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smartie11
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In Niedersachsen
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Bewertungen

Insgesamt 919 Bewertungen
Bewertung vom 03.08.2020
Die verstummte Frau / Georgia Bd.10
Slaughter, Karin

Die verstummte Frau / Georgia Bd.10


sehr gut

Kein Thriller – eher ein „Cold Case“-Krimi mit vielen Charakterstudien

„Es ist alles verloren. Die Spuren sind verblasst. Es gibt niemanden, mit dem man reden kann. Zumindest niemanden, der reden will.“ (S. 238)

Meine Meinung:
Mit „Die verstummte Frau“ gelingt Karin Slaughter ein Brückenschlag zwischen ihrer „Grant-County-Serie“ und der „Will-Trent-Serie“, denn der neueste Fall führt Will und Sara zu ein paar grauenhaften „Cold Cases“, bei denen Saras verstorbener Mann Jeffrey Tollliver vor acht Jahren die Ermittlungen geleitet hat. Auf zwei Zeitebenen lässt dieser Fall die beiden Serien regelrecht verschmelzen und als Leser*innen lernen wir ein ganz neues Kapitel in der „on-off“-Beziehung von Dr. Sara Linton zu Jeffrey Tolliver kennen. Also ein klares „Muss“ für alle Fans von Karin Slaughters Erfolgs-Reihen!

Losgelöst davon hat dieses Buch für mich ein paar Stärken, aber auch einige Schwächen. Zunächst einmal ist dieses Buch nicht das, als was es verkauft wird: es ist definitiv KEIN Thriller! Ja, was den Frauen in diesem Buch passiert ist absolut furchtbar, ekelhaft brutal und voll und ganz „thrillertauglich“ – aber über die gesamten 660 Seiten dieses Buches kommt – bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen – keinerlei „Thrill“ beim Lesen auf! Es erinnert eher an einen stellenweise etwas ausufernden Krimi, der sich in erster Linie mit „Cold Cases“ befasst. Dabei nehmen die Beziehungen der Charaktere untereinander sehr breiten Raum ein, allen voran zwischen Sara und Will (die hier schnurstracks – und warum eigentlich? – in eine handfeste Beziehungskrise schlittern), aber auch zwischen Sara und ihrer Schwester Tessa und zwischen Sara und ihrem toten Mann Jeffrey. Sehr atmosphärisch liest sich dieses Spiel der Charaktere und lässt uns ganz tief in die Gedanken- & Gefühlswelt der Protagonisten eintauchen. So schreibt die Autorin im Nachwort selbst Folgendes: „Ich wette, Sie [die Leser*innen] haben alle nicht bemerkt, dass ich eigentlich Liebesgeschichten schreibe. Wirklich harte, gewalttätige Liebesgeschichten, aber es sind dennoch welche.“ (S. 660) – Doch, liebe Karin, genau DAS habe ich bemerkt!

Diese Geschichte ist also kein Thriller, sondern ein wirklich gut geschriebener Roman mit ausgefeilten Charakterbeziehungen und ausschweifenden Beschreibungen, gemischt mit einem Krimi-Plot und angereichert um ein paar Thriller-Effekte. Gut unterhalten hat mich das Buch allemal, man braucht aber schon ein bisschen Ausdauer und Konzentration, um nicht selbst beim Lesen abzuschweifen.

Was mir wie immer gut gefallen hat, sind die spitzen Sprüche und der immer mal wieder aufblitzende – oft sarkastische – Humor („Will schenkte der Nummer mit dem Schulterklopfen zu viel Beachtung. Das Ganze lag irgendwo zwischen dem Todesgriff eines Vulkaniers und dem Kraulen eines Hundearschs.“ - S. 49). Was mich im Nachhinein allerdings echt enttäuscht hat ist, dass ich bereits nach rund der Hälfte des Buches den Täter erahnt habe – da was mir doch ein wenig zu vorhersehbar. Auch, dass der Fall des ermordeten Gefängnisinsassen (vom Beginn des Buches) nicht aufgelöst wurde bzw. gar keine Rolle mehr spielte, ist mir etwas sauer aufgestoßen.

Alles in allem vergebe ich insbesondere für den gelungenen Brückenschlag zwischen den beiden Buchreihen knappe 4 Sterne.

FAZIT:
Ein gut geschriebener Genremix, der insbesondere für Fans der Krimi-Reihen von Karin Slaughter ein echtes „must read“ ist.

Bewertung vom 31.07.2020
Das Sams und der blaue Drache / Das Sams Bd.9
Maar, Paul

Das Sams und der blaue Drache / Das Sams Bd.9


ausgezeichnet

Das Sams ist zurück – mit einer neuen Geschichte und einem neuen Freund!

„Eine Was-wäre-wenn-Geschichte“ (S. 5)

Unsere Meinung:
1973 erschien mit „Eine Woche voller Samstage“ der erste Band um das ulkige Sams des deutschen Kinderbuchautors Paul Maar. Drei Jahre nach Erscheinen des neunten Bandes („Das Sams feiert Weihnachten“) hat Paul Maar nun Band 10 veröffentlicht. Ausgangspunkt dieser Geschichte ist seine Überlegung, was wohl passieren würde, wenn das Sams die Wunschmaschine benutzen könnte…

Auch die zehnte Geschichte um Herrn Taschenbier und das Sams steht den ersten Geschichten in Nichts nach. Sie ist unglaublich humor- und fantasievoll – und das Sams sorgt natürlich einmal mehr für die irrwitzigsten Situationen und ganz, ganz viele Lacher bei den Kids! Herrn Taschenbiers Alltag wird immer wieder durcheinandergewirbelt und Frau Rotkohls Nerven bis zum Äußersten strapaziert – bis selbst die Ortsfeuerwehr ernsthaft an ihrem Geisteszustand zweifelt.

Es ist wunderbar, dass Paul Maar mal wieder ein herrliches Kinderbuch geschrieben hat, dass ganz ohne Effekthascherei oder übertriebene Action auskommt, dafür mit einer fluffigen Geschichte und herzallerliebsten Protagonisten bestens zu unterhalten weiß. Meinen Jungs hat auch diese neue Geschichte aus dem Sams-Universum sehr gut gefallen, selbst mein großer Sohn hat mit seinen 12 Jahren noch gerne zugehört und sich köstlich amüsiert.

Vielen Dank, lieber Paul Maar, für diese schöne Fortsetzung der Sams-Abenteuer!

FAZIT:
Eine Geschichte voller Humor und skurriler Situationen, die meinen Jungs mal wieder sehr gut gefallen hat!

Bewertung vom 14.07.2020
Kinder backen mit Christina
Bauer, Christina

Kinder backen mit Christina


ausgezeichnet

Viel mehr als „nur“ ein Backbuch!

„Komm mit in unsere Backstube…“ & „komm mit auf unseren Bauernhof!“

Meine Meinung:
„Kinder backen mit Christina“ ist das inzwischen vierte „Back“-Buch der österreichischen Bäuerin Christina Bauer aus dem Salzburger Land. Daneben betreibt sie einen sehr schönen Blog und einen kleinen Backshop. Vorweg möchte ich alle Kaufinteressenten auf ein wichtiges Detail hinweisen: Dieses Buch ist kein (!) klassisches, „reines“ Backbuch. Es enthält „nur“ 30 Rezepte, unter denen sich auch ein paar ganz klassische „Küchenstandards“ finden, wie etwa das Rezept für Erdbeermarmelade (Erdbeeren, Gelierzucker, Spritzer Zitronensaft) oder für Popcorn (Mais, Öl, Salz). Wer also dieses Buch kauft, um ganz viele neue Rezepte zu erhalten, dürfte enttäusch sein!

Wer sollte sich also dieses Buch kaufen? Alle, die (ihren) Kindern fundiertes und unterhaltsames Wissen über die Herkunft unserer Lebensmittel vermitteln möchten und die Spaß daran haben, mit den Kids gemeinsam in der Küche zu backen. Denn zu den Rezepten, die Christina hier vorstellt, verspricht sie, dass sie „ganz sicher gelingen“ – was ich bis jetzt bestätigen kann. Entsprechend sind die Zutatenlisten eher übersichtlich und die Schritt-für-Schritt-Zubereitungsanleitungen sind klar und einfach formuliert, so dass auch Kinder hier ganz allein Backerfolge erzielen können.

Nach einem sehr persönlichen und sympathischen Vorwort startet dieses Buch mit einer rd. 20seitigen „Einleitung“, in der Christina den jungen Leser*innen in direkter Ansprache alles Wesentliche über die Herkunft unserer Lebensmittel berichtet. Dies erfolgt sehr kindgerecht und oft wunderbar bildlich (Hefe = „zaubernde Minipilze“), was es sehr unterhaltsam zu lesen macht. Schön ist auch, dass sie hier gleich eine Anleitung mitliefert, wie man zu Hause mit einfachen Mitteln selbst Butter aus Milch herstellen kann – anschaulicher geht es nicht! Die abschließenden „8 Tipps fürs Backen mit Kindern“ (S. 24/25) sollten eigentlich Selbstverständlichkeiten sein, aber es ist dennoch gut, das alles noch mal kompakt vor Augen zu haben.

Die Rezepte, die Christina Bauer für dieses Buch ausgesucht hat, sind sehr abwechslungsreich und kindgerecht. Neben „Klassikern“ (s.o.) finden sich auch einige neue Ideen und Anregungen, wie etwa der „kunterbunte Geburtstagszug“, „bunte Pizzaspieße“, „freche Müsliriegel“ oder auch „Sterntaler: Kekse am Stiel“. Hier findet sich für jeden Kindergeschmack und für jede Alltagslage das passende Rezept. Und wem die 30 Rezepte nicht ausreichen, der findet auf der Homepage der Autorin viele Weitere (dann natürlich nicht mit dem Fokus „Backen mit Kindern“).

Rund 1/3 des Buches widmet die Autorin der Vorstellung des Lebens auf dem Bauernhof. Das ist ein bisschen wie ein „Wieso? Weshalb? Warum“-Buch zum Thema Bauernhof, nur für etwas ältere Kinder und viel, viel authentischer. Mir gefällt es sehr gut, dass Christina hier ein realistisches Bild vom Leben auf dem Bauernhof wiedergibt, ohne das Ganze romantisch zu verklären. Denn ein Leben auf dem Bauernhof bedeutet nun mal jede Menge Arbeit und extrem viel Verantwortung für die vielen Tiere. Man merkt aber auch immer wieder, wie viel Freude es Christina und ihrer Familie bereitet! Auch ich habe in diesem Abschnitt noch einiges Neues gelernt, z.B. dass Kühe nicht schlafen und ganze neun Stunden am Tag mit dem Wiederkäuen beschäftigt sind. Auch über die „Flügelsprache“ der Hühner haben wir gestaunt, oder dass ein Schaf im Alm-Weidegebiet pro Tag mindestens 10 km zurücklegt. Also ein wirklich interessanter Teil, auch für mich als Erwachsenen!

Last but not least noch ein Kompliment an den Löwenzahn-Verlag, der auch an die Umwelt denkt und dieses Buch klimapositiv herstellt, cradle-to-cradle druckt und plastikfrei unverpackt lässt!

FAZIT:
Ein gelungenes, praktisches Wissensbuch für Kids rund um unsere Ernährung und das Leben auf dem Bauernhof - dazu mit 30 kindgerechten und einfach nachzubackenden Rezepten.

Bewertung vom 06.07.2020
Die Rückkehr des Würfelmörders / Fabian Risk Bd.5
Ahnhem, Stefan

Die Rückkehr des Würfelmörders / Fabian Risk Bd.5


sehr gut

Band 2 des extrem spannenden, aber harten Thrillers um einen psychopathischen Killer

„Der Anblick, der sich ihm bot, würde ihn nie wieder loslassen. Er hatte sich für immer und ewig in seine Netzhaut eingebrannt und würde ihn jedes Mal, wenn er die Augen schloss, an das grauenvollste Erlebnis seines Lebens erinnern.“ (S. 178)

Meine Meinung:
Von Band 1 war ich ja schon hellauf begeistert, mit der Ausnahme, dass der Band „mittendrin“ aufhörte und zwei der präsentierten Fälle nicht zur Auflösung kamen. Nun folgt endlich die Fortsetzung (auf jeden Fall erst Band 1 lesen (veröffentlicht zunächst unter dem Titel „10 Stunden tot“ und dann neu als „Der Würfelmörder“)).

Es beginnt mit einem kleinen Auszug aus Band 1, um den Wiedereinstieg zu erleichtern, und knüpft dann nahtlos an die Storyline des ersten Bandes an – und es dauert nicht lange, bis das nächste, grausam getötete Opfer des Würfelmörders aufgefunden wird. Die Spannung ist von der ersten Seite an wieder auf einem extrem hohen Niveau und die geschickte Verknüpfung von zwei Fällen, von denen der eine besonders brisant für Ermittler Fabian Risk ist, bleiben Tempo, Action und Spannung über das gesamte Buch hinweg auf sehr hohem Niveau. Dabei stehen die Ermittler bei einem regelrechten Katz- & Mausspiel mehrmals davor, den Täter dingfest zu machen, doch immer wieder werden ihnen dabei Knüppel zwischen die Beine geworfen oder der Zufall trickst sie aus. Apropos Zufall: ein paar Mal hatte mir der Täter eine Spur zu viel Glück, was bei mir dann doch einen leicht schalen Nachgeschmack hinterlassen hat. Ebenso haben mich die immer wieder vorkommenden Alleingänge der Ermittler, dies selbstverständlich jedes Mal für brenzlige Situationen sorgen, im Verlauf der Story zunehmend genervt. Dennoch weiß dieser Thriller par excellence zu fesseln – bis hin zum großen Show-Down an einem extrem exponierten Setting, was auch beim Lesen für einen Adrenalinschub sorgt!

Eines möchte ich aber explizit noch betonen: Dieser Thriller ist nichts für schwache Nerven! An manchen Stellen geht es schon sehr blutig, grausam und hart zu. Wie schon in Band eins ist das streckenweise sehr schwere Kost zum lesen, denn unter den Opfern des Würfelmörders befinden sich auch Kinder, was ich persönlich immer schwer ertragbar finde.

FAZIT:
Ein knallharter, brutaler, fesselnder Thriller mit mehr als einem Psychopathen!

Bewertung vom 06.07.2020
Prost, auf die Wirtin
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Wirtin


ausgezeichnet

Alles, was ein humorvoller Provinzkrimi bracht – Prost, auf dieses Krimi-Debut!

„Die Schneider Heidi hat´s meiner Mama erzählt. Und die weiß es von der Grießbacher Gudrun, weil der ihr Mann im Schützenverein ist. Der war aber an dem Abend nicht da, aber der Kleinschmidt Kurti hat´s ihm erzählt. Kurti ist der zweite Vorstand vom Schützenverein und amtierender Schützenkönig.“ (S. 165)

Meine Meinung:
Friedrich Kalpenstein (Autor der wunderbaren „Herbert & Hans“-Reihe) beginnt seinen ersten Krimi mit einem klassischen Auftakt: Eine attraktive Frau flieht durch einen finsteren Wald, stürzt, wird von ihrem unbekannten Häscher eingeholt – und erschossen. Die Grundspannung ist also bereits auf den ersten drei Seiten erfolgreich gelegt – und Kommissar Constantin Tischler hätte sich seinen ersten Tag in seiner neuen Aufgabe sicherlich auch anders gewünscht!

Im Folgenden stellt uns der Autor gleich einen ganzen Strauß potenziell Verdächtiger vor, vom klischeegetreuen Jäger mit Rauhaardackeldame, über den aufbrausenden und eifersüchtigen Witwer bis hin zu einem italienischen Koch, der zu Schweinshaxen und Weißwurscht verdammt ist. So können wir als Leser*in Hauptkommissar Tischler ganz hervorragend beim Ermitteln und Theoretisieren unterstützen. Lange Zeit tappte ich dabei im Dunkeln und am Ende präsentiert Friedrich Kalpenstein eine Auflösung, die in sich rund ist und mich überzeugen konnte. Ein solider, gelungener Krimi-Plot also!

Neben dem unterhaltsamen Fall präsentiert dieser Krimi viel Lokalkolorit mit urigen Dörflern, deftigen bayerischen und nicht-bayerische Schimpfworten (Zefix!) und eine nur vordergründig beschauliche Alpenkulisse – insgesamt: „Trotz Leiche – idyllisch“! (S. 13). Friedrich Kalpenstein wäre aber nicht Firedrich Kalpenstein, wenn er seinem Krimi-Debut nicht auch eine passende Note Humor beschert hätte. Auch wenn die Schmunzler und Lacher hier nicht in einer solch hohen Frequenz wie in seiner „H&H“-Reihe daherkommen, hat er sie doch wohl dosiert und perfekt pointiert („…und der Schreibtisch wirkte, als hätte Derrick ihn schon in den frühen Achtzigern entsorgt. Nachdem ihn Schimanski auch nicht hatte haben wollen.“ - S. 45). Neben flotten Sprüchen ist insbesondere Polizeiobermeister & bekennender Janker-Fan Felix Fink (mein absoluter Liebling hier!) immer wieder für wunderbare Situationskomik gut und lässt dabei treffsicher kein Fettnäpfchen aus.

FAZIT:
Für alle Fans von „Klufti & Co.“, die gerne humorvolle Krimis lesen, die perfekte Wahl!

Bewertung vom 29.06.2020
Zwischen den Seiten / Das Buch der gelöschten Wörter Bd.2
Garner, Mary E.

Zwischen den Seiten / Das Buch der gelöschten Wörter Bd.2


gut

Eine phantastische Grundidee – aber leider viel verschenktes Potenzial, kopflos handelnde Charaktere und zu viel Zufall


Meine Meinung:
„Zwischen den Seiten“ ist der zweite Band der Reihe und man sollte Band 1 („Der erste Federstrich“) zuvor gelesen haben, da die Handlung direkt daran anknüpft. Der Cliff-Hanger aus Band 1 wird zügig aufgelöst und die Suche des Bundes nach dem unbekannten Anführer der Absorbierer, der sich selbst „Quan Surt“ nennt, geht munter weiter…

Noch immer bin ich absolut fasziniert von der Grundidee, die sich „Mary E. Garner“ (alias Mirjam Münteferings / aka „Pippa Watson“) für ihre Trilogie erdacht hat und von den nahezu unendlichen Möglichkeiten, die daraus für die schriftstellerische Freiheit resultieren. Bei Band 1 hatte ich kritisiert, dass mir streckenweise einfach die Spannung gefehlt hat und die Hauptstory nicht konsequent vorangetrieben worden ist. Im Folgeband nun geht es mit der Haupthandlung (der Suche nach Quan Surt und der Aufklärung der Hintergründe) deutlicher voran, was mich wirklich gefreut hat. Enttäuschend fand ich dabei aber, dass nahezu alle „Ermittlungserfolge“ eher dem Zufall, ja manchmal sogar schon der Tollpatschigkeit der Protagonistin Hope Turner geschuldet waren. Wie ein absoluter Naivling stolpert sie von einer gefährlichen Situation in die nächste und kommt dabei den Verschwörern auf die Spur. Das hätte ich mir anders gewünscht: mit mehr Gespür, Taktik und Verstand! Dass dabei auch immer wieder die (eigentlich noch gar nicht vorhandene) „Dreiecksbeziehung“ zwischen Hope, Rufus und Kenan breiten Raum einnimmt und ständig für Gezicke und Geschmolle sorgt, hat mich im zunehmenden Verlauf immer mehr genervt. Hier sollte die Autorin für meinen Geschmack zügig mal einen Punkt machen und Hope sich entscheiden lassen – für den einen oder anderen (oder keinen!) und das dann mit allen Konsequenzen durchziehen.

Obgleich mich – wie gesagt – diese Welt noch immer vollkommen fasziniert, sich die Geschichte sehr flüssig lesen lässt und mich insgesamt doch kurzweilig unterhalten hat, bin ich alles in allem doch enttäuscht. Mary E. Garner gelingt es einfach nicht, das Potenzial, das sich hier bietet, wirklich auszuschöpfen. An einer Stelle im Buch blitzt beispielsweise die Welt von Robert Louis Stevensons „Die Schatzinsel“ auf – was hätte DAS spannend und abenteuerlich werden können!... War es dann aber leider nicht. Das war genau wie im ersten Band mit dem kurzen Ausflug in das Buch „Dracula“ von Bram Stroker (da wurde es nur für ein paar Zeilen spannend, als Hope beinahe von einer Kutsche überfahren worden wäre). Bitte, liebe Mary E. Garner, nutze die abenteuerlichen Klassiker der Weltliteratur, um in diesen sowohl Deine Story voranzubringen (mit einer echten Katz- & Maus-Jagd) als auch für spannende Momente zu sorgen, die auch zum Setting passen.

Enttäuschend fand ich es darüber hinaus, dass sich ein lang gehegter und eigentlich zu naheliegender Verdacht, tatsächlich bestätigt hat. Das war mir viel zu einfach, da hätte ich mir mehr Raffinesse und Täuschung gewünscht. Eine andere Enthüllung präsentierte dafür einen Charakter, der mir zuvor viel zu blass und unscheinbar gewesen ist – hier hätte ich mir einen prominenteren Charakter gewünscht. Last but not least habe ich den Sinn des Prologs tatsächlich erst kapiert, nachdem mir eine andere Leserin den Tipp gegeben hat, wie das Ganze zur Story passt (gut, vielleicht lag das auch an mir…).

Weiterhin fünf Sterne für die wunderbare Grundidee und jeweils einen Stern Abzug für das nicht ausgeschöpfte Potenzial sowie für die Enttäuschungen bei den Enthüllungen. Das Dreiecks-Beziehungs-Generve und die Schusseligkeit Hopes lasse ich mal außen vor…

FAZIT:
So eine fantastische Welt voller Möglichkeiten, doch leider so viel verschenktes Potenzial und viel zu vorhersehbare Entwicklungen…

Bewertung vom 29.06.2020
Das Geheimnis des Träumers / Strange the Dreamer Bd.3
Taylor, Laini

Das Geheimnis des Träumers / Strange the Dreamer Bd.3


ausgezeichnet

der gelungene dritte Band einer genialen Fantasyreihe

„Sie war ein Geist, er war ein Gott, und ihre Küsse fühlten sich an, als hätten sie einen Traum zuerst verloren und dann wiedergefunden.“

Meine Meinung:
Die unglaublich intensive, wahrlich phantastische Fantasy-Reihe um den Träumer Lazlo Strange und die Göttin Sarai geht in die dritte Runde! Man sollte zwingend Band 1&2 zuvor gelesen haben, denn ansonsten wird man es sehr schwer haben, in diese Geschichte hineinzufinden…

Band 2 endete mit einem Paukenschlag, der uns Leser*innen ratlos, ja fast verzweifelt zurückgelassen hat. Nun knöpft die Geschichte – nach einem zu Beginn noch rätselhaft anmutenden Prolog – genau an diesem Punkt an, und ich war von der ersten Zeile an wieder mitten drin und gefangen von dieser außergewöhnlichen Story. Schon Band 1 und 2 hatten mich vollauf begeistert und auch dieser Band hat für meinen Geschmack das sehr hohe Niveau mühelos gehalten. Bestseller-Autorin Laini Taylor hat hier wahrlich eine ganz besondere Welt erschaffen, die ihres Gleichen sucht. Dazu schillernde Ausnahme-Charaktere, allen voran natürlich Sarai & Lazlo, die das Schicksal zusammengeführt hat, um ihnen dann doch so unüberwindbar erscheinende Grenzen aufzuerlegen. In diesem Band lernen Beide ganz neue Seiten an sich kennen und bleiben sich doch selbst treu. Es sind zwei Charaktere, die man einfach nur mögen, ja sogar lieben kann. Sie sind so unterschiedlich und doch so gleich, gehören wie Ying & Yang einfach zusammen.

Kernpunkt der Storyline ist diesmal, dass sich das Weltbild für alle geändert hat und nun jeder auf seine eigene Art damit umgehen muss. Geschickt macht die Autorin Andeutungen, gewährt uns kleinere und größere Enthüllungen, beantwortet brennende Fragen und wirft zugleich fast noch drängendere Fragen auf. Mit den Zwillingen Kora & Nova aus dem Prolog ergreift Laini Laylor sogar einen ganz neuen, faszinierenden Handlungsstrang, und lässt parallel zur Story um Sarai & Lazlo die beiden „Forschungsreisenden“ Calixte (ein wunderbarer Charakter!) und Thyon Nero (der eine ganz neue Seite von sich zeigt) eine unglaubliche Entdeckung machen. Überhaupt entdecken in diesem Band mehrere Charaktere ganz neue Wesenszüge und im Innern verborgene Wahrheiten an sich, was immer wieder überraschend ist und für Aha-Momente sorgt. So fliegen die Seiten beim Lesen regelrecht dahin und rasch ist schon die letzte Seite gelesen.

Wie schon bei Band 1&2 ist auch dieses Buch nur die Hälfte des Originals und somit endet dieses Buch sozusagen auch wieder „mittendrin“. Dazu kann man stehen, wie man will (das ist halt Verlagspolitik), aber es hat zumindest den Vorteil, dass der Finale Band im Original schon geschrieben ist und wir glücklicherweise nicht mehr lange auf die Deutsche VÖ (28.08.2020) warten müssen.

FAZIT:
Phantastik at it´s best - diese Reihe ist eines meiner absoluten Highlights der Saison 2019/2020! Danke, Laini Taylor!

Bewertung vom 23.06.2020
Der Würfelmörder / Fabian Risk Bd.4
Ahnhem, Stefan

Der Würfelmörder / Fabian Risk Bd.4


sehr gut

Ein extrem fesselnder, vielschichtiger Thriller mit Fortsetung

Meine Meinung:
„Der Würfelmörder“ ist bereits 2019 unter dem (schlecht gewählten) Titel „10 Stunden tot“ erschienen und der Nachfolgeband zu „Minus 18 Grad“, an dessen Ereignisse er auch recht nahtlos anknüpft. Da dieser allerdings schon vor mehreren veröffentlicht wurde, hatte ich anfangs ein paar Probleme, wieder in die Geschichte um den schwedischen Ermittler Fabian Risk hineinzufinden. Meines Erachtens sollte man „Minus 18 Grad“ zuvor gelesen haben, da es wirklich sehr viel Anknüpfungspunkte gibt.

Als ich erstmal in die Geschichte hineingefunden hatte, hat dieser Thriller einen wahnsinnig starken Sog entwickelt, denn an Spannung ist er für meinen Geschmack kaum noch zu überbieten. Allein schon der Prolog bescherte mir als Leser ein abgrundtiefes Gänsehautfeeling (hierfür muss man aber den Vorgängerband kennen!). Durch verschiedene Handlungsstränge, unvorhergesehene Wendungen und gleich mehrere Kriminalfälle, bei denen – nicht nur für die Ermittler – lange Zeit nicht klar ist, welche Zusammenhänge hier bestehen, bleiben Spannung, Tempo und Abwechslung das ganze Buch hinweg über auf sehr hohem Niveau. Hier geht es um Serienkiller, Rechtspopulismus und -radikalismus und auch um Pädophilie. Stellenweise ist dies ein wirklich harter Thriller mit „schwerverdaulicher Kost“ – und nichts für schwache Nerven! Hinzu kommen schon altbekannte Fälle, beispielsweise um das überraschende Ableben des ehemaligen Kollegen Hugo Elvin, oder (am Rande) um die brutalen Morde, die sich im letzten Band in Dänemark ereignet haben und überraschender Weise auf tragische Art bis in das Privatleben von Fabian Risk abstahlen.

So würde ich dieses Buch durchaus als Thriller „par excellence“ bezeichnen, den ich regelrecht verschlungen habe. Am Ende finden allerdings zwei Fälle, darunter der „Hauptfall“, in diesem Buch keine Auflösung! Glücklicher Weise wird dieser unter dem Titel „Die Rückkehr des Würfelmörders“ bereits im Juli 2020 veröffentlicht!

Daher bewerte ich diesen Band vorsichtig auch erst nur mit vier Sternen, da ich mir noch nicht sicher sein kann, dass mich die Auflösung in Band 2 auch überzeugen wird.

FAZIT:
Ein starker, blutiger und oft grausamer Top-Thriller, den man meiner Meinung nach nur zusammen mit Band zwei lesen sollte.

Bewertung vom 23.06.2020
Schwarzer August / Leander Lost Bd.4
Ribeiro, Gil

Schwarzer August / Leander Lost Bd.4


ausgezeichnet

Unglaublich atmosphärisch, tolle Charaktere und ein Fall, der es in sich hat

„Die einfache Form des Glücks lauerte manchmal an Stellen, an denen man sie nicht vermutete, und sprang einen plötzlich an.“ (S. 180)

„Fuseta lag ruhig im Sonnenuntergang. Eine kleine, verschlafen wirkende Perle, die umso schöner und anziehender war, weil sie um beides nicht wusste und deshalb nicht damit kokettierte.“ (S. 222)

Meine Meinung:
„Schwarzer August“ ist der mittlerweile vierte Fall um den „Alemao“ Leander Lost, den es im Rahmen eines Austauschprogramms von Hamburg ins beschauliche Fuseta an Portugals Algarve verschlagen hat. Da es sich um einen eigenständigen Fall handelt, ist es nicht zwingend notwendig, die Vorgängerbände gelesen zu haben, mehr Spaß macht es aber sicherlich!

Dieser Fall beginnt vergleichsweise unspektakulär: Eine Autobombe detoniert vor einer abgeschieden gelegenen, winzigen 1-Frau-Filiale einer Bank und richtet einen ordentlichen Sachschaden an – verletzt wurde glücklicher Weise niemand, auch da die Bombe außerhalb der Öffnungszeiten hochgegangen ist. Dennoch ist das Team um Graciana Rosado sofort in Alarmbereitschaft und Miguel „Der Pfau“ Duarte wittert sogleich einen terroristischen Hintergrund. Wie immer behält Leander Lost einen kühlen Kopf (er kann ja gar nicht anders) und beginnt, die Situation Puzzleteil für Puzzleteil analytisch auseinanderzunehmen. Es entwickelt sich ein spannender Fall, der sich wie bei einem Crescendo langsam steigert und immer gefährlicher wird, bis es für die Ermittler selbst höchst riskant wird! So zieht einen dieser Krimi Seite um Seite immer tiefer in seinen Bann, fiebert man unweigerlich mit den Ermittlern mit, entwickelt seine eigenen Theorien und wird am Ende von einer Auflösung überrascht, die zwar aus Sicht des Lesers nicht antizipierbar gewesen ist, die aber retrograd voll und ganz nachvollziehbar war. Beste Krimi-Unterhaltung also!

Die besondere Stärke dieser Reihe des deutschen Autors Holger Karsten Schmidt (alias „Gil Ribeiro“) liegt für mich aber einmal mehr in der ganz wunderbaren, einmaligen Atmosphäre, die hier transportiert wird sowie in den liebenswerten Charakteren, die diesem Buch einen ganz eigenen Charme verleihen. Allen voran natürlich Leander Lost selbst, den als Asperger-Autist Zwischenmenschliches immer wieder vor schier unüberwindbare Herausforderungen stellt, der aber offen damit umgeht und hierdurch oft für skurril-humorvolle Situationen sorgt (wie etwa beim Einkaufen an der Fleischtheke im Supermarkt). Besonders seine sich nun festigende Beziehung zu Gracianas Schwester Soraia sorgt in dieser Geschichte darüber hinaus für wunderbare Herzenswärme. Überhaupt wohnt diesem Krimi neben aller Spannung eine unglaubliche, oft unterschwellige Wärme inne – nicht nur durch das Setting unter südlicher Sonne, sondern durch den ganz besonderen Menschenschlag in der Algarve. Man merkt immer wieder, wie sehr der Autor diese Region und seine Einwohner liebt. So bietet dieser Krimi nicht „nur“ spannende Unterhaltung, sondern auch eine gehörige Portion Fernweh.

FAZIT:
Ein spannender, sich zuspitzender Fall, kombiniert mit einem wunderbaren Ermittlerteam und einer ganz besonderen Atmosphäre – eine wirklich empfehlenswerte Reihe!