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Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 726 Bewertungen
Bewertung vom 28.06.2022
Spielplatzguide Berlin - Reiseführer für Familien
Ruch, Cindy;Reisedepeschen

Spielplatzguide Berlin - Reiseführer für Familien


ausgezeichnet

Spielen, toben, glücklich sein!

Wer in einer solch großen Stadt wie Berlin wohnt, ist für Tipps über tolle Spielplätze dankbar, auch wenn man daraus manches Mal einen Ausflug macht. Why not! Die Liste an Interessenten an solch einer Sammlung ist lang, seien es Zugezogene, Touristen, Großeltern und viele mehr.
Genial an diesem Buch ist vor allem, dass knapp 40 Spielplätze en Detail vorgestellt werden und diese mit sinnvollen Informationen ausgewiesen werden. Hier wird benannt ab welches Alter der Spielplatz geeignet ist, ob beispielsweise Plätze für Ballspiele vorhanden sind, ob der Spielplatz teil eines Parks oder Waldes ist, ob es Wasserpumpen gibt.
Aber der Reihe nach: jeder Spielplatz wird durch eine kurze Geschichte, ein Dialog oder ähnliches eingeläutet. Ich nennen es mal: Setting-the-scene-Text. Dann folgen Bilder, die scheinbar immer sehr spät oder früh aufgenommen wurden damit keine Kinder zu sehen sind (sehr löblich). Aber hier muss ich auch dazu sagen, dass die Texte aussagekräftiger sind als manches Bild, kann man doch die Spielplätze schlecht vollumfänglich abbilden und bei dem ein und anderen sind die Ausschnitte suboptimal gewählt. Also lieber auf den folgenden sachlichen Beschreibungstext des Spielplatzes stützen! Niedlich ist ein jeweiliger Lesetipp passend zum Spielplatz! Herrliche Idee.
Angereichert ist das ganze noch mit guten Eisdielen, Cafés oder anderweitig sehens- oder ausprobierwürdiges. Ach und was die Kids super fanden sind die Sterne die es zu vergeben gilt. 5 leere Sterne warten pro Spielplatz auf die Expertenbewertung!
Was soll ich sagen, natürlich wie alles aus dem Reisedepeschen-Verlag ist auch dieses tolle Buch klasse designt und die Karten mit viel Liebe gemacht. Nicht nur Spielplatz und Eisdielen sind eingezeichnet, auch Bus&Bahnen und sonstig spannende Orte wie Freibäder, Planetarium oder Trampolinanlagen.
Fazit. Enthält alles was das Kinderherz höherschlagen lässt. Eine Bereicherung für alle!
PS: Der ungeschlagene Favorit meiner Kinder ist auf Seite 76 zu finden! ;0)

Bewertung vom 27.06.2022
Fischers Frau
Kalisa, Karin

Fischers Frau


sehr gut

Pommersche Fischerteppiche

Da ich bereits ‚Bergsalz‘ von Karina Kalisa gelesen hatte, hat mich ‚Fischers Frau‘ natürlich auch gereizt. Dieser Roman ist eine Kombination aus historischer Aufarbeitung und einer Lebensgeschichte bzw eine Liebesgeschichte. Es werden die Lebensgeschichten zweier Frauen verwoben. Das eine ist in der Gegenwart von Mia Sund, sie ist eine Faserarchäologin in Greifswald. Sie bekommt einen pommerschen Fischerteppich auf den Tisch und beginnt diesen zu prüfen. Denn er wirkt so anders als die ihr bekannten, schimmert in den schönsten Grüntönen.
Sie entdeckt den Namen Nina auf diesem Teppich und das ist die vergangene Ebene zu Beginn der 1920er Jahre. Zu dieser Zeit gab es an Teilen der Ostsee ein Fischfangverbot und die Fischer brauchten eine neue Einkommensquelle. Extrem innovativ wie sie waren, begangen sie sogenannten pommerschen Fischerteppiche zu weben.
Und hier durch diesen Teppich verbindet sich vergangenes und historisches mit dem Gegenwärtigen. Mia muss sich aus ihrer Komfortzone schälen und aufbrechen, sich auf die Suche begeben um das Geheimnis dieses einen Teppichs zu lüften.
Gelungen ist diese Verwebung von historischem und erfundenem, der Gegenwart und der Vergangenheit und der beiden Frauen.

Bewertung vom 24.06.2022
Lenin auf Schalke
Sander, Gregor

Lenin auf Schalke


ausgezeichnet

Gelsenkirchen unter der Lupe

Wissen Sie welche Stadt gemeint ist, wenn es da heißt: „Stadt der tausend Feuer“? Wenn man dieser Frage nachschiebt, dass man auch gut und gerne „Stadt der tausend Kneipen“ sagen könnte heute, dann lichtet sich das Dunkel und wir sind angekommen. Ganz unten. In einer Stadt, die es schafft alle Ranglisten anzuführen: Ärmste Stadt Deutschland, Stadt mit der höchsten Arbeitslosigkeit und dem geringstes Pro-Kopf-Einkommen Deutschland. Gewonnen hat diese Titel: Gelsenkirchen.
Einst der glorreiche Ort der Kohle, die alle Lampen der BRD zum glühen brachte, heute im Abstiegskampf und das nicht nur beim identitätsstiftenden Schalke.
Der Schweriner Autor Gregor Sander machte sich also auf in die tiefste westdeutsche Provinz, nahm viele Skurrilität, Begegnungen und Orte auf und schrieb dann diese fiktive (!) Erkundungsreise. Der Autor war vor Ort und natürlich ist es ein Abbild des Erlebten, aber eben kein dokumentarisches erzählen.
Er gibt uns den Ossi-Blick auf den marodesten Ort Deutschland im Westen. Sander erkennt dort ungute Strukturen wie den Rechtsruck in der Gesellschaft und das Gefühl abgehängt zu sein, aber auch den unendlichen Lokalpatriotismus, die Liebe zur Heimat, die man von außen nur auf den 2. Blick verstehen kann, denn die Menschen sind voller sympathischer Selbstironie und überschätzen sich keineswegs.
Das Buch ist stellenweise witzig, aber hat immer den notwenigen Ernst, die Lage zu erkennen und zu reflektieren. Aus der sanierten Ost-Sicht auf einen Fleck Deutschland im Westen zu schauen, macht das ganze besonders spannend. Der Blick ist unverstellt, ohne Vorurteile und immer sinnierend. Schön auch, dass der Dialekt durchklingt (sicher ein Vorteil, wenn man das Hörbuch zum Buch genießt!)
Fazit: Trauen Sie sich erst mit diesem Stück Literatur Gelsenkirchen zu nähern, um dann im zweiten Schritt den Ommas, den Schalke-Fans und den Malochern selbst zu begegnen. Sehr gelungenes Buch!

Bewertung vom 24.06.2022
Ein unendlich kurzer Sommer
Pfister, Kristina

Ein unendlich kurzer Sommer


ausgezeichnet

Hitze, Campingplatz – und neue Chancen im Leben

Es ist das was wir immer öfters erleben, ein Sommer der heiß und hitzig ist. Nur, dass dieser Sommer, „ein unendlich kurzer Sommer“ war. Das gleichnamige Buch der Autorin Kristina Pfister spielt hauptsächlich auf einem Campingplatz. Das Kristina Pfister eine Kennerin dieser doch sehr speziellen Welt ist, merkt man jeder Zeile dieses Buches an. Ich als bekennender Nicht-Camper fand es übrigens großartig, dass ich auf diese Weise eintauchen konnte!
Aber mal zum Inhalt. Wir begleiten Lale, der ihr Leben über den Kopf wächst, steigen mit ihr in einen Zug, der viel Raum zwischen sie und ihrem alltäglichen Leben bringen soll. Sie landet auf einem Campingplatz an einem See, ein traumhafter Ort, nur ist der Campingplatz etwas abgerockt. Mit Gustav, dem Besitzer, bringt sie den Platz in Schwung und verliert sich im Lokalen und kann wieder atmen. Bis auch Christoph hier auftaucht auf der Suche nach seinem Vater, er will die Lebenslüge verarbeiten und sich der Wahrheit näher. Auch nähert er sich Lale und beide tauchen ab. Aber auch ein wenig Chaos ist vorprogrammiert und das Dorf kommt in Schwung.
Es ist ein Sommerroman, ohne Frage, auch wenn draußen keine 32 Grad im Schatten sind, fängt man förmlich an zu schwitzen beim Lesen. Trotz aller Leichtigkeit und fluchtartiger Reaktionen der Hauptfiguren hat der Roman zum Glück Tiefe, die der Geschichte sehr gut tut.
Eine sehr intensive Geschichte, die einen nachdenklich machen über Geschehenes, Verbliebenes und den Ausblick auf die nächsten Schritte im Leben. Dieser eine Sommer – den nehmen wir mit in unsere Herzen und lassen uns von dem guten Erzählton von Kristina Pfister verführen.

Bewertung vom 23.06.2022
Frühling wird es sicher wieder
Hockney, David;Gayford, Martin

Frühling wird es sicher wieder


ausgezeichnet

Ein Buch für Kunstliebhaber, die gerne hinter die Kulissen schauen

David Hockney ist Meister seines Faches und das ist die Kunst. Der 1937 geborene Brite ist besonders für seine Malerei bekannt, aber er fühlt sich auch in anderen Kunstformen zu Hause. Er ist einer DER Künstler schlechthin, wurde doch eines seiner bekanntesten Werke für 90,3 USD versteigert im Jahre 2018.
Nun liegt dieses umfassende Buch „Frühling wird es sicher wieder“ vor, dass sich damit beschäftigt wie Hockney nach seinem 80. Geburtstag Ruhe auf Land wollte um vor allem die Natur aufsaugen. Es wurde die Normandie. In einem alten Bauernhause lies er sich ein Atelier einrichten. Hockney widmete sich dem Frühling. Hier wollte er Bäume blühen sehen und die Vielfalt der Natur aufsaugen. Er wollte genau beobachten, malen, studieren wie die Welt erwacht und wieder erblüht. Covid-19 verstärkte die Situation dann 2020 und er blieb in der Normandie.
Martin Gayford der den Text dieses umfassenden Buches schrieb, kennt Hockney schon länger und die beiden verbindet eine tiefe Freundschaft. Man spürt dem Text diese Nähe nach und macht es umso faszinierender wie offen hier viele Gespräche und Austausche wiedergegeben wurden.
‚Frühling wird es immer wieder‘ ist kein Kunst-Bildband. Es ist ein Buch über eine Lebensperiode des Künstlers mit dem Fokus diesen herrlichen Frühling zu malen. Das Werk enthält natürlich auch etliche Abbildungen von Hockneys Werken und Bilder des Künstlers (142 Abbildungen), aber diese sind eher klein, was auch dem Format des Buches geschuldet ist und sind nicht der Fokus. Im Mittelpunkt steht der Text, der künstlerische Diskurs.
Da ich nicht im Kunst-Betrieb stecke und wie die meisten eine Außenstehende bin mit viel Faszination für die Bilder Hockneys hat mir dieses Buch gerade viele vergnügliche Lesestunden bereitet. Bekommt man doch hier einen echten Einblick und ich war hinterher noch mehr begeistert!

Bewertung vom 20.06.2022
Papyrus
Vallejo, Irene

Papyrus


gut

Ein intellektueller Spaziergang

Das dicke Werk mit über 660 Seiten bibelartiger Seiten ist in der Tat eine Bibel. Die Geschichte der Bücher, ein Loblied auf die Entstehungsgeschichte, den Wert und die Weiterentwicklung des Buches in der Antike. Die spanische Autorin Irene Vallejo nimmt uns mit auf eine Reise in diesem Buch über die Bücher und vor allem über das was es für den Leser und die Leserinnen ausmacht. Es ist übrigens übersetzt von Maria Meinel und Luis Ruby. Dieses Werk hat zwar viel mehr Sachbuchcharakter als Roman, aber so recht lässt es sich trotzdem nicht in DIE eine Schublade zwängen.
Denn dieses Buch mäandert sich durch Raum und Zeit und zwar mit sehr sehr starkem Fokus auf die Antike. Zunächst wird das antike Griechenland beleuchtet und dann folgt der Abschnitt der uns mit nach Rom nimmt. Es kommen unzählige Referenzen vor, wer hier stark bewandert ist, liest das Buch sicherlich mit erfrischender Leichtigkeit. Der Durchschnittsleser wird so seine Schwierigkeiten haben, wenn weniger humanistische Bildung vorliegt.
Und hier denke ich, liegt auch ein wenig das Problem der Erwartungshaltung an dieses Buch mit dem doch sehr eindeutigen Titel im Original: „El infinito en un junco: La invención de los libros en el mundo antiguo“ Hier steht die ‚Welt der Antike‘ im Titel und die Irreführung für die Leserschaft ist weniger gegeben.
Fazit: Es kann bereichern oder belasten – je nach Ausgangslage ist die dieses Buch Fluch oder Segen.

Bewertung vom 13.06.2022
Sansaria 1. Träume der Finsternis
Messner, Tania

Sansaria 1. Träume der Finsternis


sehr gut

Traumfabrik zum Retten!

Sansaria ist eine neue Reihe aus der Feder von Tania Messner und beginnt mit dem Band 1 „Träume aus der Finsternis“. Oft kommt die Frage ob man Bücher aus Reihen auch ohne Folgebände lesen kann, da kann ich bei diesem nur von Abraten. Denn die rasante Reise auf die uns der Protagonist Leonard Federspiel mitnimmt, ist am Ende dieses Bandes bei weitem nicht zu Ende und es bleiben ein paar Fragezeichen offen. Also eine gute Sache für kleine Leseratten, die gerne Mehrteiler inhalieren. Denn dieses Buch ist sooooo was von rasant erzählt und spannend, dass es wirklich schwer war dem Kind das Buch abends zu entreißen. Spricht also für sich.
Nun mal zu Leonard Federspiel. Der gute lebt mit seiner Mutter in einer Villa, bloß fehlt den beiden oft das Geld zum Leben so müssen sie nach und nach ihr Hab und Gut veräußern. Leonard ist der Protagonist und landet eines nachts in Sansaria, die Welt in der unsere Träume erschaffen werden. Und er ist nun mitten drin und hat dann auch noch die glorreiche Aufgabe der Retter dieser Welt zu werden.
Die Strukturen sind recht komplex und erfordern aus meiner Sicht das Lesen von längeren Abschnitten am Stück. Ist also wirklich eher was für lange Vorlesestunden mit 3. & 4. Klässlern oder zum Selbstlesen ab frühstens 10 Jahren. Wer Harry Potter aushält, kann auch Sansaria! Da schneiden sich ja auch die Geister…
Im Buch gibt es keine weiteren Illustrationen, nur diese netten kleinen Wesen, die zu Beginn jedes Kapitel neben der Kapitelüberschrift auftauchen. Ach und wer das Buch gelesen hat, entdeckt auf dem Cover vorne und hinten einiges wieder.
Fazit: Wir haben es gerne gelesen und freuen uns auch schon auf Band 2!

Bewertung vom 09.06.2022
Unter den Augen des Staates
Bognanni, Massimo

Unter den Augen des Staates


sehr gut

Fassungslos!

Als der Cum-Ex-Skandal durch das zusammengeschlossene Investigativteam von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung publik wurde und im vergangenen Jahr auch als Dokumentation aufgearbeitet, war ich persönlich fassungslos wegen des schieren Ausmaßes. Einer dieser Journalisten, Massimo Bognanni, hat nun zum Thema das passende Buch geschrieben um uns das Ausmaß noch mal vor Augen zu führen mit „Unter den Augen des Staates – Der größte Stuerraub in der Geschichte der Bundesrepublik“.
Eine Geschichte die mir unbegreiflich ist, wie der Fiskus hier Milliarden an Steuerbetrug verlor und das auch noch systematisch. Da ich zugegebenermaßen sicherlich mehr Hintergrundwissen hab was die Finanzströme angeht als andere, viel es mir leichter dieses enorme Ausmaß zu verstehen. Und hier liegt aus meiner Sicht auch das größte Problem. Die Bevölkerung echauffierte sich nicht als Masse, weil es so komplex ist und sich nicht so vereinfachen lässt um es auf eine „Bild-Zeitungsformel“ runterzubrechen.
Daher greift bitte zu diesem Buch! Lasst euch krimi-artig dieses hochkomplexe Konstrukt erklären und erkennt die schieren Summen die hier an Steuergeldern veruntreut wurden. Es ist spannend geschrieben und zieht einen trotz des sachlichen Themas in den Bann. Im Mittelpunkt steht, entsprechend wie in der Doku, die Staastanwältin Anne Brorhilker und wie es zur Anklage kam.
Klar, das Buch hat einen Sachstand der im November 2021 endete, aber es lohnt sich dieses Buch zu lesen um zu verstehen wie der Anfangsverdacht zustande kam und die staatsanwaltliche Ermittlung Fahrt aufnahm. Hier wird ein eklatantes Strukturversagen der deutschen Behörden aufgezeigt. Und die Geschichte ist noch nicht zu Ende, es ist kein Thema von gestern! Ich gehe davon aus, dass hier eine aktualisierte Version in 2023 oder später folgt um die Geschichte zu vervollständigen.
Fazit: Auch die deutschen Behörden müssen sich aus ihren verkrusteten Strukturen verabschieden und auch für smartes Personal attraktiv sein um solche Skandale und Milliardenverluste in der Zukunft verhindern zu können.

Bewertung vom 23.05.2022
Bauhaus - Die illustrierte Geschichte
Grande, Valentina

Bauhaus - Die illustrierte Geschichte


ausgezeichnet

Walter Gropius und sein Lebenswerk

Dieses Buch ist ein ganz besonderes. Vereint es doch mehrere Ansprüche zugleich: Eine Graphic Novel, die eine Geschichte zu erzählen vermag. Ein geschichtlicher Stoff, der hier glänzend in Szene gesetzt wird und das unter einem künstlerischen, aber auch einfach konsumierbarem Ansatz!
Mir hat „Die illustrierte Geschichte – BAUHAUS“ sehr gut gefallen. Vor allem bei künstlerischen Themen wie auch Architektur ist die Visualisierung solch ein wertvolles Instrument, dem man sich bei einer Graphic Novel bedienen kann.
Es ist die Geschichte einer bahnbrechenden Erneuerung des architektonischen Gedanken der uns hier erzählt wird. Es werden Hauptepisoden aus den Jahren 1919 bis 1933 erzählt und welches Lebensgefühl Walter Gropius und seine damalige Entourage begleitete. Beim Blättern und Lesen lässt einen die Inszenierung an der Um- und Aufbruchsstimmung der 20er Jahre des letzten Jahrhunders teilhaben.
Sehr gut sind die Illustrationen von Sergio Varbella, die nicht nur starr einen Zeitstahl abbilden, sondern auch durch künstlerische Elemente ein Flair der Zeit einfangen. Dazu die Texte von Valentina Grande, die durch gekonnte Kniffe und interessante Erzählperspektiven die Visualisierung komplementieren.
Fazit: Für alle Architekturinteressierten und diejenigen, die es noch werden wollen.

Bewertung vom 23.05.2022
Krisenkinder
Fokken, Silke

Krisenkinder


ausgezeichnet

Lasst die Kinder nicht im Stich!

Ein Buch das auf dem Nachttisch aller Bundestagabgeordneten liegen sollte – nein, eigentlich bei allen, die politischen Einfluss üben! Es ist in der Corona-Pandemie wieder einmal überdeutlich geworden, dass Kinder in Deutschland keine Lobby haben.
„Man braucht sich nur die Schultoiletten in Deutschland anzusehen, dann weiß man, wie viel beziehungsweise wenig Wertschätzung Schülerinnen und Schüler entgegengebracht wird.“ (S 296)
Krisenkinder von Silke Fokken arbeitet die Corona-Pandemie für Kinder auf, alle bildungsrelevanten Einrichtungen werden hier beleuchtet. Kindergarten bis Schulabschluss und alle Facetten darin. Es zeigt die eklatante Kluft zwischen dem Lippenbekenntnis eines Bildungslandes zu dem was wirklich getan wird. Das Buch ist extrem faktenstark und hat für fast alles eine Referenz zur Hand. Angereichert durch persönliche Erfahrungsberichte und Interviews aus Wissenschaft und Pädagogik machen es sogar zu einem kurzweiligen Lesen. Klar, mehr als einmal habe ich beim Lesen den Kopf geschüttelt und das Gelesene arbeitet noch stark nach.
Dieses Sachbuch ist in grob 4 Teile gegliedert. „Was von dem Leben im Kokon bleibt“ nimmt uns noch mal mit in die Familien zu den Ängsten und Sorgen, die hier vorherrschten und wie man Kinder schlichtweg zum Teil vergessen hat und die staatlichen Auffangnetze für Kinder schlicht nicht vorhanden waren. Hier wird auch auf spezielle Herausforderungen eingegangen wie Alleinerziehende, Kinder mit Behinderungen, Missbrauch.
„Fast jedes dritte Kind zeigen psychische Auffälligkeiten. Vor der Krise war es nur jedes fünfte.“ (S. 121) Dann folgt der Themenblock „Wie die Pandemie die Psyche belastet“ und zeigt u.a. auf was Isolation, häufiger Medienkonsum und der Fernunterricht (wenn es einen gab) mit unseren Heranwachsenden tat und immer noch tut. Frappierend!

Der dritte Block beschäftigt sich mit „Welche Folgen die Krise fürs Lernen hat“ und gibt uns einen differenzierten Einblick. Nicht alle fanden die veränderte Situation schlimm, aber natürlich hat die Mehrheit gelitten – ganz klar, hier gibt es Handlungsbedarf. Es kann nicht sein, dass der Schulerfolg vom einzelnen Lehrer abhängt, es müssen Standards geschaffen werden.
Hier besteht nun die Chance endlich die verkrustete Schulpolitik aufzubrechen und durch die vielen vielen Fehler zu lernen die nicht nur in den vergangenen 2 Jahren gemacht wurde. Daher folgt dann der Abschnitt „Wo die Politik umsteuern muss“ und ein Ausblick. Es gibt Ideen und viele Meinungen, wir müssen es als einer DER politischen Baustellen der nächsten 10-20 Jahre angehen und zwar: JETZT.
Ein Hinweis noch, der Blurb auf dem Cover verspricht was Eltern helfen könnte, dass ist leider eine Irreführung zum Inhalt des Buches und sollte bei Auflage 2 entfernt werden. Handelt es sich doch eher um eine gesellschaftliche Aufarbeitung.
Fazit: Bildung ist DER Schlüssel unserer Gesellschaft in vielen Hinsichten zu wachen und anstatt die nächsten Milliarden in „Inflations-Ausgleiche“ zu stecken, lasst es uns in unsere Zukunft investieren: Unsere Kinder – ja, gilt auch für die Kinderlosen, denn die profitieren genauso stark und vergessen das gerne mal!