Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
SimoneF

Bewertungen

Insgesamt 528 Bewertungen
Bewertung vom 18.09.2023
Kein guter Mann
Izquierdo, Andreas

Kein guter Mann


ausgezeichnet

Der Klappentext ließ mich an "Ein Mann namens Ove" oder an "Frankie" (von Gutsch/Leo) denken - ein alter, mürrischer einsamer Mann begegnet einem liebenswerten Menschen oder Tier, findet hierdurch seine Lebensfreude wieder und befreit sich aus seiner sozialen Isolation. In gewissem Sinne trifft das auch auf "Kein guter Mann" zu, und doch geht dieser Roman insbesondere in der zweiten Hälfte weit darüber hinaus.

Die Geschichte um den Postboten Walter beginnt zunächst eher leicht und mit wunderbar pointiertem, trockenem und hintergründigem Humor. Einige Stellen sind wirklich grandios! Alexander Izquierdo hat mit Walter eine sehr vielschichtige, fein gezeichnete Figur erfunden, die niemals platt wirkt. So ist Walter zwar eigenbrötlerisch, zurückgezogen und eckt durch seine schroffe Art überall an, er ist aber dennoch in der Lage, Empathie zu empfinden, wie an der Beziehung zu seiner Tochter deutlich wird. Auch seine Unbeholfenheit im Umgang mit Bens Briefen und seine Versuche, ihm zu helfen, sind glaubhaft geschildert.

Je weiter das Buch fortschreitet, und je mehr man über die Lebensgeschichte von Walter erfährt, desto mehr Tiefe erhält es, und umso nachdenklicher und auch trauriger stimmte es mich als Leserin, da Walter eine äußerst tragische Figur ist, die immer mit besten Absichten handelt, und dennoch missverstanden wird und ins Unglück rennt. Je mehr ich über Walter erfahren habe, desto mehr habe ich mit ihm mitgefühlt und gelitten, und mich über seine Familie geärgert, die Walter mangelndes Einfühlungsvermögen vorwirft, im Gegenzug aber selbst oberflächlich und empathielos wirkt (mit Ausnahme der Tochter).

Eine kleine Randbemerkung/Trivia:
Ältere Leser*innen dürfte die Wendung "Mein Gott, Walter", die als Überschrift des 2. Buchteils und in Walters Mailadresse auftaucht, an Mike Krügers gleichnamiges Lied erinnern, in dem es heißt "Und wenn er mal was machte, machte er's meist verkehrt", was in gewissem Sinne auch auf Walter im Buch zutrifft. Ob es Zufall ist, dass Walter aus dem Song bei Rauch sofort an Feuer denkt und mit dem Feuerlöscher losrennt, und der letzte Buchteil "Wo Rauch ist, ist auch Feuer" heißt? Wie auch immer, in jedem Fall hat das Buch deutlich mehr Tiefgang, sprachliche Größe und Niveau als Mike Krügers Blödelsong.

Fazit: Dieses Buch ist alles andere als eine locker-leichte sentimentale vorweihnachtliche Geschichte, sondern ein wunderbar geschriebener, sehr tiefgründiger und zum Nachdenken anregender Roman über das Leben, der mich sehr berührt hat. Unbedingt lesenswert!​

Bewertung vom 18.09.2023
Basst scho   Ein lustiger Augschburg Krimi mit bayrischem Charme (eBook, ePUB)
Vögl, Ulrike

Basst scho Ein lustiger Augschburg Krimi mit bayrischem Charme (eBook, ePUB)


gut

Als Augsburgerin war ich neugierig, als ich von einer Augsburger Krimireihe hörte, und sehr gespannt auf den Band  "Basst scho" von Ulrike Vögl. Hierbei handelt es sich bereits um den vierten Band um die Kommissarinnen Helena Hansen, eine zugezogene Hamburgerin, und das Augsburger Urgestein Franziska Danner. Im Gegensatz zu den drei Vorgängerbänden, die aus Helenas Sicht erzählt werden, erleben wir diesen Fall aus Franzis Perspektive.

Marie, eine betagte Freundin von Franziska, kommt bei einem Brand ihres Hauses ums Leben. Alles sieht nach einem tragischen Unfall aus, doch Franziska kann das nicht glauben und geht der Sache auf den Grund. Was führen Maries Nachbarn im Schilde, und was ist mit Eddie, Maries Enkel, der sich seltsam benimmt?

Mit viel Lokalkolorit und gemäßigtem Augschburger Cityschwäbisch ermittelt Franzi auf eigene Faust. Hierbei ist sie allerdings etwas blauäugig, da man als Leser*in dem Täter  deutlich schneller auf die Spur kommt als sie. Insgesamt handelt sie für eine Polizistin eher unbedarft und weniger professionell als Helena, was die Glaubwürdigkeit von Franzis Figur etwas in Frage stellte. Da ich beim Fall von Anfang an den richtigen Riecher hatte, kam keine rechte Spannung auf, die bei einem Cosy Crime aber auch nicht zwingend im Vordergrund steht. Bei den Charakteren fehlte mir hingegen doch der Tiefgang, sie wirken eindimensional, und die Rahmenhandlung recht flach. Die exakte Beschreibung mehrer Brotzeitpausen u.ä. fiel sehr detailliert aus, das Verhältnis zwischen Helena und Franzi ist extrem harmonisch, und alles ist doch sehr brav.

Insgesamt ein netter Cosy Crime für zwischendurch, aber wirklich begeistern konnte er mich nicht.

Bewertung vom 18.09.2023
Der Sternenmond / Keeper of the Lost Cities Bd.9
Messenger, Shannon

Der Sternenmond / Keeper of the Lost Cities Bd.9


sehr gut

Mit Sternenmond ist nun der neunte Band der Keeper-of-the-Lost-Cities-Reihe erschienen, und wie von der Autorin angekündigt, dürfte es sich um den vorletzten Teil handeln vor dem großen Finale in Band 10.

Mein Sohn und ich habe das Buch gemeinsam gelesen und fanden die erste Hälfte ziemlich zäh und langatmig. Hier mussten wir uns eher durch die Seiten kämpfen, die sich vor allem um Sophies Gefühle drehen, ihre Entwicklung und um eine schwierige Entscheidung, die sie treffen muss. Die Teenie-Gefühlsebene nervte vor allem meinen Sohn, der sich eher für die actionreichen Abenteuer begeistern kann als für Sophies Herzensangelegenheiten. Keefe haben wie in diesem Buch sehr vermisst, da er für uns einer der unterhaltsamsten Charaktere der Reihe ist. Die Handlung wird erst spät wirklich spannend und fesselnd, und gut 200 Seiten weniger hätten dem Buch gutgetan. Generell haben wir bereits seit den letzten Bänden den Eindruck, dass die Geschichte künstlich in die Länge gezogen wird, und uns konnte sie zuletzt nicht mehr so sehr begeistern wie anfangs. Wir hoffe sehr, dass mit dem nächsten Band tatsächlich die Reihe zu dem fulminanten Ende findet, das sie verdient hat.

Bewertung vom 18.09.2023
Nachtfrauen
Haderlap, Maja

Nachtfrauen


sehr gut

Die Aufarbeitung schwieriger Mutter-Tochterbeziehungen und das Leben von Frauen über  mehrere Generationen sind zur Zeit Thema vieler Romane. Auch Maja Haderlaps "Nachtfrauen" reiht sich hier ein.

Mira, Mitte 50, verheiratet mit einem Lehrer in Wien, kehrt für einige Tage nach Jaundorf, den Ort ihrer Jugend zurück, um ihre Mutter Anni schonend darauf vorzubereiten, dass sie den Hof, auf dem sie seit Jahrzehnten lebt, verlassen muss, da das Haus abgerissen wird. Mit dieser Reise kehren Erinnerungen zurück an schmerzhafte Erlebnisse, die Mira weit hinter sich lassen wollte und denen sie sich nun neu stellen muss. Als Kärntner Slowenin war sie seit ihrer Jugend auf der Suche nach ihrer Identität, erlebte Ausgrenzung und Zugehörigkeit als zwei Seiten einer Medaille: Bekannte sie sich zu ihren slowenischen Wurzeln, war sie eine Aussenseiterin bei den Deutschkärtnern, distanzierte sie sich von ihrem Erbe, nahm es ihr die slowenische Gemeinschaft übel. Die Begegnung mit ihrer Jugendliebe Jurij weckt alte Gefühle. Auch zwischen Mira und ihrer Mutter Anni blieb vieles ungesagt, das jahrzehntelang zwischen ihnen stand.

Während der erste Buchteil Miras Perspektive schildert, wechselt diese im zweiten Teil zu ihrer Mutter Anni. Dieser Wechsel war sehr aufschlussreich, da man als Leser*in nun auch an Annis Gefühlen und Gedanken teilhat und ihre Sicht auf Mira kennenlernt. Auch Annis Kindheit wird thematisiert, ihre streng religiöse Erziehung, das Leben ihrer Mutter Agnes, einer Tagelöhnerin, und ihrer Tante Dragica, die im Krieg als Partisanin gekämpft hatte.

Als Deutsche war mir die Geschichte der Kärntner Slowenen nicht bekannt, und ich habe hierzu zunächst gegoogelt, um die Situation im Buch nachvollziehen zu können. Die Konflikte zwischen Anni und Mira werden vor dem Hintergrund der jeweiligen Kindheit gut nachvollziehbar, auch das Schweigen zwischen den Generationen, die Missverständnisse und das Unvermögen, über Gefühle sprechen zu können, ist eindrücklich beschrieben. Dennoch blieb ich innerlich in einer gewissen Distanz zu allen Figuren und der Roman konnte mich emotional nicht greifen. Mir fehlte das gewisse Etwas, die Figuren blieben statisch und wurden nicht richtig lebendig. So bleibe ich mit etwas gemischten Gefühlen zurück.

Bewertung vom 18.09.2023
Fort von hier
Ammaniti, Niccolò

Fort von hier


ausgezeichnet

Vor ein paar Wochen habe ich eher zufällig die Bücher von Niccolo Ammaniti entdeckt und seinen wieder aufgelegten Bestseller "Ich habe keine Angst" und das brandneue "Intimleben" regelrecht verschlungen. Nun wollte ich auch unbedingt "Fort von hier" lesen.

Hier verbindet Ammaniti auf schicksalhafte Weise das Leben des alternden Musikers, Frauenhelden und Träumers Graziano Biglia mit dem der zurückgezogen lebenden Lehrerin Flora Palmieri und dem des zwölfjährigen schüchternen Jungen Pietro Moroni.

Wie immer bei Ammaniti fasziniert mich die Leichtigkeit und Virtuosität seines unverwechselbaren Schreibstils, mit der er eine ganz besondere Atmosphäre schafft. Man vermeint beim Lesen Ammanitis Lust am Erzählen förmlich zu spüren. Allein der ständige fliegende Wechsel zwischen der auktorialen Erzählperspektive und der Ich-Perspektive der einzelnen Charaktere ist ein herrlicher Kunstgriff. Ammaniti entwickelt seine Figuren so messerscharf, detailliert und lebendig, dass ich alle Personen und das Örtchen Ischiano Scalo in allen Einzelheiten lebendig vor mir sah. Auch bei "Fort von hier" zeigt sich Ammanitis Freude an extremen Figuren und Situationen. Er zeichnet ein Bild italienischer Dörfer abseits pittoresker Urlaubsorte, trostlos, perspektivlos, öde und heruntergekommen, und blickt schonungslos in die Abgründe und auf die Schwächen seiner Protagonist*innen. Dies schlägt sich auch sprachlich nieder, so dass einige Passagen recht vulgär gehalten sind, worauf man als Leser*in gefasst sein sollte.

Wie sich die Wege der drei Hauptfiguren kreuzen und ihr Leben für immer verändern, ist so spannend  erzählt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und bis zum Schluß gerätselt habe, wie es enden würde.

Ammaniti entwickelt sich zu einem meiner Lieblingsautoren, und "Fort von hier" hat mich absolut begeistert!

Bewertung vom 13.09.2023
Groll
Carofiglio, Gianrico

Groll


gut

Die Kurzbeschreibung von "Groll" und der Werdegang des Autors Gianrico Carofiglio als ehemaliger Staatsanwalt und Richter machten mich sehr neugierig.

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Penelope Spada erzählt, einer früheren Staatsanwältin, die aufgrund eines zunächst im Dunkeln liegenden Vorfalls vor einigen Jahren ihr Amt niederlegen musste und sich nun mehr oder weniger illegal als private Ermittlerin betätigt. Ihre aktuelle Mandantin bittet sie, den bereits zwei Jahre zurückliegenden Tod ihres Vaters, eines einflussreichen Arztes und Politikers, zu untersuchen, da sie die wesentlich jüngere zweite Ehefrau ihres Vaters in Verdacht hat, hierbei nachgeholfen zu haben. Auch wenn das Ansinnen nach dieser langen Zeit aussichtslos erscheint und keine stichhaltigen Verdachtsmomente vorliegen, sagt Spada zu, und muss sich bei ihren Nachforschungen auch ihren eigenen Dämonen aus der Vergangenheit stellen.

Die Geschichte verfolgt mehrere Erzählstränge. Neben den aktuellen Ermittlungen zum Tod des Arztes erfährt der Leser im Laufe der Geschichte mehr über den Vorfall vor fünf Jahren, der dazu führte, dass Spada ihr Amt als Staatsanwältin verlor. Zum Dritten nimmt die sich anbahnende Bekanntschaft mit einem Mann relativ viel Raum im Roman ein, wobei es sich hier um keine Romanze, sondern eine schrittweise Annäherung über zunehmend privatere Gespräche handelt.

Ich kann nicht genau sagen, woran es liegt, aber mir blieb Penelope Spada bis zum Schluß fremd. Auch die Geschichte konnte mich nicht packen, sie plätscherte recht langatmig vor sich hin, und in keinem der drei Erzählstränge kam für mich Spannung auf, insbesondere der zweite verlief ernüchternd, so dass ich mich insgesamt am Schluß fragte: Und das war jetzt alles? Für einen Krimi war mir die Handlung nicht spannend genug, für einen psychologischen Roman blieben die Ausführungen zu oberflächlich, es erinnerte eher an "Küchenpsychologie". Auch die Übersetzung empfand ich stellenweise als unglücklich. So ist etwa der Ausdruck "jemanden für schuldig verurteilen" im Deutschen nicht korrekt, und die Wendung "Ich musste kichern wie ein Backfisch" klingt bei einer heute 45-jährigen Frau sehr unglaubwürdig, da dieser altertümliche Begriff seit wohl 70 Jahren nicht mehr verwendet wird. Leider blieb hier insgesamt viel Luft nach oben, sodass meine Erwartungen nicht erfüllt wurden.

Bewertung vom 13.09.2023
A Haunting in Venice
Christie, Agatha

A Haunting in Venice


sehr gut

Mit "A Haunting in Venice" legt der Atlantik Verlag passend zum Kinostart des neuen Agatha-Christie-Films die Romanvorlage "Die Halloween-Party" neu auf, mit einem ausführlichen Vorwort des Drehbuchautors Michael Green. Das Cover ist für einen Christie-Roman außergewöhnlich gruselig und sticht definitiv ins Auge. Allerdings passt es nicht so ganz zum Inhalt des Buches, der eine recht gediegene Halloween-Party für Kinder mit Apfelschnappen und ähnlichen harmlosen Spielchen als Ausgangspunkt hat. Möglicherweise ist der Gruselfaktor des wohl recht frei mit der literarischen Vorlage hantierenden Films höher und passt besser zum makabren Titelbild.

Obwohl ich ein großer Fan von Agatha Christie bin, kannte ich diesen späten Hercule-Poirot-Fall aus dem Jahr 1969 noch nicht. Im Roman trifft man als Leser*in schnell auf alte Bekannte wie Poirots Äpfel liebende und Krimis schreibende Freundin Ariadne Oliver, und auch Superintendent Sage spielte bei einem früheren Band bereits eine Rolle. Der Fall ist wie üblich äußerst verzwickt und es macht großen Spaß, bis zum Schluß mitzurätseln, auch wenn er mich nicht ganz so sehr begeistern konnte wie andere Poirot-Romane, da er gelegentlich etwas bemüht und künstlich wirkt. Insgesamt ein lesenswerter und unterhaltsamer Poirot-Fall, aber nicht sein bester.

Bewertung vom 09.09.2023
Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
Scherzant, Sina

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne


gut

​"Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne" von Sina Scherzant lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Das aus drei Teilen bestehende Buch beginnt zunächst sehr vielversprechend. Teil 1 spielt im Jahr 2003, die Protagonistin und Ich-Erzählerin Katharina ist 14 Jahre alt und nach der Scheidung ihrer Eltern mit ihrer kleinen Schwester Nadine uns ihrer Mutter nach Dortmund gezogen. Katha ist ein angepasstes Mädchen, das versucht, alle in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen, Fehler anderer zu kompensieren und möglichst nicht aufzufallen. Sie bezeichnet sich selbst als "Lebenshandwerkerin". Ich konnte mich von Anfang an sehr gut in Kathas Gefühlswelt hineinversetzen, und wurde öfter an meine eigene Jugend erinnert. Auch der flüssige, direkte und moderne Schreibstil gefiel mir gut. Als etwas zu offensichtlich empfand ich allerdings den feministischen Tenor des Buches, der es sich zu leicht macht. Ob Zickenkrieg, der Wunsch, als Frau anderen zu gefallen oder die Angewohnheit, die Schuld an allem bei sich selbst zu suchen - die Wurzel allen Übels ist angeblich stets das Patriarchat. Alle Männer im Buch sich schwache egoistische Figuren, verantwortungslos und lächerlich. Das ist mir doch zu einfach und einseitig, und entspricht auch nicht meiner eigenen Wahrnehmung in meiner Generation, die nur wenig älter als Katha ist. Als etwas nervig empfand ich zudem, dass Kathas Prinzip der Lebenshandwerkerin immer und immer wieder betont wurde - da wäre weniger mehr gewesen.


Das Ende des ersten Teils stellt für mich einen Bruch dar, ab dem die Geschichte dann deutlich schwächer wurde. Mit dem zweiten Teil, der eine Mischung aus Tagträumen, Realitätsfluchten und Erlebtem darstellt, konnte ich so gar nichts anfangen, und das Buch zog sich hier für mich sehr in die Länge.  Teil 3, der 14 Jahre später spielt, las sich zwar wieder angenehmer, konnte mich aber inhaltlich nicht mehr greifen.

Insgesamt hatte ich mir nach einem starken Beginn deutlich mehr von diesem Buch erwartet. Es zog sich ab dem zweiten Teil zusehends in die Länge, und ich war letztlich froh, als ich durch war. Die grundsätzlich interessanten Gedanken zur Sozialisation junger Frauen und Rollenmustern wurden mir zudem zu einseitig und plakativ dargestellt. 

Bewertung vom 05.09.2023
Momo - Das Hörspiel
Ende, Michael

Momo - Das Hörspiel


ausgezeichnet

Zum 50. Geburtstag des Kinder- und Jugendbuchklassikers Momo von Michael Ende erscheint bei Hörbuch Hamburg/Silberfisch ein neu inszeniertes Hörspiel unter der Regie von Robert Schoen. Die Laufzeit beträgt 3 Stunden und 43 Minuten.

Da ich Michael Endes Bücher seit meiner Kindheit liebe, war ich richtig gespannt auf die Hörspielversion - und bin begeistert! Das Ensemble erweckt die Figuren gekonnt zum Leben und ich konnte sofort richtig in die Geschichte abtauchen. Vor allem die Stimme des Erzählers Friedhelm Ptok passt ganz hervorragend. Das Herzstück des Hörspiels ist für mich die liebevolle und differenzierte musikalische Gestaltung durch Tobias Unterberg, die das Geschehen wunderbar unterstreicht und eine ganz besondere Atmosphäre erzeugt. Man spürt, mit wie viel Liebe zum Detail, Qualität und Sorgfalt hier produziert wurde.

Mir hat dieses Hörspiel wirklich gut gefallen und ich kann es rundum weiterempfehlen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.09.2023
Kleine Probleme
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


sehr gut

"Kleine Probleme" von Nele Pollatschek war für mich eine echte Achterbahnfahrt. Passagen, die so treffend, pointiert und mit so viel Wortwitz geschrieben waren, dass ich sie mir im ebook markierte, wechselten sich mit solchen ab, die mich so sehr nervten, dass ich sie am liebsten nur quergelesen hätte. Der Protagonist und Ich-Erzähler Lars ist ein Meister der Prokrastination, und leider auch ziemlich unbeholfen und selbstmitleidig. Er wirkt wie ein ewiges Kleinkind, und ich ertappte mich immer wieder dabei, dass ich mich fragte, wie es seine Frau Johanna überhaupt so lange mit ihm ausgehalten hatte - ich hätte ihn vermutlich nach wenigen Monaten hochkant rausgeschmissen, da er mich schon beim Lesen auf die Palme brachte. Ich sehe zwar sein Bemühen am Silvesterabend, traue ihm aber keine nachhaltige Veränderung zu, und fürchte, dass er in einer Beziehung sofort wieder in seine alten Verhaltensmuster zurückfällt. Da mir der Protagonist mit Fortschreiten des Romans bis auf wenige Kapitel immer unsympathischer wurde und ich mit seinen Tagträumen und Realitätsfluchten absolut nichts anfangen konnte, bin ich sehr zwiegespalten. Der Schreibstil der Autorin gefiel mir an sich wirklich gut, und ich kann mir sehr gut vorstellen, ein weiteres Buch von ihr zu lesen, doch diese Geschichte konnte mich insgesamt nicht überzeugen.