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Benutzername: 
ElliP
Wohnort: 
Hessen

Bewertungen

Insgesamt 143 Bewertungen
Bewertung vom 22.12.2023
Ausgelöscht
Prammer, Theresa

Ausgelöscht


sehr gut

Ein Thriller zum Miträtseln, atemberaubend, spannend geschrieben und der Leser versucht wie bei Agatha Christie den Fall zu lösen und die neuen Informationen immer wieder einzufügen. Es bleibt lange Zeit verwirrend und Fragen über Fragen entstehen: Wem können wir trauen? Wer ist unglaubwürdig? Wer ist the good and the bad guy? Wessen Erinnerungen sind „echt“, wessen wurden „manipuliert“? Diese erschreckende Erkenntnis lässt kein Licht im Dunklen zu, denn unter Umständen wissen sogar die Beteiligten nicht, was in der Vergangenheit wirklich passiert ist.
Am Anfang, also vor dem eigentlichen Beginn des Romans, steht ein großes Experiment, dass das Leben von Patienten mit PTB völlig auf den Kopf stellt: Aufgrund einer Behandlung und einer Neu-Programmierung soll das Trauma aufgelöst und die psychische Grundlage für eine gesunde, normale Entwicklung geschaffen werden. Mit gutem Willen und Forschergeist werden die ersten Patienten von ihren negativen Erlebnissen befreit, ein genialer Geniestreich gelingt und die Psychologen stürzen sich euphorisch in ihre Untersuchung – aber wie gestaltet sich die Zukunft der Probanden tatsächlich? Konnten die einschneidenden Erfahrungen, die Schuldgefühle, die tabuisierten Erinnerungen gelöscht werden und die Lebensbejahung und die Lebensqualität ab diesem „Reset“ wieder hergestellt werden? Was ist mit den ahnungslosen Opfern / Patienten passiert? Diese Fragen sind die Basis für die kriminalistischen Untersuchungen von Psychologen, Ärzten und Kommissaren, die Hand in Hand arbeiten. Wir lernen die Ermittler aus Österreich und Berlin kennen, den unberechenbaren Täter, dessen Handlungen alle überrascht, die Opfer, hübsche Frauen, die alle äußerliche Ähnlichkeiten aufweisen und die angeschlagene österreichische Psychologin, die diesen Fall lösen soll. Aber alleine ist das nicht zu schaffen und unter Zuhilfenahme alter Kontakte begibt sie sich auf eine Reise in die Vergangenheit.
Die unterschiedlichen Perspektiven und Zeitebenen gilt es zu entwirren und gemeinsam mit der Psychologin den Fall zu lösen. Und Theresa Prammer schafft es mal wieder, den Leser auf eine atemberaubende Reise mitzunehmen, bei der man den Thriller nicht mehr zur Seite legen kann.

Bewertung vom 02.12.2023
Das Hotel am Fuße des Vulkans
Maynard, Joyce

Das Hotel am Fuße des Vulkans


gut

Das Schicksal schlägt immer wieder zu: Es passiert so viel, ganz schreckliche Einschnitte im Leben Irenes, der Tod als ständiger Begleiter. Sie verliert die wichtigsten Menschen in ihrem Leben - als kleines Mädchen ihre Mutter und als junge Frau ihre große Liebe und ihren Sohn.
Den Auftrag der Oma, bei der sie als Waise aufwächst, auf keinen Fall ihre Identität preiszugeben, finde ich nicht nachvollziehbar, das macht ihr Leben unnötig schwer, belastet ihre Beziehungen und sie hat das Gefühl, alles alleine mit sich ausmachen zu müssen, ihre Schicksalsschläge im Gespräch mit guten Freunden nicht teilen zu können. Deshalb bleibt sie sich selbst und anderen immer ein Stückweit fremd, wahre Nähe und Begegnung sind nicht möglich. Irene ist sympathisch, trotzdem bleibt sie distanziert und ihre Verhaltensmuster bis zum Schluss nicht nachvollziehbar – sie steht sich und ihrem Glück immer wieder selbst im Weg, sie lernt nicht – weder aus eigenen Fehlern noch aus denen ihrer Freunde und Familienmitglieder. Das ist schade und eine verpasste Chance, sie ergibt sich ihrem Schicksal und nimmt vieles hin. Natürlich will Irene ihrem eigenen Leid entkommen, sich nicht mehr erinnern, sie ist auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit – aber so sind Aufarbeitung, Überwindung und Neuanfang natürlich nicht möglich.

Am Schluss stehen zwar trotzdem Belohnung und ein Happy End, aber nicht aufgrund ihres klugen und selbstbestimmten Handelns, sondern aufgrund eines Zufalls – ein Ende wie im Märchen: das Gute wird belohnt und wir hinterfragen nichts. That’s it.
Thema des Romans ist die Lebensreise, die Reise ins Ungewisse dient als Metapher für Aufbruch, Suche, Neuanfang - ein schönes Motiv, das der Lektüre seinen Reiz verleiht.
Und in diesem Kontext reihen sich eine Fülle an Geschichten aneinander, z.T. wird es etwas unübersichtlich, die Müllkönigin, die Echsenmänner, eine Chinesin, Zwillinge, Neugeborene, Adoptierte, Verliebte, Verlobte, Diebe, Polizisten, Mütter und Kinder, Ariadne, Frederico, Leila und wie sie alle heißen. Es erinnert mich etwas an 1001 Nacht, wo immer neue Geschichten erzählt werden, ein Erzählfluss den Leser unterhält, Farben und Gerüche und Töne aufeinandertreffen, immer wieder poetisch und voller Sinneseindrücke. Aber trotz der vielen sinnlichen Eindrücke und breitgefächerten Erzählstränge bleibt mir diese bunte Welt trist und eindimensional, ich werde weder ergriffen noch leide oder lache ich mit den Figuren – ich bleibe ein stiller, leicht irritierter Betrachter einer fremden Welt, die nicht die meine ist.

Bewertung vom 22.11.2023
Weiße Tränen
Schrocke, Kathrin

Weiße Tränen


ausgezeichnet

„Weiße Tränen“ – ein Jugendroman, in dem es um Alltagsrassismus, aber auch um Freundschaft, erste Liebe, Homosexualität, Loyalität und erste Erfahrungen mit dem Tod geht, der spannend in die Welt der Jugendlichen eintaucht und den Leser nachdenklich zurücklässt, da sich sicherlich jeder in der einen oder anderen Rolle wiederfinden kann bzw. Verhaltensmuster bei sich entdeckt, die es zu hinterfragen gilt.
Was bedeutet Freundschaft für mich? Inwieweit ist auf mich Verlass, dass ich meinen Standpunkt in einer Gruppe vertrete, auch wenn der allgemeine Konsens ein anderer ist? Inwieweit versuche ich, die Perspektive meines Gegenübers zu verstehen? Mich in die Welt und die Erfahrungen eines anderen hineinzuversetzen? Inwieweit bin ich bereit, meine eigenen Privilegien zu überdenken, zu hinterfragen und auch aufzugeben? Kann ich mir selbst trauen und mir eine eigene Meinung bilden und danach handeln? Viele wichtige Fragen, die für Jugendliche in der Phase der Ich-Findung, Selbsterkenntnis und Entwicklung von besonderer Bedeutung sind. Wer bin ich? Wer will ich sein?
Anhand der Geschichte von Lenni, seinem Freund Serkan, dem beliebten, attraktiven It-Girl der Theatergruppe, dem Sohn des Bürgermeisters und dem allseits beliebten Lehrer erfahren wir, was es bedeutet, wenn plötzlich ein Fremder dazukommt und die gewohnte Sichtweise durcheinanderbringt, feste Strukturen und Verhaltensmuster auf einmal neu bewertet und gesprengt werden. Spannend und kurzweilig, unterhaltsam und zum Nachdenken anregend schafft die Autorin Kathrin Schrocke den Spagat zwischen Unterhaltung und Bildung, nach der Lektüre wird sicherlich die eigene Position neu überdacht und bestenfalls auch verändert. Der Roman bietet auf alle Fälle viele mögliche Diskussionsanlässe – sicherlich geeignet für die Lektüre in der Schule.

Bewertung vom 28.10.2023
Der Geruch von Ruß und Rosen
Rabinowich, Julya

Der Geruch von Ruß und Rosen


ausgezeichnet

Julya Rabinowichs Roman handelt von Medina, einer starken Heldin auf dem Weg zu sich selbst in Verbindung mit ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ihre Familie, die Krieg und Flucht aus einem ungenannten Land hinter sich hat, ist nun ohne Vater in Deutschland angekommen und versucht, einen neuen Halt und ein neues Zuhause zu finden. Mutter, Tante, Oma, kleiner Bruder versuchen gemeinsam mit Madina den Neuanfang, bewältigen die Vergangenheit aber jeweils anders und mit unterschiedlichen Zielsetzungen mithilfe von Therapeuten, Lehrern, Freunden und auch Bekannten aus der alten Heimat. Immer wieder taucht die Sehnsucht auf und Amina, die geheimnisvolle, schöne Schwester der Mutter und Medina machen sich auf die Suche nach dem Vater und der Vergangenheit. Amina öffnet sich nur wenig und ihre Motive bleiben vorerst unklar, warum sie in das ehemalige Kriegsgebiet fährt, was sie von der neuen Familie ihres verstorbenen Vaters erwartet, wie sie sich ihre Zukunft vorstellt.
Sprachlich ein Kunstwerk, ein berührender Text, voller sprachlicher Schönheit, ungewöhnlicher Metaphern, dicht, poetisch und auch wieder umgangssprachlich mit knappen Sätzen und direkten Aussagen. Die Sehnsucht der Menschen nach Frieden, Normalität, Anerkennung und Toleranz wird immer wieder deutlich und dem Leser wird vor Augen geführt, welche Schicksalsschläge, Traumata, Unsicherheiten, existentielle Sorgen und einschneidende Erlebnisse die Menschen mit Fluchterfahrungen mit sich tragen, sie prägen und welche Schwierigkeiten entstehen können.
„Der Geruch von Ruß und Rosen“ ist ein großartiger Roman, der mich immer wieder sehr bewegt hat. Ich wünsche Madina alles Gute auf ihrem weiteren Weg, für ihr Studium, für ihre Träume und ihr weites, mutiges Herz!
Voller Empathie habe ich die junge Protagonistin begleitet, zurück in die alte, zerstörte Heimat, vor neue Herausforderungen gestellt, alte Geheimnisse und Tabus entwirrend, ungeahnte Konflikte bewältigend - ein großartiger Charakter auf der Suche nach Sinn und Wachstum. Die sensible, kluge Lektüre kann uns zum Nachdenken anregen und Toleranz, Offenheit, Menschenliebe fördern und im Idealfall helfen, die eigene Position zu überdenken und das eigene Verhalten zu reflektieren.

Bewertung vom 12.10.2023
Endlich frei! Der queere Coming-out-Ratgeber
Schättin, Marco

Endlich frei! Der queere Coming-out-Ratgeber


ausgezeichnet

Marco Schättin hat diesen Ratgeber aus dem Hintergrund der eigener Erfahrung eines schwulen Coming-Outs geschrieben und möchte anderen eine Ermutigung und Unterstützung geben, diesen für ihn so befreienden Schritt gut vorbereitet zu gehen.
Das Buch umfasst drei große Teile: Erfahrungsberichte von Menschen mit LTGBQIA+ Hintergrund, die beschreiben, wie es ihnen in ihrem Leben und bei ihrem Coming-Out erging, einen Sachteil von verschiedenen Autoren mit Hintergrundinformation und einen Reflexionsteil, in dem der/ die Lesende sich über verschiedene Fragen auf sein eigenes Coming-Out vorbereiten kann und Sicherheit gewinnen kann, ob, wie und wann er sich outen möchten.
Diese Buch macht Mut, viele positive Erfahrungen werden beschrieben, aber auch Schwierigkeiten und mögliche negative Erfahrungen nicht verschwiegen, es ist sehr abgewogen und individuell, lädt ein, sich seinen eigenen individuellen Weg zu suchen. Es ist sehr gut lesbar, informativ und kurzweilig, viele verschiedene Aspekte werden angesprochen, ohne dass es überfrachtet ist. Besonders angenehm finde ich, dass auch die Sicht der Umgebung mitberücksichtigt wird und auch für deren mögliche Schwierigkeiten und Ängste und dem daraus resultierenden Fehlverhalten Verständnis und Geduld entwickelt wird.
Sehr wertvoll scheint mir der dritte Teil, der als Arbeitsbuch gestaltet ist mit Aufgaben, um positive Erfahrungen zu sammeln, sein Selbstbild als queerer Mensch zu festigen und sich innerlich auf die einzelnen möglichen Schritte des Coming-Outs vorzubereiten.
Ein sehr gelungener Ratgeber, sicher eine große Hilfe für viele.

Bewertung vom 08.10.2023
Und hinter mir das Nichts
Obermanns, Berthe

Und hinter mir das Nichts


sehr gut

Berthe Obermanns zweiter Roman „Und hinter mir das Nichts“ beschäftigt sich mit der Suche nach Sinn, der Frage nach dem Wert und der Sinnhaftigkeit des Lebens, Vergangenheit und Zukunft, Lüge und Wahrheit – mit der Existenz im Hier und Jetzt und der Bewältigung der eigenen Geschichte.
Das alles wühlt Sara, Psychotherapeutin und Protagonistin, extrem auf. Ihr Leben läuft aus dem Ruder, als sie erfährt, dass ihr Patient Martin Mangold sich das Leben genommen hat. Es trifft sie keine Schuld und in der letzten gemeinsamen Sitzung zeichnete sich dieser Schritt nicht ab, aber dennoch will sie sein Motiv verstehen. Sie macht sich auf die Suche nach seinem Leben und seiner Person, möchte nachvollziehen und sich ihm annähern, gerät dabei aber unvermittelt auf die Suche nach dem eigenen Ich. Sie hinterfragt ihre Lebensbedingungen, die festgefahrene Beziehung zu Steffen, dem eigentlich perfekten Traumprinzen aus glücklicher Familie, erinnert sich an ihre erste große Liebe zu dem geheimnisvollen Yannik und flieht in die Einsamkeit. Sie bricht aus bzw. alte Verbindungen ab, trifft auf Unverständnis, will sich nicht mehr verstellen oder rechtfertigen und das Kartenhaus ihres Lebens, das auf Lügen aufgebaut ist, stürzt zusammen.
Am Ende ist nicht mehr klar, was real ist und was in ihren Gedanken passiert, sie wirkt wie im Wahn, auf der Flucht, auf der Suche - nach dem Ende, dem Tod?
Saras getriebenen Gedanken, Verwirrung und Nihilismus erinnern mich an Sylvia Plath's „Bell Jar“ und auch die Sprache ist extrem dicht. Berthe Obermanns ist eine Sprachkünstlerin, die es versteht, den Leser zu verstören und zu bannen, ein Sog geht von ihren Texten – wie auch ihrem Erstling „Gleich unter der Haut“ – aus. Eine großartige Erzählerin voller Intensität und wir können gespannt auf ihre zukünftigen Werke sein.

Bewertung vom 08.10.2023
So kommt das Gute in die Welt
Stewart, Alexandra

So kommt das Gute in die Welt


ausgezeichnet

Der richtige Weg ins Glück
Ein wunderbares Jugendbuch, das von den Großen und Guten der Weltgeschichte erzählt. Viele bekannte Gestalten tauchen neben unbekannten Weltverbessern auf und es geht um die kleinen und großen Themen, die das Leben und die Lebensbedingungen verbessern können – initiiert von den 30 Helden und Heldinnen, deren Biografien, Taten und besonderen Anliegen zum Nachdenken anregen und auch immer als Vorbild dienen können – Naturschutz, Kampf gegen Rassismus, Liebe und Freundlichkeit zu Tieren und zu den Menschen. Wer war z.B. Harriet Tubman? - In Amerika ist sie spätestens seit Whiteheads „Underground Railroad“ berühmt und durch ihr couragiertes und selbstloses Verhalten Vorbild für viele. Was macht z.B. Lady Di so besonders? Was hat es mit der Kraft der Freundlichkeit auf sich und welche Personen können mich bewegen und motivieren?

Ein inspirierendes Kinder- und Jugendbuch ab ca. 12 Jahren, das zum Nachdenken anregen und zum Handeln ermuntern kann – wir haben mehr Möglichkeiten als gedacht, wir können den Weg zur Mitmenschlichkeit und Freundlichkeit wählen und die Welt zu einem besseren Ort machen!

Bewertung vom 08.10.2023
Die Regeln des Spiels
Whitehead, Colson

Die Regeln des Spiels


sehr gut

Dies ist der zweite Band einer Trilogie, die im schwarzen Harlem in den 60-ger und 70-ger Jahren spielt, die Hauptperson, Ray Carney, wächst in einem kriminellen Milieu heran und kämpft als Reisender zwischen den Welten um seine eigene Position als rechtschaffener Familienvater und Möbelverkäufer, gleichzeitig als nebenberuflicher Hehler. Daneben geht es immer wieder um Diskriminierungserfahrungen, die er als Schwarzer erleben muss. Allerdings ist das Buch auch gut verständlich, wenn man den ersten Band nicht gelesen hat, in unauffälligen Rückblicken kann man die Zusammenhänge sich erschließen.
Der Roman besteht aus drei nur lose verbunden Teilen, in den jeweils unterschiedliche Personen und Geschehnisse in den Vordergrund rücken, das Personal und der Grundschauplatz tauchen aber immer wieder auf und geben dem Leser ein Gefühl der Kontinuität und die Befriedigung, die einzelnen Strängen selbst zusammen zu bringen. Die einzelnen Gestalten werden so aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, ich habe dadurch auch sehr zwielichtige und teilweise abstoßend handelnde Charaktere ins Herz geschlossen. Besonders Ray Carney sticht als sehr vielschichtig und in all dem Chaos menschlich heraus, man beobachtet seine Entwicklung mit Anteilnahme, aber auch mit Bedauern: Es zeigt sich, wie schwer es ist, seine eigenen Standards in diesem Balanceakt zu halten, der Titel der Originalausgabe „Crook Manifesto“ drückt dieses Thema noch schöner aus als die deutsche Übersetzung, die nicht immer gelungen ist.
Insgesamt fand ich das Buch faszinierend, ein Einblick in eine fremde, sehr schnelle und bunte, aber auch gefährliche und harte Welt. Die selbstverständliche Beschreibung von teilweise brutaler Gewalt mutet mir fremd und unangenehm an, wobei vieles durch Humor eine Distanz und vielleicht sogar unpassende Leichtigkeit bekommt. Auf jeden Fall macht es Lust auf die anderen Bänder der Reihe, ich möchte gern wissen, wie es Ray und den anderen im weiteren Leben ergeht.

Bewertung vom 05.10.2023
Schattenriss
Prammer, Theresa

Schattenriss


sehr gut

Eine Verkettung ungünstiger Zufälle
Toni Lorenz und Edgar Brehm, ein kriminalistisches Dream-Team, die junge Schauspielschülerin und der alternde Ex-Polizist, arbeiten zusammen an ihrem zweiten Fall in der Landeshauptstadt.
Schon auf dem Cover begegnet uns Wien bei Nacht: Wir befinden uns direkt am Prater, der Ort des Verbrechens, und durch die Blaufärbung ist die Stimmung eher geheimnisvoll und düster im Gegensatz zum sonst gewohnten Ort des Glücks. Schon der Titel ist spannend und man möchte erfahren, was es mit diesem Riss auf sich hat - auch geheimnisvoll und vielversprechend.
Die Geschichte um die Jugendlichen Julian und Anne-Sophie ist mysteriös, zählt Julian zu den Guten oder Bösen? Wer schreibt diese seltsamen, verstörenden Tagebucheinträge? Ein religiöser Fantatiker? Der Mörder? Oder sind es bloß kurze Reflexionen? Stammen sie von Julian? Von Sophie oder von einem dritten? Spannend auch der Einschnitt mit der Freundin, die angeblich im Drogenrausch war und sich an den Verbleib der Freundin nicht mehr erinnern konnte – alles scheint möglich und nichts ist Gewissheit.
So schlagen sich die beiden Detektive durch die unglaublichen Vorfälle, gehen Fährten nach, verwerfen eindeutige Hinweise, sie haben es mit unfreundlichen Polizisten, griesgrämigen Ex-Kollegen, entfremdeten Töchtern und Eltern, unliebsamen Bekannten, karrieregeilen Kommissaren und neugierigen Nachbarn zu tun, ein Priester verfechtet das Beichtgeheimnis seines Schützlings und ersten Verdächtigen, eine werdende Mutter verschweigt ihren neuen Partner und wird beim Sex ertappt – unglaublich actionreich, spannend und kurzweilig liest sich der Krimi und bleibt ein Pageturner bis zur bitteren Auflösung und zum versöhnlichen Ende..
Ich konnte das Buch nicht mehr zur Seite legen und bin erfreut und überrascht vom Ausgang!
Theresa Prammers Kriminalroman „Schattenriss“ bietet Spannung bis zum Schluss und eine logische, nachvollziehbare Aufklärung der verwickelten Verstrickungen, der Krimifan kommt auf seine Kosten: eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.09.2023
Die Unbändigen
Hart, Emilia

Die Unbändigen


gut

Wie bei Puccini – die starken Frauen sind die Sympathieträgerinnen, haben Herz, Verstand und Intuition, sind voller Liebe und ungeahnter Kräfte, sie schlagen sich durch, kommen zum Ziel, auch wenn dieses teilweise im Opfertod, in der Selbstaufgabe oder im Leiden besteht, und fast alle Männer – nun ja, kannst du in die Tonne klopfen...
Was aber um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert vielleicht noch revolutionär und ungewöhnlich war, ist heutzutage Mainstream und ich kann verstehen, dass der Roman „Die Unbändigen“ von Emilia Hart vor allem Frauen entzückt.
Und das ist auch nachvollziehbar, denn der Roman ist ein Pageturner, der durch seine kurzen Kapitel, die klare, unaufgeregte Sprache und die wechselnden Perspektiven und Zeitalter besticht.
Kurzweilig, spannend versteht Emilia Hart es, in ihrem Debütroman die düstere und z.T. beängstigende Atmosphäre im Schloss, in dem einsamen Cottage, in der anonymen Großstadt zu schildern, und ein Eintauchen in die Geschichte gelingt. Wie im Märchen wird das Gute belohnt und das Böse bestraft, alles bleibt eher schwarz-weiß und der Gerechtigkeitssinn der Leserin wird befriedigt. Nuancen oder Grau-Schattierungen sind nicht zu entdecken, es gibt keine Widersprüche oder Veränderungen der Protagonisten, außer, dass sie im Laufe der Zeit ihre wahre Stärke und Unabhängigkeit entdecken. Die losen Enden laufen zum Schluss zu einem roten Faden zusammen, man / frau kann aufatmen, man hat es ja geahnt, so kommt doch noch alles zu seinem erhofften bzw. versöhnlichem Ende. Und wenn sie nicht gestorben sind...
Ein Roman für alle, die sich gerne vom Gefühl überwältigen lassen, mit den Figuren mitleiden, hoffen und sich in andere Orte und Zeiten entführen lassen.