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Bewertungen
Insgesamt 120 BewertungenBewertung vom 13.03.2023 | ||
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Die Lyrikerin Doireannn Ní Ghríofa beschreibt in ihrem autofiktionalen Erstlingswerk, wie sie während der Still- und Kleinkindzeiten ihrer Kinder über das Leben und Dichten der Irin Eibhlìn Dubh stolpert, welches sie in der Folge nicht mehr loslässt. Fast obsessiv fühlt sich die junge Mutter zu der Frau aus dem 18. Jahrhundert hingezogen, besonders weil über diese so wenig bekannt ist. Die Erzählerin beginnt eine Spurensuche, die zwischen Imaginiertem und Fakten angesiedelt ist, dreht jede noch so kleine Porzellanscherbe um und lernt in dem Prozess immer mehr über sich selbst, den Fluch und Segen von Weiblichkeit und Mutterschaft. |
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Bewertung vom 15.02.2023 | ||
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„Andere Sterne“ ist die etwas andere Weihnachtsgeschichte, die den Traum von Weihnachten dennoch sehr eindrücklich einfängt. Ronja wünscht sich ein paar einfache Dinge: dass ihr Vater weniger trinkt, nicht in Bars geht, sich um sie kümmert, eine Arbeit hat und ihr Geborgenheit schenkt. All diese Dinge sollten mehr oder weniger selbstverständlich sein, doch Ronjas Vater scheitert regelmäßig daran und so sind sie und ihre Schwester auf sich selbst gestellt. |
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Bewertung vom 18.12.2022 | ||
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Voll aufgedreht! / Gregs Tagebuch Bd.17 Auch im 17. Band von Gregs Tagebuch geht es wieder rund. Dieses Mal kommen Rockfans voll auf ihre Kosten, denn Greg wird zum Helfer der Band „Folle Vindl“ seines Bruders Rodrick befördert, wo er eine kleine Karriere vom Träger bis zum Gitarristen durchläuft. Auch wenn Greg in diesem Band natürlich mit von der Partie ist, geht es in dem Roman sehr viel um Rodrick und seinen Traum vom Erfolg, der mit viel Werbung und Tipps von seinen Idolen wahr werden soll. |
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Bewertung vom 16.12.2022 | ||
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Eleonore von Aquitanien, die wohl schillerndste weibliche Persönlichkeit des Mittelalters, steht im Mittelpunkt des Romans von Eva García Sáenz, der sie durch ihre jungen Jahre begleitet. Der Leser erlebt Eleonore als willensstarke, sehr entschlossene, berechnend planende und hochintelligente Frau, die sich ihres Erbes und Standes in jeder Sekunde bewusst ist und verpflichtet fühlt. Tiefere Einsichten in ihre Gedanken und Motive werden durch die Wahl der Erzählweise ermöglicht, die zwischen der Ich-Perspektive Eleonores und der ihres Gemahls Louis wechselt. Bezeichnenderweise befassen sich auch die Kapitel, die aus der Sicht von Louis geschildert werden, hauptsächlich mit Eleonore, ihrem Wirken und vor allem ihrer Wirkung. Unterbrochen wird diese sich abwechselnde Erzählweise von Rückblicken, in denen sich nach und nach ein Geheimnis entfaltet, das eng mit der gesamten Handlung verbunden ist. |
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Bewertung vom 05.12.2022 | ||
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Rebecca Waits frecher, humorvoller und bedrückender Roman “Meine bessere Schwester” enthüllt toxische Familiendynamiken und belastete Geschwisterbeziehungen. Schonungslos und mit sehr feiner Beobachtungsgabe werden die Rivalitäten zwischen Kindern und die einzigartigen, sehr unterschiedlichen Beziehungsgeflechte zwischen Eltern und Kindern ausgelotet. Die Autorin schreckt nicht vor unangenehmen Wahrheiten zurück. Es gelingt ihr hervorragend sich in jede ihrer Figuren ausgiebig einzufühlen, herauszuarbeiten, warum diese so fühlt und wieso sie sich nur so verhalten kann. Bezeichnenderweise wirbt sie bei aller Empathie nicht um die Sympathie des Lesers für ihre wirklich sehr beladenen Figuren. So gelingt ihr eine faszinierende Balance zwischen scharfsinnigen Einzelporträts und einem umfassenden Familiengemälde, beherrscht von starken Charakteren mit sehr unterschiedlichen Einzelinteressen. Durch die zwischen neutral und ironisch-distanziert schwankende Erzählweise werden hochdramatische Momente vermieden, dafür gibt es zahlreiche humorvolle Beschreibungen und lustige Situationen, die den Leser zum Lachen bringen. |
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Bewertung vom 13.11.2022 | ||
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Wer auf der Suche nach einem wunderbaren, gut erzählten und mitreißenden Schmöker für graue Herbsttage ist, der sollte sich von Melissa Fu in den „Pfirsichgarten“ entführen lassen. Ich bin ein großer Fan von Lisa Sees Romanen, die das Schicksal von chinesischen Auswanderern in den USA betrachten, und daher war für mich thematisch vorab eigentlich schon klar, dass „Der Pfirsichgarten“ das Zeug zum Volltreffer hat. Umso begeisterter bin ich, dass es sich tatsächlich so verhält. |
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Bewertung vom 28.10.2022 | ||
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„Intimitäten“ – ein Wort, das wie eine leicht verniedlichende Beschönigung daherkommt, entwickelt in Katie Kitamuras ruhigem und faszinierenden Roman eine besondere Dynamik. Denn auch wenn „echte“ Intimitäten durchaus eine Rolle spielen, wird Intimität in diesem feinen und stilistisch vorzüglichen Roman durch Kommunikation und – ganz besonders –Sprache erzeugt. Die Protagonistin, Dolmetscherin am Strafgerichtshof in Den Haag, fühlt sich fremd in der Stadt, fremd in der niederländischen Sprache, die sie aber zu entschlüsseln versucht, fremd in der Beziehung zu Adriaan, einem verheirateten Mann, dessen Frau ihn verlassen hat. In ihrer Arbeit wird ihr die komplexe Bedeutung des Wortes ebenso jeden Tag vor Augen geführt, wie die intime Bindung des Wortes an Aussprache und Intonation. Als Übersetzerin ist sie stets auf der Suche nach der geeigneten Entsprechung, muss aber die Herausforderung der Nuancen und der Intonation täglich anerkennen. |
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Bewertung vom 06.10.2022 | ||
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In „Matrix“ überstrahlt die junge, unansehnliche Marie alles. Von ihrer angeheirateten Halbschwester Eleonore von Aquitanien (die Familienverhältnisse werden von Lauren Groff alles andere als nachvollziehbar dargelegt, sodass es in mir immer wieder rief „Falsch!“ bis in der zweiten Hälfte des Romans schließlich doch deutlich gemacht wurde, dass die Verwandtschaft über Eleonores Ehemann, den Plantagenet-König Henry II. gegeben war) mit siebzehn Jahren in ein heruntergekommenes Nonnenkloster verbannt, macht sich Marie daran, ihre (Führungs-)Qualitäten zu entdecken und das Leben und die Gemeinschaft der frommen Frauen zu einer neuen Blüte zu führen. Im Fokus ihrer Bemühungen steht der maximale Schutz der ihr anvertrauten Frauen und die größtmögliche Unabhängigkeit und Autonomie von der männlich dominierten Kirche und Außenwelt. Geleitet von Visionen, in denen die Jungfrau Maria ihr den Weg zeigt, erschafft sie fantastisch anmutende Bauten, erdenkt strategische Winkelzüge und entwickelt sich zur allseits von Frauen verehrten Lichtgestalt des weiblichen Mittelalters. Prägend für ihren Lebensweg bleibt die komplexe Liebe für Königin Eleonore. |
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Bewertung vom 27.09.2022 | ||
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Oh! Susanna! Was für ein Lebensweg, was für eine Geschichte! Alex Capus greift sich aus dem Fundus der weniger geläufigen historischen Figuren die Porträtmalerin Susanna Faesch heraus, die heute hauptsächlich für ihr (unter künstlerischen Aspekten eher wenig herausragendes) Porträt von Sitting Bull, einem der berühmtesten Sioux bekannt ist. Aus den verbürgten Fakten webt Capus einen faszinierenden historischen Roman, der unfassbar modern wirkt, da er auf vollkommen auf geschraubte Plüschigkeit verzichtet und auch ohne gespreizte, hochtrabende Dialoge auskommt – im Gegenteil: das Buch „Susanna“ ist auf beeindruckende Weise so rational und no-nonsense wie seine Protagonistin, deren Wille zur Rebellion und drängende Durchsetzungskraft sich schon in den ersten Kapiteln bemerkbar macht, als sie sich gegen den „Wilden Mann“ in Basel zur Wehr setzt (ein Ereignis, dass im Hinblick auf ihr weiteres Leben prägend erscheint). |
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Bewertung vom 23.09.2022 | ||
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Das kleine Mädchen Claudia lebt mit ihrer Mutter gleichen Namens und ihrem Vater, der um viele Jahre älter als seine Frau ist, in einer Wohnung voller Pflanzen. So wie ihr Zuhause einem Dschungel gleicht, so undurchdringlich und voller Gefahren erscheint ihr auch das Leben der Erwachsenen. Dies wird besonders in dem Moment deutlich, in dem Claudias Mutter und der jüngere Lebenspartner ihrer Tante sich füreinander zu interessieren beginnen und das dem Kind bekannte, so verlässliche Konstrukt aus Vater-Mutter-Tochter mehr und mehr zu einem Tanz entlang des Abgrunds wird. |
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