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Ste

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Insgesamt 205 Bewertungen
Bewertung vom 03.12.2023
Tief im Schatten / Hanna Ahlander Bd.2
Sten, Viveca

Tief im Schatten / Hanna Ahlander Bd.2


ausgezeichnet

Ein spannender, geschickt erzählter Krimi

Inhalt: Im schwedischen Urlaubsort Åre wird die brutal zugerichtete Leiche eines Mannes gefunden. Das Opfer: der ehemalige Skifahrer Johan Andersson, der – so sein näheres Umfeld – allseits beliebt war und zeitlebens mit niemandem aneckte. Doch der Mord an Johan Andersson ist nicht der einzige Fall, mit dem sich die Ermittlerin Hanna Ahlander konfrontiert sieht. Eine Frau ist plötzlich verschwunden – hochschwanger und auf wichtige Medikamente angewiesen…

Persönliche Meinung: „Tief im Schatten“ ist ein Kriminalroman der schwedischen Autorin Viveca Sten. Es handelt sich um den zweiten Band der Hanna Ahlander-Reihe, deren erster Band („Kalt und still“) im letzten Jahr auf Deutsch erschien. Da die Handlung von „Tief im Schatten“ sowie die behandelten Fälle in sich abgeschlossen sind, lässt sich der Kriminalroman auch ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen. Für ein tieferes Verständnis der Figurenbeziehungen ist ein chronologisches Lesen natürlich sinnvoll, allerdings erhält man in „Tief im Schatten“ alle nötigen Informationen zu den Figuren, ohne dass „Kalt und still“ gespoilert wird. „Tief im Schatten“ eignet sich demnach auch für den Quereinstieg in die Reihe. Erzählt wird die Handlung in mehreren, eher kurzen Kapiteln aus unterschiedlichen personalen Perspektiven (neben derjenigen der Ermittlerfigur Hanna schlüpft man u. a. in die PoVs einiger Personen aus dem Umfeld Johan Anderssons) – das Erzähltempo ist dementsprechend hoch. Zur Handlung des Krimis möchte ich gar nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Sie ist fesselnd, besitzt eine schöne Spannungskurve und ist mit einigen falschen Fährten gespickt. Das Ende trumpft außerdem mit einem stimmigen Twist auf. Sehr gut hat mir auch die geschickte Verknüpfung der unterschiedlichen Erzählebenen gefallen, die sich in „Tief im Schatten“ findet (wie genau diese Ebenen verbunden werden und um welche es sich überhaupt handelt, kann ich hier nicht weiter ausführen – die Spoilergefahr ist zu groß). Wie schon der erste Band der Reihe ist auch „Tief im Schatten“ anschaulich geschrieben, sodass während der Lektüre ein detailliertes Kopfkino entsteht. Zudem lässt sich der Krimi flüssig und angenehm lesen. Insgesamt ist „Tief im Schatten“ ein spannender, fesselnd geschriebener Kriminalroman, der erzählerisch geschickt austariert ist.

Bewertung vom 01.12.2023
Monsteranwalt / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.2
Buckingham, Royce

Monsteranwalt / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.2


ausgezeichnet

Ein kurzweiliger Urban Fantasy-Krimi

Inhalt: Ein neuer Fall wartet auf den Monsteranwalt Daniel Becker: Ein Ungeheuer treibt im Hafen von Seattle sein Unwesen – und die Bürgermeisterin möchte, dass dieses Problem möglichst diskret und unbürokratisch gelöst wird. Daneben muss Daniel sich aber noch um ganz andere Fälle kümmern: eine Sirene, die es mit ihren Gesangskünsten übertrieben hat, einen Jugendlichen, der Dämonen bewacht, und eine potentielle Mandantin, die sich in eine Schlange verwandeln kann und Daniel am liebsten Tod sehen möchte…

Persönliche Meinung: „Monsteranwalt“ ist ein Urban Fantasy-Roman mit Krimielementen von Royce Buckingham. Es handelt sich um den zweiten Band einer Reihe um den Rechtsanwalt Daniel Becker, der sich übernatürliche Fälle auf die Fahne geschrieben hat. Der Handlung von „Monsteranwalt“ kann man auch ohne Kenntnis des Vorgängers („Im Zweifel für das Monster“) folgen. Für ein tieferes Verständnis der Figurenbeziehungen ist es aber sinnvoll, die Reihe chronologisch zu lesen. Erzählt wird die Handlung aus der Ich-Perspektive von Daniel Becker, der seinen Fällen immer mit einem ironischen Augenzwinkern begegnet. Während im ersten Band der Reihe noch verstärkt Justizkrimi-Elemente in der Handlung eine Rolle spielen, verlagert sich der Schwerpunkt in „Monsteranwalt“ stärker auf Urban Fantasy. Dies tut der Handlung insgesamt aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die übernatürliche Welt Seattles wird weiter ausgekundschaftet und ausgebaut; für Spannung sorgt ein Geheimnis, das die Mandantin, die sich vor Daniels Augen in eine Schlange verwandelt, umgibt (dieses Geheimnis wird übrigens sehr schön gelöst!). Die Handlung selbst ist sehr stimmig, hält die ein oder andere Überraschung bereit und knüpft sinnvoll an den ersten Band der Reihe an (man trifft z. B. auf einige alte Bekannte, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hätte). Der Schreibstil von Royce Buckingham ist bildreich und anschaulich und lässt sich – durch seinen humorvollen Ton – sehr flüssig lesen. Insgesamt ist „Monsteranwalt“ ein kurzweiliger Urban Fantasy-Roman, der mir – in Bezug auf Humor, Stringenz und Einfallsreichtum – sogar noch eine Spur besser als der erste Band gefallen hat.

Bewertung vom 19.11.2023
Im Zweifel für das Monster / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.1
Buckingham, Royce

Im Zweifel für das Monster / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.1


sehr gut

Urban Fantasy meets (Justiz-)Krimi

Inhalt: Daniel Becker, Rechtsanwalt in Seattle, hat ein Ziel vor Augen: Er will Partner in der renommierten Kanzlei Fury und Styles werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er seit Jahren alles zurückgestellt – und es scheint sich gelohnt zu haben, endlich ist die Partnerschaft greifbar. Nur die Vertretung in einem Rechtsfall muss noch überstanden werden. Doch kurz bevor es in diesem Prozess rechtlich ans Eingemachte geht, bekommt Daniel unerwartet nächtlichen Besuch: Ein echtes Monster steht neben seinem Bett – und zwar jenes Monster, das ihn in seiner Kindheit immer heimsuchte. Das Monster ist in einem Mordfall angeklagt, weshalb es Daniel um rechtlichen Beistand bittet – und ehe Daniel es sich versieht, findet er sich in einer Welt voller sprechender Hunde, Sirenen und Donnervögel wieder…

Persönliche Meinung: „Im Zweifel für das Monster“ ist ein Urban Fantasy-Krimi von Royce Buckingham. Es ist der Auftakt einer Reihe um den „Monsteranwalt“ Daniel Becker. Erzählt wird die Handlung aus der Ich-Perspektive Daniels, der mit seinen (alltäglichen und nicht so alltäglichen) Problemen lebendig und authentisch dargestellt wird. Die Handlung von „Im Zweifel für das Monster“ setzt unterschiedliche Schwerpunkte. Neben dem Privatleben Daniels (z. B. die Liebe oder der Umgang mit seiner Tochter, die getrennt von ihm lebt) spielt Daniels Arbeit als Anwalt eine große Rolle im Roman. Dabei werden sowohl – einem humorvollen Justizkrimi ähnelnd – die alltäglichen Rechtsfälle behandelt, die Daniel in seinem „normalen“ Anwaltsjob beschäftigen, als auch die „Monsteranwalt“-Fälle, in denen unterschiedliche Urban Fantasy-Elemente eine Rolle spielen (besonders hat mir in diesem Kontext die übernatürliche Gerichtsbarkeit gefallen, die ich hier aber nicht spoilern möchte). Der rote Faden, der diese Schwerpunkte verknüpft, ist die Ermittlung in dem Mordfall, durch den Daniel, vermittelt durch „sein“ Monster, überhaupt erst in die übernatürliche (Justiz-)Welt eingestiegen ist. Dieser Mordfall, der einem Whodunnit-Krimi ähnelt, besitzt einige schöne Wendungen und ein überraschendes Ende. Der Schreibstil von Royce Buckingham, der mit einer Prise Humor und Ironie gewürzt ist, lässt sich angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Im Zweifel für das Monster“ ein humorvoller Genre-Mix aus Urban Fantasy und (Justiz-)Krimi, der neugierig auf den zweiten Teil der Reihe macht.

Bewertung vom 19.11.2023
Höllenkalt / Die Áróra-Reihe Bd.1
Sigurðardóttir, Lilja

Höllenkalt / Die Áróra-Reihe Bd.1


sehr gut

Ein spannender und kurzweiliger Island-Krimi

Inhalt: Áróra Jónsdóttir, eine private Ermittlerin im Wirtschaftssektor, hat seit einiger Zeit keinen Kontakt mehr zu ihrer Schwester Ísafold. Nicht nur trennt die beiden der Ozean – Áróra lebt in London, Ísafold in Reykjavík –, auch wurde Áróra von ihrer Schwester auf allen Social-Media-Kanälen blockiert. Umso irritierter ist Áróra, als sie plötzlich einen Anruf ihrer Mutter erhält: Diese sorgt sich, dass Ísafold etwas zugestoßen sein könnte, da sie wie vom Boden verschluckt scheint. Kurzerhand reist Áróra nach Reykjavík, um ihre Schwester zu suchen – doch bei ihrer Suche stößt sie auf einige Ungereimtheiten…

Persönliche Meinung: „Höllenkalt“ ist ein Kriminalroman von Lilja Sigurðardóttir (der Krimi ist der Auftakt einer Reihe um die Ermittlerfigur Áróra). Erzählt wird „Höllenkalt“ aus mehreren unterschiedlichen personalen Perspektiven: So werden neben Áróras Sicht auch die Perspektiven von verschiedenen Nachbarn Ísafolds eingenommen, wodurch sich eine latente Spannung durch die Handlung des Romans zieht. Denn: Jede*r im Umfeld Ísafolds scheint ein Geheimnis zu verbergen – wobei sich schrittweise, spannungstechnisch in einem schönen Tempo, offenbart, inwiefern das jeweilige Geheimnis mit dem Verschwinden Ísafolds zusammenhängt. Für zusätzliche Spannung innerhalb der Handlung sorgen einzelne Rückblicke in die Vergangenheit Áróras, in denen die Beziehung zu ihrer Schwester näher beleuchtet wird. Generell ist Áróra eine dreidimensionale Figur: Da ihr Vater Isländer, ihre Mutter aber Engländerin ist, gerät sie in „Höllenkalt“ in einen Identitätskonflikt und fragt sich permanent, wo sie eigentlich hingehört (bzw. hingehören möchte). Neben dem eigentlichen Fall – der Suche nach Ísafold – findet sich in „Höllenkalt“ noch ein zweiter Fall: Eine potenzielle wirtschaftliche Straftat, der Áróra auf den Grund gehen möchte. Beide Fälle werden im Wechsel erzählt, wodurch „Höllenkalt“ insgesamt ein kurzweiliger, nicht eintöniger Krimi ist. Ansonsten möchte ich zur Handlung gar nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Sie besitzt einige schöne Überraschungen (besonders zum Ende hin) und ist stimmig. Der Schreibstil von Sigurðardóttir ist klar, deutlich und eingängig, sodass sich „Höllenkalt“ flüssig lesen lässt. Insgesamt ist „Höllenkalt“ ein fesselnder und kurzweiliger Kriminalroman mit einer interessanten Ermittlerfigur.

Bewertung vom 05.11.2023
Am Tisch sitzt ein Soldat
Schmidt, Joachim B.

Am Tisch sitzt ein Soldat


ausgezeichnet

Ein spannender, feinfühliger Familienroman

Inhalt: Die 1960er. Jón hat für sein Medizinstudium den elterlichen Bauernhof in Island verlassen und ist in die Millionenstadt Hamburg gezogen. Doch als ihn ein Brief aus der Heimat erreicht, kehrt er umgehend auf den Hof zurück. Dort erwarten ihn nicht nur eine im Sterben liegende Mutter, eine sturköpfige Tante und ein Bruder, den er seit Jahren versucht, zu vergessen – zugleich beherbergt der Hof ein Geheimnis, für dessen Lösung Jón seine Kindheit aus einem neuen Blickwinkel betrachten muss…

Persönliche Meinung: „Am Tisch sitzt ein Soldat“ ist ein Roman von Joachim B. Schmidt. Vorweg: Auch wenn der Titel des Romans vielleicht Erwartungen an eine martialische Handlung weckt: Krieg, Gewalt oder das Soldatentum spielen in „Am Tisch sitzt ein Soldat“ keine Rolle (natürlich ist der Titel des Romans nicht von ungefähr gewählt: Die Figur „Soldat“ ist wichtig für die Handlung; wie genau sie eingeflochten ist, soll hier aber nicht verraten werden). Die Handlung des Romans ähnelt eher einem Familienroman – Mitglieder von drei unterschiedlichen Generationen treten auf –, der – durch das Familiengeheimnis, dem Jón auf die Spur kommen möchte – Elemente einer Krimihandlung in sich birgt. Auch spielt die Gefühlswelt von Jón in „Am Tisch sitzt ein Soldat“ eine vergleichsweise große Rolle: Jón fühlt sich auf dem elterlichen Hof mit seiner Kindheit konfrontiert, trifft Personen, mit denen er ewig keinen Kontakt mehr hatte, und verfällt durch die Rückkehr in die Heimat in eine Identitätskrise. Weiterhin versucht Jón, irgendwie mit dem Tod seiner Mutter klarzukommen; er macht sich Vorwürfe, längere Zeit nicht am Hof gewesen zu sein, was ihn zusätzlich belastet. Zum konkreten Handlungsverlauf möchte ich nur einzelne Stichworte geben, da die Spoiler-Gefahr recht groß ist: Die Handlung entfaltet sich – auf eine feine Art und Weise – behutsam und ist – trotz ihrer ernsten Themen – immer mit einer Prise leichtem Humor gewürzt. Strukturell sorgt innerhalb des Romans für Spannung, dass Jón teilweise mehr zu wissen scheint, als er (den Lesenden) preisgeben möchte. Daneben hält der Roman einige Wendungen bereit, mit denen man nicht unbedingt rechnet, und endet stimmig. Sehr gut hat mir auch die atmosphärische Darstellung Islands gefallen: Es wirkt hier eher karg und rau, besitzt aber zugleich auch idyllische Fleckchen. Der Schreibstil von Joachim B. Schmidt ist angenehm und flüssig zu lesen. Insgesamt ist „Am Tisch sitzt ein Soldat“ ein einfühlsamer Familienroman mit Krimielementen, der mit schönen Wendungen auftrumpft.

Bewertung vom 16.10.2023
Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3


ausgezeichnet

Ein historischer Roman mit Kopfkino-Garantie

Inhalt: Wien, 1895. Inspektor Leopold von Herzfeldt wird an einen ungewöhnlichen Tatort gerufen: Die Gruft unter dem Stephansdom – wo der Mesner die Leiche des bekannten Arztes Theodor Lichtensteiner aufgefunden hat. Lichtensteiner hatte sich jüngst einige Feinde gemacht: Als Gegner des Spiritismus schlich er sich in verschiedene Séancen ein, um diese als Scharlatanerie zu entlarven. Auch Leopold von Herzfeldt ist der Glaube an Geister fern – doch als die Tatortfotos entwickelt sind, schwebt auf diesen der Geist eines jüngst Beschworenen über der Leiche Lichtensteiners…

Persönliche Meinung: „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist ein historischer Kriminalroman von Oliver Pötzsch. Es handelt sich um den dritten Band der „Die Totengräber“-Reihe; da die Handlung und der Fall aber in sich abgeschlossen sind, kann man den Roman auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen. Erzählt wird die Handlung aus mehreren personalen Perspektiven, wobei Schwerpunkte auf den Perspektiven von Leopold von Herzfeldt und von Julia Wolf (Tatortfotografin und Partnerin von Leopold) liegen. Beide Figuren sind mit ihrer Gefühls- und Gedankenwelt lebendig und (historisch) authentisch gezeichnet. Die Handlung des Romans besitzt die Struktur eines Ermittlerkrimis: Leopold versucht, gemeinsam mit Julia und dem kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer, den Mörder von Lichtensteiner zu stellen. Dabei führen die Ermittlungen die drei Protagonisten auf Friedhöfe sowie in Séancen, dunkle Gemäuer und Krypten, wodurch die Handlung (wohlig) gruselige Komponenten erhält. Die Spannungskurve des Romans ist hoch: Nicht nur gibt es eine Vielzahl potenzieller Täterfiguren und einige falsche Fährten – schnell wird klar: Der Mord an Lichtensteiner ist nicht der einzige Fall, den es zu klären gilt. Was genau es dabei mit den Fällen auf sich hat und wer dahintersteckt, ist kaum zu erahnen und überraschend. Nicht zuletzt ist auch die Recherchearbeit, die hinter dem Roman steht, hervorzuheben: Man hat während der Lektüre permanent das Gefühl, in ein authentischen Wien Ende des 19. Jahrhunderts zu treten. Der Schreibstil von Oliver Pötzsch ist ausgesprochen dreidimensional und tiefenscharf, sodass während der Lektüre ein schönes Kopfkino entsteht. Insgesamt ist „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ein spannender sowie authentisch wirkender historischer Roman mit tollen Protagonisten.

Bewertung vom 02.10.2023
Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2
Storm, Andreas

Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2


ausgezeichnet

Ein spannender Kriminalroman über zeitgenössische Kunst

Inhalt: Granada 2016. Ein surrealistisches Gemälde, das über Jahre hinweg keine großartige Beachtung erfahren hat, wird aus einem Luxushotel gestohlen. Dies droht zu einem handfesten Skandal zu werden. Denn: Julius Ritter, der Vater des deutschen Verteidigungsministers Franziskus Ritter, hat das Gemälde vor Jahrzehnten auf nicht ganz legalem Wege erworben. Da Ritter Jun. fürchtet, dieser Umstand könne sich als Fallstrick für seine Kandidatur als NATO-Generalsekretär erweisen, beauftragt er den Kunsthistoriker Lennard Lomberg damit, das Gemälde ausfindig zu machen – möglichst ohne großes Aufsehen. Während seiner Ermittlungen spürt Lomberg der Geschichte des Gemäldes nach, die bis in das Spanien Francos reicht…

Persönliche Meinung: „Die Akte Madrid“ ist ein kunstaffiner Kriminalroman von Andreas Storm. Es handelt sich um den zweiten Band der „Lennard-Lomberg-Reihe“. Die Handlung von „Die Akte Madrid“ ist in sich abgeschlossen, sodass man sie auch ohne Kenntnis des Vorgängers „Das neunte Gemälde“ lesen kann (für ein besseres Verständnis der Figurenbeziehungen ist es aber natürlich sinnvoll, die Reihe chronologisch zu lesen). Erzählt wird die Handlung aus einer Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven, wobei diejenige Lombergs den Ankerpunkt des Krimis bildet. Die Handlung entfaltet sich auf mehreren im Wechsel erzählten Zeitebenen, wovon ich hier nur einzelne anteasern möchte: Während wir 2016 in Spanien gemeinsam mit Lomberg den Verbleib des Gemäldes ermitteln, begleiten wir im Jahr 1966 einen Journalisten, der Verstrickungen der Bonner Republik mit Francos Spanien aufdecken will. In den 1940er Jahren wiederum erfahren wir etwas über den Ursprung des Gemäldes – und den folgenschweren Pakt zwischen Hitler und Franco. Für alle Zeitebenen gilt: Zeitgeschichte, Politik und zeitgenössische Kunst spielen hier eine ebenso große Rolle wie der Fall des verschwundenen Gemäldes; Historisches wird stimmig mit Fiktivem verknüpft. Die Verzahnung der einzelnen Zeitebenen ist klug durchdacht und komponiert: Man ist – durch den Wechsel der Zeitebenen – Lomberg permanent einen kleinen Schritt voraus, dennoch entstehen immer wieder schöne „Aha“-Momente. Durch die verschiedenen Perspektiven, Zeitebenen und Handlungsorte ist „Die Akte Madrid“ ein inhaltlich abwechslungsreicher Krimi mit einem angenehmen Tempo. Die Handlung selbst changiert zwischen klassischem Kriminalroman und Agententhriller. Der Schreibstil von Andreas Storm, der mit einer feinen Ironie auftrumpft, lässt sich angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Die Akte Madrid“ ein spannender, schön komponierter Kriminalroman, der sich ungezwungen dem Thema der zeitgenössischen Kunst widmet.

Bewertung vom 29.09.2023
ANGST
Menger, Ivar Leon

ANGST


ausgezeichnet

Ein fesselnder Thriller

Inhalt: Viktor scheint zwar ganz nett zu sein, ist aber insgesamt nicht Mias Typ. Daher steht auch für Mia fest: Ihr erstes Date soll ihr letztes bleiben. Doch Viktor sieht das ganz anders. Er lässt Mia nicht in Ruhe; findet immer wieder Gründe, Mia zu kontaktieren und sie in ihrer Wohnung aufzusuchen. Was anfänglich eher „nur“ nervig ist, steigert sich schrittweise in einen handfesten Fall von Stalking – bis es zu einem tödlichen Zwischenfall kommt…

Persönlich Meinung: „Angst“ ist ein Psychothriller von Ivar Leon Menger. Erzählt wird die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven: So findet sich einerseits die Ich-Perspektive Mias, die zugleich den Haupthandlungsstrang bildet, andererseits eine aus personaler Sicht erzählte Perspektive, deren Sprecher (zunächst) offenbleibt. Inhaltlich dreht sich „Angst“ – wie der Inhaltsteaser schon nahelegt – um einen Stalkingfall. Dieser wird mit seiner schrittweisen Eskalation – von vermeintlichen Harmlosigkeiten zu massiven Grenzüberschreitungen – authentisch dargestellt. Sehr gut hat mir auch die Zeichnung von Mia gefallen: Diese wird mit all ihren Ängsten und Sorgen, die sie in Bezug auf Viktor hat, lebendig charakterisiert, sodass man unweigerlich mit ihr fiebert und fühlt. Die Handlung selbst ist – durch die größeren und kleineren Fragezeichen, die sich während der Lektüre bilden – durchweg fesselnd und spannend. Auch ist das Ineinandergreifen der verschiedenen Erzählstränge klug durchdacht. Den großen Twist am Ende des Thrillers kann man zwar erahnen, allerdings nicht in seiner vollen Gänze, sodass er eine*n beim Lesen trotzdem kalt erwischt. Der Schreibstil von Ivar Leon Menger ist ungemein anschaulich, dabei zugleich sehr flüssig zu lesen, sodass man nur so durch die 400 Seiten des Thrillers fliegt. Insgesamt ist „Angst“ ein schön komponierter, fesselnder Thriller mit einer lebendigen Protagonistin.

Bewertung vom 14.09.2023
Wolfszeit
Schwenk, Bjela

Wolfszeit


sehr gut

Ein spannender und wendungsreicher High Fantasy-Roman

Inhalt: Der Krieg, ausgehend von den Drei Herrinnen, wirft seine Schatten über das Königreich. Während Kaya mit Mitgliedern ihres Stammes in den Krieg zieht, bricht ihr Partner Haku in den schneereichen Norden auf: Seine Totemtiere, die Wölfe, haben ihm den Auftrag gegeben, eine einsam gelegene magische Stadt aufzusuchen. Zugleich begeben sich die Elfe Elais, der ehemalige Ordenskrieger Tkemen und Thea, die Anführerin der Diebesgilde, auf die Suche nach den sagenumwobenen schwarzen Steinen – jene Steine, aus denen die Drei Herrinnen ihre Macht ziehen.

Persönliche Meinung: „Wolfszeit – Die Schwarze Stadt“ ist ein High Fantasy-Roman von Bjela Schwenk. Es handelt sich um den dritten Band der „Wolfszeit“-Reihe. Da die Kernhandlung von „Die Schwarze Stadt“ nicht direkt auf die ersten beiden Bände aufbaut, lässt sich der dritte Band auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen (Ich habe die Vorgänger (noch) nicht gelesen. Anfangs brauchte ich ein bisschen, um mich zu orientieren, konnte mich dann aber gut in der Handlung von „Die Schwarze Stadt“ zurechtfinden). „Die Schwarze Stadt“ wird wechselweise aus verschiedenen personalen Perspektiven in mehreren Handlungssträngen (die jeweiligen im Inhaltsteaser benannten Aufgaben/Missionen der Hauptfiguren) erzählt. Durch die Perspektivwechsel entsteht insgesamt ein schönes Erzähltempo; für Spannung sorgt, dass die Kapitel mit Cliffhangern enden, wodurch man unbedingt weiterlesen möchte. Zur Handlung will ich ansonsten gar nicht zu viel spoilern. Nur: Sie ist wendungsreich und – in Bezug auf Handlungsort(e), Inhalt(e) sowie die Gefühls- und Gedankenwelten der handelnden Figuren – sehr abwechslungsreich und vielfältig. „Die Schwarze Stadt“ endet mit mehreren Cliffhangern, die neugierig auf den bereits erschienenen vierten Band machen. Der Schreibstil von Bjela Schwenk lässt sich sehr flüssig lesen und ist bildreich, sodass während der Lektüre ein detailliertes Kopfkino entsteht, durch das man sich zügig in die jeweiligen Szenerien einfinden kann. Insgesamt ist „Die Schwarze Stadt“ ein spannender sowie wendungsreicher High Fantasy-Roman mit lebendig ausgestalteten Figuren.

Bewertung vom 06.09.2023
Heartbreak
Bagci, Tarkan

Heartbreak


ausgezeichnet

Ein Sommerroman, der bei aller Leichtigkeit nicht vor ernsten Themen zurückschreckt

Inhalt: Tom hat einen Höhepunkt in seiner bisherigen Karriere erreicht: Er wird die Hauptrolle im neuen „Bello“-Film spielen – einem der gehyptesten Filme Deutschlands. Allerdings kommt es kurz vor Drehbeginn zu einem Skandal, der nicht spurlos an Tom vorbeigeht. Auch das Leben von Marie ändert sich von einem Tag auf den anderen. In den letzten Monaten ging es ihr mental immer besser – auch durch die Unterstützung von Emil, ihrem Freund. Doch dieser bricht den Kontakt plötzlich ab, scheint spurlos verschwunden zu sein. Tom und Marie könnten nicht unterschiedlicher sein – und doch kreuzen sich ihre Wege unerwartet in der Toskana.

Persönliche Meinung: „Heartbreak“ ist ein Sommerroman von Tarkan Bagci. Erzählt wird die Handlung wechselweise aus den personalen Perspektiven von Tom und Marie. Beide Figuren sind lebendig und sympathisch gezeichnet, wobei Marie eine besondere Tiefe besitzt. Sie ist an einer Depression mit Zwangsstörung erkrankt, wobei dies in enttabuisierender Weise offen, authentisch und einfühlsam beschrieben wird. Neben psychischen Erkrankungen wird (vor allem im Handlungsstrang von Tom) ein weiterer gesellschaftlich wichtiger Gegenstand thematisiert: die Schattenseiten von Social Media wie bspw. die Unmittelbarkeit der Kommunikation, die ständige Erreichbarkeit und die dynamische, sich rasant formierende Mob-Mentalität. Trotz dieser ernsten Themen kommt aber auch die Leichtigkeit innerhalb des Romans nicht zu kurz: Gewürzt ist „Heartbreak“ mit einer schönen Prise Humor und spätestens, wenn Tom und Marie gemeinsam die sonnigen Tage und lauen Nächte der Toskana miteinander verbringen, kommen Sommergefühle auf. Spannung entsteht innerhalb von „Heartbreak“ durch zwei Aspekte. So fragt man sich während der Lektüre einerseits permanent, wie/ob Tom sich aus dem Skandal retten kann. Andererseits sorgt das seltsame Verhalten von Maries mysteriösem (Ex-)Freund für Spannung. Daneben entwickelt sich in „Heartbreak“ zudem eine zarte Liebesgeschichte. Der Schreibstil von Tarkan Bagci ist sehr eingängig und besitzt eine schöne Leichtigkeit, sodass man „Heartbreak“ sehr flüssig lesen kann. Insgesamt ist „Heartbreak“ ein Sommerroman der anderen Art, der einerseits voller Leichtigkeit ist, andererseits aber auch vor ernsten Themen nicht zurückschreckt.