. Bei den Berichten zu ihrer Mutter bringt sie eine Emotionalität auf, die einen als Leser gefangen nimmt, während sie regelrecht distanziert über ihren Mann und ihre Töchter schreibt. Zwar sagt sie, dass sie sie unglaublich liebt und sie ihr fehlen, sprachlich wird aber eindeutig nicht diese Nähe zum Leser aufgebaut wie in den Elementen, in denen es um ihre Kindheit, ihre Eltern oder auch ihr Schaffen als Autorin geht.
Mich hat das Buch „Die Unvollkommenheit der Liebe“ von Elizabeth Strout sehr berührt, von ihrer wunderbaren Sprache und der Beschreibung von Lucys Gefühlen war ich unglaublich beeindruckt. Selten hat auch ein Titel so gut gepasst wie dieser, denn dass die Beziehung von Mutter und Tochter nicht perfekt war, heißt ja nicht, dass sie keine Liebe verbindet. Ich kann nur jedem empfehlen, sich auf Elizabeth Strouts Geschichte einzulassen, es ist ein ganz besonderes Leseerlebnis.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.09.2016
Lebensgeister
Yoshimoto, Banana

Lebensgeister


sehr gut

Sayoko ist eine junge Frau, sie ist frei, unbeschwert und liebt ihren Freund. Bis ein einziger kurzer Moment ihr Leben verändert. Bei einem Autounfall wird sie schwer verletzt und ihr Freund kommt ums Leben. Nur langsam heilen ihre Verletzungen und noch viel langsamer findet sie danach ins Leben zurück. Sie ist nicht mehr dieselbe wie vor dem Unfall und es fällt ihr anfangs schwer, das zu akzeptieren.
Banana Yoshimoto schreibt in „Lebensgeister“ auf wunderbar poetische Weise über eine junge Frau, die eine Phase der inneren Zerstörung durchmacht und erst langsam wieder im Leben ankommt. Nach einer Nahtoderfahrung sieht sie die Welt in einem völlig anderen Licht, was für viele Menschen um sie herum schwer zu verstehen ist. Erst durch neue Bekanntschaften, die sie nicht vor dem Unfall kannten, fühlt sie sich wieder akzeptiert und langsam wieder menschlich. Obwohl die Geschichte eigentlich sehr traurig ist, schafft Yoshimoto es, die Figur der Sayoko die ganze Zeit dennoch positiv darzustellen, sie gibt nie den Glauben daran auf, dass ihr Leben wieder ganz wird. Es wird nie so werden wie vorher, aber anders und neu und damit auch wieder gut. Dieser Glauben der Hauptfigur und die unerschütterliche Geduld mit sich selbst, während sie sich und ihr Leben neu sortiert, haben mich wirklich beeindruckt.
„Lebensgeister“ von Banana Yoshimoto ist keine pompöse, langatmige Geschichte über hunderte von Seiten. Es ist ein leises, berührendes kleines Buch, mit einer unglaublich starken und außergewöhnlichen Hauptfigur und sicher ein Buch, das man immer wieder lesen kann, um Neues zu entdecken. Wer auf der Suche nach einer besonderen Geschichte ist, ist bei Banana Yoshimoto garantiert richtig.

Bewertung vom 13.09.2016
Im Schatten unserer Wünsche / Clifton-Saga Bd.4
Archer, Jeffrey

Im Schatten unserer Wünsche / Clifton-Saga Bd.4


ausgezeichnet

Endlich geht die Saga rund um die Familie von Harry Clifton weiter. In diesem inzwischen vierten Band steht jedoch nicht Harry im Mittelpunkt, sondern sein Sohn Sebastian und seine Frau Emma. Diese hat im Vorstand des Schifffahrtsunternehmens Barrington einen Machtkampf um den Bau eines neuen Luxusliners auszufechten, während Sebastian sich entscheiden muss, ob er nach einem schweren Unfall seinen Studienplatz in Cambridge noch annehmen will oder gleich ins Berufsleben einsteigt. Der Familie Clifton gegenüber steht mit dem argentinischen Geschäftsmann und Kriminellen Don Martinez ein großer Gegenspieler. Bereits im vorhergehenden Roman hatte diese Feindschaft begonnen und endete in einem Anschlag auf Sebastian. Jetzt versucht der gewiefte Geschäftsmann erneut alles, um die Familien Clifton und Barrington zu zerstören.
Jeffrey Archer zeigt auch in diesem Band wieder sein herausragendes Talent als mitreißender Erzähler. Lebhaft entwickelt sich die Geschichte um die Familie Clifton vor dem inneren Auge des Lesers, die Figuren bleiben nicht zu starr, sondern schaffen es auch sich weiterzuentwickeln, besonders mit dem Fokus auf Emma Clifton in diesem Band ist Archer ein schöner Schwerpunktwechsel gelungen. Harry hält sich stärker im Hintergrund, er ist als Krimiautor sehr erfolgreich, spielt im politischen und wirtschaftlichen Leben aber eher eine zurückhaltende Rolle. Auch Sebastians Entwicklung zu verfolgen bleibt spannend, er entdeckt seine Talente und findet einen sehr charismatischen Förderer. Archer bleibt bei seiner Saga nicht auf der Stelle stehen, er hat keine Skrupel sich von wichtigen Figuren der Story zu trennen, indem er sie sterben lässt und führt gleichzeitig neue Figuren ein, die der Handlung neue Impulse geben. Doch auch gute alte Sidekicks wie Giles Barringtons überkandidelte verwöhnte Exfrau haben den ein oder anderen bemerkenswerten Auftritt.
„Im Schatten unserer Wünsche“ ist großartige Unterhaltungsliteratur, ein richtiger Schmöker, den man in einem Rutsch durchlesen möchte. Es gibt wenige Buchreihen, die auch im vierten Band noch so viel Spannung und Spaß vermitteln ohne langweilig zu werden, daher von mir eine unbedingte Empfehlung, die Clifton-Saga auch weiterhin zu lesen. Durch den Cliffhanger am Ende wird man natürlich wieder etwas in der Luft hängen gelassen, bis nächstes Jahr ein neuer Band erscheint, aber damit werden wir Leser leider leben müssen. Im April 2017 geht es weiter und ich kann es schon wieder kaum noch erwarten.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2016
Nach einer wahren Geschichte
Vigan, Delphine

Nach einer wahren Geschichte


ausgezeichnet

Delphine ist völlig überrollt vom Erfolg ihres vorhergehenden Romans, als L. in ihr Leben tritt. Sie leidet unter einer Schreibblockade und schafft es einfach nicht, ihr neues Buch zu beginnen, sie ist unsicher, zerrissen und müde. In dieser Situation schleicht L. sich in ihr Leben und scheint es regelrecht zu übernehmen. Sie beeinflusst Delphine und gibt vor, sie auf die richtige Bahn bringen zu wollen, während Delphine unter ihrem Einfluss immer kleiner zu werden scheint. Doch was will L. eigentlich von Delphine? Will sie ihre Freundin sein, ihr helfen oder einfach sie sein, die Person Delphine, die so erfolgreich ist?
Delphine die Vigan nimmt den Leser in „Nach einer wahren Geschichte“ mit in eine Welt, in der sich Fiktion und Realität überschneiden und sich gegenseitig aufzulösen scheinen. Ist die Erzählerin in dem Roman, Delphine, wirklich Delphine de Vigan, die Autorin? Ist die Geschichte wahr, gab es im Leben der Autorin diese L., die ihr Leben geradezu manipuliert hat? Wir wissen es als Leser nicht und müssen es auch nicht wissen, um uns von dieser psychologisch so fein ausgearbeiteten Geschichte völlig fesseln zu lassen. So subtil geht L. vor, dass ihre Freundschaft zu Delphine zunächst eine Hilfe für sie zu sein scheint. Doch L.s radikale Vorstellung von einer Literatur, die nur die Realität beschreiben dürfe, treibt die Erzählerin Delphine immer mehr in die Ecke und in ihre totale Isolation. Am Ende scheint L. der letzte Anker zum wahren Leben zu sein, während sie gleichzeitig Delphines Verbindung zu eben diesem Leben kappt.
Delphine de Vigan beschreibt die Beziehung der beiden Frauen auf eine sehr ruhige und unaufgeregte Weise, dennoch entwickelt sich vor den Augen des Lesers ein regelrechter Psychothriller, den man nicht mehr aus der Hand legen kann. Die Abhängigkeit zwischen zwei Menschen beschreibt die Autorin so realistisch und L.s scheinbar zufälliges Handeln so glaubwürdig und nachvollziehbar, dass man als Leser ganz dicht dran ist an den Figuren und immer wieder das Bedürfnis empfindet, selbst einzugreifen und Delphine zu warnen. Delphines Gefühle erreichen uns völlig dabei anscheinend ungefiltert und sind daher umso eindringlicher beim Lesen.
Was an „Nach einer wahren Geschichte“ letztendlich Fiktion und was Realität ist, ist völlig egal. Delphine di Vigan spielt so großartig mit Erwartungen ihrer Leser, dass man von der ersten Seite gefesselt ist und wie Delphine von L. von der Geschichte völlig gefangen ist. Delphine de Vigan ist ein außergewöhnliches Buch gelungen, das einen als Leser auf beeindruckende Weise mitnimmt und auch nach der letzten Seite lange nicht mehr loslässt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.09.2016
Portugiesisches Erbe / Lissabon-Krimi Bd.1
Sellano, Luis

Portugiesisches Erbe / Lissabon-Krimi Bd.1


gut

Henrik Falkner kennt seinen Onkel nicht, der seit Henriks Kindheit in Lissabon lebt und von der Familie verstoßen wurde. Warum weiß Henrik nicht, doch als er erfährt, dass eben dieser unbekannte Onkel ihm ein Haus in Lissabon vererbt hat, fährt er spontan nach Portugal. Dort muss er schnell feststellen, dass sein Onkel Martin ihm offensichtlich nicht nur das Haus mit seinen kuriosen Bewohnern, sondern auch eine offene Ermittlung hinterlassen hat. Auf was sich sein Onkel genau eingelassen hat, kann Henrik zwar zunächst nicht verstehen, doch all seine Freundin sind sich sicher, dass Martin keines natürlichen Todes gestorben ist. Jemand wollte ihn aus dem Weg räumen.
Luis Sellanos Krimi „Portugiesisches Erbe“ spielt vor der wunderschönen Kulisse Lissabons, die der Autor auch detailliert und sehr schön beschreibt. Auch die Story ist als Idee gut gelungen, Henrik findet sich als ehemaliger Polizist mitten in einem Kriminalfall wieder und muss jetzt plötzlich auf eigene Faust ermitteln. Leider bleiben die Figuren alle sehr flach und nehmen einen als Leser nicht richtig mit. Obwohl Henrik als absolute Hauptfigur im Mittelpunkt steht und man auch einiges über ihn und seine Vergangenheit erfährt, hat mich sein Schicksal nicht bewegt und sein sprunghaftes Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen empfand ich oft einfach als störend. Gleiches gilt für seine Reaktion auf Frauen, die hier eigentlich nur als Projektionsflächen für Sex oder seine traurige Vergangenheit herhalten müssen und keine wirklichen Individuen sind. Die Entwicklung der Geschichte springt dazu noch manchmal so hin und her, dass mir einfach ein roter Faden beim Lesen fehlte, wo alles hinführen soll. Was bis zum Schluss leider unklar bleibt, ist die Frage, warum Henriks Onkel sich überhaupt mit dieser Ermittlung beschäftigt hat.
Für alle Lissabon-Fans ist „Portugiesisches Erbe“ sicher ein schönes Buch mit wunderbaren Beschreibungen, man merkt, dass der Autor Luis Sellano Lissabon wirklich liebt. Für alle Krimi-Fans ist das Buch jedoch eher eine Enttäuschung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.09.2016
Der Todesprophet
Karlden, Chris

Der Todesprophet


ausgezeichnet

Ben Weidner reist als Journalist nach Äthiopien und wird dort von Rebellen entführt. Um sein eigenes Leben zu retten, muss er einen Unschuldigen umbringen. Zurück in Deutschland findet er nicht zurück in sein Leben, er verliert seinen Job und seine Frau verlässt ihn mit seiner Tochter. Doch plötzlich ändert sich sein Leben erneut komplett, als Ben eine Bekannte nach einem Treffen am Vorabend tot in ihrer Wohnung findet. Alles deutet darauf hin, dass er der Täter ist. Seit den Geschehnissen in Äthiopien leidet er unter Blackouts und so versucht nicht nur die Polizei herauszufinden, ob er der Mörder ist. Auch Ben selbst muss sich fragen, ob er zu so etwas fähig wäre.
„Der Todesprophet“ ist ein unglaublich mitreißender und spannender Thriller mit sympathischen Figuren und vielen irreführenden Handlungen. Ben Weidner wächst einem schnell ans Herz, so zerstört und am Boden wie er nach seinen Erfahrungen in Äthiopien ist, wünscht man ihm nur das Beste. Doch gleichzeitig muss man an ihm zweifeln, denn der Autor lässt auch seine Leser im Dunkeln, wer der wirkliche Täter ist. Nur ganz langsam deutet sich an, was alles hinter dem Mord stecken könnte und was alles mit Ben zu tun hat. Dadurch kann man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen und muss immer noch schnell weiterlesen, wie es auf der nächsten Seite, im nächsten Kapitel weitergeht. Ich musste das Buch fast in einem Rutsch durchlesen, weil ich mich gar nicht mehr von Ben und seiner Story trennen konnte. Gleichzeitig ist der Aufbau sehr logisch und glaubwürdig konstruiert, was die Geschichte nur um so spannender macht.
Mich hat „Der Todesprophet“ von Chris Karlden von der ersten Seite an begeistert und mitgerissen. Ich habe schon lange keinen Thriller mehr gelesen, dessen Story bis ins kleinste Detail so spannend war, dass man nicht mehr aufhören konnte zu lesen. „Der Todesprophet“ ist nicht nur für Thrillerfans absolut empfehlenswert.

Bewertung vom 30.08.2016
Meine geniale Freundin / Neapolitanische Saga Bd.1
Ferrante, Elena

Meine geniale Freundin / Neapolitanische Saga Bd.1


sehr gut

Elena und Lila verbindet eine besondere Freundschaft. Sie leben beide im Stadtteil Rione in Neapel in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam kommen sie in die Schule und beide sind sehr intelligent und setzen sich schnell als klügste Schülerinnen der Klasse durch. Doch während Lila, der das Lernen viel leichter fiel als Elena, nach der Grundschule die Schule beendet und im Schuhgeschäft ihrer Eltern helfen muss, geht Elena auf die weiterführende Schule, lernt Griechisch und Latein und lernt neue Menschen kennen. Dennoch blickt sie immer auf Lila und ihr Leben und schafft es nicht, sich unabhängig von ihr zu betrachten.
„Meine geniale Freundin“ von Elena Ferrante ist der erste von vier Bänden über die besondere Freundschaft von Elena und Lila. Mit der Geschichte der beiden erzählt die Autorin auch viel über das Leben in Süditalien zu der Zeit und nimmt einen so fast mit auf eine Reise. Besonders die Rolle der Gemeinschaft und der Frau in der Familie wird dabei sehr deutlich. Elena darf nur durch den Druck ihrer Lehrerin weiter zur Schule gehen, ihre Eltern verstehen nicht, welchen Sinn es haben soll, dass ein Mädchen so viel lernt. Ihr Weg ist eigentlich vorprogrammiert, sie sollte heiraten und Kinder bekommen. Lila folgt diesem vorgezeichneten Pfad, doch versucht sie gleichzeitig Träume zu haben und zu verwirklichen, z.B. durch den Entwurf von eigenen Schuhmodellen, die ihr Vater verkaufen soll. Sie träumt von einer großen Schuhfabrik, die ihrer Familie gehört. Die Armut ist auf den Straßen des Rione überall präsent und drückt sich auch dadurch aus, dass der örtliche Geldverleiher immer der gefürchtetste und gleichzeitig einflussreichste Mann im Viertel ist. Ihn sollte keiner verärgern, jeder steht in seiner Schuld.
Ferrante beschreibt all dies mit einem großen Abstand zu der Geschichte, Elena berichtet rückblickend als ältere Frau wie es scheint von Ihrer Freundschaft zu Lila. Dennoch nimmt sie einen als Leser mit in das Leben der Mädchen, man fühlt sich ihnen sehr nah und leidet und lacht mit ihnen, wenn sie langsam heranwachsen und sich dem harten Leben im Rione stellen. Die Autorin hat einen ganz besonderen Stil und vermittelt eine Stimmung, die einen beim Lesen gefangen nimmt. Daher kann man sich am Ende auch nur schwer von Elena und Lila trennen, deren Geschichte für uns deutsche Leser erst am 30. Januar 2017 mit dem zweiten Band „Die Geschichte eines neuen Namens“ weitergeht. Mir hat „Meine geniale Freundin“ von Elena Ferrante ausgesprochen gut gefallen.