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Benutzername: 
PMelittaM
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 532 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2022
Land der Astronauten (eBook, ePUB)
Hoß, Thorsten

Land der Astronauten (eBook, ePUB)


sehr gut

Während sich Ronja mit einem Teil des Clans der Astronauten auf die Suche nach Ashley Bender macht, sind Fang und Boris unterwegs, das Artefakt zu finden, das die Silberdrachen verjagen soll, und Hiriko hat womöglich endlich etwas gefunden, mit dem sie Sven befreien kann.

Auch Band 5 der Reihe hat mir wieder gut gefallen, Thorsten Hoß hat erneut viel Phantasie bewiesen und einige interessante und teilweise auch unerwartete Wendungen eingebaut, dazu gibt noch ein paar neue Charaktere, wie die Tiermenschen, die man bereits im Vorgängerband kurz kennenlernen konnte, und alte Bekannte, wie Queckech, über dessen erneutes Auftauchen, ich mich besonders gefreut habe.

Wieder wird in vielen kurzen Kapiteln aus der Sicht der verschiedenen Charaktere erzählt, wobei Juniors und Karls Rolle im Vergleich zu vorher ausgebaut wurden, auch das gefällt mir gut, so bleibt es zusätzlich spannend und interessant, weil auch andere Perspektiven einbezogen werden.

Auch die Zwischenspiele sind wieder sehr interessant, wobei nicht nur der Bund der verbannten Magier in den weiteren Bänden noch eine große Rolle spielen dürfte.

Auch Band 5 der Reihe hat mich wieder gut unterhalten. Des Autors Phantasie lässt nicht nach, gleichzeitig wird die Geschichte interessant voran gebracht – es wird nie langweilig. Ich bin sehr gespannt, wie es in Band 6 weitergeht.

Bewertung vom 07.07.2022
Schmelzpunkt
Harlander, Wolf

Schmelzpunkt


weniger gut

Der Inuk Nanoq Egede ist Fremdenführer und Outdoor-Guide, und entdeckt in der Nähe seines Heimatortes Ilulissat auf Grönland eine große Menge toter Fische und Vögel sowie Risse im Gletscher. Seine Entdeckungen führen dazu, dass die Wissenschaftlerin Hanna Jordan nach Grönland geschickt wird, um die Ursache des Tiersterbens zu ermitteln. Auch die beiden BND-Beamten Nelson Carius und Diana Winkels werden in die Arktis entsandt, weil es Klagen über Sabotageakte gibt.

Leider muss ich sagen, dass, obwohl ich den Start in den Roman noch vielversprechend fand, er mich zunehmend langweilte, am Ende hatte ich gar überhaupt keine Lust mehr, ihn weiterzulesen und habe mich durch die Seiten gequält.

In erster Linie liegt das daran, dass alles sehr übertrieben ist, zu viele Themen, zu viel Action, zu viele Anschläge, zu viel Lebensgefahr …..

Desweiteren sind die Charaktere leider viel zu blass, so dass mir keiner nahe kommen konnte, und sie mir im Grunde egal waren, so konnte ich auch nicht mitfühlen und mitzittern. Die beiden BND-Beamten wirken zudem völlig inkompetent, was auch deren Chef zumindest in Teilen so sieht – man möge doch in Zukunft etwas dezenter vorgehen und weniger Leichen hinterlassen, da man aber ja noch nicht so lange dabei sei, würde man das sicher noch lernen – da hat es mir schon ein bisschen die Sprache verschlagen.

Eine Ausnahme ist Nanoq, der etwas tiefgründiger gezeichnet ist, und durch seine Zugehörigkeit zu einer indigenen Minderheit interessant ist. Durch ihn erfährt man auch ein bisschen über die Kultur seines Volkes und über Grönland bzw. die Arktis. Ich hatte das Gefühl, dass der Autor hier gut recherchiert hat.

Und auch die, in meinen Augen völlig unnötige, Liebesgeschichte hat mich kein bisschen berührt, zumal die Gefühle für mich aus dem Nichts kamen. Dazu noch ein unnötiger Stalker, lokale Behörden, die nichts von Gefahren wissen wollen, und lieber wegsehen – wie schon gesagt, von allem gibt es einfach zu viel. Der Autor wollte wohl viel Spannung erzeugen, bei mir hat er eher das Gegenteil erreicht.

Hätte man sich mehr auf ein Thema fokussiert, und dieses besser und umfassender thematisiert, einiges an Action herausgenommen, dafür die Charaktere authentischer und tiefgründiger dargestellt, wäre es sicher interessanter zu lesen gewesen. Außerdem hätte ich mir auch ein Nachwort des Autors gewünscht, in dem er z. B. über Fakten (und Fiktion) schreibt.

Leider hat mich „Schmelzpunkt“ trotz seines eigentlich interessanten Themas nicht berühren und auch nicht unterhalten können. Thema und Charaktere werden für überbordende Action und in meinen Augen aufgesetzte Spannung geopfert.

Bewertung vom 02.07.2022
Die Galaxie und das Licht darin / Wayfarer Bd.4 (eBook, ePUB)
Chambers, Becky

Die Galaxie und das Licht darin / Wayfarer Bd.4 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Tren ist ein Sonnensystem mit nur einem Planeten, Gora, das eigentlich nichts zu bieten hat, aber in unmittelbarer Nähe ein Tunnelknotenpunkt liegt, so dass die Schiffe hier warten müssen, bis sie in durch den nächsten Tunnel zu ihrem eigentlichen Ziel reisen können. Auf Gora sind daher Habitatkuppeln entstanden, in denen allerlei Vergnügungen und Dienstleistungen angeboten werden.

Die Laru Ooli Oht Ouloo betreibt zusammen mit ihrem Kind Tupo ein solches Habitat, und erwartet gerade drei neue Gäste, die Äluonerin Pei, den Quelin Roveg und die Akarak Speaker. Ein Problem mit den Satelliten zwingt alle Gäste, auf dem Planeten zu bleiben, und so müssen auch in Ouloos Habitat alle fünf mehrere Tage miteinander auskommen – sie kommen sich in dieser Zeit näher, lernen sich kennen, stellen Ressentiments auf den Prüfstand, helfen einander und müssen Gefahren gemeinsam meistern.

Becky Chambers Reihe hängt im Grund nur lose zusammen, es gibt aber immer etwas oder jemanden, wodurch eine Verknüpfung entsteht, hier ist es Pei, die mit Ashby, dem Wayfarer-Captain aus dem ersten Band, eine Beziehung hat, die hier auch eine Rolle spielt, denn Pei ist auf dem Weg zu Ashby. Wie ich gelesen habe, soll dies der letzte Band der Reihe sein, was ich ausgesprochen schade finde, zum einen wäre ich gerne noch einmal auf der Wayfarer gelandet, zum anderen gäbe es noch so viele Geschichten aus diesem Universum zu erzählen.

Das Besondere an der Reihe ist, dass die Autorin es schafft, alle Spezies, alle Individuen, und auch alle Hintergründe authentisch wirken zu lassen. Sie mögen noch so fremd wirken, sie werden doch alle greifbar. Sehr gut gefällt mir auch, dass die Beziehungen untereinander thematisiert werden, und dass die Autorin es meistens schafft, dass sie tolerant und sensibel miteinander umgehen, zumindest im Laufe des Romans. In diesem Band ist das ganz besonders gut zu sehen, und hat mich sehr berührt. Am liebsten hätte ich Platz genommen zwischen Ouloo, Tupo, Pei, Speaker und Roveg.

Dieses besondere Charakter- und Worldbuilding gelingt Becky Chambers wohl auch durch ihren persönlichen Hintergrund, die Eltern sind Astrobiologin sowie Luft- und Raumfahrttechniker. Auch Diversity ist immer wieder ein Thema in der Reihe, nicht nur durch die verschiedenen Spezies, so hat sich z. B. Tupo noch nicht für ein Geschlecht entschieden, und wird dadurch mit geschlechtsneutralen Pronomen, wie z. B. „sir“ angesprochen, das kennt man bereits auch aus den Vorgängerbänden.

Erzählt wird aus den Perspektiven der einzelnen Charakteren, so dass man diese nicht nur aus ihrer eigenen Sicht, sondern auch aus die der anderen erlebt, was das Ganze rund macht, und zeigt, wie sie voneinander denken, und sich ihre Sichtweisen auch ändern.

Der vierte, und wohl leider auch letzte, Band der Reihe ist wieder ein ganz besonderer Roman. Mich beeindruckt und berührt diese Reihe sehr und ich bin gespannt auf die weiteren Werke Becky Chambers’.

Bewertung vom 27.06.2022
Die Henkerstochter / Die Henkerstochter-Saga Bd.1
Pötzsch, Oliver

Die Henkerstochter / Die Henkerstochter-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Schongau, 1659: Ein sterbender Junge wird aus dem Fluss gezogen, auf der Schulter eine Tätowierung, die schnell als Teufelszeichen interpretiert wird, und auch eine Schuldige wird bald gefunden: Hebamme Martha Stechlin. Jakob Kuisl, Schongaus Henker glaubt nicht an deren Schuld, denn er kennt sie als freundliche Frau, die zudem seinen Kindern auf die Welt geholfen hat. Er hofft, Martha nicht foltern zu müssen, bevor er den wahren Schuldigen findet, doch der Rat hat es eilig, die Sache abzuschließen. Kuisl drängt die Zeit, doch wenigstens hat er Hilfe durch den Medicus Simon Fronwieser, der in Kuisls Tochter Magdalena verliebt ist.

Nachdem ich bereits spätere Bände der Reihe gelesen habe, hat nun endlich Band 1 auf meinem Bookseat Platz genommen, auf den ich schon lange neugierig gewesen bin. Im Prolog lernt man den jungen Jakob Kuisl kennen, der als Lehrling bei seinem Vater arbeitet, und nach einer besonders unangenehmen Hinrichtung keine Lust mehr auf den Henkerberuf hat. Im 30jährigen Krieg dient er in Tillys Armee – und schließlich trifft man ihn doch als Schongaus Henker an, den Grund dafür wird man im Laufe des Romans erfahren.

Kuisl ist tatsächlich ein Vorfahre des Autors (dazu schreibt er mehr im Nachwort), ich finde es faszinierend, dass er ihn zu dem Protagonisten dieser Reihe gemacht hat, denn genau das ist er, auch wenn der Titel anderes vermuten lässt. Er ist ein interessanter Charakter, kräftig, störrisch, aber auch mit sympathischen Zügen, seinen Beruf tut er, weil er muss, und wohl auch, um Gerechtigkeit walten zu lassen, doch wenn er, wie hier, keine Schuld erkennen kann, oder Mitleid ihn packt, fällt es ihm schwer. Als Unehrlicher hat er einen schweren Stand, durch sein Wissen und Können, aber auch einen gewissen Status.

Auch wenn die Henkerstochter, Magdalena, nicht im Mittelpunkt steht, mischt sie kräftig mit, auch sie ist klug und weiß was sie will. Der Dritte im Bunde, Simon, ist wissbegierig und hängt nicht, wie sein Vater, Althergebrachtem an sondern setzt auf moderne Ansichten. Nicht nur Magdalena, sondern auch Kuisls Bücherschatz führt ihn immer wieder ins Henkerhaus. Alle Drei sind Charaktere, mit denen man mitfühlen kann, und die man auch in den Folgebänden wiedertreffen wird.

Der Fall ist nicht so einfach, es gibt weitere Tote und diversen Vandalismus. Erst einmal muss ein Motiv (oder mehrere?) gefunden werden, gleichzeitig muss man Zeugen finden, die untergetaucht und in Gefahr sind, und zudem versuchen, Martha vor dem Schlimmsten zu bewahren. Ich fand es spannend zu lesen, der Roman wurde schnell zum Pageturner. Erschreckend ist wieder einmal, wie schnell aus Menschen ein Mob wird, der vor nichts zurückschreckt.

Wie auch spätere Bände schon, hat mir Band 1 der Reihe gut gefallen, er ist leicht und spannend zu lesen, mit Protagonisten, die man einfach mögen muss.

Bewertung vom 23.06.2022
Roboter des Todes / Doctor Who Monster-Edition Bd.6
Boucher, Chris

Roboter des Todes / Doctor Who Monster-Edition Bd.6


gut

Der vierte Doctor landet mit Leela auf Kaldor, wo sie einige Bekannte wiedersehen und erneut auf die „Roboter des Todes“ treffen.

Bereits in der 14. Staffel trafen der vierte Doctor und seine Begleiterin, die Kriegerin Leela, während des Besuchs auf einer Sandmine auf mordende Roboter. Dieser Roman ist eine Fortsetzung davon, die Jahre nach den Ereignisse in der Serie stattfindet. Der Ort ist nicht mehr die Sandmine, sondern eine Stadt. Die Bewohner haben nie erfahren, dass seinerzeit Roboter mordeten, so dass weiter an diesen geforscht wurde, und fortgeschrittene Roboter geschaffen wurden, die leider auch gefährlich werden. Der Verursacher der früheren Ereignisse ist tot – oder doch nicht?

Der Doctor muss sich nicht nur seines Lebens erwehren, sondern auch die Urheber enttarnen. Dabei trifft er einige Menschen wieder, die er von der Sandmine kennt, aber macht auch neue Bekanntschaften – leider ist die Sterberate sehr hoch. Leela, die schnell vom Doctor getrennt wird, lernt eine Untergrundorganisation kennen.

Da Chris Boucher auch das Buch zur Serienfolge geschrieben hat, kennt er sich mit den Hintengründen aus. Allerdings ist diese Folge noch nicht auf Deutsch erschienen, und daher hier eher unbekannt, jedoch kann man dem Roman auch ohne diesen Kenntnissen folgen.

Mir hat gut gefallen, dass der Autor die einzelnen Charaktere gut näherbringt. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, neben denen des Doctors und Leelas, auch die ehemaliger Besatzungsmitglieder der Sandmine, die mittlerweile in unterschiedlichen Stellungen gelandet sind, und die damaligen Ereignisse zum großen Teil verdrängt haben. Eine weitere Perspektive gehört einem Gegenspieler.

Dieser Erzählstil trägt aber auch dazu bei, dass man hin und wieder etwas verwirrt wird, aber nachdem ich akzeptiert habe, dass ich vielleicht nicht jede Feinheit mitbekommen, da viel hin und her gesprungen wird, konnte mich die Geschichte gut unterhalten. Man sollte aber schon Doctor Who Fan sein, und noch besser, auch den vierten Doctor kennen.

Die Geschichte ist sehr actionreich und dadurch auch spannend. Es gibt viele, meist anonyme, Tote, wobei eher angedeutet wird, so dass man meist „nur“ eine Ahnung von Brutalität erhält. Bouchers Schreibstil erinnert durchaus an eine Serienfolge, man kann sich das Ganze gut verfilmt vorstellen, den Doctor und Leela hat man eh vor seinem geistigen Auge.

Ich bin Doctor Who Fan, und mag auch andere Medien außer der Serie, so dass ich gerne zwischendurch Romane oder Comics lese. Auch dieser Roman hat mich unterhalten, aber nicht ganz so gut wie manch anderer, in dem der Doctor auftritt Fans des Doctors kann ich den Roman empfehlen, vor allem solchen, die die „Roboter des Todes“ bereits kennen.

Bewertung vom 18.06.2022
Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2 (eBook, ePUB)
Pötzsch, Oliver

Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wien 1894: Ein Ägyptologe wird mumifiziert in einem Sarkophag im Kunsthistorischen Museum entdeckt, ein Phantom kastriert und tötet Strichjungen und im neu eröffneten Tiergarten wird ein Tierwärter von einem Löwen zerfleischt – drei neue Fälle für das Sicherheitsbüro und Inspektor Leopold von Herzfeldt.

Aber auch die Polizeifotografin Julia Wolf und der Totengräber Augustin Rothmayer haben es nicht leicht. Während Julia sich immer schwerer tut, die zum Teil schlimmen Tatortfotos zu machen, arbeitet Augustin an einem neuen Buch, dieses Mal über Totenkulte (aus dem auch wieder zitiert wird), und kämpft gleichzeitig darum, das Mädchen Anna bei sich behalten und zur Totengräberin ausbilden zu können, doch das Jugendamt macht ihm das nicht leicht.

Nachdem ich den ersten Band schon sehr mochte, setzt für mich der zweite noch einen drauf. Die Charaktere entwickeln sich weiter und kommen einem immer näher. Mir gefällt auch sehr, wie sie miteinander agieren, ohne die drei Protagonisten wäre manche Aufklärung so nicht möglich. Mein Liebling ist immer noch, und jetzt noch ein bisschen mehr, Augustin Rothmayer, er ist zwar ein alter Grantler, hat aber auch das Herz am rechten Fleck.

Oliver Pötzsch gelingt es immer wieder meisterhaft, den Leser in seine Geschichte zu ziehen, die Charaktere wirken authentisch und berühren. Mir hat es auch viel Spaß gemacht, mitzurätseln. Bei manchen Szenen habe ich mich herrlich amüsiert, andere sind sehr spannend, und ich finde auch die Hintergrundinfos sehr interessant, sei es über das Mumifizieren (das Alte Ägypten hat mich schon immer fasziniert), sei es über das Leben im Wien jener Zeit, das auch die unteren Schichten nicht auslässt (so begeben wir uns hier in den Untergrund, und auch dort leben Menschen) oder die unsäglichen Menschenschauen, die hier eine wichtige Rolle spielen – wobei Pötzsch auch mit Kritik nicht spart. Im lesenswerten Nachwort geht er darauf ein, was Fiktion und was Wahrheit ist.

Die Auflösungen sind nachvollziehbar, und im Nachhinein betrachtet hat der Autor auch ein paar Fährten gelegt, die einen auf die richtige Spur hätten bringen können, aber nicht unbedingt müssen – gut gemacht.

Band 2 steht Band 1 in nichts nach, mir hat er sogar noch besser gefallen, so dass ich mich jetzt noch mehr auf Band 3 freue. Wer gute historische Kriminalromane mag, die den Leser in die entsprechende Zeit entführen, authentische Charaktere und interessante Kriminalfälle bieten, kann hier nichts falsch machen.

Bewertung vom 12.06.2022
Poesie des Mordens
Rasmussen, Steintór

Poesie des Mordens


sehr gut

In Kopenhagen stirbt ein bekannter färöischer Schriftsteller, kurz darauf stürzt eine Kunstkritikerin auf den Färöern in den Tod – Mord, Selbstmord, Unfall? Hängen die Tode zusammen? Jákup à Trom, der leitende Ermittler in beiden Fällen hat kein leichtes Rätsel zu lösen, zumal ihn noch persönliche Probleme belasten.

Der Roman ist bereits der dritte um die Frauen eines färöischen Strickclubs, Stricken ist auf den Färöern ein beliebtes Hobby und Strickclubs ein nationales Phänomen. Die Damen des Strickclubs haben Auftritte in verschiedener Intensität, so ist eine von ihnen die Ehefrau Jakups, eine andere Reporterin, und alle nehmen natürlich an der Strickclubparty teil, bei der die Kritikerin Inga Einarsdottir ihren letzten Auftritt hatte.

Ich muss sagen, dass ich zunächst Schwierigkeiten mit dem Roman hatte, es war mein erster der Reihe, und der Erzählstil ist, vor allem für einen Krimi, schon sehr eigenwillig. Der Autor erzählt aus vielen verschiedenen Perspektiven, wobei man die einzelnen Charaktere sehr tiefgründig kennenlernt, sich aber lange fragt, was das nun alles mit den Todesfällen zu tun hat. Zudem macht auch das fast vollständige Fehlen der direkten Rede und manche Wiederholung das Lesen nicht einfacher. Irgendwann aber, knapp vor der Hälfte des Romans, war ich dann in der Erzählung angekommen, manche Verbindungen haben sich geklärt, und derjenige, der sich bereits, in kursiver Schrift und Ich-Form als Täter:in geoutet hat, wurde greifbar, ja, lange vor Schluss wusste man bereits den Namen, nur das Motiv galt es noch zu erfahren – und ein paar Überraschungen gab es schon auch noch. Und hier wurde der Roman zunehmend interessant und das Lesen fiel immer leichter – das Ausharren hat sich gelohnt.

Man erfährt, wie bereits gesagt, viel über die einzelnen Charaktere, auch wenn nicht alles für die Ermittlungen relevant ist, sondern manches vielleicht nur für die Reihe. Ich werde sicher noch mindestens einen weiteren Band lesen und bin gespannt, wie ich manches dann beurteilen werde. Schon allein das Setting auf den Färöer finde ich außerdem sehr interessant. In diesem Roman erfährt man z. B. viel über deren Kunst und Kultur und hat mir direkt Lust gemacht, mich ein bisschen mehr zu informieren.

Manchmal lohnt es sich einfach, an einem Roman dran zu bleiben, auch wenn es zunächst nicht so scheint. Dieser ist für mich so einer. Zunächst schwierig zu lesen, hat er mich dann doch gepackt und letztlich gut unterhalten.

Bewertung vom 11.06.2022
Die neue Wildnis
Cook, Diane

Die neue Wildnis


gut

Amerika in der Zukunft: Das Leben in den Städten ist ungesund, Kinder werden oft krank und sterben sogar. Auch Beas Tochter Agnes ist davon betroffen, und als ihr Leben mehr und mehr in Gefahr scheint, entschließt sich Bea, an einer Studie teilzunehmen. Eine zwanzigköpfige Gruppe unterschiedlicher Menschen wird in der Natur, der geschlossenen Wildnis, einem riesigen Areal außerhalb der Städte, leben, ohne diese zu belasten. Es gibt strenge Vorschriften, die von Rangern kontrolliert werden, und nach einiger Zeit ist Agnes ein gesundes Kind – aber es sind auch Gruppenmitglieder gestorben, und die Überlebenden müssen sich auf viele Herausforderungen einstellen.

Eine interessante Prämisse, die so oder so ähnlich vielleicht sogar eintreffen könnte. Mich hat interessiert, was die Autorin daraus macht, und wie sie ihre Charaktere damit umgehen lässt. Die Erzählweise ist interessant. Bleibt die Autorin am Anfang noch bei Bea, die man in einer schwierigen Situation antrifft, wechselt die Perspektive später auf Agnes. Interessant daran ist, dass Agnes größtenteils in der Wildnis sozialisiert wurde, für sie ist das Heimat, hier kennt sie sich aus. Problematisch ist nur, dass man als Leser:in zu keinem der Charaktere eine wirkliche Verbindung aufbauen kann, auch Agnes kommt einem nicht wirklich nahe, auch wenn das später besser wird. Die meisten Charaktere sind leider sogar eher unsympathisch, und man erfährt kaum etwas über ihr vorheriges Leben, ihre Gefühle und Gedanken, und warum sie an der Studie teilnehmen. Insgesamt hatte ich Probleme, ihr Denken und Handeln nachzuvollziehen, nicht alles, aber einiges. Sicher verändert man sich, wenn man so lebt, aber ein bisschen nachvollziehbarer hätte die Autorin das schon gestalten können.

Hintergrundinfos über die Welt außerhalb der Wildnis erhält man ebenfalls kaum, hin und wieder wird das eine oder andere angedeutet, aber nicht ausreichend, um eine wirkliche Vorstellung entwickeln zu können. Die Ranger, die einzige Verbindung mit der Außenwelt, sind dabei auch keine Hilfe. Auch sie benehmen sich größtenteils unsympathisch und nutzen ihre Macht aus.

Wie sich die Welt außerhalb entwickelt, wie sich die Studie entwickelt, das erfahren die Charaktere und mit ihnen die Leser:innen, nicht, obwohl es eine gute Möglichkeit gegeben hätte, diese verschließt sich aber selbst, was mir etwas aufgesetzt vorkommt. Auch die zeitliche Einordnung geht nicht nur für die Charaktere sondern auch für die Leser:innen immer mehr verloren. Wie lange ist die Gruppe bereits unterwegs? Man weiß es bis zum Ende nicht genau.

In einer sehr kurzen Anmerkung gibt die Autorin an, umfangreich recherchiert zu haben, wie frühere Kulturen, z. B. auch die amerikanischen Natives, gelebt haben. Das kann man durchaus auch beim Lesen erkennen. Doch bei der Frage, wie Menschen, die bisher nicht mit der Natur im Einklang gelebt haben, diese Herausforderung bewältigen würden, kann ich ihr nicht ganz folgen. Gut, manches kann man sicher psychologisch erklären, aber in meinen Augen hätte sich manches auch anders entwickeln können, vielleicht sogar müssen.

War ich am Anfang noch sehr interessiert an dem Roman und fand ihn auch recht spannend geschrieben, hat er mich nach etwa der Hälfte mehr und mehr verloren, ich hatte kaum Lust weiter zu lesen, und schließlich war ich froh, ihn am Ende weglegen zu können. Schade, denn die Prämisse ist interessant.

Bewertung vom 04.06.2022
Auf der Straße heißen wir anders
Cwiertnia, Laura

Auf der Straße heißen wir anders


sehr gut

Karlas Oma hat einen goldenen Armreif einer Frau in Armenien vermacht – doch wer ist diese Frau? Karla überredet ihren Vater Arvi, mit ihr nach Armenien zu reisen und Lilit Kuyumcyan zu finden – es ist gleichzeitig eine Reise in die Vergangenheit der Familie.

Karla ist die Ich-Erzählerin der Geschichte, doch auch Familienmitglieder erhalten eigene Kapitel, der Vater, die Oma und die Uroma, und so wird nach und nach das Schicksal der einzelnen Familienmitglieder aufgedeckt, die als Armenier nicht nur vom Genozid betroffen waren, sondern z. B. auch als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, später aber nicht darüber sprechen wollten, so dass auch Karla die Geschichte ihrer Familie erst nach und nach erfährt.

Wie wahrscheinlich viele, habe ich zwar schon einmal von diesem Genozid gehört, aber mich noch nie näher damit beschäftigt. Etwas in Form von Einzelschicksalen zu lesen, bringt vieles näher, zumal, das die Autorin auch Armenier in ihrer Verwandtschaft, und womöglich Biografisches verarbeitet hat. Leider gibt es kein Nachwort, dem man mehr entnehmen könnte. Ich jedenfalls habe nach dem Lesen direkt gegoogelt, um weiteres zu erfahren. So finde ich den Roman zusätzlich wichtig, denn auch das Schicksal der Armenier sollte im Gedächtnis bleiben oder überhaupt erst bewusst werden. In diesem Zusammenhang wird dann übrigens auch der Titel des Romans im Roman angesprochen.

Während man in Karlas Kapiteln ihre Verwandten aus ihrer Sicht sieht, bekommen sie in ihren eigenen Kapiteln zusätzliche Facetten, das hat mir gut gefallen, so wird auch deren Handeln klarer. Schade, dass Karla sie nicht so kennenlernen konnte – mich bringt das auch zum Nachdenken, wie viel ich von meinen Eltern und Großeltern vielleicht nicht weiß. Insgesamt hat mich dieser Roman sehr zum Nachdenken gebracht.

„Auf der Straße heißen wir anders“ ist ein lesenswerter Roman, dem ich, nicht nur wegen seiner Thematik, viele Leser:innen wünsche. Die Geschichte(n), die er erzählt, hallen nach.