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Lesezauber_Zeilenreise
Wohnort: 
Eggenstein-Leopoldshafen
Über mich: 
Buchnerd durch und durch

Bewertungen

Insgesamt 761 Bewertungen
Bewertung vom 09.04.2023
Die Reise
Norbury, James

Die Reise


ausgezeichnet

„Leben lernen“ mit Panda und Drache – wunderschönes Buch


Eines Tages überkommt Kleiner Drache das Gefühl, ihm würde etwas fehlen, obwohl er zusammen mit Großer Panda ein zufriedenes Leben führt. So machen sich die beiden Freunde auf, um den Fluss zu überqueren. Während Kleiner Drache oft zweifelt, sich unsicher ist, alles hinterfragt und mit Angst in die Zukunft blickt, ist Großer Panda der ruhende Pol, der auf alles eine Antwort zu haben scheint und seinem kleinen Freund durch diese für ihn schwierige Zeit hilft. Beide müssen Gefahren bestehen und die Reise ist nicht leicht. Doch sie wagen es dennoch und gemeinsam finden sie ihren Weg. Und Kleiner Drache sogar seinen inneren Frieden. („Mir ist klar geworden, dass es nicht immer die Situation ist, die mich unglücklich macht, sondern meine Art, sie wahrzunehmen“ Seite 142).

Schon der Einband aus Halbleinen macht das Buch zu etwas Besonderem und das Cover gefällt mir ausgesprochen gut. Doch all das wird noch getoppt von dem, was mich dann im Inneren erwartet. Nämlich eine Geschichte voller Weisheit, Wärme und Liebe, was sich nicht nur im Text, sondern auch in den traumhaft schönen Zeichnungen zeigt. Der Text pro Seite ist kurz, manchmal nur ein Zweizeiler. Doch selbst dann steckt er voller Kraft und schafft es, mich zu fesseln und mir tatsächlich das Herz zu erwärmen. Wer sich gerne mit den Themen Lebensbewältigung, Achtsamkeit, Buddhismus beschäftigt, wird das Buch sicher lieben. Ein kleiner Augen- und Herzöffner, der mit so viel Weisheit daherkommt und mich oft nachdenklich gemacht hat. Weil es einfach stimmt, was da steht. 1 zu 1 auf das eigene Leben anwendbar und für mich einfach perfekt umgesetzt in dieser liebevollen Geschichte rund um die beiden tierischen Freunde.

Am Ende des Buchs, im Nachwort, erläutert der Autor nochmal so einiges zur Geschichte, seinen Zeichnungen, was er sich dabei gedacht hat und wie er es versucht hat, umzusetzen. Mit den Farben, die mal grau, mal bunt sind, mit der Landschaft, die mal trist, mal wunderschön ist und selbst die Bewegungsrichtung der Bilder hat einen Sinn. Danach liest man das Buch gleich nochmal, diesmal mit ganz anderen Augen, aber immer noch mit demselben Ergebnis: ein kleines Juwel!

Ein wunderschönes Bilderbuch mit einer zu Herzen gehenden Geschichte, die einem bestenfalls einen Anstoß gibt, die Dinge um sich herum auch mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, dass nachdenklich, aber auch zuversichtlich und mutig macht. Was man eben gerade braucht, im Leben. 5/5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.04.2023
Linas Leuchtturm
Stock, Jonathan

Linas Leuchtturm


gut

Man erntet, was man sät – nettes Kinderbuch mit toller Botschaft


Lina hilft allen Tieren, die zu ihrem Leuchtturm kommen und hungrig, müde, schwach oder krank sind. Sie singt ihnen Lieder vor und kümmert sich rührend um alle. Im Gegenzug erzählen die Möwen Lina vor dem Schlafengehen von ihren Abenteuern. In einer stürmischen Nacht wird das Leuchtfeuer des Leuchtturms zerstört und Lina fürchtet, dass die Möwen da draußen nun den Weg zu ihr nicht mehr finden. Doch die Tiere rund um den Leuchtturm (Möwen, Wale, Krebse, Quallen, Schnecken, Fische, Muscheln) helfen Lina und schaffen es, den Leuchtturm in der Sturmnacht leuchten zu lassen.

Eine tolle Botschaft, die sich hier verbirgt: wenn Du Gutes tust, kehrt auch Gutes zu Dir zurück. Ebenso wie die Themen Umweltschutz, Freundschaft und Zusammenhalt. Kurze Texte (5 bis 10 Zeilen pro Doppelseite) werden von ausdrucksstarken doppelseitigen bunten Zeichnungen begleitet. Fast alle Zeichnungen sind sehr dunkel, fast düster gehalten, spielt die Geschichte ja fast nur nachts. Und ich weiß nicht, ob es das ist oder etwas anderes, aber irgendwie bekomme ich da keinen Fuß in die Tür. Mir gefällt die Geschichte und die Zeichnungen sind auch hübsch, aber irgendwas fühlt sich für mich nicht richtig an. Ich kann da gar keinen Finger drauf legen, es ist mehr so ein Gefühl. Das wurmt mich, weil ich euch gerne genau sagen würde, was es ist. Aber ich kann es nicht. Sorry. Nur das: mich berührt das Buch nicht. Was mich selbst wundert, liebe ich doch das Meer und Möwen und Leuchttürme tatsächlich sehr. Da wie gesagt sonst Botschaft, Text und Zeichnungen gut sind, vergebe ich gute 3 Sterne (und JA, 3 Sterne bedeuten bei mir GUT). Ich werde das Buch später im Jahr nochmals lesen. Manchmal passen einfach Zeitpunkt, Buch und ich nicht so zusammen. Ihr kennt das sicher.

Wer poetische Kinder- bzw. Bilderbücher mit schöner Botschaft mag, der mag wahrscheinlich auch Linas Leuchtturm. Einfach mal ausprobieren. Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

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Bewertung vom 07.04.2023
Dinge, die wir brennen sahen
Scrivenor, Hayley

Dinge, die wir brennen sahen


ausgezeichnet

Thriller, Krimi, Sozialstudie, Geschichte einer Kleinstadt – all das und noch so viel mehr



Ronnie und Esther leben ihr Leben in der australischen Kleinstadt Durton, in der jeder jeden kennt. Eines Tages verschwindet Esther und ganz Durton macht sich auf die Suche, die leider kein gutes Ende nimmt. Esthers Vater wird als Verdächtiger festgenommen, doch es kommen auch noch so einige andere in Frage. Wem kann man noch trauen? Besser gesagt: wem traut man einen Mord zu? Und warum Esther? Zwei Polizisten aus Sydney ermitteln und decken dabei noch das eine oder andere auf, das einige der Bewohner in keinem guten Licht dastehen lässt.

Das Buch ist nicht als Krimi oder Thriller deklariert, sondern als literarische Unterhaltung. Und das trifft es auch super. Es gibt zwar Krimi- und Thrillerelemente, doch letztlich ist es die Auseinandersetzung einer Kleinstadt mit einem scheußlichen Verbrechen, es ist ein Blick auf menschliche Abgründe, auf das Leben in einer ländlichen Provinz mit all seinen Vorurteilen, Geheimnissen hinter verschlossenen Türen und Jugendsünden. Ich war von Anfang an absolut gefesselt von dem Aufbau. Die Geschichte wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt: von Ronnie (Esthers beste Freundin), Sarah (Polizistin aus Sydney), Lewis (Klassenkamerad von Ronnie und Esther), Constance (Esthers Mutter) und von einer zunächst unbekannten Partei, die im Buch mit „Wir“ betitelt wird. Als Leser erfährt man bereits auf den ersten 2 bis 3 Seiten, das Esther tot ist und hat damit den Menschen in Durton dieses Wissen voraus. Das hat mich noch viel betroffener gemacht, da ich ja mitbekommen habe, wie die Figuren unter Esthers Verschwinden leiden, wie schmerzvoll dieser ganze Prozess für sie ist. Scrivenor versteht es glänzend, die Empfindungen zu transportieren und auf mich zu übertragen. Unerheblich, ob es die Gefühle der Erwachsenen sind oder der Kinder, beide sind glaubwürdig und greifbar und damit sehr berührend. Sie hat schon eine ganz besondere Art, diese schweren, drückenden, dunklen, traurigen, schmerzhaften Dinge so zu schreiben, dass sie zwar einerseits irgendwie unbekümmert und leichtfüßig geschildert werden, so ganz direkt, ohne Schnörkel und ohne reißerisch zu sein, andererseits aber vielleicht gerade deswegen bei mir einschlagen wie eine Bombe. Es kommen viele Dinge ans Licht, die mich immer wieder dazu verleitet haben, einen anderen zu verdächtigen. Die tatsächliche Auflösung der Story habe ich so dann absolut nicht erwartet.

Wer Friede-Freude-Eierkuchen-Bücher mit Happy End sucht, der sollte hier die Finger von lassen. Wer sich jedoch in einer australischen Kleinstadt verlieren will, sich gerne von berührenden Beschreibungen und einem atmosphärischen Setting davontragen lässt, Blicke hinter zugezogene Vorhänge spannend findet, es liebt mit zu rätseln und einen Schreibstil feiert, der direkt und sehr fesselnd eine alles andere als plumpe 08/15-Story erzählt, dem sei dieses Buch empfohlen. Ich feiere es mit 5/5 Sternen!

Bewertung vom 04.04.2023
Filius Fuchs & Margret Maus
Frey, Franziska

Filius Fuchs & Margret Maus


sehr gut

Eine Geschichte, zwei Blickwinkel. Wende-Bilderbuch schon für die ganz Kleinen


Der kleine Fuchs Filius hört eines Morgens ein seltsames Geräusch draußen und schleicht sich aus dem Fuchsbau, um zu sehen, was das wohl ist. Mutig läuft er hinterher, obwohl er doch Angst hat. Aber die Neugierde siegt und er will jetzt einfach ein mutiger Fuchs sein. Als er dann entdeckt, dass das vermeintliche Monster nur eine kleine Maus ist, muss er über sich selbst lachen. Doch plötzlich ist die Maus in großer Gefahr, droht zu ertrinken. Filius rettet sie und schenkt ihr Erdbeeren, um ihr zu zeigen, dass er ihr nichts tun wird.

Die kleine Maus Margret hat niemals Angst. Als sie direkt vor dem Fuchsbau einen leckeren Apfel sieht, möchte sie ihn sich holen. Doch Vorsicht: jede Maus weiß schließlich, dass Füchse böse und gemein sind. Als sie sich den Zeh stößt und laut jammert, wird der Fuchs wach. Margret muss fliehen und spielt dem Fuchs dabei vor, sie wäre ein großes Monster. Mitten in der Flucht stolpert Margret und landet im Teich. So sehr sie auch strampelt, sie schafft es nicht heraus und da ist auch noch der Fuchs, der sie sicher gleich fressen will. Doch statt dessen hilft er ihr und schenkt ihr auch noch Erdbeeren.

Das Buch besticht durch seine durchgehend doppelseitigen sehr hübschen bunten Zeichnungen, die absolut liebevoll gemacht sind. Der Text je Doppelseite ist kurz (4-12 Zeilen) und in Reimform. Diese sind kindgerecht, wenn auch nicht immer wirklich reimend (verlässt und ist reimt sich z.B. nicht, ebenso wie Fehler und Jäger). Doch das ist nicht weiter schlimm, da die Geschichte einfach sehr süß ist. Diese zusammen mit den super schönen Bildern macht Spaß, eignet sich perfekt zum Vorlesen und gemeinsam anschauen. Kinder bekommen ein Sprachgefühl und wertvolle Botschaften mit wie Hilfsbereitschaft, Vorurteile überwinden, Freundschaft, Mut und Selbstbewusstsein.

Was mir besonders gut gefällt ist, dass es ein Wendebuch ist. Man kann es also von vorne oder von hinten lesen. Eine Geschichte aus zwei Blickwinkeln. Einmal aus Sicht von Filius Fuchs und einmal dieselbe Geschichte von Margret Maus. In der Mitte treffen sie sich dann mit dem schönen Ergebnis, dass beide ihr Herz an den jeweils anderen verschenkt haben.

Ich mag das Buch und empfehle es gerne als wirklich schönes Bilderbuch mit Botschaft und Spaß weiter. Eine Geschichte schon für die ganz Kleinen mit tollen Bildern zum Entdecken. Die Seiten bestehen übrigens aus stabilem Naturpapier, sie sind also robust (jedoch nicht so dick wie ein Pappbuch) und damit gut für kleine Kinderhände geeignet. 4/5 Sterne.

Bewertung vom 01.04.2023
Durch das große Feuer
Winn, Alice

Durch das große Feuer


ausgezeichnet

Krieg und verbotene Liebe – emotionales Buch über die Liebe zweier Männer in England Anfang 1900


Gaunt und Ellwood sind Freunde in einem Internat für die hochwohlgeborenen Jungs. Sie sind homosexuell, was damals gesetzlich verboten war und streng bestraft wurde. So ist es nicht verwunderlich, dass Gaunt seine Gefühle für und gegenüber Ellwood verheimlicht, was ihm einiges abverlangt. Und auch Ellwood leidet unter dieser Situation, liebt er Gaunt doch über alles, darf es aber nicht zeigen, auch nicht Gaunt gegenüber. Zumal er nicht ahnt, dass Gaunts Gefühle für ihn ähnlich groß sind. Als der erste Weltkrieg ausbricht, muss Gaunt an die Front. Ellwood bleibt zunächst daheim, hält es aber nicht lange aus ohne Gaunt und meldet sich ebenfalls zum Einsatz. Der Krieg mit seinen Gräueltaten lässt die Männer bald verzweifeln, bald resignieren und verändert sie nachhaltig. Nun endlich kommen sie sich näher und gestehen sich ihre Liebe ein – bis etwas Schreckliches passiert.

Anfangs, als die Story sich noch im Internat abspielte, dachte ich mir, dass mir das Buch nicht so wirklich gefällt. Mir war das zu viel Sexualität, zu viel Gewalt zwischen den Jungs und ich habe da irgendwie keinen Bezug zu bekommen, mir kam das übertrieben und einfach zu viel vor. Doch dann, als sich alles an die Front, in die Kriegszeit verlagerte, hat das Buch mich eiskalt erwischt! Die Beschreibungen sind nichts für zarte Gemüter, sondern regelrecht grausam (so wie der Krieg eben auch) und ich musste mehr als einmal schlucken, war aber sowas von gefesselt und mitgerissen und konnte das Ebook nicht mehr weglegen. Da waren dann die Liebesszenen zwischen Gaunt und Ellwood regelrecht Balsam für die Seele. Die Figuren sind allesamt lebendig und greifbar und ich fühlte mich wie in einem Film – kennt ihr z.B. Widersehen mit Brideshead? So in der Art fühlte es sich an. Mittendrin gab es dann eine Schlüsselszene und ich dachte nur NEIN, das kann jetzt nicht wahr sein und war kurz davor, das Buch (nicht aus Wut, sondern weil es mich so tief berührt hat) in die Ecke zu pfeffern. Zum Glück habe ich das nicht.

Eine grandiose, gefühlvolle, bildgewaltige, berührende Geschichte, die mich nicht so schnell loslässt. Und eine außergewöhnliche Liebesgeschichte, die wehtut und gleichzeitig so zart ist. Ganz klar 5/5 Sterne.

Wer mit Krieg, Tod, Verstümmelung, Leichen und deren expliziten Beschreibungen nicht klarkommt, sollte die Finger vom Buch lassen. Allen anderen lege ich es wärmstens ans Herz. Ein großartiger Roman über eine große, verbotene Liebe. Mitreißend, berührend, bemerkenswert.

Bewertung vom 31.03.2023
Emma
Leenen, Heidi

Emma


ausgezeichnet

Mit Schnecke Emma die eigenen Stärken entdecken – wunderschönes Kombipaket aus Buch und Hörspiel


Emma freut sich darauf, an diesem schönen Tag die Welt zu entdecken und so macht sie sich fröhlich und gut gelaunt auf den Weg. Sie trifft Ameisen, die super fleißig sind und furchtbar stark. Sie trifft die Raupe, die offensichtlich zaubern kann. Den Specht mit seinem Klopfen, an dem jeder ihn erkennt. Eine Grille, die so schön musizieren und so hoch springen kann. Eine Spinne, die ihr wunderschönes, kunstvolles Netz spinnt. Libellen, die durch die Luft tanzen und so schön schillern. Frösche, die ein schönes Konzert geben. Nach all den tollen Tieren ist Emma plötzlich traurig, weil sie meint, selbst gar nichts zu können. Als Maulwurf die weinende Emma fragt, was denn los ist, erzählt sie ihm, was sie heute erlebt hat. Es kommen immer mehr Tiere dazu, die Emma gebannt zuhören. Und die ihr sagen, was für eine tolle Beobachterin und Geschichtenerzählerin sie ist. Emma ist überglücklich! Denn sie weiß, dass auch sie etwas ganz Besonderes ist und auf sich stolz sein kann.

Schon das Cover zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht – wie süß ist das denn bitte?! Im Inneren geht das genau so weiter: lauter zauberhafte, bunte, detaillierte Zeichnungen, die immer eine ganze Seite und auch noch ein bisschen der Textseite mit einnehmen. Auch ist beim Text immer mal eine andere Schriftart und -farbe gewählt, was es sehr auflockert. Der Text ist kindgerecht, doch keineswegs kindisch. Ganz im Gegenteil. Der bildhafte Schreibstil schafft es zusätzlich zu den Zeichnungen, dass schöne, lebendige Bilder im Kopf entstehen – Kopfkino schon für die ganz Kleinen. Hört man sich zum Lesen bzw. Bilder ansehen dann auch noch die beiliegende CD mit dem Hörspiel an, hat man ein Gesamterlebnis, das einfach umwerfend ist! Die Sprecherin hat eine sehr angenehme, deutliche, hohe und lebendige Stimme, die perfekt zum Text passt. Die Musik gibt die Stimmung von Emma wieder, man hört deutlich heraus, wo sie fröhlich oder traurig ist. Zudem gibt sie die Bewegungen der anderen Tiere musikalisch wieder, was schlicht ein tolles Erlebnis ist. Kinder erhalten durch Emma nicht nur eine wichtige Botschaft (Du bist gut, so wie Du bist, jeder ist etwas Besonderes, Du hast das Recht, selbstbewusst und stark zu sein), sondern lernen auch die Welt der (klassischen) Musik kennen. Lesen, sehen, hören, bewegen, fühlen. All das ist mit dem Buch möglich, daher empfinde ich es als pädagogisch äußerst wertvoll und kann es allen Eltern und Erziehenden empfehlen. Ganz klar 5/5 Sterne.

Bewertung vom 21.03.2023
Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1
Ægisdóttir, Eva Björg

Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1


ausgezeichnet

Leise und doch gewaltig – ein Island-Krimi, der es in sich hat



Elma kehrt nach dem Ende ihrer langjährigen Beziehung in ihren Heimatort Akranes zurück. Akranes ist ein kleiner Ort, jeder kennt jeden. Elma nimmt in der dortigen Polizeistation ihre Tätigkeit auf. Am selben Tag wird am Leuchtturm eine unbekannte Tote gefunden. Wie sich herausstellt, hat die Tote als Kind selbst in Akranes gelebt, als vernachlässigtes Kind einer verwitweten, alkoholkranken Mutter, bei der Männer ein- uns ausgingen. Warum kam sie nach so vielen Jahren zurück und warum musste sie sterben? Elma, Ihr Chef Hörður und ihr Kollege Sævar steigen in die Ermittlungen ein und graben dabei so manches totgeschwiegenes Geheimnis aus. Dabei stellen sie fest, dass Akranes nicht nur die kleine heile Welt ist und die Leute nicht unbedingt auf gegenseitig aufeinander aufpassen, sondern auch gerne einmal wegsehen.

Dieser Krimi hat mich wirklich gefesselt. Er ist sehr leise und ruhig, hier gibt es keine Action, kein Rumgeballer oder reißerische Polizeiarbeit. Ganz im Gegenteil. Gute alte Ermittlung, Befragungen, Spurensuche. Alles ruhig und gezielt und konzentriert, so dass ich als Leser regelrecht in den Sog gezogen werde. Zwischendurch springen wir in die Vergangenheit, in die Kindheit des Mordopfers und erfahren so immer mehr über sie, die Zusammenhänge und das, was letztlich passiert ist. Das ist teilweise sehr bedrückend und traurig und man leidet regelrecht mit. Hinzukommen die Geister, mit denen die Ermittler selbst zu kämpfen haben. Das ist natürlich auch Teil der Story, steht aber nicht im Vordergrund, sondern ist für meinen Geschmack genau richtig dosiert. Es sind einige Figuren beteiligt, die man erst einmal kennenlernen und auseinanderhalten können muss. Das gelingt aber recht schnell. Der Aufbau und Schreibstil ist so gut, dass ich gar nicht mehr aufhören wollte mit lesen, weil ich unbedingt wissen musste, was hier nur Sache ist. Ich mochte die besondere, nordische Atmosphäre, die Menschen und die Story sehr, für mich hatte alles Hand und Fuß und dennoch wurde ich öfter mal auf eine falsche Fährte gelockt und vom Ende, von der Auflösung echt überrascht.

Das Cover, auch ein bisschen düster und beklemmend, passt hervorragend und gefällt mir sehr gut.

Ein echter Lesegenuss, nicht auf die lockerflockigleichte Art, sondern mit Ecken und Kanten und schwierigen Themen, die auch mal unter die Haut gehen. Unaufgeregt, aber aufregend. Ein Buch, das berührt, fesselt und nachwirkt. Ganz klar 5/5 und Teil 2 ist für mich natürlich ein Must-have.

Bewertung vom 20.03.2023
Bruno
Taschinski, Stefanie

Bruno


ausgezeichnet

Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch - wichtiges Buch für Eltern und Kinder


Taube taucht immer dort auf, wo Bruno ist und kommt ihm immer zu nah. Bruno mag das nicht, hat aber Angst, seinen Eltern oder anderen davon zu erzählen. Denn Taube ist mit den Eltern befreundet. Als eines Tages das Unvorstellbare passiert, kann sich Bruno auch weiterhin niemandem anvertrauen. Doch sein Verhalten ändert sich, was dem Erzieher im Kindergarten auffällt. Und das Bild mit den Dunkelfedern, das er gemalt hat – seine Eltern sind alarmiert. Und sie verstehen endlich. Sie sorgen dafür, dass Taube Bruno nie mehr wehtun kann.

Sehr einfühlsam, sanft und dennoch eindringlich und sehr berührend thematisiert Brunos Geschichte sexuellen Kindesmissbrauch. Was mir dabei besonders gut gefällt: hier wird nicht vom Kind erwartet bzw. vorausgesetzt, stark und mutig zu sein, sich selbst zu wehren und sich sofort den Eltern oder sonstigen Bezugspersonen anzuvertrauen. Denn mal im Ernst: das ist einem Kind nur selten möglich. Angst und Scham hindern es oftmals daran. Umso schöner, dass hier die Erwachsenen diejenigen sind, die den Blick eben nicht abwenden, die sich einsetzen und die das Kind letztlich beschützen und vor weiteren Übergriffen bewahren. Daher ist das nicht nur ein Buch für Kinder ab 4 Jahren, sondern für jeden, egal ob groß oder klein. Jeder muss verstehen, dass Wegsehen nicht der Weg sein kann. Zumal lt. Statistik der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs pro Schulklasse 1 bis 2 Kinder von sexuellem Missbrauch betroffen sind. Deswegen: schützt unsere Kinder! Lest mit ihnen gemeinsam dieses Buch, sprecht darüber, zeigt ihnen, dass sie sich jederzeit und mit allem an euch wenden können, dass ihr immer für sie da seid, sie euch bedingungslos vertrauen können.

Ein wichtiges, sehr berührendes Buch, wunderbar erzählt und mit Illustrationen, die einfühlsam und kindgerecht sind. Für mich eins der wichtigsten Kinderbücher überhaupt und ich würde mir wünschen, dass es in Kitas, Kindergärten und Schulen Pflichtlektüre ist. Ganz deutlich 5/5 Sterne und eine Empfehlung an alle Eltern, Erzieher/innen, Lehrer/innen und schlicht an alle Menschen, die Kontaktpunkte zu Kindern haben und eben nicht wegsehen wollen.

Bewertung vom 20.03.2023
Werd bloß nicht groß!
Dahl, Roald

Werd bloß nicht groß!


ausgezeichnet

Das Kindliche bewahren, egal wie alt du bist


Mit kunterbunten Zeichnungen und kurzen, knackigen Reimen geht das Buch der Frage nach, ob manche Erwachsenen mit den Jahren nicht nur ihre Haare, sondern auch ihre Lebenslust verlieren, sie vergessen haben wie es war, selbst Kind zu sein. Es ist Plädoyer dafür, sein inneres Kind so lange wie möglich zu behalten und sich niemals zu verbiegen oder Dinge nur deswegen zu tun, weil andere es erwarten. Mache was Du willst, verfolge Deine Träume, bleibe neugierig und mutig und abenteuerlustig und glaube nicht alles, was man dir einimpft, sondern stelle alles in Frage.

Typisch Roald Dahl (wobei er das Buch nicht selbst geschrieben hat, sondern es von ihm inspiriert ist) sind die Reime super witzig, ein bisschen frech und immer irgendwie speziell. Die ebenfalls typischen Quentin Blake-Illustrationen passen wunderbar dazu, sind anschaulich und verdeutlichen durch ihren passenden Einsatz von bunt und grau nochmal den Unterschied von abenteuerlustigen, neugierigen, lebenslustigen Kindern und Erwachsenen im Alltagstrott.

Die Texte sind sehr kurz, es handelt sich ja auch um ein Bilderbuch. Es eignet sich hervorragend zum Vorlesen oder gemeinsamen Lesen und ist auch für Erstleser super geeignet. Auf einfache, lustige Art und Weise können Eltern damit ihren Kindern zeigen, dass es okay ist, auch mal Schabernack zu treiben, Dinge auszuprobieren, auch wenn die mal in die Hose gehen und sich immer und überall die Neugier zu bewahren. Solange es niemandem wehtut, ist alles okay und jeder sollte herausfinden dürfen, was im Leben sie oder ihn glücklich macht. Mir gefällt die Botschaft sehr gut und auch die Umsetzung ist richtig toll. Daher natürlich 5/5 Sterne von mir und eine Leseempfehlung an alle offenen Eltern, die lieber glückliche Kinder haben wollen als brave Befehlsempfänger.

Bewertung vom 18.03.2023
Willodeen - Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere
Applegate, Katherine

Willodeen - Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere


ausgezeichnet

Vom Mut, auf sein Gewissen zu hören – umwerfendes Plädoyer für Klima- und Umweltschutz


Willodeen lebt in einer Welt, in der das Klima heiß und trocken ist. Brände überall und einem sind vor Jahren Willodeens Eltern und ihr kleiner Bruder zum Opfer gefallen. Willodeen lebt bei zwei alten Frauen und ist am liebsten für sich allein. Sie fühlt sich unter Menschen unsicher und ängstlich und streunt am liebsten durch die Wälder, um alles zu katalogisieren, was sie sieht. Ganz besonders mag sie die Kreischer – laute, furchtbar stinkende Tiere, auf die von den Bewohnern eine Abschussprämie ausgelobt ist. Bald ist kein Kreischer mehr im Wald übrig. Da bekommt Willodeen von dem Jungen Connor eine kleine selbstgebastelte Kreischerfigur geschenkt. Beide ahnen nicht, dass dies der Anfang einer magischen Geschichte ist. Willodeen entdeckt nach und nach die Zusammenhänge zwischen den nahezu ausgerotteten Kreischern und dem Fernbleiben der so beliebten Summbärchen. Doch schafft sie es, ihren Mut zu finden und den Menschen von Purchance ihr Wissen mitzuteilen, sich Gehör zu verschaffen und an das Gewissen aller zu plädieren?

Ich habe schon einige Bücher von Katherine Applegate gelesen und war bisher von jedem schlicht begeistert! Willodeen bildet da keine Ausnahme. Eindrücklich und doch leichtfüßig schafft Applegate es erneut, mir die Charaktere direkt ins Herz zu schreiben. Setting, Figuren und Story sind lebendig, bildhaft und ungemein fesselnd. Ganz viel Gefühl ist mit im Spiel, ich habe mitgelitten mit Willodeen, die so Schlimmes durchmachen musste. Die Ideen sind bezaubernd, vor allem das kleine Summbärchen Duuzu hat es mir angetan und natürlich der kleine Kreischer Quinby. Katherine Applegates Schreibstil ist etwas ganz Besonderes, weil voller Liebe, Gefühl und Leidenschaft, was man in jeder Zeile merkt. Ihr liegen ihre Protagonisten am Herzen und das merkt man einfach. Zauberhaft, liebenswert, herzerwärmend und einfach nur schön!

Neben dem Hauptthema Umwelt- und Klimaschutz, das keineswegs anklagend rüberkommt, sondern verpackt in eine so liebenswerte und ergreifende Geschichte spielen auch die Themen Freundschaft, Loyalität, Mut und (Selbst-)Vertrauen eine große Rolle. Doch die Hauptaussage ist eindeutig: jedes Lebewesen hat einen Sinn und Zweck und ist für die Ganzheit unserer Welt von immenser Wichtigkeit. Jeder ist es wert, geschützt zu werden, alle sind richtig und wichtig.

Im Buch gibt es ein paar wenige sehr schöne s/w-Zeichnungen, die super ins Buch passen. Auf dem schönen Cover ist ein Summbärchen zu sehen und das Gesicht eines Kreischers. Schön finde ich die kurzen Kapitel, in denen das Kreischer-Baby zu Wort kommt. Einfach herzerwärmend. Für mich mal wieder ein Highlight von Applegate: 5 Sterne und eine uneingeschränkte Empfehlung für alle, nicht nur für Kinder.