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Europeantravelgirl

Bewertungen

Insgesamt 463 Bewertungen
Bewertung vom 22.01.2023
Schneeflockengrab / Jensen ermittelt Bd.1
Amsinck, Heidi

Schneeflockengrab / Jensen ermittelt Bd.1


sehr gut

Eiskaltes Kopenhagen

Auf dem morgendlichen Weg zur Redaktion des Dagbladet findet Reporterin Jensen die eingeschneite Leiche eines jungen Mannes. Offensichtlich obdachlos. Der Anblick lässt sie nicht mehr los, und obwohl sie unter einer Schreibblockade leidet und längst von der Story abgezogen wurde, lässt ihr Instinkt sie weitere Nachforschungen betreiben. Denn es bleibt nicht der einzige Obdachlose, der mitten in Kopenhagen ermordet wird.

Das Buch beginnt rätselhaft, verliert sich anfangs in Eindrücken und Stimmungen, Streifzügen durch Kopenhagen, wie man es von anderen dänischen Schriftstellern kennt. Dann im Mittelteil jedoch nimmt die Geschichte schlagartig an Fahrt auf und wir finden uns in einem spannenden Thriller wieder. Das Erzähltempo zieht merklich an, es ergeben sich überraschende Sachverhalte und die Puzzleteile finden zueinander.

Während die Protagonisten und deren Verflechtungen mit Jensen anfangs wenig originell erscheinen, tauchen im Verlauf der Geschichte großartige Nebenfiguren wie Gustav, Aziz und Liron auf, die diesem Thriller eine Seele geben und einen wesentlichen Teil der Atmosphäre ausmachen. Kopenhagen selbst liefert mit eisigen, verschneiten Straßenzügen, finsteren Ecken und andererseits noblen Gegenden die passende Kulisse, die nicht nur die Kälte des Wetters, sondern auch das Frostige so mancher Persönlichkeiten fühlbar macht. Politische Bezüge und gesellschaftliche Probleme verleihen der Geschichte zudem Relevanz und Aktualität.

Ein gelungenes Debüt der Autorin, das seine Stärken im Verlauf der Geschichte ausspielen kann.

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Bewertung vom 19.01.2023
Astrid Lindgren / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.24
Lieder, Susanne

Astrid Lindgren / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.24


sehr gut

Die Frau hinter Pippi Langstrumpf

Um das Wesen und die Gedankenwelt von Astrid Lindgren zu erfassen, muss man vermutlich zunächst einmal ihr gesamtes Werk lesen. Doch selbst dann bleibt die Frau dahinter verborgen. Autorin Susanne Lieder hat sich einen Abschnitt aus dem Leben der schwedischen Schriftstellerin herausgegriffen, um deren Leben genauer zu beleuchten. Es ist ein herzzerreißender Einstieg im Jahr 1929, als die junge, ledige Astrid Ericsson ihren Sohn Lasse von der dänischen Ziehmutter zurückholt, in deren Obhut sie ihn nach ihrer Flucht aus ihrem Heimatort Vimmerby gegeben hatte. Nun erwarten die alleinerziehende Mutter ungewisse Zeiten in Stockholm mit einem kleinen Kind und großen Geldsorgen. Die Romanbiographie begleitet Astrid sozusagen über den Zeitraum ihres gemeinsamen Lebens mit ihren Kindern, also vom Zurückholen ihres Sohnes Lasse bis viele Jahre später zum Auszug ihrer Tochter Karin. Es sind ereignisreiche Jahre, in denen aus der kecken Sekretärin eine berühmte Schriftstellerin und Lektorin wird.

Der Roman liest sich wahnsinnig flüssig, man fliegt nur so durch die Seiten. Allerdings war der herzzerreißende Einstieg zugleich der emotionale Höhepunkt. Die weitere Erzählung lässt uns in vielen Einzelheiten am Leben Astrid Lindgrens und auch ihrer nicht ungetrübt glücklichen Ehe mit Sture Lindgren teilhaben, verbleibt gefühlsmäßig jedoch an der Oberfläche. Dies mag durchaus dem Wesen der Schwedin entsprochen haben, hinterlässt beim Lesen jedoch das Gefühl, einen informativen Text zu lesen, der jedoch nicht wirklich zu berühren vermag. Vieles wird angedeutet, nur wenig aber vertieft. Die Beschränkung auf das kindlich fröhliche Wesen der Smaländerin erscheint mir zu wenig. Da hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, wobei ich davon ausgehe, dass Susanne Lieder hier nicht allzu weit in den Bereich der Fiktion abdriften wollte.

Auf jeden Fall eröffnet die Erzählung vielfältige Einsichten in den Werdegang von Astrid Lindgren, die sogar für den Geheimdienst gearbeitet hat. Und nebenbei erfährt man die Entstehungsgeschichte vieler ihrer Bücher und vor allem, wie sehr ihr die eigenen Kinder, aber auch Kinder allgemein am Herzen lagen.

Bewertung vom 15.01.2023
Skandal & Vorurteil
Quain, Amanda

Skandal & Vorurteil


sehr gut

Ist der Ruf erst ruiniert

Das Leben von Georgie Darcy an der Pemberly Academy ist das reinste Minenfeld nach einem „Vorfall“ mit Bad Boy Wickham Foster. Ihr Bruder Fitz Darcy hält sie seitdem an der ganz kurzen Leine, und bei ihren Mitschülern ist sie unten durch. Sogar in der Marching Band, wo sie Posaune spielt, wird sie mit Nichtachtung gestraft. Einzig Tambourmajor Avery ist ein Lichtblick, denn ihr guter Freund ist der einzige, der überhaupt noch mit ihr spricht. Ganz klar, da muss ein Plan her, um sie zu revidieren. Immerhin ist sie eine echte Darcy.

Das Jane-Austen-Retelling hebt den Roman von 1813 in die Gegenwart. Ganz reibungslos gelingt dies nicht; gewisse Konstellationen wie etwa die Vormundschaft des Bruders lassen sich eben nur etwas holprig konstruieren und wirken erzwungen. Nachdem diese Hürde genommen ist, kann sich die Erzählung rund um die jüngere Darcy-Schwester entfalten. Natürlich tauchen auch all die Charaktere aus Jane Austens Roman auf, wobei etwa aus Charles Bingley der coole Partylöwe Charlie wird. Und natürlich zoffen sich Lizzie/Elizabeth Bennet und Fitz(william) Darcy ganz wunderbar. Und wenn schon Pemberly nicht der Sitz der Darcys ist, dann ist Fitz doch wenigstens eine Ecke der Bibliothek gewidmet. Dennoch liegt bei allen witzigen Anspielungen der Fokus des Romans auf anderen Handlungssträngen und Personen als bei Jane Austen, da ja schließlich Georgie Darcy von der Neben- zur Hauptfigur avanciert ist.

Auch ohne den Klassiker gelesen zu haben, kann man die Story genießen. Dann liest es sich tatsächlich wie ein süßer Academy-Roman, wobei Georgies Liebe für eine englische Serie, die sie leidenschaftlich streamt und zu der sie sogar Fanfiction verfasst, der Geschichte dennoch einen Hauch von Regency verpasst.

Eine „gut schräge“ Transformation vom romantischen Klassiker zum frechen Jugendroman.

Bewertung vom 12.01.2023
Ginsterhöhe
Caspari, Anna-Maria

Ginsterhöhe


ausgezeichnet

Als das Grauen in die Eifel kam

Die Schrecken des 1. Weltkriegs trägt Albert Lintermann in der Seele und auf seinem entstellten Gesicht, als er 1919 in sein Heimatdorf in der Eifel zurückkehrt, auf den Hof der Familie. Während seine Eltern dankbar sind, dass er im Gegensatz zu seinem besten Freund überhaupt noch am Leben ist, wendet sich seine Ehefrau Bertha entsetzt von ihm ab. Doch in Wollseifen muss das Leben nach dem Krieg weitergehen. Das karge Leben in der Eifel mit ihren steinigen Böden bringt auch raue Charaktere hervor, doch wenn es darauf ankommt, hält die Dorfgemeinschaft zusammen.

Wir begleiten Albert und das ganze Dorf Wollseifen in drei Abschnitten durch den Roman, nämlich 1919 bis 1928, in dem sich das Dorf und die Familie vom Krieg erholen und heilen. Der Abschnitt von 1930 bis 1939 bringt den Schrecken der Nazis nach Wollseifen, und im letzten Abschnitt von 1939 bis 1949 wird letztendlich der Untergang besiegelt.

Das Leben und die rauen, aber herzlichen Dorfbewohner in Wollseifen fand ich hervorragend geschildert. Da sitzen doch einige Charakterköpfe im Wirtshaus bei Silvio beisammen. Keine Feingeister, sondern Eifelbauern und Handwerker, die allesamt zupacken müssen, um in dieser abgelegenen Gegend zu überleben. Da wird geboren und gestorben, wiederaufgebaut und fortgeführt. Einzig der Lehrer sorgt in eingeschobenen Auszügen aus seinem Tagebuch für differenziertere Betrachtungen. Schlagartig ändert sich alles, als Wollseifen in den Fokus der Nazis gerät. Die Stimmung im Dorf schlägt um, und die plötzliche Bedeutung der Region stellt sich alsbald als Fluch heraus.

Für mich war sehr anschaulich die Fassungslosigkeit herausgearbeitet, mit der der kriegsversehrte Albert einem neuen Krieg gegenübersteht, in dem nun plötzlich seine Söhne das gleiche Leid wie er durchleiden müssen. Das Eifeldorf und die Umgebung fand ich hervorragend geschildert. Auch die Charaktere empfand ich als authentisch für Region und Zeit. Den zurückhaltenden Schreibstil fand ich für dieses Setting genau richtig; er trug für mich wesentlich zur nüchternen Atmosphäre bei. Dass dem Roman eine wahre Begebenheit zugrunde liegt, habe ich erst aus dem Nachwort erfahren, und dies hat mich fassungslos zurückgelassen.

Klare Leseempfehlung für dieses Stück Zeitgeschichte!

Bewertung vom 09.01.2023
Caroline Märklin - Sie brachte Kinderaugen zum Leuchten, doch kämpfte um ihr eigenes Glück
Feyerabend, Charlotte von

Caroline Märklin - Sie brachte Kinderaugen zum Leuchten, doch kämpfte um ihr eigenes Glück


sehr gut

Von der Regenrinne zur Spielzeugeisenbahn

Das vermeintliche Buch über Spielzeugeisenbahnen entpuppt sich beim Lesen als interessante Zeitreise in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Caroline Hettich ist eine selbstbewusste junge Frau mit eigenen Ideen – und damit einfach in der falschen Zeit geboren. Denn im Königreich Württemberg hat sie als Frau kaum eigene Rechte. Ihren Ausweg und auch ihr Glück findet sie in der Heirat mit dem Flaschner Wilhelm Märklin. Mit ihm hat sie einen Partner zur Seite, der ihren Ideen zumindest teilweise aufgeschlossen gegenübersteht, wobei auch er letztendlich nicht ganz aus seiner Haut kann. Es ist sozusagen der Kampf „Regenrinne gegen Spielzeugherd“, also Bewährtes gegen Innovatives. Dennoch ermöglicht Wilhelm Caroline, mit dem Musterkoffer durch Süddeutschland und sogar bis in die Schweiz zu reisen, um so die Firma Märklin nicht nur zu erhalten, sondern auch voranzubringen und bekannt zu machen.

Der Roman liefert wertvolle Einblicke in das Leben der damaligen Zeit und hält schmerzhaft vor Augen, wie wenig Rechte Frauen damals hatten. So bedurfte Caroline etwa einer schriftlichen Genehmigung ihres Mannes, um auf Reisen zu gehen. Auch die Begegnungen mit ausschließlich männlichen Geschäftspartnern sind äußerst aufschlussreich, weil der kompetenten und klugen Frau oft genug allein aufgrund ihres Geschlechts das Gespräch verweigert wird. Die schweren finanziellen Nöte und die weiteren gesellschaftlichen Zwänge sind eindringlich geschildert, doch vor allem Carolines Familie und deren Schicksal bildet den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Sehr interessant war auch zu hören, wie viele Menschen damals ihr Glück in Amerika gesucht haben und ausgewandert sind. Das Buch enthält wahnsinnig viele Begebenheiten, Anekdoten und Informationen, die leider teilweise für Sprünge und Brüche sorgen. Da hätte ich mir ein wenig mehr Lesefluss gewünscht.

Insgesamt ist es ein sehr interessantes Porträt einer starken Frau, die ihr Leben selbst in die Hand nahm, als die Zeit dies eigentlich nicht vorsah.

Bewertung vom 05.01.2023
Korallenträume und Floridaliebe
Uhmann, Maggie

Korallenträume und Floridaliebe


ausgezeichnet

Bunt und wunderschön wie ein Korallenriff

Schwebend im warmen Wasser über bunten Korallen tauchen – das ist Julias Traum, den sie sich vor dem Antritt ihrer ersten Stelle als Lehrerin erfüllen will. So lässt sie ihre Heimatstadt Wien mit ihrer Mutter, den Geschwistern und ihrem langjährigen Freund hinter sich und stürzt sich ins Abenteuer. Das beginnt leider mit einem ziemlichen Schock, denn kaum angekommen, macht ihr Freund per Telefon Schluss mit ihr! So hatte sich Julia das nicht vorgestellt. Doch da gibt es Korallen, um deren Aufforstung sich Julia kümmern muss, und ihre Zimmergenossin Allie lässt ihr auch keine Zeit für schlechte Laune, und nicht zuletzt wäre da noch Greg mit den meeresblauen Augen, dessen Drohne im Korallenbecken abstürzt.

Julia ist eine vielschichtige Protagonistin. Weil sie nach dem Tod ihres Vaters für die jüngeren Geschwister sorgen musste, war sie in Wien gefangen in Verantwortung und vorgegebenen Bahnen und erlebt nun in Florida eine regelrechte Befreiung. Eine zuckersüße Liebesgeschichte bildet das Sahnehäubchen auf dem Palatschinken.

Der Roman sorgt beim Lesen für eine ordentliche Portion Fernweh: Landschaft und Menschen, Klima, Musik, Gerüche und Farben sind so lebendig geschildert, dass man sich beim Lesen unwillkürlich auf die Florida Keys versetzt fühlt. Das karibische Lebensgefühl und die Leichtigkeit werden hervorragend vermittelt. Dazu kommen wahnsinnig interessante Schilderungen des Korallenriffs und der Aufforstungsarbeit. Auch weitere Gegenden von Florida lernen wir mit Julia kennen bei einem Roadtrip nach Cape Canaveral. Auf dieser Reise fand ich es besonders schön, wie realistisch und nicht beschönigend alles geschildert wird. Hut ab an die Autorin, dass eben nicht alle Motels cleane Designerzimmer haben, und auch einmal ein Blick weg von der Touri-Route auf staubige Parkplätze geworfen wird! Das schenkt der Geschichte mehr Realität und Tiefe.

Für mich war dieser Roman der perfekte Start in das neue Lesejahr!

Bewertung vom 28.12.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


ausgezeichnet

Die Nebel der Vergangenheit

Es ist eine rätselhafte, bildgewaltige Reise in die Vergangenheit, die uns in drei Zeitebenen führt. 1943 entsteigt ein gefangen gehaltener Junge den Trümmern des Graphischen Viertels in Leipzig nach dessen nahezu vollständiger Zerstörung. 1933 erleben der Buchbinder Jakob Steinfeld und sein jüdischer Gehilfe Grigori Gomorov am eigenen Leib, wie die Nazis mit Gewalt nach der Macht greifen. 1971 ist der Buchhändler Robert Steinfeld auf der Jagd nach seltenen Büchern. Die Geschichte in allen Zeitebenen wandelt auf den Spuren der Verlegerfamilie Pallandt sowie des Buchbinders Jakob Steinfeld und später dessen Sohn Robert.

Der Roman besticht vor allem durch seine bildhafte Ausgestaltung. Allein mit Worten webt der Autor geheimnisvolle Kulissen wie das Graphische Viertel mit seinen niemals stillstehenden Druckmaschinen, dem stets in der Luft liegenden Ruß, mysteriösem Nebel und den verwinkelten Gassen. Das historische Zeitgefühl aller Ebenen ist hervorragend getroffen. Da wäre das Jahr 1933 mit dem Aufstieg der Nazis, die überall zu spürende Judenfeindlichkeit. Die Gefahr ist fühl- und sogar regelrecht greifbar. Die Zeitebene von 1971 hingegen führt uns nicht nur in die 70er Jahre in München mit Mode und Lebensgefühl, auch die damalige DDR wird überzeugend geschildert.

Die Geschichte selbst lebt und atmet die Magie der Bücher. Ob Buchdrucker oder Buchbinder, Buchhändler oder gar Verfasserin, sie alle verbindet die Hingabe an die Welt des geschriebenen Wortes. Dabei gelingt es dem Autor, nicht nur an historischen Fakten zu verhaften, sondern auch mystische Elemente einzubringen, phantastische Möglichkeiten anzudeuten. Dieses Spiel übt beim Lesen einen unwiderstehlichen Sog aus und man taucht immer tiefer in die Geschichte ein.

Am Schluss des Buchs arbeitet sich der Autor beinahe sachlich an der Aufklärung aller Rätsel ab, da hätte nach dem hervorragend komponierten Roman und dem Spannungsaufbau auch gerne noch ein Knalleffekt kommen dürfen, aber dies ist Meckern auf allerhöchstem Niveau.

Über ein kleines Rätsel hüllt der Autor jedoch einen mystischen Nebel, und so bleibt am Ende das Spiel mit der Magie.

Bewertung vom 26.12.2022
Wenn ich falle / Dark Ivy Bd.1
Hotel, Nikola

Wenn ich falle / Dark Ivy Bd.1


ausgezeichnet

Dark Academia at its best

Dank eines Stipendiums kann Eden Collins ein Studium an der renommierten Woodford Academy antreten, wo sie sich anfangs zwischen all den privilegierten Studenten fremd fühlt. Doch es ist nicht nur der soziale Hintergrund, der sie von den anderen trennt, es ist auch ein dunkles Geheimnis, eine Schuld, die sie niemandem anvertrauen will. Dennoch findet Eden rasch Anschluss, wobei sie vom ersten unfreiwilligen Zusammenstoß an fasziniert ist von Will. William Grantham III. genaugenommen. Niemand geringeres als der Enkel eines Mäzens der Academy. Vermeintlich vom Schicksal begünstigt und ein reicher Schnösel. Doch hinter Wills Maske verbirgt sich ein sensibler und mitfühlender Mensch. Und eine Maske trägt er wirklich, denn ein großes Feuermal ziert sein Gesicht.

Der New-Adult-Roman und erste Teil einer Dilogie ist so ansprechend geschrieben, dass man die Seiten beim Lesen regelrecht verschlingt. Dabei setzt er auf bewährte Motive des Genres mit Internatsleben, neu geknüpften Freundschaften, spicy Szenen und dunklen Geheimnissen seiner Protagonisten. Letztere werden bei Eden unfreiwillig ans Tageslicht gezerrt, als eine Professorin die Geheimnisse ihrer Schüler in einem „Experiment“ zum Unterrichtsthema macht, so dass Eden gezwungen ist, sich der Vergangenheit zu stellen.

Was dieses Buch jedoch von anderen (Dark)-Academy-Stories unterscheidet, ist die besondere Kommunikation zwischen Eden und William. Die beiden tauschen sich zum einen über Wills Notizbuch aus durch geschriebene fiktive Szenen/Dialoge, die an Theaterszenen erinnern. Zum anderen widmen sie sich gegenseitig Blackout Poetry. Bei dieser Kunstform werden visuelle Gedichte auf vorhandenen Textseiten geschaffen, indem etwa weite Teile des Textes geschwärzt oder übermalt werden und die verbliebenen Worte die eigentliche Botschaft vermitteln. Dies hat für mich das Buch trotz vieler bekannter Dark Academia-Themen auf ein anderes Level gehoben!

Bleibt nach dem heftigen Cliffhänger am Ende nur die Frage, wie ich die Wartezeit auf Band 2 überbrücken soll!

Bewertung vom 23.12.2022
Für immer im Dezember (eBook, ePUB)
Stone, Emily

Für immer im Dezember (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Herzergreifende Dezembergeschichte

Es beginnt mit einem wortwörtlichen Zusammenstoß kurz vor Weihnachten. Josie bringt mit dem Fahrrad im abendlich dunklen London Max zu Fall und verändert dadurch beider Pläne. Beide hätten das Weihnachtsfest eigentlich allein verbracht – Josie weil sie es seit dem Tod ihrer Eltern nicht über sich bringt, in ihren Heimatort zu fahren, Max weil sein Flug verschoben wurde und er in London gestrandet ist. Aus dem anfänglichen Ärgernis entwickelt sich ein gegenseitiges Kennenlernen, sie fassen Vertrauen zueinander und erleben unbeschwerte, innige Weihnachtstage, kommen sich sogar nah. Dies allein wäre eine zauberhafte Weihnachtsgeschichte, doch hier kommt alles ganz anders, denn nach diesen wunderschönen Tagen verlässt Max Josie ohne Aussicht auf ein Wiedersehen.

Doch das Schicksal lässt sich nicht so einfach überlisten, und so kreuzen sich die Wege der beiden im Verlauf des nächsten Jahres auf geradezu wundersame Weise immer wieder.

Die Geschichte ist einfach herzerwärmend erzählt und liest sich ganz wunderbar, man fliegt geradezu durch die Seiten und kann den Roman gar nicht mehr aus der Hand legen. Das weihnachtliche Setting in London versprüht perfekte Weihnachtsstimmung mit dem Winter Wonderland, gemütlichen Pubs und nächtlichen Straßen. Auch weitere Handlungsorte wie New York und Schottland sind so liebevoll und detailliert geschildert, dass sie einen perfekten Rahmen bilden.

Es ist jedoch keineswegs eine zuckersüße Weihnachtslovestory, sondern birgt auch Schmerz, Verlust und Trauer und gewinnt damit an Tiefe und Tragik. Die Story ist aus den wechselnden Perspektiven der beiden Protagonisten erzählt, so dass man beim Lesen sowohl Josie als auch Max und ihre Gefühle, Zweifel und Motivation eindringlich begreifen kann, wobei die wahre Tragik beim Lesen längst erahnt, aber erst sehr spät enthüllt wird. Die Liebesgeschichte ist gleichermaßen schön und schrecklich, zauberhaft und zerstörend, aber dennoch voller Hoffnung und damit eine herzergreifende Lektüre nicht nur zu Weihnachten. Taschentücher bereithalten!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.12.2022
Liebewesen
Schmitt, Caroline

Liebewesen


gut

Tabubruch mit Ansage

Dass dieses Buch Grenzen überschreiten möchte, kündigt bereits das Cover plakativ an.
Plakative, große Sätze kommen mir da entgegen. Dieser Roman wurde „gebaut“, nicht geschrieben. Mehr ist mehr. Oder vielleicht doch nicht? Die Sprache ist stark, laut. Man muss entgegen der Meinung der Lektorin die Sätze auch nicht zweimal lesen, denn sie werden mir auf wenig subtile Weise entgegengebrüllt. Die beste Beschreibung hat uns die Autorin im Roman selbst geliefert, als sie Max ein Bild beschreiben lässt: „sehr plakativ und auf die Zwölf“.
Inhaltlich wartet der angekündigte Tabubruch mit einer intensiven, schmerzhaften Beziehung und dem nicht weniger intensiven Ausscheiden von Körperflüssigkeiten und -inhalten aller Art. Leider kann das nicht wirklich schockieren, denn die „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche haben bereits vorgemacht, wie das geht. Schälen wir also das Blut und die K?tze herunter und betrachten die eigentliche Geschichte: Es bleibt eine junge Frau mit schwerer Kindheit, die sich erschreckend in eine Beziehung mit einem depressiven, labilen Partner ergibt. Beim Lesen schmerzt der Opferungswillen von Lio, und ich muss einräumen: Ja, hier geht der Roman endlich dorthin, wo es weh tut. Hier im Kern kommen die wahren Konflikte endlich zum Vorschein, und nun erkenne auch ich das Funkeln des Juwels.