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Frankfurt

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Insgesamt 790 Bewertungen
Bewertung vom 30.12.2022
Liebewesen
Schmitt, Caroline

Liebewesen


ausgezeichnet

Ein ungewolltes Kind – und nun?

Hätte es nicht bereits in 2022 einige Post von Buchbloggern gegeben, die dieses Buch in ihren Vorankündigungen so sehr lobten, ich hätte es durch den merkwürdigen Titel und das krasse Bild wahrscheinlich erst einmal nicht zur Hand genommen. Tat ich aber nun doch und ich bin froh, denn es ist keine angenehme Lesezeit, aber eine bereichernde gewesen. Lasst es mich so erklären:
Caroline Schmitt schreibt überzeugend gut. Einerseits rotzig und dann doch so auf den Punkt, dass es einen umhaut. Sie hat mich mit diesem Debüt absolut überzeugt, dass sie fabelhaft schreiben kann. Scharfkantige Sätze reihen sich aneinander, die mich als Leserin teils amüsierten, teils erschraken. Die Klinge ist scharf. Auch ist der Text getränkt von Sarkasmus und Zynismus, wie er mir gefällt. Klar, bitter ist es auch.
Caroline Schmitts Protagonistin ist jung mit ihren Mitte Zwanzig und lebt ein Leben mit Zweifel und all ihren Hürden in einer Großstadt. Sie scheint aber auch ein Päckchen mehr auf ihrem psychologischen Balastkonto mit sich umher zu schleppen als der Durchschnitt. Sie wird ungewollt schwanger und will das Kind eigentlich nicht. Es beginnt eine Zeit der Beziehungsarbeit in viele Richtungen und mit ihr selbst. Ein sehr weiblicher Blickwinkel aus der Brille einer jungen kaputten Hippsterbraut, die gut Hilfe brauchen könnte. Vor allem erfahren wir auch im Laufe der Geschichte was Lio in ihrer Kindheit prägte und wie ihr eigenes Mutter-Tochter-Verhältnis aussieht.
Ein sehr gelungener Roman, den ich gerne weiterempfehle. Gut geschrieben, gut durchdacht macht es eine weibliche Perspektive auf, die sich so noch keiner getraut hat zu schreiben. Caroline Schmitt schreibt hoffentlich weiter, denn sie hat es einfach drauf!
Ach und wer das Buch gelesen hat, stimmt mir dann sicherlich zu das Titel und Cover grandios passen!

Bewertung vom 29.12.2022
Was wir verbergen / River Delta Bd.2 (eBook, ePUB)
Tuominen, Arttu

Was wir verbergen / River Delta Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Queere Szene in Helsinki im Fokus

Es ist bereits der zweite Krimi einer Reihe aus der Feder von Arttu Tuominen. Der Finne bedient sich in seiner Reihe an einem ganz besonderen Kniff, denn ich sehr gelungen finde, nach diesem zweiten Band. Es steht nicht immer der gleiche Ermittler bzw. die gleiche Ermittlerin im Fokus. Im ersten Band ‚Was wir verschweigen‘ war es Komissar Paloviita, der im Mittelpunkt stand und die Ermittlung leitete. Nun in ‚Was wir verbergen‘ ist es ein anderer Kollege der die Ermittlungen aufnimmt und eine persönliche Verstrickung hat: Kommissar Henrik Oksman. Die Reihe ist auf sechs Bände angelegt, alle spielen in dem Ort, an dem auch der Autor selbst lebt: Pori und alle beleuchten eine andere ermittelnde Person, die jeweils einen Bezug zum jeweiligen Fall hat.
Nun also Henrik Oksman, der bisher sein queeres Privatleben gut unter Verschluss gehalten hat. Nun gibt es allerdings einen fanatischen Anschlag auf einen sehr bekannten queeren Club in der Szene. Ausgerechnet Oksman war auch in dieser Nacht vor Ort, hadert aber es offenzulegen, weil er sich so outen würde. Hier ermittelt ein Betroffener selbst und klar, der Fall ist zwar spannend, aber was viel mehr Gewicht hat in diesem Kriminalroman ist die psychologische Aufarbeitung des Ermittlers und der Umgang in und mit der queeren Bevölkerung. Arttu Tuominen zeichnet in sich runde Charaktere mit Ecken und Kanten.
Ein sehr spannender und auch sehr durchdachter Krimi, ich hab es sehr gern gelesen und empfehle Arttu Tuominen gerne auch zum zweiten Mal weiter!
Ach und wer den ersten Band nicht kennt, kann bedenkenlos hier mit ‚Was wir verbergen‘ starten, denn der Fokus ändert sich ja bei jedem Band und kann auch losgelöst wunderbar gelesen werden.

Bewertung vom 29.12.2022
Das Vermächtnis / Keeper of the Lost Cities Bd.8
Messenger, Shannon

Das Vermächtnis / Keeper of the Lost Cities Bd.8


ausgezeichnet

Fast ein Finale…

Achtung, wer die anderen 7 (!) Bände noch nicht inhaliert, pardon, gelesen hat, sollte nun aufhören diese Rezension zu lesen und schnurstracks mit Band 1 beginnen: Der Aufbruch. Spoiler-Alert: Es lohnt sich!
Nachdem in den letzten sieben Bänden die Spannung von Band zu Band stieg, war der letzte (Nr 7) leider etwas langatmig. Nun mit dem großen Finale in Band 8 ist es nun wieder besser geworden und Shannon Messenger beschert uns einen würdigen Abschluss der Reihe.
Natürlich geht es weiter mit Sophies Kampf gegen die Neverseen, aber sie wird durchdachter, lernt dazu und ihre Herangehensweise ändert sich. Jeder wächst mit seinen Aufgaben und Sophie wie wir alle wissen ganz besonders. Ein weiterer Schlag der Neverseen bahnt sich an und richtet sich gegen die Zwerge. Was nun zum Glück passiert, ist das verbinden ihrerseits mit Black Swan und dem Hohen Rat.
Hier im achten Band liegt auch wieder der Focus auf der Suche nach den biologischen Eltern Sophies und sie macht gefühlstechnisch einiges mit und kommt an den Punkt, ob sie es vielleicht doch nicht wissen möchte.
Keefe ist auch wieder sehr präsent, was uns sehr gefreut hat.
Man mag es kaum glauben, aber diese Serie ist wirklich sehr gut und lässt einen zum Lesesüchtigen werden. Meine Tochter hat alle Bände mit 9 Jahren (!!!) in diesem Jahr durchgesuchtet und das soll was heißen. Ich habe nun auch alle gelesen bis zu Band 8 und bin auch sehr überzeugt.
Shannon Messenger schreibt sehr spannend und es ist wahnsinnig aufregend den Protagonisten zu folgen. Sehr gelungen!

Bewertung vom 23.12.2022
Der Rabe und der Fuchs- und 27 weitere beliebte Fabeln

Der Rabe und der Fuchs- und 27 weitere beliebte Fabeln


ausgezeichnet

Fabel-hafte Lektüre

Der mitteldeutsche verlag hat einen schmalen netten Band mit 28 Fabeln herausgebracht, zusammengetragen von Andreas Michael Werner. Nett ist an „Der Rabe und der Fuchs“, dass nach dem Vorwort erste einmal erklärt wird, kurz und bündig, was eine Fabel überhaupt ist. Dann geht es los mit den Fabeln und nach jeder Fabel steht noch mal die „Moral von der Geschicht“. Das macht es dann doch einfach noch mal die Quintessenz aus dem Text zu ziehen. Vieles kam mir bekannt vor, aber so hätte ich die meisten Fabeln nicht mehr zusammen bekommen.
Wer in die Welt der Fabeln einsteigt, hat hier ein kompaktes schmales Buch, dass einem die bekanntesten Fabeln von Äsop, Jean de la Fontaine, Florian Russi und Hans Sachs wiedergibt. Kurzportraits der Autoren ist auch im Buch zu finden.
Fazit: Kompakt, kurzweilig, bereichernd.

Bewertung vom 23.12.2022
Jans Weg
Danielewicz, Dorota

Jans Weg


ausgezeichnet

Kein Mitleid – nur die ungeschminkte Wahrheit

Dorota Danielewicz ist eine bekannte Journalistin des RBB, viele Jahre war sie dort als Rundfunkjournalistin tätig. Jans Weg ist nicht ihr erstes Buch, aber sicherlich das persönlichste. Die Autorin gibt uns einen sehr intimen Einblick in ihr Privatleben, was es heißt Mutter eines behinderten Kindes zu sein. Es immer zu bleiben. Denn Jan, ihr Sohn, der 1993 geboren wurde, leidet an einer seltenen Stoffwechselkrankheit, der Galaktosialidose (auch Goldberg-Syndrom genannt). Eine Krankheit, die das Nervensystem angreift und somit stark in die Motorik eingreift und vieles mehr. Jan spricht nicht mehr und ist so gut wie Bewegungsunfähig.
Das Buch ist intensiv, aber verdaubar. Doroa Danielewicz verabreicht uns ihren Alltag, ihre Lasten und Themen Häppchenweise in sehr kurzen Kapiteln auf knapp 200 Seiten. Sie zieht den Vorhang der zur Seite und lässt uns hinein um zu beobachten, um zu verstehen und zu reflektieren. Sie ist nicht auf Mitleid aus, ganz und gar nicht, aber sie möchte Transparenz schaffen was es heißt Elternteil eines Kindes zu sein, dass nie selbstständig sein wird, dass immer auf Hilfe angewiesen ist und um das sich all die Sorgen drehen. Sie transportiert all die Emotionen, die mit dem Leben einhergehen, die Herausforderungen, die sie an ihre Grenzen bringt.
Die Lektüre ist keine leichte und sie hallt nach. Ein wichtiger Text der uns demütig stimmen sollte, wie gut es einem geht, wenn der eigene Körper und der unsere Liebsten gesund ist. Ein gut geschriebener Text, der uns abholt, einlädt und mitnimmt. Ein Text, der würdigt wie viel Mut und Kraft es braucht sich so aufopfernd zum einen Menschen zu kümmern.
Fazit: Ein Buch das die eigenen Prioritäten in Frage stellt.

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Bewertung vom 20.12.2022
Taube und Wildente
Mosebach, Martin

Taube und Wildente


sehr gut

Ein ironischer Abstieg der gehobenen Bürgerlichkeit

Ein Roman der wahrlich sprachlich formvollendet ist. Ein Werk, dass Freude bereitet beim Lesen der Formulierung. Der Inhalt fast zweitrangig, wenn man Martin Mosebach zur Hand nimmt. Was er gut macht sind Charaktere zu formulieren, sie lebendig werden zu lassen und dann in einem gesellschaftlichen Rahmen zu drapieren. Das macht er exzellent. Nur das große Ganze des Romans ist an der ein und anderen Stelle verzogen Aber das ist zu vernachlässigen, denn es ist eine Freude hier der Oberschicht beim Fallen zuzuschauen. Das deutsche Wort Schadenfreude passt äußerst trefflich.
Wir lernen die Erbin Majorie kennen, deren Vater De Kesel noch aus Kolonialzeiten viel Geld mit einem kongolesischen Bergwerk verdiente. Daraus ergab sich für sie ein sehr komfortables Leben mit Sommerresidenz in der Provence und einer Winterwohnung in Frankfurt am Main. Ihr Ehemann Ruprecht Dalandt genießt auch das Leben, aber wie seine Frau eher außerhalb der Ehe. Das Personal, wird unsäglich behandelt. Eine Szenerie an der ich nicht teilhaben wollen würde. An allen Ecken und Enden kracht es im moralischen Gebälk dieses Romans.
Es sei nur so viel verraten, dass Geld und Wohlstand endlich sind für diese reiche Familie und das Gemälde von Otto Schloderer „Taube und Wildente“ hier eine Schlüsselrolle einnimmt. Ohnehin ist der Roman gefüllt mit Kunstverstand.
Fazit: Ein Abstieg der oberen 10,000 herrlich beschrieben und literarisch umgesetzt.

Bewertung vom 18.12.2022
Du bist ein Gott, der mich sieht
Greim, Ulrike;Schneider, Andrea;Petzoldt, Tobias

Du bist ein Gott, der mich sieht


ausgezeichnet

Die Jahreslosung 2023

Wenn der Alltag vorbei rauscht und wenig Zeit bleibt um sich zu zentrieren, dann hilft auch schon mal der Griff zu Texten, die einen ruhen lassen, zur Ruhe kommen lassen und in denen man neue Kraft schöpft. Genau dafür konnte ich mit das schmale Bändchen ‚Du bist ein Gott, der mich sieht‘ aus dem edition chrismon Verlag nutzen. Es ist die Jahreslosung 2023, die drei sehr unterschiedliche Auto:innen in verschiedensten Texten erörtert und erspürt haben. Nicht ohne Grund steht als zweite Überschrift: Worte und Gedanken für ein ganzes Jahr.
Zum Auftakt ist die Bibelpassage von Hagar und Ismael (Genesis 16) abgedruckt in dem die Jahreslosung enthalten ist. Dann folgen kurze Texte, wie Briefe, Gedichte, Anekdoten, Gedanken und vieles andere von den drei Autor:innen: Ulrike Greim, Tobias Petzoldt und Andrea Schneider. Wirklich sehr kurzweilig und immer wieder zur Hand nehmbar, kein Band den man von Anfang bis Ende liest, das geht kreuz und quer, oft oder selten. Alles geht, nichts muss. Die Themenfelder erstrecken sich über eine bunte Auswahl die mit der Jahreslosung verbunden sind, wie „Sehnsüchte spüren“, das Herz öffnen, Nicht aufgeben, Unmögliches wagen, Du bist wertvoll, Auswege finden und verschiedene mehr.
Mich spricht dieses Buch auch noch an, weil es so wunderbar gut gestaltet und illustriert ist von Franziska Marielle Schatz. Wirklich eine wahre Freude hier in den Bildern zu versinken.
Fazit: Traut euch hier mal einen Blick hineinzuwerfen – es lohnt.

Bewertung vom 16.12.2022
Begegnungen mit Euklid - Wie die 'Elemente' die Welt veränderten
Wardhaugh, Benjamin

Begegnungen mit Euklid - Wie die 'Elemente' die Welt veränderten


ausgezeichnet

Nerdy, aber spannend

„Seit dreiundzwanzig Jahrhunderten verändern die Elemente die Welt.“ (S.9)
Wer Mathematikunterricht nicht als Belastung ansieht oder sah, gar Spaß am Rechnen und sauberen definieren hat, der wird schon so manches Mal über Euklid gestolpert sein. Der griechische Mathematiker hat im 3. Jahrhundert vor Christus mit „Elemente“ eine fast formvollendete Abhandlung über die Arithmetik und Geometrie geschrieben. Das Erstaunliche ist die Herangehensweise wie exakt er definierte. Dieses Buch war ungelogen knapp 2000 Jahre lang ein globaler Megaseller (vor allem nachdem es gedruckt werden konnte) und in der wissenschaftlichen Szene ist es unangefochten das Urprinzip des Definierens, Postulierens und Herleitung von Axiomen für die Mathematik und andere Fachbereiche.
Benjamin Wardhaugh hat mit „Begegnungen mit Euklid“ seine Begeisterung für die alte Schrift in Worte gefasst. Wer eine staubige Abhandlung über einen zu alten Text erwartet, wird enttäuscht. Der Brite Benjamin Wardhaugh studierte unter anderem Mathematik in Cambridge und lehrt mittlerweile in Oxford. Dem Buch merkt man die Faszination an, die er Euklid entgegenbringt.
Es wird nicht nur mathematisches erläutert, sondern auch die historischen Umstände und Orte der damaligen Zeit, wenn er uns Bagdad in Szene setzt oder wie Euklid aus welchen Umständen wo landet . Wardhaugh setzt damalige Gegebenheiten ins Verhältnis, wenn er zum Beispiel erläutert, dass die ohnehin schon spezielle Schrift auf Papyrus nur einer geringen Minderheit auf der Welt zugänglich war und verständlich bei der Menge an Analphabeten.
Wirklich toll, wie Benjamin Wardhaugh den Bogen inhaltlich und historisch über diese lange Zeitspanne hinbekommt. Nicht ohne Grund, dass er im Jahr 2020 für dieses Buch für den London Hellenic Prize nominiert war.
Fazit: Wer auch nur einen Hauch an Interesse an Mathematik und Geschichte hat, lest dieses Buch, es bereichert sehr!

Bewertung vom 15.12.2022
Nachleben
Gurnah, Abdulrazak

Nachleben


ausgezeichnet

Fremdherrschaft über Ostafrika

Was für ein sympathischer Mann der Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah ist! Ich habe ihn in diesem Jahr auf der Buchmesse (2022) zweimal erleben dürfen und er hat mich tief beeindruckt. Der dritte Roman ist nun auch auf Deutsch erschienen: Nachleben. Eva Bonné hat ihn vortrefflich übersetzt und alle Feinheiten gemeistert!
Erzählt in klassischer Manier nimmt uns Gurnah mit auf eine Reise in die Vergangenheit und arbeitet die koloniale Besetzung Ostafrikas auf, besonders eine Gegend die sich heute in Tansania befindet. Eine Region aus der Gurnah selbst stammt. ‚ Nachleben‘ legt sein Augenmerkt auf die deutsche koloniale Besetzung von 1885 bis 1918 mit dem Umbruch während des 1. Weltkrieges und die folgende britische Verwaltung.
Gurnah entwirft ein Panorama an Geschichten, die erst lose wirken, aber alle ineinandergreifen. Vom jungen Mann Iilyas, der sich den Askari anschließt und mit den Deutschen kämpft. Er verschwindet und wird Jahre später in Deutschland aufgespürt. Er lässt eine Schwester zurück, die bei Khalifa unterkommt, einem indischstämmigen Banker. Und dann ist da noch eine wichtige Figur: Hamza, ein bildhübscher Junge, den sich ein deutscher Offizier als Assistent krallt.
Gurnah beschreibt und bildet ab, er urteilt nicht und gibt keine Meinungen wieder. Eine sanfte Art der Erzählung die eine vielschichte Art der Betrachtung zulässt. Der Blickwinkel der lokalen Unterjochten, es ist aus der Sicht der Afrikaner geschrieben. Es wird die ambivalente Grundeinstellung der kolonialen Mächte deutlich. Einerseits bringen sie Bildung, andererseits verheizen sie das Volk in ihren Kriegen.
Mich hat der Roman stark bereichert, war mir die Kolonialherrschaft der Deutschen in Ostafrika nicht so präsent und vor allem die Askari kein Begriff. Hervorragend erzählt und anregend sich mit den historischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen.

Bewertung vom 14.12.2022
Tage voller Zorn / Leo Koski Bd.1
Oskari, Tuomas

Tage voller Zorn / Leo Koski Bd.1


ausgezeichnet

Aktueller könnte ein Krimi in der aktuellen Lage kaum sein!

Finnland. Dezember, 2027. Die Lage hat sich nach Jahren der Entfremdung in der Bevölkerung zugespitzt. Die Mittelschicht ist nahezu ausradiert. Die Reichen machen sich die Taschen noch voller und reißen die Macht an sich. Ihnen gegenüber stehen die Armen und Linken der Gesellschaft. Eine explosive Mischung auf dem politischen Parkett. Und mittendrin der noch recht frisch ins Amt gewählte Ministerpräsident Leo Koski, der Sammlungspartei unter einer recht-bürgerlichen Koalition. Schnell wird der Leserschaft klar: Leo Koski ist nur eine Marionette der Reichen, die ihn auf den Stuhl gehoben haben, da sie im Grunde die Fänden in der Hand halten – ein Geheimbund. Die Lage eskaliert. Leo Koski wendet sich gegen seine Unterstützer und will das Land retten und muss sich nun entscheiden wie es weitergeht. Ihm gegenüber steht die charismatische Linkenanführerin Emma Erola. Dann gibt es noch Pontus Ebeling, den reichste Mann Finnlands und Leo Koskis Freund und engem Förderer aus alten Zeiten. Natürlich wird auch irgendwann die Zeit knapp und Leo Koski bleiben 24 Stunden um zu handeln.
Dieses hochgelobte Debüt stammt aus der Feder des finnischen Politik- und Wirtschaftsjournalists Tuomas Niskakangas, der den Thriller unter dem Pseudonym Tuomas Oskari veröffentlichte. Im Original Roihu, wurde der Thriller hochgelobt und in Finnland auch mit Preisen versehen. Ich finde, dass man durchaus merkt, dass hier ein Journalist schreibt, der einen engeren Zugang zum politischen Geschehen hat und die Innenansichten äußerst genau kennt. Der Autor verarbeitet ein sich anbahnendes Szenario was brandaktuell ist, obwohl Tuomas Niskakangas 6 Jahre an dem Buch schrieb! Er malt nicht nur den Teufel an die Wand, er hat auch Theorien und Ideen wie man die Situation verbessern könnte. Dieses Zusammenspiel aus hochdynamischem Plot und theoretischer Auseinandersetzung dieser verfahrenden Situation macht den Thriller nicht nur spannend, sondern auch sehr erhellend.
Das Buch selbst, wenn man zum echten Buch greift, ist etwas grell gestaltet. Ich finde es ganz gelungen mit dem bunten Buchschnitt.
Fazit: Finnische politische Spannungsliteratur vom Feinsten! Wirklich lesenswert und wahnsinnig aktuell für die Lage in der Europa momentan steckt!