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Elchi130
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Essen

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Insgesamt 438 Bewertungen
Bewertung vom 15.11.2020
Auf silberner Fährte / Reckless Bd.4
Funke, Cornelia

Auf silberner Fährte / Reckless Bd.4


ausgezeichnet

Cornelia Funke schreibt in ihrer eigenen Liga

Jacob und Fuchs sind auf der Flucht vor dem Erlelfen Spieler. Will sucht nach einem Erlelfen, der Sechzehn heilen kann. Und so begegnen sich die Vier auf einer Fähre nach Nihon wieder. Will und Sechzehn sind in Begleitung des Goyl Nerron, Jacobs Rivalen im Wettlauf um die Schatzsuche. Für genügend Spannungen zwischen den Figuren ist damit gesorgt…

Schon auf den ersten Seiten wird mir wieder klar, dass es keine andere Schriftstellerin gibt, die mit Cornelia Funke vergleichbar wäre. Mit der Spiegelwelt hat sie ein ganz eigenes Reich geschaffen und baut es mit jedem weiteren Reckless-Band weiter aus. So befinden wir uns nun in dem Teil der Welt, der in unserer Welt Asien darstellt. Die Autorin erschafft Welten, die sehr reich an Details sind und eine Tiefe aufweisen, sodass ich mir als Leserin diese Welten sehr gut vorstellen kann. Und sie hört nie damit auf. Immer wieder gibt es Neues zu entdecken in der Spiegelwelt. Genauso geht sie auch bei den Figuren vor. Diese sind komplex und weisen alle einen tief ausgearbeiteten Charakter auf. Viele dieser Figuren begegnen uns im Laufe der Serie immer wieder. Dabei ist kein Geschöpf eindimensional gezeichnet. Alle haben sowohl gute als auch schlechte Eigenschaften. Manchmal wechseln sie dabei auch die Seiten, sodass es spannend bleibt, wer Freund und wer Feind ist.

Besonders gut hat mir auch an diesem Band „Reckless – Auf silberner Fährte“ wieder gefallen, dass ich die Handlung niemals langweilig oder vorhersehbar finde. Wenn ich denke, ich weiß, was als nächstes passiert, überrascht die Autorin mich damit, dass etwas Unvorhergesehenes passiert und die weitere Erzählung eine ganz neue Richtung einschlägt.

Super finde ich zudem, wie Cornelia Funke immer wieder die Geschehnisse der Vorgängerbände einbaut. Ihre literarischen Gestalten lassen uns an ihren Gedanken teilhaben und diese beziehen sich auf die Vergangenheit, Zukunft, Hoffnungen, Ängste usw. Genauso, wie unsere Gedanken, die auch immer wieder um Vergangenes, Zukünftiges, Hoffnungen und Ängste kreisen. So wirkt der Rückblick immer unverkrampft und wie nebenbei erzählt.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich das Ende des Buches gelesen. Ein lachendes Auge, weil die Geschichte von Reckless auf jeden Fall noch weitergehen wird und ich mich auf ein weiteres Buch freuen kann. Ein weinendes Auge, weil im Buch mehrere Handlungsstränge angelegt werden, aber keiner wird zuende geführt. Meine Freude über weitere Bücher aus der Spiegelwelt überwiegt jedoch. Für mich ist Cornelia Funke eine Meisterin der Erzählkunst, die ihresgleichen sucht.

Bewertung vom 08.11.2020
Die Liebe Geld
Glattauer, Daniel

Die Liebe Geld


ausgezeichnet

Ich freue mich schon darauf, dieses Stück im Theater zu sehen

Herr Henrich möchte Geld von seinem Konto abheben. Die Bankautomaten geben ihm jedoch schon seit Tagen kein Geld. Daher wendet er sich an seine Bank, bei der er seit 15 Jahren Kunde ist. Doch auch hier kann er das Problem nicht so einfach lösen, wie erhofft…

Daniel Glattauer zeigt uns in „Die Liebe Geld“, wie hilflos wir den Banken ausgeliefert sind, wenn diese nicht mit uns zusammenarbeiten wollen. Dabei entlarvt er das System. Das erste Drittel des Buches habe ich als sehr zynisch empfunden. Die Ohnmacht, die bei Herrn Henrich entsteht, hat sich auf mich übertragen und ich war unglaublich wütend und machtlos. Die beiden Banker stellen sich immer wieder als hilfsbereite, nette Menschen von nebenan dar und lassen den Kunden auflaufen und seine berechtigten Anliegen an sich abperlen.

Das Ende weist einen Twist auf, der für ein Theaterstück nicht unüblich ist, den ich trotzdem erst sehr spät habe kommen sehen.

Direkt von Beginn an, habe ich mir das Stück unheimlich gut auf einer Bühne vorstellen können. Es ist sofort klar, dass es genau dafür geschrieben worden ist. Und ich freue mich schon jetzt darauf, diese Komödie im Theater zu sehen.

„Die Liebe Geld“ hat mich gut unterhalten, mir sehr gut gefallen und mich sowohl zum Schmunzeln als auch zum Lachen gebracht. Es ist entlarvend für eine ganze Branche und arbeitet mit vielen Vorurteilen, die wir dem Bankwesen gegenüber hegen… Vielleicht an der einen oder anderen Stelle sogar mit Recht.

Bewertung vom 08.11.2020
Talus
Grimm, Liza

Talus


sehr gut

Durchhalten, es lohnt sich

Ihr gesamtes Leben glaubt Erin daran, dass es Magie und fantastische Wesen wirklich gibt. Als junge Frau lebt sie nun in Edinburgh und arbeitet in einem kleinen Unternehmen, das Geisterführungen anbietet. Mittlerweile hat sie ihren Glauben an Geister und Magie aber aufgegeben. Doch ausgerechnet jetzt begegnet ihr bei einer ihrer Touren ein Geist. Und schon ist sie Mitten drin in einem Abenteuer um Hexen und einen magischen Gegenstand, der Talus heißt.

Liza Grimm stellt uns auf den ersten ca. 80 Seiten die unterschiedlichen Figuren in kurzen Kapiteln vor. Einen Zusammenhang zwischen diesen Figuren können wir als Leser/in noch nicht erkennen. Auch bleibt die Handlung durch die vielen Sprünge von Erin, der Frau, zur Hexe Lu, zum Hexer Noah und Hexer Kaito sehr lange undurchsichtig. Mal befinden wir uns auf der Erde, mal im Hexenreich. Diese Einführung in die Geschichte von „Talus – Die Hexen von Edinburgh“ habe ich als sehr zäh und anstrengend empfunden.

Richtig los geht die Handlung für mich erst, als Erin einem Geist begegnet und in die Geschehnisse der Hexenwelt hineingezogen wird. Ab da ist das Buch sehr abwechslungsreich und spannend, sodass ich das Buch nun gar nicht mehr aus der Hand legen mochte und die Seiten nur so dahinflogen.

Leider mochte ich die Person Erin nicht sonderlich. Sie ging mir mit ihrem Eigensinn und dem sturen Beharren auf Selbstständigkeit in einer für sie unbekannten Welt auf die Nerven. Ich finde es sehr unwahrscheinlich, dass sie im Universum der Hexen ganz ohne deren Hilfe überleben kann.

Das Ende hat mir sehr gut gefallen. Wir erfahren, was es mit Talus auf sich hat, wie er wirkt und warum so viele Hexen hinter diesem Würfel her sind. Zudem bietet der Schluss genügend Raum für einen weiteren Teil, ist für mich jedoch auch so gut abgeschlossen, falls es keine weiteren Bücher mehr geben wird.

Bewertung vom 08.11.2020
Play
Elsäßer, Tobias

Play


gut

Ich glaube, ich habe das Buch nicht verstanden

Jonas hat sein Abitur bestanden und die Schule beendet. Nun will er sich ein wenig durch die Welt treiben lassen und packt seinen Rucksack. Zurück lässt er seine Lehrerin, mit der er nach der Abiturfeier eine Affäre begonnen hat. Jonas innerer Antrieb ist ein Programm, dass sich MASCHINE nennt. MASCHINE hat ihm vorhergesagt, dass er die gleichen Fehler im Leben machen wird, wie sein Vater, der die Familie verlassen hat, als Jonas und seine Schwester noch klein waren. Bereits am ersten Tag seiner Reise trifft er auf drei junge Frauen, die zu einer exklusiven Party wollen und ihn mitnehmen…

Anhand der Vermarktung des Buches habe ich einen Science-Fiction-Roman erwartet, der in der Zukunft und einer für mich unbekannten Welt spielt. Doch „Play“ spielt in der Gegenwart in unserer Welt. Jonas ist ein ganz normaler Abiturient, wie es ihn in unserer Zeit zuhauf gibt. Einzig seine Motivation ist ungewöhnlich. Er ist in der Tiefe des „www“ auf eine App gestoßen, die seine Zukunft vorhersagen kann. Da er diese Zukunft nicht akzeptieren will, macht er alles, um von dem Programm in 90 Tagen eine andere Zukunft vorhergesagt zu bekommen. Das fand ich zu Beginn noch unterhaltsam. Da Jonas sich auf eine unbekannte Reise begibt, neue Leute kennenlernt und sich ins Leben schmeißt.

Doch schon bald befindet sich Jonas mit Sun, einer der drei Frauen, in einer einsamen Hütte im Wald. Für mich stagniert die Handlung mit der Abgeschiedenheit von der Welt. Das gesamte Buch tritt nach meiner Meinung, von diesem Abschnitt an, auf der Stelle und ist nur noch mäßig spannend. Zum Ende überschlagen sich dann die Ereignisse, doch da habe ich bereits das Interesse an der Handlung verloren. Dazu kommt, dass mir Jonas sehr fremd bleibt, ich seine Handlungen oft nicht verstehe und auch nicht nachvollziehbar finde. Sun ist auch keine Person, die mich mehr für sich einnehmen konnte. Sie ist sprunghaft, schwierig, schwankt sowohl in ihrem Verhalten als auch in ihrem Reden.

Zum Ende löst der Autor vieles auf, was ich als Leserin im Hinterkopf hatte. Die Gesamtgeschichte konnte mich jedoch nicht überzeugen und ich bleibe eher ratlos zurück.

Bewertung vom 08.11.2020
Die Schweigende
Sandberg, Ellen

Die Schweigende


ausgezeichnet

Ellen Sandberg hat sich selbst übertroffen

,Als Jens Remy stirbt, hinterlässt er seine Frau Karin und die drei erwachsenen Töchter Anne, Geli und Imke. Da die vier Frauen grundverschieden sind, beginnt die Familie mit dem Tod des Vaters auseinanderzubrechen. Zudem hat Jens seine Tochter Imke gebeten, nach Peter zu suchen. Diesen Namen hat Imke jedoch noch nie gehört. Als sie sich auf die Spurensuche begibt, muss sie feststellen, dass sie im Grunde nichts über ihre Mutter und deren Vergangenheit weiß…

Das Buch spielt auf mehreren Zeitebenen. Eine Ebene spielt in der Gegenwart, dem Jahr 2019. Hier lernen wir die Töchter von Jens und Karin Remy kennen. Sie stehen alle drei Mitten im Leben, haben jedoch sehr unterschiedliche Lebenswege gewählt. Ellen Sandberg hat sie alle sehr komplex und vielschichtig angelegt, sodass ich mir als Leserin ein sehr genaues Bild von ihnen machen kann, ohne dass sich die Geschichte verzettelt. Imke ist die hilfsbereite, vermittelnde Tochter. Anne wird von Ehrgeiz zerfressen, sieht nur sich und ihre Bedürfnisse und die Schuld, wenn etwas nicht klappt, liegt immer bei jemand anderem. Geli hat von ihrem verstorbenen Mann ein großes Vermögen geerbt, ist ihren Kindern gegenüber sehr überbehütend und leidet immer noch unter ihrer gefühlskalten Mutter.

Die Mutter Karin lernen wir als trauernde Witwe kennen. Sie muss den Verlust ihres geliebten Mannes, der zudem ihre Stütze war, verkraften. Aufgrund der Nachforschungen über Peter, wird sie nach vielen Jahrzehnten wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Wir verfolgen, wie sie als Teenagerin ihren Weg sucht und wir erleben, wie sie gebrochen wird. Ellen Sandberg lässt uns auch an der ersten Begegnung von Jens und Karin teilhaben. Eine Karin, die kaum noch etwas gemein hat, mit dem lebensfrohen, selbstbewussten und starken Teenager. Und genau das finde ich sehr interessant dargestellt, wir lernen die drei verschiedenen Persönlichkeiten Karins kennen und das nebeneinander, da wir uns mal in der Gegenwart, mal in den 50er Jahren und mal zwischen diesen Zeiten befinden. Es ist erstaunlich und erschreckend, wie sehr sie sich verändert hat im Laufe ihres Lebens. Die Umstände, unter denen Karin gebrochen wird und ihre Persönlichkeit sich verändert hat, sind für mich als Leserin zum Teil kaum zu ertragen. Die Autorin schildert alles sehr anschaulich und glaubhaft.

Genauso gut arbeitet die Autorin die Dynamik zwischen den vier Frauen heraus. Was treibt sie jeweils an, wie sehen die Persönlichkeiten aus und wie beeinflussen sie sich gegenseitig. Dazu kommt dann noch, dass das Wissen um die Vergangenheit der eigenen Mutter auch für Veränderungen in der Familienenergie sorgt.

Das alles ist so anschaulich und mitreißend beschrieben, dass ich das Buch gar nicht aus der Hand legen mochte. Hat mich Ellen Sandberg vor ein paar Jahren mit „Die Vergessenen“ begeistert, so dass ich sehnsüchtig auf jeden weiteren Roman von ihr warte, hat sie mich nun leidenschaftlich für dieses Buch entflammt. Auch dieses Buch von ihr ist wieder ein Jahreshighlight.

Bewertung vom 04.11.2020
Baskische Tragödie / Luc Verlain Bd.4 (1 MP3-CD)
Oetker, Alexander

Baskische Tragödie / Luc Verlain Bd.4 (1 MP3-CD)


ausgezeichnet

Spannendes Katz-und-Maus-Spiel

An die Küste Frankreichs wird sehr reines Kokain gespült. Luc Verlain und sein Team versuchen herauszufinden, wer seine Fracht verloren hat. Luc, der schon seit einiger Zeit anonyme Nachrichten erhält, versucht herauszufinden, wer hinter den Botschaften steckt, als ihn ein weiterer Brief erreicht. Dabei tappt er in die Falle eines mächtigen Gegners. Schnell wird er vom Jäger zum Gejagten und befindet sich auf der Flucht…

Alexander Oetker versteht sein Handwerk. Bereits nach den ersten Kapiteln ist das Buch so spannend, dass ich gar nicht mehr damit aufhören konnte. Die Spannung hält der Autor über das gesamte Buch. Was mir besonders gut gefallen hat ist, dass die Schnitzeljagd, auf die sein Commissaire Luc Verlain geschickt wird, zu keiner Zeit langatmig oder übertrieben wirkt.

Zuerst versuche ich als Leserin herauszufinden, wer hinter diesem perfiden Spiel steckt. Als das klar ist, frage ich mich, wie Luc Verlain aus dieser Situation wieder herauskommen will. Das Adrenalin ist für mich als Leserin stets auf einem hohen Niveau. Doch der Autor beschreibt außerdem die einzelnen Gegenden so gut, dass ich am liebsten sofort aufbrechen möchte, um mir die Orte anzusehen. Besonders San Sebastian hat es mir in dem Buch angetan, da es so heimelig beschrieben wird.

„Baskische Tragödie“ ist mein erster Fall aus der Aquitaine-Krimireihe. Die Figuren sind so beschrieben, dass ich sie mir alle sehr gut vorstellen kann. Dabei ist es egal, ob es um den Protagonisten oder den Antagonisten geht. Auch die Nebenfiguren sind gut und lebendig dargestellt.

Bei der Auflösung des Falles treibt der Autor ein gemeines Spiel mit unseren Erwartungen. Doch er hält alle Fäden geschickt in der Hand und löst die Probleme, die er uns vorher präsentiert hat, mit Bravour auf. Kompliment!

Der Hörbuchsprecher Frank Arnold passt sehr gut zur Geschichte und in Zukunft wird diese Krimireihe für mich eng mit der Stimme des Sprechers verknüpft sein. Daher hoffe ich, dass er auch die weiteren Fälle lesen wird.

Nun werde ich erst einmal schauen, dass ich die ersten drei Fälle lese und bin gespannt, ob sie mich ebenso überzeugen können, wie Teil 4 „Baskische Tragödie“.

Bewertung vom 03.11.2020
What if we Drown / University of British Columbia Bd.1
Sprinz, Sarah

What if we Drown / University of British Columbia Bd.1


sehr gut

Gut, aber nicht herausragend

Laurie zieht von Toronto nach Vancouver, um das Alte hinter sich zu lassen und ihr Leben neu zu beginnen. Hier will sie in Gedenken an ihren verstorbenen Bruder Medizin studieren. Bereits bei ihrem ersten Weg über den Campus trifft sie auf Sam. Sam, der Medizin im letzten Jahr studiert und ihr immer wieder über den Weg läuft. Schnell kommen sich die beiden näher und wissen noch nicht, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit verbindet…

Schon auf den ersten Seiten ist mir Sarah Sprinz durch ihre Erzählweise positiv aufgefallen. Sie erzählt von dem Päckchen, das Laurie mit sich herumschleppt, ohne dass dadurch Schwermut entsteht. Damit nimmt sie mich als Leserin sofort für Laurie ein. Laurie hat ein Zimmer für ein paar Nächte in einer WG gebucht. Und nicht nur ihr wachsen die beiden WG-Bewohner, Emmett und Hope, sofort ans Herz. Auch ich weiß sofort, dass dies der richtige Ort ist, um ein neues Zuhause zu finden.

Auch Sam, der Mann, der sich Laurie immer mehr nähert, besticht durch seine tolle Art. Sobald er auftaucht, macht sich eine Wohlfühlatmosphäre breit. Er ist empathisch, aufmerksam, souverän, kurzum ein Typ zum Verlieben.

Ein großer Pluspunkt von „What if we drown“ ist, dass man sich die Geschichte so oder so ähnlich im wirklichen Leben vorstellen kann. Dieses Gefühl schafft Nähe zu mir als Leserin. Was mich gestört hat ist, dass ich Lauries Verhalten zum Teil überhaupt nicht nachempfinden konnte. Immer wieder habe ich mich gefragt, ob es tatsächlich Menschen gibt, die sich so verhalten würden. Sie denkt das eine und macht direkt im Anschluss genau das Gegenteil. Gut, das ist keine unübliche Verhaltensweise, aber im Kontext der Geschichte erscheint mir ihr Verhalten oft sehr unglaubwürdig. Ein Thema, das in vielen Liebesromanen üblich ist, trägt auch hier einen Teil der Handlung – die Figuren sind nicht ehrlich zueinander und die Kommunikation ist gestört. Das ist etwas, was sich leider durch viele Bücher des Genres zieht und durch die Häufung ein wenig nervt.

Die erste Hälfte des Buches habe ich als leicht, positiv und entspannt empfunden. Doch schlägt die Stimmung des Buches etwa ab der Hälfte um. Die Themen und auch die Grundstimmung werden schwerer, belastender und die Leichtigkeit geht verloren. Das Ende des Buches ist jedoch wunderschön, sehr romantisch und sorgt schnell für ein paar Tränen. Auch zwischendurch hat die Autorin die eine oder andere sehr romantische Szenen geschrieben, bei der ich eine Gänsehaut bekommen habe.

Ein schönes Buch, das mir aber wegen der genannten Schwächen nicht 100%ig gefallen hat.

Bewertung vom 01.11.2020
Ada
Berkel, Christian

Ada


gut

Ada und ich sind nicht richtig warm miteinander geworden

Ada kommt gegen Ende des zweiten Weltkrieges als Kind einer jüdischen Mutter zur Welt. Die ersten Lebensjahre verbringen die beiden in Argentinien. Schon dort gibt es erste Probleme zwischen Mutter und Tochter, sodass Ada in einer Klosterschule untergebracht wird. Als Ada neun Jahre alt ist, kehrt ihre Mutter mit ihr nach Deutschland zurück. Adas Mutter Sala nimmt Kontakt zu ihrer früheren großen Liebe auf und beide leben schnell als Familie mit ihm zusammen. Doch Ada fühlt sich in dieser Familie immer fremd…

Nachdem ich „Der Apfelbaum“ von Christian Berkel geliebt habe, habe ich mich wahnsinnig gefreut, dass die Geschichte mit der nächsten Generation weitergeht. Doch es ist mir das gesamte Buch über nicht gelungen, ein Gespür für Ada zu entwickeln. Sie ist mir fremd geblieben, ich konnte sie einfach nicht mit Leben füllen. Vielleicht lag es daran, dass ich „Ada“ selber gelesen habe im Gegensatz zu „Der Apfelbaum“. Denn das vorherige Buch habe ich als Hörbuch vom Autor selbst vorgelesen gehört und war beeindruckt davon mit welcher Macht und Eindringlichkeit er mich in die Geschichte gesogen hat.

Auch „Ada“ lässt die Zeiten, in denen die Figuren leben, wieder vor unserem Auge entstehen. Wir erleben das Wirtschaftswunder, in dem sich Adas Vater einen nagelneuen Mercedes leisten kann. Das Fernsehen hält Einzug in die Wohnstuben, in denen sich die Eltern mit Freunden regelmäßig treffen. Es gibt Schnittchen und Schnaps. Doch auch die Schattenzeiten dieser Zeit werden thematisiert. Das Vergangene wird totgeschwiegen, Sexualität wird ebenso ausgeklammert. Ada wird weder über ihren Monatszyklus noch über Geschlechtsverkehr aufgeklärt. Sie bleibt das Anhängsel und ihr jüngerer Bruder ist der Mittelpunkt der Familie.

Schließlich tauchen wir in die 60er Jahre ein, in denen Ada ein Studium aufgenommen hat und sich Zugang zu einem legendären Konzert der Rolling Stones verschafft. Sie lernt Ole kennen und lieben. Einen jungen Mann, der in einer WG wohnt, politische Reden werden geschwungen, der Tag besteht aus Müßiggang und dem Rauchen von Haschisch. Die freie Liebe, Demonstrationen und Heroin werden thematisiert und auch Woodstock erleben wir mit.

Christian Berkel zeigt uns in jedem Jahrzehnt die Höhe-, aber auch die Tiefpunkte. Das kriegt er sehr gut und oft mit wenigen Sätzen hin. Dabei macht er auch die immer größer werdende Kluft zwischen der Eltern- und Kindgeneration deutlich. Die einen hüllen sich in Schweigen und Verdrängen, die anderen wollen das Leben mit jeder Zelle aufsaugen, mitreden, die Welt verändern.

Das Buch hat gut erzählte Abschnitte und weiß, sowohl Wichtiges als auch Interessantes zu erzählen. Leider kommt manches jedoch nur schwach bei mir als Leserin an, da die Hauptfigur Ada so blass und undeutlich bleibt.

Bewertung vom 24.10.2020
Golden wie Blut / Die Göttinnen von Otera Bd.1
Forna, Namina

Golden wie Blut / Die Göttinnen von Otera Bd.1


ausgezeichnet

Wird im Laufe des Buches immer besser

Deka wächst als Frau in einem kleinen Ort in Otera auf. Frauen werden in diesem Land im Namen des Gottes Oyomo durch die Priester systematisch unterdrückt. Die Frauen selber halten diese Unterdrückung der Frau aufrecht, indem sie diese akzeptieren, leben und für die Einhaltung der Regeln sorgen. Einmal im Jahr gibt es ein Ritual, bei dem die jungen Mädchen auf ihre Reinheit geprüft werden. Ist ihr Blut rot, so werden sie im Ort in Zukunft als reine Frau angesehen. Doch fließt aus ihren Adern goldenes Blut, so sind sie ein Dämon, eine sogenannte Alaki. Und diese Dämonen gilt es zu vernichten. Doch eines Tages benötigt der Kaiser die Alaki, um sein Reich gegen übermächtige Feinde zu verteidigen und gründet eine Armee aus Dämonen. Da Dekas Blut golden ist, wird sie zur Ausbildung als Kriegerin in die Hauptstadt von Otera gebracht. Dort lernt sie, für den Fortbestand des Landes zu kämpfen, das sie unterdrückt und verachtet…

Die ersten 200 Seiten habe ich als ziemlich ereignisarm empfunden. Die Autorin Namina Forna führt uns intensiv ein in die Welt von Otera und zeigt uns die systematische Unterdrückung der Frauen in diesem Reich. Zudem erfahren wir sehr genau, was es für eine Frau in diesem Reich heißt, eine Alaki, also ein Dämon, zu sein. Das Leben der normalen Frau ist bis ins kleinste Detail vorgegeben und geregelt. Sie sind die Gefangenen der männlichen Weltordnung. Sind sie unrein, so gelten sie als Aussätzige, Monster, Gefahr und müssen getötet werden. Doch als der Kaiser sie als Werkzeug braucht, werden sie in eigens für sie errichtete Ausbildungsstätten gebracht. Hier wird ihr Leben ebenso von Regeln und Fremdbestimmung beherrscht. Sie tauschen ein Gefängnis gegen ein anders ein.

Jeder Alaki wird ein männlicher Krieger, ein Jatu, zur Seite gestellt. Sie müssen sich gegenseitig unterstützen und schützen. Die Jatu empfinden den weiblichen Dämonen gegenüber in der Regel Angst und Abscheu. So ist es auch bei Deka und ihrem Vertrauten, dem Jatu Keita. Doch mit der Zeit wird aus Angst und Abscheu Interesse und Neugierde, schließlich Respekt und Vertrautheit. Diese Annäherung von Keita und Deka hat die Autorin sehr gut beschrieben. Als Leser/in spürt man richtig, wie aus Misstrauen und Distanz Vertrauen und Nähe werden.

Als die Zusatzausbildung von Deka und ihren Blutschwestern beginnt, wird die Geschichte endlich spannender. Deka wird von einer Marionette, die nur Vorschriften und Verhaltensregeln im Kopf hat, zu einer Figur, die anfängt, eigenständig zu denken und die Anweisungen und das Weltbild von Otera zu hinterfragen.

Die Motive der obersten Führerin der Ausbilderinnen, Weißhand, bleiben oft im Dunkeln. Immer wieder frage ich mich, was sie wirklich bezweckt. Ist sie aufrichtig oder sehr manipulativ? Sie hat viele Geheimnisse und weiß offensichtlich mehr als sie preisgibt.

Beides, die Fragen, die aufgrund von Weißhands Verhalten entstehen und die Neugier, die ich als Leserin empfinde, als Deka immer mehr die Gegebenheiten hinterfragt, steigert die Spannung und mein Lesevergnügen. Dazu kommt, dass die Einfälle, die die Autorin im Laufe des Buches hat und die Wendungen, die „Die Göttinnen von Otera – Golden wie Blut“ nimmt, dafür sorgen, dass ich gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören kann und will. Und nun am Ende von Band 1 frage ich mich, wie soll ich es schaffen, ein Jahr lang auf Band 2 zu warten?