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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1369 Bewertungen
Bewertung vom 05.06.2021
Das Leben, das wir beinah hatten
Henley, Amelia

Das Leben, das wir beinah hatten


sehr gut

Liebe und Leid liegen nah beieinander
Anna ist totunglücklich, doch als der zurückhaltende Adam ihr das Leben rettet und sie aus den Fluten in Sicherheit bringt, scheint sich das Blatt nicht nur für Anna zu wenden. Die beiden verlieben sich und verbringen nach einem wunderbaren Urlaub auch weiterhin gemeinsam ihr Leben miteinander. Doch während die Jahre ins Land gehen, legt sich der Staub auf ihre Liebe und lässt den täglichen Einheitstrott sowie die Sorgen und Nöte in die Beziehung, die Anna und Adam immer mehr entfremden. Werden die beiden doch noch die Kurve kriegen und ihre Liebe erhalten können?
Amelia Henley hat mit „Das Leben, das wir beinah hatten“ einen einfühlsamen Roman vorgelegt, der erst einmal im Kleid eines Liebesromans erscheint, um dann doch viel tiefgründiger zu werden. Der flüssige und gefühlsbetonte Erzählstil lässt den Leser die Schicksalsbegegnung zwischen Anna und Adam miterleben, aus der eine große Liebe entsteht. Doch wie auch im normalen Leben bestimmen bald Probleme und Konflikte den Alltag, lassen die Beziehung in den Hintergrund treten und aus der gewachsenen Einheit langsam zwei Einzelkämpfer werden. Über wechselnde Perspektiven lässt die Autorin den Leser mal an die Seite von Anna, mal an die von Adam gleiten, um die jeweilige Sichtweise kennenzulernen und so zu erkennen, dass sie manches gleich empfinden, aber manches auch differenzierter sehen. Oftmals möchte man einschreiten und beide in einen fensterlosen Raum sperren, damit sie sich einander anvertrauen und offen miteinander sprechen, vor allem aber, damit sie erkennen, dass sie mit ihrem Gegenstück schon ein großes Geschenk besitzen, das gehegt und gepflegt werden will und nicht etwas anderem zum Opfer fallen sollte. Die Autorin hat ein gutes Gespür, die zwischenmenschlichen Beziehungen und Emotionen buchstäblich auf Papier zu bannen, mit denen sich auch der Leser identifizieren kann und Teil der Geschichte wird, obwohl er nur als stiller Beobachter fungiert.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt. Sie besitzen glaubhafte Ecken und Kanten, die es leicht machen, ihnen als Leser zu folgen und mit ihnen zu hoffen, zu bangen und zu fiebern. Anna ist eine sympathische Frau, die in einer für sie tragischen Zeit zufällig auf Adam trifft und in ihm ihr Gegenstück findet, das ihr wieder Lebensmut und Zuversicht vermittelt. Adam ist ein zurückhaltender und ruhiger Mann, der Anna genau zur rechten Zeit findet, um seinem Leben Farbe zu verleihen. Mit einer wahren Achterbahn der Gefühle darf man als Leser beiden Protagonisten sehr nah kommen und praktisch in ihre Seele schauen, während sie Probleme wälzen, die auch im realen Leben bei vielen Menschen an der Tagesordnung sind.
„Das Leben, das wir beinahe hatten“ ist eine durchweg emotionale Geschichte über große Gefühle, Verlust, Hoffnungslosigkeit und vor allem über die Liebe. Achtung – Taschentuchalarm!!! Verdiente Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2021
Liebe, lavendelblau
Juli, Hannah

Liebe, lavendelblau


ausgezeichnet

"Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll." (Goethe)
Sarah Lambertz kommt sich vor wie in einem schlechten Film, denn ihr Leben geht gerade den Bach runter. Erst lässt ihr Freund Tobias sie für ein halbes Jahr allein in Hamburg zurück, weil er einen Job als Filmassistent in Kalifornien ergattert hat und dann ist auch noch ihr Job als Buchhändlerin passé. Warum nicht nach L.A. fliegen und Tobi besuchen? Doch diese Idee gibt sie schnell auf, als sie nicht nur durch die Posts auf seinem FB-Account erfährt, dass er das von ihr geschriebene Drehbuch als sein eigenes verkauft, sondern auch schon die eine oder andere Affäre am Laufen hat. Sarah ändert kurzerhand ihre Pläne und fliegt nach Nizza, um sich bei ihrer alten Schulfreundin Cleo auszuheulen, die dort ein Restaurant betreibt und selbst schon einige Schicksalsschläge verdauen musste. Umringt von Weinbergen hilft Cleo Sarah über die schlimmste Phase hinweg. Aber auch Weinhändler Lucien bringt Sarah dazu, die Sonnenseiten des Lebens wiederzuerkennen…
Hannah Juli hat mit „Liebe, lavendelblau“ einen unterhaltsamen, gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser zu einer schönen Auszeit in die Provence einlädt, um dort die Seele baumeln zu lassen und sich an Sarahs Fersen zu heften. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und anrührende Erzählstil lässt den Leser Sarah zur Seite stehen, als sie gerade eine absolute Tiefphase in ihrem Leben durchmacht. Das halbe Jahr ohne ihren Freund wäre ja noch durchzustehen gewesen, doch der Jobverlust und dann auch noch der Vertrauensbruch durch Tobi, der ihr Drehbuch als seines ausgibt und auch die Treue nicht so genau nimmt, geben ihr den Rest. Gleich einem Wrack sehnt sie sich nur nach einem Menschen, dem sie bedingungslos vertraut und das ist Freundin Cleo. In ihrem sicherem Hafen bei Cleo in der Provence kann Sarah auftanken und auch der Leser lässt sich durch die bildhaften Beschreibungen in Urlaubsstimmung versetzen. Während die französische Lebensart aus den Seiten strömt, glaubt der Leser, Kräuter und Lavendelduft regelrecht in der Nase zu haben. So wandelt er mit Sarah und Lucien in den Weinbergen, schaut Cleo in ihrem Restaurant über die Schulter und lässt die Farben und Sonnenstrahlen in sein Herz. In dieser Atmosphäre mit warmherzigen Menschen um sich herum blüht Sarah langsam wieder auf, stellt sich den Herausforderungen und hat sogar die nötige Inspiration, einiges zu Papier zu bringen. Das Leben wäre so einfach, wenn man alles hinter sich lassen könnte, doch die Autorin bringt mit dem Erscheinen von Tobi einen Twist in die Geschichte, die Sarah zu Entscheidungen zwingt. Wunderbar bildhafte Landschaftsbeschreibungen sowie auch die glaubwürdig inszenierten zwischenmenschlichen Beziehungen geben dem Leser das Gefühl, hautnah dabei zu sein.
Die Charaktere sind lebhaft in Szene gesetzt, wirken mit ihren Ecken und Kanten authentisch und wachsen dem Leser schnell ans Herz, der sich gern als unsichtbarer Schatten in ihrer Nähe tummelt, um bloß nichts zu verpassen. Sarah ist eine Frau, die manchmal etwas naiv und unbedarft wirkt. Gutmütig vertraut sie ihrem Freund ihre harte Arbeit an, der ihr Vertrauen kurze Zeit später schon missbraucht und sich mit fremden Federn schmückt. Aber die Distanz zu den Katastrophen lässt Sarah wachsen, aus sich herauskommen, die Dinge in einem neuen Licht sehen und mutig die ersten Schritte in die Zukunft gehen. Freundin Cleo ist ebenso eine liebevolle Herzensseele wie ihre Mutter Margrit. Lucien ist zu Beginn eher zurückhaltend und ruhig, doch dann taut er nach und nach auf, wobei er immer ein wenig geheimnisvoll bleibt. Aber auch Tobi und Sarahs Eltern spielen eine Rolle in dieser Geschichte.
„Liebe, lavendelblau“ ist ein Buch fürs Herz und für die Sinne, denn es bringt den ersehnten Sommer mit, lässt die Gedanken reisen und die Liebe mit Sarahs Geschichte einziehen. Absolute Leseempfehlung für alle, die sich nach Sonne, Urlaub und Romantik sehnen!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2021
Die Götter der Dona Gracia
Prange, Peter

Die Götter der Dona Gracia


ausgezeichnet

"Mit Glauben allein kann man sehr wenig tun, aber ohne ihn gar nichts." (Samuel Butler)
1528. Als Jüdin geborgen wurde die aus wohlhabendem Hause stammendet Gracia aus Angst vor der Inquisition christlich getauft. Dennoch lebt Gracia ihren Glauben im Verborgenen, immer mit Furcht vor Entdeckung. Sie muss eine Ehe mit dem katholischen Kaufmann Francisco Mendes eingehen. Doch die Zwangsheirat wird für Gracia zum Schicksal, denn sie verliebt sich in ihren Mann Francisco, vor allem, als sie erkennt, dass er entgegen dem allgemeinen Glauben, er würde sich die Not der jüdischen Bevölkerung zunutze machen und sich an ihnen auf schäbige Art bereichern, ganz anderes im Sinn hat. Schon bald stehen die beiden Seite an Seite, um so viele Juden wie möglich vor der Gewaltherrschaft der Inquisition zu retten. Am Ende müssen sie selbst Lissabon den Rücken kehren und die Flucht ergreifen, die sie quer über den europäischen Kontinent treibt…
Mit „Die Götter der Dona Gracia“ wurde der 2009 erschienene Roman „Die Gottessucherin“ von Peter Prange neu veröffentlicht und erzählt die Geschichte einer wahren Persönlichkeit zur Zeit der Renaissance. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser zurück ins 16. Jahrhundert wandern, um Gracia Nasi Mendes genauer kennenzulernen. Zu jener Zeit herrschte die Inquisition sowohl in Portugal als auch in Spanien und ging recht grausam gegen die jüdische Bevölkerung vor. Um Gracia ein Leben in Sicherheit zu ermöglichen, wurde sie christlich getauft, jedoch spielte der jüdische Glaube in all seinen Facetten eine große Rolle in ihrer Familie und vor allem in Gracias Leben. Die Ehe mit einem katholischen Ehemann sollte nach außen für zusätzlichen Schutz sorgen, jedoch stellt sich bald heraus, dass ihr Ehemann Francisco nach außen hin vorgibt, sich an den Juden zu bereichern, ihnen aber insgeheim zur Flucht verhilft, wobei ihm Gracia unterstützt. Prange überzeugt mit der Verflechtung von Fiktion und wahren Begebenheiten, die dem Leser diese mutige und kämpferische Frau und ihre Taten sehr nahe bringt. Dem Autor gelingt es ganz hervorragend, die damaligen Lebensumstände sowie die Härte der Inquisition plastisch zu schildern, dass man das Gefühl bekommt, dabei zu sein, um nicht nur den jüdischen Glauben, dessen Besonderheiten und Riten genauer zu studieren, sondern auch die Möglichkeiten des Handelshauses Mendes mitzuerleben, die vielen damals die Flucht über ihre Handelswege ermöglichten. Der historische Hintergrund ist exzellent recherchiert und mit der Handlung verwebt, so dass man als Leser Geschichte leibhaftig miterleben kann.
Seinen Charakteren hat Prange Leben eingehaucht, facettenreich gestaltet und sie mit glaubwürdigen Ecken und Kanten versehen, um sie dem Leser nahbar zu machen, der ihnen nur zu gerne folgt, um ihr abenteuerliches Schicksal zu verfolgen. Gracia Nasi Mendes ist historisch belegt und wird unter der jüdischen Bevölkerung noch heute zu recht verehrt. Sie ist eine starke und mutige Frau mit Kämpferherz, die sich der Rettung von Juden vor der Inquisition verschrieben hat. Da sie selbst ihren Glauben nur im Verborgenen leben konnte und somit immer in Gefahr vor Entdeckung lebte, konnte sie die Sorgen und Nöte ihrer Glaubensbrüder und –schwestern gut nachvollziehen. Dabei ging sie in ihren Wegen oftmals nicht gerade zimperlich und skrupellos mit ihrem nächsten Umfeld um, um ihre Ziele zu erreichen, was sie ihrer engsten Familie immer mehr entfremdete. Ihr größter Feind, der Dominikaner Cornelis Scheppering, will die Juden vernichten und hat in Gracia seine ideale Gegnerin gefunden. Er ist hartnäckig, wirkt fast schon völlig verblendet und fanatisch, was ihn umso gefährlicher macht.
„Die Götter der Dona Gracia“ ist ein historischer Roman über eine wahre geschichtliche Persönlichkeit mit Kämpferherz. Einfach eintauchen in das Zeitalter der Renaissance, um diese spannende und sehr komplexe Frau, ihr Wirken und Tun mitzuerleben. Absolute Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.05.2021
Die Frauen von Kilcarrion
Moyes, Jojo

Die Frauen von Kilcarrion


sehr gut

Von Müttern und Töchtern
1953 Hongkong. Die Engländerin Joy lebt mit ihrer Familie in Hongkong. Die Eltern drängen sie, endlich zu heiraten, doch Joy will nicht, hat sie doch die katastrophale Ehe ihrer Eltern vor Augen. Lieber widmet sie sich dem Reitsport. Als sie bei einer Party die Bekanntschaft des jungen Offiziers Edward macht, hat sie erstmals das Gefühl, angekommen zu sein. Doch Edward ist nur auf der Durchreise und muss zwei Tage später schon weiter nach Korea…
1997 London. Als Kates Vater schwer erkrankt, schickt die Mitdreißigerin und alleinerziehende Mutter ihre 16-jährige Tochter Sabine nach Irland, um nach ihm zu sehen, denn Kate selbst hat eine komplizierte Beziehung zu ihren Eltern. Aber auch das Verhältnis zu ihrer eigenen Tochter ist nicht gerade das Beste, hat diese doch Probleme mit Kates Lebenswandel. Sabine kennt ihre Großeltern kaum und bekommt bei ihrer Ankunft einen Heidenschreck, denn nicht nur das Anwesen sieht aus wie eine Ruine, auch die Familie scheint zerfallen zu sein…
Jojo Moyes hat mit „Die Frauen von Kilcarrion“ ihr Schriftstellerdebüt gegeben, das neu aufgelegt mit einer unterhaltsamen und sehr emotionalen Geschichte aufwartet. Der flüssig-leichte, bildgewaltige und anrührende Erzählstil lässt den Leser über zwei Zeitebenen und über Kontinente wandern, um nicht nur die Geschichte von Joy in der Vergangenheit, sondern auch das Schicksal von Kate und ihrer Familie kennenzulernen. Die Autorin versteht es wunderbar, die beiden Handlungsstränge miteinander zu verflechten und die zwischenmenschlichen Beziehungen ihrer Protagonisten hervorzuheben. Nicht nur Joy, die als junge Frau schon erhebliche Probleme mit ihren Eltern hatte und ein altes wohlgehütetes Geheimnis in sich trägt, sondern auch Kate, die sich von ihren Eltern immer unverstanden und wenig geliebt gefühlt hat, so dass sie seit Jahren ein unstetes Leben fühlt und ihrer eigenen Tochter ebenfalls kaum Halt geben kann, was ebenfalls zu Problemen führt. Gerade Joys Enkelin und Kates Tochter Sabine aber bringt mit ihren Fragen endlich Steine ins Rollen, will hinter die Fassade blicken und vor allem endlich ein richtiges Familienleben haben, auf das sie lange genug verzichten musste. Joy und Kate sind jeweils durch ihre Generationen geprägt, haben sich geschworen, aufgrund des schlechten Vorbilds ihrer Eltern bei den eigenen Kindern alles besser zu machen, was ihnen dann doch nicht gelungen ist. Moyes beschreibt die Konflikte zwischen Müttern und Töchtern sehr lebhaft und glaubhaft, so dass man alle gut nachvollziehen kann.
Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich inszeniert, wirken auf den Leser authentisch und lebendig, so dass dieser sich von Beginn an wie ein unsichtbarer Teil von ihnen fühlt, der mit ihnen hadert, bangt und fiebert. Joy ist als junge Frau von einem Elternhaus geprägt, in dem Lug und Trug herrscht. Lebenslustig und voller Hoffnung klammert sie sich daran, nie wie ihre Eltern zu werden. Als alte Frau wirkt sie oftmals hart und unerbittlich, doch manchmal blitzt auch eine weiche Seite durch. Kate ist unstet und flatterhaft, Konstanten langweilen sie und doch ist sie insgeheim auf der Suche nach ihnen. Sabine kann die Unverbindlichkeit ihrer Mutter nicht ausstehen. Sie ist mit ihrer Rebellion und direkten Art ein typischer Teenager, der den Dingen unbedingt auf den Grund gehen will und sich nicht einfach abspeisen lässt.
„Die Frauen von Kilcarrion“ unterhält mit einer emotionalen Geschichte, die nicht nur ein Familiengeheimnis beinhaltet, sondern auch generationenübergreifende Konflikte zwischen Müttern und Töchtern aufdeckt sowie deren jeweilige Suche nach Liebe und Geborgenheit. Unterhaltsam und sehr gefühlvoll verpackt, schenkt dieser Roman fesselnde Lesestunden. Verdiente Leseempfehlung!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2021
Die Farben der Frauen
Lester, Natasha

Die Farben der Frauen


ausgezeichnet

Schönheit reicht, um ins Auge zu fallen. Aber man benötigt Charakter, um im Gedächtnis zu bleiben. (C. Chanel)
1918. Als Leonora Easts Vater an den Folgen einer Influenza stirbt, hält sie in England nichts mehr. Sie verkauft die familieneigene Apotheke und macht sich mit ihrer australischen Freundin, der Krankenschwester Joan, auf den Weg nach New York, um dort ihren Traum von einer eigenen Kosmetiklinie wahrwerden zu lassen. Schon bevor sie einen Fuß an Bord des Überseeschiffes setzt, trifft Leonora in Everett Forsyth die Liebe ihres Lebens. Everett, Eigentümer einer bekannten Londoner Kaufhauses, hat ebenfalls sein Herz an Leonora verloren. Doch schon während der Überfahrt nach Amerika sieht er sich gezwungen, einer alten Freundin der Familie aus der Verlegenheit zu helfen und diese, kaum in New York angekommen, zu ehelichen, obwohl sie von einem anderen Mann schwanger ist. Leonora versucht, sich mit drei Jobs über Wasser zu halten und mit harter Arbeit abzulenken. In der Chinesin Li und der Designerin Lottie trifft sie gute Freundinnen, die sie bei der Erreichung ihrer Ziele kräftig unterstützen, ebenso wie der Unternehmer Benjamin Richier. Dessen Schwester Faye allerdings lässt keine Möglichkeit aus, Leonora Steine in den Weg zu legen…
Natasha Lester hat mit „Die Farben der Frauen“ einen sehr unterhaltsamen Roman vor historischem Hintergrund vorgelegt, der den Leser nicht nur in die Anfänge der Kosmetikbranche entführt, sondern auch mit einer fesselnden Geschichte aufwartet, in der sich alles um Liebe, Geheimnisse, Eifersucht und Intrigen handelt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil schickt den Leser auf eine Zeitreise ins vergangene Jahrhundert, wo er sich nach dem ersten Weltkrieg in einem kleinen englischen Dorf in der Apotheke wiederfindet, die Leonora und ihrem Vater ein Auskommen bietet und Leonora den Grundstein für ihre Kosmetikprodukte legt. Die Überfahrt nach New York, die ersten Schritte in Manhattan und Chinatown, die Schaufensterdekorationen, das Arbeiten bei Elizabeth Arden: alles ist so farbenfroh geschildert, dass man als Leser das Gefühl hat, hautnah dabei zu sein. Die ersten Monate Leonoras sind von einigen Entbehrungen und Schicksalsschlägen geprägt, doch ihr Eifer und ihr Mut sind bewundernswert. Die Entwicklung von Mascara, Puder und Lippenstift mit Hilfe von chinesischen Ingredienzen zur Haltbarkeit und Geruchsstimulierung sind interessant beschrieben und zeugen von Leonoras Ideenreichtum und Hartnäckigkeit in Bezug auf ihre Produkte. Abenteuerlich sind die Moralvorstellungen der damaligen Zeit, wo Männer und alte Matronen vor Kosmetikartikeln warnen und diese sowie ihre Benutzerinnen regelrecht verteufeln. Der Aufstieg von Leonora ist sehr schön dargestellt, der von Entwicklung Ausdauer und Einfallsreichtum zeugt und einmal mehr aufzeigt, was die Frauen von heute den starken Frauen von damals zu verdanken haben.
Die mit menschlichen Eigenschaften ausgestatteten Charaktere sind facettenreich, lebendig und liebevoll in Szene gesetzt. Der Leser heftet sich gern an ihre Fersen und fiebert mit ihnen, während er einige Gefühlswechselbäder durchlebt. Leonora ist eine Visionärin, die weiß, wovon sie spricht. Sie besitzt Stärke, Ausdauer, Fleiß und vor allem Mut, ihren Traum zu leben. Dabei ist sie ehrlich, offen, freundlich und liebenswert. Everett ist ein sympathischer Kerl, der immer das Richtige tun will. Er ist fast zu gut für diese Welt. Lottie und Li sind völlig verschieden, doch sie eint die enge Freundschaft zu Leo. Benjamin ist durch und durch Geschäftsmann, doch er besitzt Herz und ist ein guter Freund. Seine Schwester Faye ist eine alkoholsüchtige Giftspritze, die meint, mit Arroganz und Boshaftigkeit interessant zu sein.
„Die Farben der Frauen“ weiß mit einer sehr unterhaltsamen Geschichte über Liebe, Familie, Geheimnisse und die Schönheitsbranche mit viel Tragik und Dramatik von Anfang bis Ende zu fesseln. Absolute Leseempfehlung für ein abwechslungsreiches Buch mit Suchtfa

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2021
Besuch aus ferner Zeit
Webb, Katherine

Besuch aus ferner Zeit


sehr gut

"Wenn Du ein Geheimnis bewahren willst, musst Du es auch vor Dir verstecken." (George Orwell)
Die 26-jährige Liv Molyneaux muss gerade den traumatischen Verlust ihres Babys verarbeiten, als ihr Vater Martin auf rätselhafte Weise einfach verschwindet, zu dem sie aufgrund ihrer Trauer zuletzt kaum Kontakt hatte. Um sich ihrem Vater näher zu fühlen und seinem Verschwinden auf den Grund zu gehen, zieht sie in sein Haus in Bristol, was sich allerdings als keine gute Idee erweist. Schon bald plagen sie Alpträume und auch das Weinen eines Babys bringt Livs Gefühlswelt immer wieder an den Rand des Erträglichen. Wird Liv den Grund für das Verschwinden ihres Vaters herausfinden, und vor allem: was hat es mit diesen alptraumhaften Geräuschen im Haus auf sich?
Katherine Webb hat mit „Besuch aus ferner Zeit“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser zwischen Gegenwart und Vergangenheit wandeln lässt und ihm dabei eine Geschichte offenbart wird, die von Mystik und Geheimnissen geprägt ist. Der flüssig-leichte, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil der Autorin nimmt den Leser schnell gefangen und lässt ihn an Livs Seite ein Abenteuer erleben, wobei oftmals kaum zu unterscheiden ist, ob es sich um Realität oder Einbildung handelt. Während der Leser in der Gegenwart mit Liv in Martins Haus einzieht und seine Buchbinderwerkstatt in Augenschein nimmt, trifft er in der Vergangenheit im Jahr 1831 zur Zeit der Sklavenhaltung auf Bethia Shiercliffe, die ein Armenhaus leitet und sich mit der Landstreicherin Louise alsbald jemanden ins Haus holt, der ihre eigene behütete Welt ins Wanken bringen könnte. Die wechselnden Zeitebenen gestatten dem Leser nicht nur, Liv bei den Nachforschungen nach dem Verbleib ihres Vaters über die Schulter zu sehen, sondern geben ihm mit dem Zusammensetzen der Ereignisse in der Vergangenheit auch den Schlüssel für alte Geheimnisse, um die Lösung zu finden. Die Autorin versteht es gut, ihren Leser auf allen Ebenen zu fordern, denn sie löst mit eindrucksvollen Bildern nicht nur ein Kopfkino aus, sondern webt Mystik und Düsternis in ihre Geschichte und baut nebenbei einiges an Spannung auf. Diese kann sich jedoch durch immer wieder auftauchende Langatmigkeit des Erzählflusses leider dauerhaft nicht halten, zumal einiges an der Handlung auch recht konstruiert wirkt.
Die Charaktere sind vielschichtig und facettenreich gestaltet. Mit ihren menschlichen Ecken und Kanten wirken sie authentisch, so dass der Leser ihrem Schicksal neugierig folgt. Liv hat es gerade nicht leicht, muss sie doch einiges verkraften. Die Suche nach ihrem Vater lenkt sie von den eigenen Sorgen etwas ab und lehrt sie, dass sie endlich nach vorn sehen muss. Bei ihrer Entwicklung beweist sie Mut und Stärke. Tanja ist die Ladennachbarin von Livs Vater, die sich schon bald als starke Schulter und gute Freundin für Liv erweist. Adam ist ein Obdachloser, der erst zwielichtig wirkt, um dann doch irgendwie wie aus der Zeit gefallen zu sein. Bethia ist eine arrogante, eiskalt berechnende und harte Frau, die nur ihren eigenen Vorteil im Blick hat und dabei doch allen nur eine Fassade präsentiert. Aber auch Martin, Louisa, Cleo und Polly haben nicht wenig Bedeutung in dieser Geschichte.
„Besuch aus ferner Zeit“ ist ein Roman, dessen Handlung Gegenwart mit der Vergangenheit auf geheimnisvolle und mystische Weise miteinander verknüpft und in dem es einige Geheimnisse ans Tageslicht zu fördern gilt. Nicht das beste Buch der Autorin, da es manchmal etwas langatmig sowie realitätsfern ist, jedoch durchaus einiges an Spannung zu bieten hat. Verdiente Leseempfehlung für alle, die düstere und mystische Geschichten lieben.

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2021
Große Träume / Die Tierärztin Bd.1
Lark, Sarah

Große Träume / Die Tierärztin Bd.1


gut

Langatmiger Schmöker
1912 Belgien. Nellie will unbedingt ihren Lebenstraum erfüllen, als Tierärztin zu arbeiten. Deshalb geht sie mit ihrem engen Jugendfreund Philipp de Groot eine Zweckehe ein, der Tiermedizin studiert und die väterliche Praxis geerbt hat. Durch ihn erhält Nellie die Chance, einiges zu lernen, da sie selbst als Frau nicht zum Studium zugelassen wird. Philipp selbst würde sein Leben lieber als Musiker bestreiten, deshalb kommt ihm das Arrangement mit Nellie gerade recht, ist ihre Ehe doch auf einem Versprechen gegründet, sich gegenseitig die Freiheit der Verwirklichung zu geben. Als der erste Weltkrieg beendet ist, eröffnet sich für Philipp endlich die Möglichkeit, sich als Musiker zu beweisen und erinnert Nellie an ihr Versprechen. Während Philipp Nellie verlässt und sich auf in ein neues Leben macht, geht sie selbst nach Berlin, um dort einen Neuanfang als Tierärztin zu wagen…
Sarah Lark hat mit „Die Tierärztin-Große Träume“ den Auftakt zu ihrer neuen historischen Tierärztin-Saga vorgelegt, der nicht nur ins vergangene Jahrhundert entführt, sondern auch die Rolle der Frau in der damaligen Zeit in den Vordergrund stellt. Der locker-flüssige und bildhafte Erzählstil holt den Leser schnell ab und lässt ihn in die Vergangenheit driften, um dort Nellie und ihre Lebensumstände kennenzulernen. Detailverliebt führt die Autorin ihre Erzählung sehr ausschweifend aus, was leider dazu führt, dass der Leser die Handlung schnell als zu langatmig empfindet. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen. Interessant dagegen ist die Darstellung der Zweckehe, die Nellie mit ihrem Jugendfreund eingeht und wie sie sich die ärztlichen Praktiken durch ihn aneignet, um ohne Studium die Tiere überhaupt verarzten und betreuen zu können. Die Rolle der Frau war damals ohnehin auf Haushalt, Ehe und Kinder beschränkt. Und selbst, wenn Frauen hätten studieren dürfen, wäre in einer Männerdomäne wie Tiermedizin kein Platz für sie gewesen aufgrund der doch körperlich recht anstrengenden Arbeit. Heute kommt diese Denkweise geradezu einer Diskriminierung gleich. Auch mit dem Werdegang ihrer Protagonisten hat es die Autorin ein wenig übertrieben und lässt ihnen so einiges angedeihen, was im Nachgang als zu überbordend und unglaubwürdig erscheint. Der Spannungsbogen wird durch die Langatmigkeit der Detailtreue nahezu erdrückt und wertet den Schmöker zu einem netten Zwischenspiel ab, was die Neugier auf eine Fortsetzung leider erstickt.
Die Charaktere sind ebenfalls sehr akribisch ausgestaltet und mit menschlichen Eigenschaften in Szene gesetzt. Trotzdem bleibt eine gewisse Distanz zum Leser, der wie auf einem Beobachtungsposten ihr Treiben verfolgt, wobei ein Mitfühlen und Mitfiebern jedoch schwer fällt. Nellie ist eine recht selbstbewusste und forsche Frau, die ihre Ziele genau vor Augen hat und dafür so einige Zugeständnisse macht. Sie ist nicht auf den Kopf gefallen und nie um eine Lösung verlegen. Philipp ist ein feinsinniger Mann, sorglich und sehr hilfsbereit, jedoch ohne viel Strahlkraft. Maria von Prednitz ist eine bewundernswerte Frau, die ihren Weg unbeirrt geht und trotz ihres Handicaps ein doch recht interessantes Leben führt. Marias Bruder Walter ist ein zwielichtiger Mann, der unbedingt seinen Willen durchsetzen will und anderen Möglichkeiten keine Chancen einräumt.
„Die Tierärztin-Große Träume“ ist ein historischer Roman, der sich leider nur als Schmöker für zwischendurch entpuppt, da die Handlung völlig konstruiert und überfrachtet wirkt, oftmals langatmig ist und zudem die Charaktere fremd bleiben. Hier wurde das Potential leider nicht in der richtigen Weise ausgeschöpft. Schade – nur eingeschränkt zu empfehlen.

7 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2021
Gebrauchsanweisung für die Ostsee und Mecklenburg-Vorpommern
Grundies, Ariane

Gebrauchsanweisung für die Ostsee und Mecklenburg-Vorpommern


ausgezeichnet

"Wir sind ganz oben." (A. Grundies)
Wer schon einmal an der Ostsee war, der kann bestätigen, dass es dort so viele malerische und wunderschöne Orte gibt, dass man sich kaum entscheiden kann, was man als erstes besuchen möchte. Auch wir haben uns von dem Zauber der Seebäder in Mecklenburg-Vorpommern einfangen lassen und freuen uns darauf, auch in diesem Jahr wieder einige Zeit dort verbringen zu dürfen. Auf das Buch „Gebrauchsanweisung für die Ostsee und Mecklenburg-Vorpommern“ von Ariane Grundies haben wir uns sehr gefreut, um uns schon einmal auf die kommende Auszeit vorzubereiten und einige Ziele herauszusuchen, die wir diesmal unbedingt mit auf unseren Ausflugszettel nehmen wollen, wenn wir mit dem Hausboot auf Reisen gehen.
Die Autorin weiß als „Insiderin“ genau, was sie ihrer interessierten Leserschaft präsentieren muss, um ihnen den Mund wässrig zu machen und vom baldigen Urlaub zu träumen. Die gebürtige Stralsunderin widmet vor allem der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern einen Großteil ihres Buches. Erst gibt sie einen Abriss über die Geschichte, die Bewohnern sowie den üblichen Klischees, um sich dann den unterschiedlichen Gebieten des Bundeslandes zuzuwenden, wobei sie sich auch einigen größeren Städten wie Rostock, Schwerin, Wismar, Neubrandenburg und auch ihrer Heimatstadt Stralsund widmet. Ebenfalls gibt sie einen Einblick in die unterschiedlichen Inselwelten wie Rügen, Hiddensee, Vilm, Poel, Fischland-Darß-Zingst und Usedom. Unter den Hotspots, die man sich unbedingt ansehen sollte, sind einige Küstenwälder, der Königsstuhl sowie die Seebäder. Was den Freizeitbereich angeht, gibt es hier jede Menge Möglichkeiten für Radtouren, Wellness, Wandern, Camping, Angel und vor allem für Wassersportliebhaber. Ob Surfen oder Stand-up-paddling, ob mit dem eigenen Kanu oder einfach nur schwimmen, die Möglichkeiten sind vielfältig und versprechen einen wunderbaren, sportlichen Urlaub. Vogelbeobachter kommen an der Ostsee ebenso auf ihre Kosten wie Leuchtturmliebhaber oder Hobbyfotografen, denn es gibt immer wieder wunderschöne Motive, die sich einzufangen lohnen.
Auch der kulinarischen Fraktion wurde eine Rubrik gewidmet, die allerdings etwas zu kurz kommt. Aber wer sich gern auf Land und Leute einlässt, gern selbst erkundet und sich auch mal treiben lässt, der wird nach so manchem Geheimtipp Köstlichkeiten auf seinem Teller wiederfinden, die den Geschmack nach See, Salz und Urlaub auf die Zunge bringen.
„Gebrauchsanweisung für die Ostsee und Mecklenburg-Vorpommern“ ist eine interessante und unterhaltsame Einstimmung für den Urlaub an der Ostsee. Vor allem für Anfänger sehr zu empfehlen, aber auch Dauergäste werden den einen oder anderen Tipp zu schätzen wissen.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2021
Wohin mein Herz dich trägt (eBook, ePUB)
Friese, Jani

Wohin mein Herz dich trägt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Traumhafte Romantik und harte Realität
Plötzlich steht die Halbitalienerin Elena allein da, der Ehemann in Spe hat kurz vor der Hochzeit kalte Füße gekriegt und sie abserviert. Da bietet sich ein Tapetenwechsel geradezu an, so dass sich Elena allein auf die geplante Hochzeitsreise nach Sizilien macht, wo sie in der Pension ihrer Verwandten unterkriecht, um ihre Wunden zu lecken. Dort trifft sie auf den Arzt Gabriel und dessen Hund Pino, mit denen sie gemeinsam auf Entdeckungstour geht und dabei nicht nur die Schönheit Siziliens erkundet, sondern sich auch Hals über Kopf in den attraktiven, geheimnisvollen Mann nebst Anhang verliebt. Als Gabriels Urlaub dem Ende zugeht, lädt er Elena kurzerhand ein, ihn nach Pozallo zu begleiten, wo er sich als Arzt um die dort anlandenden Flüchtlinge kümmert. Die Schicksale der Flüchtlinge wühlen Elena sehr auf, besonders das der Eritreerin Imani, was zu einem Zerwürfnis mit Gabriel führt…
Jani Friese hat mit „Wohin mein Herz dich trägt“ einen sehr emotionsgeladenen Roman vorgelegt, der nicht nur zu einem Kurztrip auf die malerische Insel Sizilien einlädt und italienisches Flair versprüht, sondern neben einer Liebesgeschichte auch ein brisantes Thema anschneidet, das aktueller ist denn je und den Leser während der Lektüre durch eine Achterbahn der Gefühle schickt. Der flüssige, farbenfrohe und anrührende Erzählstil lädt den Leser ein, Elena nach Sizilien zu begleiten, um dort nicht nur ihre Verwandtschaft sowie die Besonderheiten der Insel kennenzulernen, sondern auch mit der stetigen Ankunft von Flüchtlingen auf der Insel die andere Seite der Medaille mitzuerleben. Die Autorin versteht es wunderbar, ihren Protagonisten nicht nur Herz und Seele zu verleihen, sie verwebt gekonnt auch immer wieder brisante Themen in ihre romantischen Geschichten, um den Leser auf die präsenten Problematiken deutlich hinzuweisen. Mit bildgewaltigen Landschaftsbeschreibungen verschafft sie dem Leser zudem ein wunderbares Kopfkino, das ihm während der Lektüre das Gefühl vermittelt, leibhaftig vor Ort zu sein und alles selbst mitzuerleben, während ihm ein tiefer Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten gewährt wird. Die Spannung schraubt sich während der Handlung immer weiter in die Höhe und weiß bis zum Schluss zu fesseln.
Liebevoll ausgestaltete, glaubwürdige Protagonisten mit menschlichen Ecken und Kanten schleichen sich schnell ins Herz des Lesers und geben ihm das Gefühl, ein Teil von ihnen zu sein. Elena ist eine Frohnatur: natürlich, impulsiv, lebensfroh, stur, hilfsbereit und mitfühlend. Mit ihr fühlt man sich sofort verbunden, aber auch ihre Familie wächst einem ans Herz, vor allem ihre Schwestern und Cousin Luici. Gabriel ist ein sympathischer Kerl, der in seinem Beruf aufgeht. Er trägt ein Geheimnis mit sich herum, dass sich zu entdecken lohnt. Sein Hund Pino ist eine wahrhaft treue Seele, der das richtige Gespür hat, wem er vertrauen kann und wem nicht, was die Erwachsenen erst noch lernen müssen. Imani ist eine verletzte junge Frau, die schon sehr viel durchmachen musste. Sie sehnt sich nach Sicherheit und Geborgenheit.
„Wohin mein Herz dich trägt“ wartet nicht nur mit einer romantischen Liebesgeschichte vor malerischer mediterraner Kulisse und italienischem Flair auf, sondern auch mit viel Spannung und Dramatik, mit Geheimnissen und realistischen Schicksalsschlägen. Absolute Leseempfehlung für einen emotionalen Pageturner, der gleichzeitig einen Kurzurlaub spendiert.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.05.2021
Villa Fortuna / Belmonte Bd.2
Riepp, Antonia

Villa Fortuna / Belmonte Bd.2


ausgezeichnet

„Das Gedächtnis ist der Schreiber der Seele.“ (Aristoteles)
Die Mitsechzigerin Johanna Burger lebt mit fünf Hunden abgeschieden in einem alten Haus in den Bergen der italienischen Marken nahe Belmonte, als sie eines Tages unangemeldeten Besuch bekommt. Ein 44-jähriger Amerikaner namens Michael steht bei ihr vor der Tür und behauptet, Johanna wäre seine Mutter. Doch so leicht macht es Johanna ihrem ungebetenen Gast nicht, sie streitet alles ab. Trotzdem nimmt sie Michael in ihr Haus auf und während der sich schon bald handwerklich nützlich macht und zudem Gefallen an der Dorfschönheit Flavia findet, die den Lebensmittelladen führt, brechen bei Johanna Jahrzehnte zurückliegende Erinnerungen hervor, die sie schon viel zu lange verdrängt hat…
Antonia Riepp hat mit „Villa Fortuna“ wieder einen sehr unterhaltsamen, fesselnden Roman vorgelegt, bei dem sie den Leser nicht nur wieder in die italienischen Marken entführt, sondern ihm auch eine Geschichte präsentiert, in der sie Vergangenheit und Gegenwart wunderbar miteinander verwebt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil weist dem Leser schnell den Platz als Johannas unsichtbarer Schatten zu, durch den er nicht nur Michaels Ankunft auf Johannas bergischem Domizil miterlebt, sondern mit ihr gedanklich immer wieder in die Vergangenheit der Jahre 1974-1976 und 2006 abtaucht. Während die Gegenwart die sich entwickelnde Beziehung zwischen Johanna und Michael wiederspiegelt, wird in der Vergangenheit das von Johanna Erlebte nach und nach offen gelegt. Dabei gewinnt auch das Schicksal der Italienerin Gabriella an Bedeutung, das unbewusst eng mit dem von Johanna verbunden ist. Die Autorin versteht es meisterlich, die landschaftliche Atmosphäre mit ihrer Geschichte zu verbinden und ihre Protagonisten einen Lebenslauf zu verpassen, der für so manche Frau der 70er Jahre steht. Vor allem die damaligen Erziehungsmethoden, die Scheinheiligkeit innerhalb der Familie sowie der gute Ruf nach außen werden hier thematisiert und bilden vor allem die Grundlage für das Handeln und Tun von Johanna. Mit viel Empathie und Fingerspitzengefühl bringt Riepp Johannas Vergangenheit ans Tageslicht, lässt den Leser in deren Gedanken- und Gefühlswelt wie in einem offenen Buch lesen und überrascht doch mit einigen Wendungen, die die Geschichte nicht vorhersehbar machen und so die Spannung gut halten. Dabei wird der Leser durch eine Achterbahn der Gefühle gejagt, während er sich fragt, wie er selbst in der einen oder anderen Situation wohl gehandelt hätte.
Ihre Charaktere hat die Autorin mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften lebendig bestückt, die dem Leser schnell ans Herz wachsen, so dass ihm Mitfühlen und –fiebern leicht fallen, während er sie auf ihrem Lebens-(Leidens-)weg begleitet. Johanna ist als Teenager naiv und voller Träume, doch landet sie buchstäblich hart auf dem Boden der Tatsachen, was ihr gesamtes späteres Leben prägt. In der Gegenwart wirkt Johanna freundlich, aber unterkühlt und manchmal hart, unterschwellig jedoch mit einer unbestimmten Sehnsucht und unterdrücktem Schmerz ausgestattet. Michael ist ein offener und ehrlicher Mann, der zwar schon lang weiß, dass er adoptiert wurde, doch jetzt erst feststellt, dass dies durchaus bis heute einen Einfluss auf sein Leben hat. Gabriella ist wie Johanna ein Opfer ihrer Zeit und trägt die Trauer immer bei sich. Frau Grundel ist eine harte und unbeugsame Frau, der es nur um ihr Auskommen geht. Durga ist ein Freigeist und Johanna eine gute Freundin. Aber auch Marion, Max oder Johannas Mutter spielen einige tragende Rollen in dieser Handlung.
„Villa Fortuna“ zieht den Leser mit wenigen Worten in die fesselnde Handlung hinein, wo ihn spannend verpackt Familiendrama, Geheimnisse, Intrigen und großes Gefühle erwarten. Ein wunderbares Kopfkino während der Lektüre ist garantiert. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner!

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