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SternchenBlau

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Insgesamt 178 Bewertungen
Bewertung vom 11.12.2023
Der Weg der Wünsche
Rothfuss, Patrick

Der Weg der Wünsche


ausgezeichnet

Für Fans ein Muss!
Bei Patrick Rothfuss habe ich aufgehört zu warten, ob und wann es weitergehen wird Erwarte nichts, dann wirst du nicht enttäuscht! Immerhin geht der Autor sehr transparent damit um, dass er aus diversen Gründen einfach nicht so weiterschreiben kann, wie er gerne möchte.
Und dann kam diese Novelle. Ich hatte überlegt, ob ich sie überhaupt lesen soll, denn: Wird die Sehnsucht nach dieser Welt danach nicht wieder so unendlich groß sein? Dazu habe ich die Novelle um Auri zwar gerne gelesen, „Die Musik der Stille“ kam aber für mich nicht an die Hauptbände heran. Und dann Bast als Hauptcharakter… ja, ich fand Bast immer sehr charmant. Aber eine letzte Lektüre der Königsmörder-Chroniken (drei waren es insgesamt) liegt schon wieder so lange zurück (circa sieben, acht Jahre), dass ich schon gar nicht mehr genau wusste, was Bast so eigentlich ausmachte. Sollte ich erstmal einen Re-Read starten? Zugegebenermaßen blieb ich neugierig: Was hat sich Rothfuss nach so langer Pause wohl ausgedacht?
Und als das (zugegebenermaßen) sehr schmale Büchlein dann hier lag, da wurde die Neugierde dann zu groß. Und ich las die ersten Seiten – und da ging mir schon das Herz auf, nämlich schon bei Rothfuss Vorwort, in dem er ganz offen und ehrlich mit uns als Lesenden umgeht. Und dann die Geschichte selbst: Nach wenigen Sätzen tauchte ich schon wieder ganz in dieser Welt ein. Dabei passiert erstmal gar nicht viel: Bast webt ein Trugbild eines Taugenichts, der den Tag verstreichen lässt. Und während dieses Nichts passiert so unglaublich viel. Ohne, dass ich mich an viele Plotgegebenheiten bewusst erinnern konnte, konnte ich die Funktionsweise der Magie wieder richtig spüren, obwohl es dazu nur wenige Schilderungen gibt. Hier wird nur ein Tag geschildert, aber die Protagonist*innen kamen mir in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit wieder so nah. Rothfuss’ Kunst besteht darin, dass seine Charaktere nie rein gut oder rein böse sind. Sie changieren in unterschiedlichen Graustufen und werden daher so lebensecht, liebenswürdig, aber auch gefährlich. Was hast du alles noch nicht von ihnen enthüllt, Patrick Rothfuss?
Ich bleibe weiter gespannt.
Für alle Fans definitiv ein Muss! Macht Sehnsucht nach dieser Welt ohne darüber verzweifeln zu müssen. 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 11.12.2023
Die Märchenbahn
Krenzer, Rolf

Die Märchenbahn


sehr gut

Wer sich (und vielleicht noch seine Kinder) auf die Weihnachtszeit einstimmen möchte, kann gerne zu diesem märchenhaften Bilderbuch greifen. Nun ja, die Geschichte ist kein echtes Märchen, sondern die Protagonist*innen sind alle realistisch, ein echter Straßenbahnfahrer, seine Frau und ein paar Kinder. Aber ihnen passiert etwas ziemlich märchenhaftes.
Der Zauber des Märchens kommt über die Märchenbahn, die in der Vorweihnachtszeit täglich ihrer Runden dreht. Und dann geht es noch um Gerechtigkeit, denn der Sohn des Straßenbahnfahrers, der in dieser Bahn als Nikolaus am Steuer sitzt, sollte nicht bevorzugt fahren dürfen. Und das ist ja absolut nachvollziehbar! Aber wie sieht es mit einem kleinen Nikolaus aus? Der darf doch mitfahren, oder?
Es geht um Regeln und warum wir sie vielleicht machmal auch etwas großzügiger auslegen können. Bei dem Gerechtigkeitsaspekt müsste man allerdings vielleicht etwas länger mit den Kindern sprechen. „Die Märchenbahn“ zeigt auch, wie sich eine schöne Idee verbreitet und andere begeistert (viral gehen könnte man auch dazu sagen.) Denn daraus entsteht eine ganz einzigartige – nur dann und nie wieder – Märchenbahn.
Das Bilderbuch von Rolf Krenzer und Sita Jucker ist erstmals bereit 1990 erschienen. Ich habe mich sofort in die irgendwie nostalgischen Bilder verliebt, habe aber überlegt, ob sie bei heutigen Kindern noch so ziehen. Mein Sohn ist mit 11 nun zwar jetzt etwas älter als die eigentlich Zielgruppe, aber ihm haben die Bilder ebenfalls total gut gefallen, genauso wie die Geschichte. Einzig die Wiederholung, welche Stimmen hinter den Nikoläusen stecken, hat ihn etwas gelangweilt. Aber kleinere Kinder brauchen das vermutlich, meinte er.
Bei uns fährt auch eine Weihnachtsbahn herum. Ich habe die allerdings noch nie ausprobiert, weil ich mir die eher ziemlich voll und hektisch vorstelle. Aber vielleicht probiere ich die nach der Lektüre dieses Buches doch einmal aus.
Bist du schon mal mit einer Märchenbahn gefahren?

Bewertung vom 11.12.2023
Komm in meine Küche!
Khorschied, Aveen;Birinci, Mehmet Ismail

Komm in meine Küche!


ausgezeichnet

Welche zauberhafte Idee, welch schöne Umsetzung! In diesem Kochbuch finden sich authentische Rezepte von ganz vielfältigen Menschen. Und es ist eine Freude Rezepte und Menschen so kennenlernen zu dürfen. Die Vielfalt, wegen derer ich sehr gerne in Deutschland lebe, und die sich schon in der kleinen Stadt Puchheim bei München zeigt.

Der Verlag schreibt in der Beschreibung von der Kleinstadt Puchheim, stimmt zwar auch, aber damit man sich das etwas besser vorstellen kann: Puchheim hat tatsächlich viel 70er Jahre Plattenbauten. Ich denke, es ist eines der Probleme unseres Landes, dass der kulturelle Reichtum, der hinter diesen Wänden schlummert, viel zu oft übersehen wird. Umso mehr freut mich, dass Aveen Khorschied und Mehmet Ismail Birinci, die beide u.a. als Quatiersmanager:in in Puchheim arbeiten, mit diesem Buch hinter diese Wände und in die Kochtöpfe dort schauen.

„Wenn Deutschland ein Gericht wäre, wäre es für mich ein Obstsalat – bunt, vielfältig und lecker.“

Sagt Elenora Stefanova, geboren in Teteven, Bulgarien.

Die Kochenden aus 21 Nationen und eine bunte Mischung der Geschlechter werden toll in Szene gesetzt. Sie bekommen ein Gesicht und eine Stimme, mit knappen, aber herzlichen Zitaten. Dort erzählen sie vom Essen in ihrer Heimat, welches Essen ihnen in Deutschland schmeckt, was sie an ihrer Heimat vermissen, wie sie in Deutschland zurecht kommen und was für sie hier typisch ist.

„Meine Muttersprache ist viel bildhafter als die deutsche Sprache. Früher war ich irritiert, wenn jemand einfach nur ‚Nein‘ sagte.“

Sagt Mohammad Maruan Saef, geboren in Damaskus, Syrien.

Die Gerichte sind hausgemacht und sehen für mich dadurch irgendwie noch leckerer aus, als wenn sie von fancy Fooddesignern zig Mal in Szene gesetzt wurden. Obwohl: In Szene gesetzt sind sie auch ganz hervorragend. In das Quabeli Palau, ein würziges Reisgericht mit Rosinen aus Afghanistan, würde ich mich am liebsten reinlegen.

Jasmin-Reis, Lammfleisch, Weißkohl, Möhren, Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Öl, Brühe, Tomaten, Salz, Pfeffer oder Mehl, Hefe, Zucker, Salz, Öl, damit können wir kulinarisch nach Togo reisen. Viele Rezepte lassen sich mit den Bordmitteln zuhause zubereiten, hin und wieder braucht es ein besonderes Gewürz, das Meiste lässt sich aber im gut sortierten Supermarkt finden. Die Rezepte selbst sind – ganz wie ich es von von G+U gewohnt bin – verständlich und gut strukturiert.

Dieses Buch werde ich sicherlich noch ganz oft zur Hand nehmen. Ein für Diversity in Deutschland ist übrigens auch „Mama Superstar“ (hier meine Rezi), dass ich allen, die dieses Buch möchten, sehr gerne noch gleich empfehlen möchte. Dort gibt es allerdings nicht ganz so viele Kochrezepte (aber auch), dafür mehr Geschichten von den Köchinnen (dort sind es ausschließlich Frauen).

Fazit
Authentische Gericht von Menschen, die mit großer Vielfalt in einer Kleinstadt bei München leben. Eine zauberhafte Idee und eine tolle Umsetzung! 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 11.12.2023
Lucky!
Offill, Jenny;Appelhans, Chris

Lucky!


sehr gut

„Du kannst jedes Tier der Welt haben, solange es nicht ausgeführt, gebadet oder gefüttert werden muss.“

Manche Sätze sollte man als Eltern wohl besser nie im Leben sagen. Die Ich-Erzählerin lässt sich nämlich die zitierte Aussage von Mutter schriftlich geben – denn auf ein Faultier treffen all diese Dinge zu. Also darf nach dieser schriftlichen Zusicherung ein Faultier als Haustier einziehen.

Als ganze Familie lieben wir Faultiere, sind sie doch die Antithese zu unserer hektischen Welt und auch, wenn wir gerne unterwegs sind (was uns durch Corona schon deutlich fehlt), faulenzen wir total gerne zuhause rum. Mein 8jähriger Sohn fand „Lucky“ daher auch total witzig und mochte Aussage, dass jede*r goldrichtig ist.

Mir haben die Illustrationen sehr gut gefallen, aufs Wesentliche reduziert, die Farben meist in warmen Braun- und Rottönen mit Blau als Kontrast, lenken den Blick immer wieder auf die beiden Protagonist:innen Faultier und Mädchen. Obwohl ich gerade den Anfang und auch viele andere Ideen total charmant fand, war ich dennoch insgesamt nicht ganz so begeistert wie mein Sohn. Hauptsächlich liegt das wohl daran, dass ich nicht ganz genau weiß, was mir die Geschichte eigentlich sagen möchten. Klar, am Ende steht das: „‚Du bist goldrichtig, Lucky.“ Aber immerhin hat ihn das Mädchen für diese Erkenntnis aus seinem natürlichen Lebensraum rausgenommen. Um danach ganz lange sich danach zu richten, was eine Freundin sagt. Da war mir die Erkenntnis dann etwas zu knapp geraten. Meine Wertung wären daher 3 Sterne: Nett, aber könnte besser sein.

Mein Sohn liegt bei 5 Sternen, mein Lebensgefährte bei 4. Das Buch liest sich wirklich sehr hübsch, aber ich hatte mir bei eine Faultiergeschichte mehr erwartet. Im Mittel komme ich dann auf 4 Sterne.

Bewertung vom 02.12.2023
Nachts, wenn alles schläft: Eine Wichtelgeschichte
Kaden, Outi

Nachts, wenn alles schläft: Eine Wichtelgeschichte


sehr gut

Wir werden selbst seit acht Jahren zur Weihnachtszeit von einem Wichtel besucht (mein Lebensgefährte würde „heimgesucht" sagen, weil er das Streicheausdenken ganz schön stressig findet manchmal). Damals war mein Sohn 3 und er freut sich immer noch auf den Wichtel. Damals kam der Wichtel oder Weihnachtself-Trend erst so langsam in Deutschland an und bei der US-amerikanischen Variante hat uns zum Teil gestört, dass „Elf on the Shelf“ wie eine gruselige Chuckie-die-Horrorpuppe aussieht und auch so einiges an schwarzer Pädagogik mitbringt (sieht alles, notiert, wenn jemand „nasty" war und gibt das alles brühwarm an Santa weiter). Wir hatten das für uns auch schon ganz anders interpretiert, unser Gast ist ein kleiner Chaot, der uns liebevoll bis Weihnachten begleitet.
Darum finde ich es auch viel, viel besser, wie u.a. der Verlag ArsEdition die Wichtelidee interpretiert. So gibt es einige Bücher und Bastelsets, mit der wir den Wichtel eine Tür bauen können. Und darum wollte ich mir auch endlich eine dieser Wichtelinterpretationen angucken. Und das Kinderbuch „Nachts, wenn alles schläft“ gefällt mir wirklich sehr gut. Es ist liebevoll, wie der Alltag der Wichtelfamilie geschildert wird. Die schlichte Sprache passt sehr gut für die Zielgruppe ab 18 Monaten. Und die Figuren und wie sie fotografiert sind, sind einfach so niedlich. Sie treiben sich in der menschlichen Wohnung herum und ihre eigene ist ein niedliches Puppen…ähm Wichtelhaus. Gerade diese Wohnung lädt ein, viele Kleinigkeiten zu entdecken, was ja besonders mit den kleinen Lesebegeisterten so viel Spaß macht. Und es gibt dann auch eine Mini-Interaktion mit dem besuchten Kind. Gerade diese gefühlte Nähe mit "unserem" Wichtel fand mein Sohn immer besonders toll.
Mein Lebensgefährte ist allerdings froh, dass wir hier nur einen Wichtel haben, und nicht gleich eine ganze Wichtelfamilie. „Der eine Wichtel macht schon genug Arbeit und Ärger“, meinte er gerade. (Falls der Wichtel das hört, futtert er ihm seinen Adventskalender leer.)
Dieses Buch hätte uns sicherlich auch gut über die Wichteljahre begleiten können. Wie schön, dass es das jetzt für neue Wichtelfamilie gibt!

Bewertung vom 02.12.2023
Onkel Bobby's Hochzeit
Brannen, Sarah S.

Onkel Bobby's Hochzeit


ausgezeichnet

Wow, das Buch ist wirklich so zuckersüß, wie ich nach dem Lesen von einigen Rezensionen gehofft habe! Das fängt schon beim eingedruckten „Ex libris“ in der Innenseite an:
„Dieses Buch gehört……. Lies es, liebe es und bitte gib es zurück.“
Wie charmant ist das denn bitte? Ein hoher Wunsch an alle Lesenden, aber tatsächlich: Dieses Buch lässt sich wirklich lieben!
Bobby ist Claras Lieblingsonkel und unternimmt allerhand tolle Sachen mit ihr. Aber dann will Bobby seinen Freund Jan heiraten – und Clara ist so überhaupt nicht damit einverstanden. Denn sie hat Angst, dass Bobby nach der Hochzeit dann nicht mehr so viel mit ihr unternimmt oder sie weniger lieb haben könnte. Es ist so wundervoll, wie alle mit den Ängsten Claras umgehen: Ihre Mutter rät ihr, mit Bobby zu sprechen, und Bobby erklärt, was das alles bedeutet. Und Jan entpuppt sich als toller Zweit-Onkel. Das kann doch nicht besser laufen, oder? Und so wird es dann auch eine tolle Hochzeit, die Clara sogar ein kleines Bisschen rettet (sie findet die Ringe).
Hey, genauso können diverse Kinderbücher aussehen. Gleichgeschlechtliche Beziehungen und unterschiedliche Hautfarben, Bobbys Freund Jan ist Schwarz, sind hier einfach Alltag. Wenn wir Kindern das genauso als Alltag vorleben, dann setzen sich diskriminierende Narrative viel schlechter fest. Und Sarah S. Brannen und Lucia Soto zeigen ja auch eine Welt, wie ich sie in meinem Umfeld zum Glück (allem Backlash zum Trotz) immer häufiger erlebe. Und die Illustrationen sind absolut hinreißend, fröhlich und lebensbejahend, finde ich. Und während Clara lernt, dass ihre Verlustängste unbegründet sind, lernen ihre Leser*innen zusätzlich auch, dass Partnerschaftsbeziehungen andere freundschaftliche Bande nicht verändern. Das Buch ist also auf so vielen Eben absolut zu empfehlen.
Einziger Kritikpunkt: Warum ist der Genitiv von Bobby auf dem Cover mit falschem Apostroph? 🙈
Begeisterte 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 02.12.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


sehr gut

Cat, Cooper und Ottilie, Schwester, Bruder und Mutter, bilden den Rahmen dieser irgendwie alltäglichen US-amerikanischen Familie. Besonders Cooper merkt zwar, dass ihr Leben angesichts von Dürre und Artensterben nicht mehr länger so weitergehen kann und davon motiviert beginnt Ottilie mit der Grillen-Zucht als klimafreundliche Proteinquelle, aber irgendwie geht doch alles den gewohnten Gang. Aus der Sicht dieser Drei verfolgen wir vielleicht sieben, acht Jahre, und ganz so alltäglich bleibt vieles dann nicht.

Den Übergang in die nicht weit entfernte Zukunft gestaltet T.C. Boyle fließend: Seine Protagonist*innen sind irgendwo immer noch wir selbst. Karriere, Eitelkeiten, Instagram, Heiraten, Kinderkriegen, Statussymbole, das alles sind wir – und dann brechen nach und nach die Unglücke an den neuralgischen Punkten ein. Cat kauft eine Tigerpython, Cooper beißt eine Zecke, Ottilies Grillen sterben.

„Erst als er vor dem Spiegel stand und die eine Schulter nach vorn bog, um die Stiche auf dem Rücken zu begutachten, bemerkte er den dunklen Punkt auf seinem rechten Unterarm. Er dachte, es sei ein Leberfleck oder ein Dreckspritzer, doch als er mit dem Finger darüberfuhr, spürte er, dass das Ding fester zugriff, und sein erster Gedanke war: Mari wird sich freuen.“

Boyle verknüpft hier die Menschen mit ihren Umweltbedingungen und die drei Protagonist*innen sind viel vulnerabler, als wir hoffen dürfen. Cat ist mit ihrem Freund nach Florida gezogen, wo es andauernd regnet, und die Gefahr ominpräsent, dass das von dessen Mutter geerbte Standhaus bald keinen Strand mehr hat. Cooper und Ottilie leben noch immer in Kalifornien, wo es seit Jahren nicht geregnet hat und die Waldbrandgefahr allgegenwärtig. Zwei ehemalige Sehnsuchtsorte, nicht für US-Amerikaner*innen, sondern für Menschen auf der ganzen Welt, sind nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Das Alltägliche ist schon längst vorbei. Wir lernen es hoffentlich etwas sanfter als Boyles Protagonist*innen. 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 02.12.2023
Pierre, der Irrgarten-Detektiv Bd.1
Kamigaki, Hiro;Maruyama, Chihiro;Ic4design

Pierre, der Irrgarten-Detektiv Bd.1


ausgezeichnet

Was für ein wunderschönes Buch! Zum Rätselspaß hinzu ist „Pierre, der Irrgarten-Detektiv“ ein visuelle Feuerwerk, das uns mit seinen phantasievollen wie auch architektonisch hervorragenden Welten richtig in den Bann gezogen hat. Im Großformat kommen diese Welten ganz zauberhaft zur Geltung.
Pierre ist, wie der Titel schon sagt, Irrgarten-Detektiv und so sind alle Seiten in diesem Buch kunstvolle Labyrinth, die es zu entdecken und zu durchschreiten gilt. Jedes Labyrinth stellt die Lesenden vor gleich mehrere Aufgaben: Wir müssen für Pierre und seine Freundin einen Weg hindurch finden, an dessen Ende wir jeweils kurz einen Blick auf Mr. X erhaschen können, den (nicht gruseligen) Bösewicht der Geschichte. Dann gibt es mehrere Suchaufgaben: Verschiedenfarbige Kisten oder Sterne gilt es auf jeder Doppelseite zu suchen, es gibt aber auch mehrere Beschreibungen, was es zu suchen gilt. Einige Sachen haben wir immer recht schnell gefunden, einiges hat uns dann aber immer sehr viel Kopfzerbrechen bereitet. So haben nach einer Doppelseite schon bei uns dreien (wir haben als Familie „gelesen“) der Kopf ziemlich geraucht.
Eine Bisschen Kritik haben wir dann noch noch: Die erste bezieht sich auf die „Auflösung“, die wir ein paar Mal dann doch zu Rate gezogen haben. Alle Rätsel sind nochmal als kleiner Schwarz-Weiß-Druck auf einer Doppelseite abgedruckt. Das wird dann schon sehr, sehr klein. Mehrere Rätsel auf je einer Seite sind zusammengefasst und mit den selben Symbolen bezeichnet. Das ist zwar so chiffriert, dass man beim Nachgucken dabei nicht einfach die Lösung für ein kommendes Rätsel gespoilert wurde. Allerdings waren die Auflösungen so auch nicht unbedingt hilfreich und haben uns die wenige Male, die wir sie genutzt haben, ziemlich gefrustet. Und dann war ein Gegenstand so im der Bindung vergraben, dass wir den nur mit Hilfe der Auflösung überhaupt entdecken konnten.
Ein wunderschönes Buch, bei dem wir Rätsel und Grafik sehr genossen haben. Wir waren so begeistert, dass wir im Anschluss gleich Band 2 besorgt haben. Ein kleiner Wermutstropfen sind die Auflösungen, die so chiffriert sind, dass sie uns die wenigen Male, da wir sie gebraucht haben, frustriert haben. Daher ein kleiner Sterneabzug: 4,5 von 5 Sternen und eine große Empfehlung.

Bewertung vom 02.12.2023
Das Mädchen, das den Weihnachtsmann umbrachte
Mcdermid, Val

Das Mädchen, das den Weihnachtsmann umbrachte


gut

Hatte mehr Weihnachtssettings erwartet

Bitte Content Note in der Mitte beachten, falls ihr eine solche braucht (Mord und Gewalt im allgemeinen sind ja Genrebedingt).

Die letzten Jahre war ich ja etwas Krimi-abstinent, aber mit diesem Titel habe ich Weihnachtsbedingt mal wieder Lust auf das Genre bekommen und mich auch sehr gut unterhalten gefühlt.

Was mich enttäuscht hat: Bei Titel und Cover habe ich mir halt ausschließlich Weihnachts- und Wintergeschichten erwartet. Gerade die späteren Stories im Buch haben meist nur noch kleine Anleihen an die kalte Jahreszeit. Klasse fand ich, dass es viele lesbische Pärchen im Buch gab, und so die im Buchmarkt doch oft vorherrschende Heteronormativität aufgebrochen wird. Wie das bei einer Kurzgeschichtensammlung oft ist, fand ich manche Stories besser und manche nicht ganz so gut. Positiv überraschte mich „Ghostwriter“ die schon ins Phantastische abgleitet, und eine ganz eigene Atmosphäre aufbaut.

Ich hatte mal wieder Buch und Hörbuch parallel gelesen. Sprecher Wolfgang Berger brachte mich auch in gute britische Inselstimmung. Im Hörbuch findet ihr alle zwölf Geschichten der Buchausgabe vertreten. Die Buchausgabe liefert allerdings zusätzlich noch ein Interview mit Val McDermid am Ende.

Leider habe ich meine Mitschriften verlegt, darum bin ich mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube, an einer Stelle kam das I-Wort vor.

CN: sexualisierte Gewalt

Eine Geschichte fand ich allerdings sehr unangenehm, weil dort sexualisierte Gewalt als Waffe eingesetzt wurde – von den Protagonist*innen, die eigentlich die Sympathieträger*innen der Geschichte sind. Puh, das war mehr als grenzwertig und ging mir auch echt an die Nieren, weil es so gar nicht reflektiert wurde in der Geschichte.

Eigentlich angenehme 4 Sterne (einen Abzug, weil die Weihnachtsszenerie bei einigen Geschichten doch sehr in den Hintergrund rückte). Die eine Geschichte bereitete mir echt Bauchschmerzen. Aufgerundete 3,5 Sterne – mit Warnhinweis.

Bewertung vom 02.12.2023
Hilda und der Mitternachtsriese
Pearson, Luke

Hilda und der Mitternachtsriese


sehr gut

Nachdem uns der erste Band mit Hilda in in den einsamen Bergen so gut gefallen hat, wollten wir wissen, wie es weitergeht. Und auch der Mitternachtsriese machte meinem 11jährigen Sohn und mir viel Spaß. Die grafische Gestaltung ist einfach toll.

Es geht sehr dramatisch los: Ein Minibrief der „kleinen Leute“ fordert Hilda und ihre Mutter auf, so schnell wie möglich zu verschwinden. Und es bleibt nicht bei einer schriftlichen Drohung, denn dann fliegen Steine und das Häuschen der beiden sieht danach ziemlich wüst aus. Zum Glück findet ein kleiner Mensch das alles nicht in Ordnung und Hilda muss sich durch die Bürokratie und Hierarchie der kleinen Menschen quälen, um ihr Zuhause zu erhalten.

Da der drohende Verlust des Zuhauses ja so drastisch ist, fand ich es ungünstig, dass die Mutter sich aus der ganzen Frage irgendwie vergleichsweise raushält. Da schwingen dann so ungute Vibes von Parentifizierung mit, also dass Kinder Aufgaben und Rollen übernehmen, die eigentlich von den Erwachsenen erfüllt werden müssen. Das kostet in meiner Bewertung dann einen Stern. Es ist aber in der Gesamtbetrachtung dann nicht so schlimm, dass ich das Buch nicht empfehlen würde. Es ist halt generell ein Problem, wenn die Bedrohungen in Büchern so groß sind.

Wie Hilda damit umgeht, ist allerdings vorbildlich. Sie versucht mit den Betroffenen zu reden und zu verhandeln, sie recherchiert zu den Themen (da kommt dann auch das wundervolle Holzmännchen wieder vor) und versetzt sich in andere hinein. Daher ist das Ende der Geschichte auch absolut stimmig und hat mich in der Konsequenz doch überrascht und macht einen richtig großen Cliffhanger für den nächsten Band auf. Aber genau darum, will ich nicht zu viel verraten. Auch auf der Metaebene nicht. Ich bin auf alle Fälle sehr gespannt, wie es mit Hilda weitergeht.

4 von 5 Sternen.