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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Annafrieda
Wohnort: 
Schleswig-Holstein

Bewertungen

Insgesamt 42 Bewertungen
Bewertung vom 28.09.2019
Luzies Erbe
Bürster, Helga

Luzies Erbe


ausgezeichnet

Dieser Roman erzählt von der Liebe zwischen der jungen Luzie und dem polnischen Zwangsarbeiter Jurek im zweiten Weltkrieg. Ihr Leben ist geprägt von der Willkürlichkeit des Regimes, von Misstrauen und Verrat. Ihre Liebe durfte es nicht geben und sie mussten jederzeit damit rechnen, ihre Liebe mit dem Tod zu bezahlen. Zwei Kinder wurden geboren, die für die Bewohner des Dorfes immer Bastarde blieben. Die Autorin schildert die Schrecken des Krieges sehr eindrucksvoll am Beispiel dieser zwei Menschen, die "Rassenschande begehen" und an diesem Schicksal fast zerbrechen. Eine folgenschwere Entscheidung beeinflusst Luzies weiteres Leben und das ihrer Nachkommen. Ein Schweigen senkt sich über die Familie, das über Jahrzehnte anhält. Jeder einzelne versucht, auf seine eigene Weise mit der mütterlichen Unzulänglichkeit umzugehen. Erst mit Luzies Tod beginnt es aufzubrechen.

Der Roman berichtet von den Greueltaten im Krieg, von Verfolgung, Verrat und Misstrauen untereinander. Aber auch von Aufbegehren und stillem Heldentum der Menschlichkeit. Eine eindringliche Geschichte am Beispiel einer einzelnen Familie. Bewegend zählt er die Folgen einer Zeit auf, die schrecklicher nicht sein konnten. Die Traumata der leidgeprüften Menschen der damaligen Zeit dauern an bis zum letzten Atemzug. Es gab keine Aufarbeitung, kein Verarbeiten der Geschehnisse. "Das Schweigen" lag nicht nur über den Mazurs, es lag über vielen Familien, die sich der Willkür der Befehlshaber und des Krieges nicht entziehen konnten.

Helga Bürster hat hier die eindringliche Geschichte ihrer Familie einfließen lassen. Eine stille, aber gewaltige Geschichte in einem tollen Erzählstil und einer oftmals poetischen Sprache. Sie wählte wunderbare Worte und auch die teilweise plattdeutsche Sprache macht das Ganze autentisch. Das Buch hat mich von Anfang bis Ende in seinen Bann gezogen und mich emotional tief berührt. Ein Highlight dieses Jahres!

Bewertung vom 13.09.2019
Die Tage mit Bumerang
Sahm, Nina

Die Tage mit Bumerang


ausgezeichnet

Die Halbfinnin Annu lebt alleine in einem kleinen Dorf in einem windschiefen Haus. Ihre Eltern sind tot, doch sie ist noch sehr mit ihnen verbunden. Sie stellt keine großen Ansprüche an das Leben, regelmäßige Treffen mit ihren Freunden bereichern ihren Alltag. Das hat jäh ein Ende, als Annu einen tragischen Unfall verursacht, der der das Leben der Familie ihres besten Freundes Lars aus der Bahn wirft.
Danach ist nichts mehr wie es war. Die Dorfgemeinschaft schneidet sie und auch die Freunde wenden sich von ihr ab. Ihr Leben ist fortan bestimmt von Schuldgefühlen und Einsamkeit.
Da taucht eines Tages ein Schaf in ihrem Garten auf und fordert ihre Aufmerksamkeit. Als dann auch noch ein junger Mann in ihr Leben tritt, findet sie ganz allmählich in ihr Leben zurück.

Dieser wunderbare Roman kommt auf leisen Sohlen daher. Mit wunderbaren Worten findet die Autorin Nina Sahm die Balance zwischen Tragik und Humor. Alleine die Idee, ein Schaf als Weichensteller fungieren zu lassen, finde ich klasse, und hier hat es gut funktioniert. Die plötzliche Aufgabe, sich um das Tier kümmern zu müssen, hat Annu aus ihrer Starre geführt.
Der Roman zeigt uns die Widrigkeiten des Lebens auf. Ein winziger Moment kann das ganze Leben ändern. Darauf haben wir keinen Einfluss. Auf den Weg, der aus einem Tief rausführt, schon. Doch so einfach ist das meistens nicht und manchmal bedarf es eines Anstoßes, das Zepter wieder in die Hand zu nehmen. Das ist hier glaubwürdig rüber gekommen. Auch der leise Humor kommt nicht zu kurz. In Zukunft werde ich immer, wenn ich an Finnland denke, auch an die finnischen Lebensweiseiten von Annus Vater denken!

Dieses liebenswerte Buch hat einen tiefen Sinn. Es handelt von menschlichen Schwächen, von Schuld, von Trauer, Verzweiflung und Einsamkeit. Aber auch von Liebe und Verzeihen, von Hoffnung und Neubeginn. Und von Chancen. die einem das Leben gibt.
Ein kleines Juwel - fünf Sterne

Bewertung vom 03.07.2019
Hannah und ihre Brüder
Balson, Ronald H.

Hannah und ihre Brüder


ausgezeichnet

Elliot Rosenzweig, ein angesehener Bürger und Wohltäter der Stadt Chicago, wird auf einer öffentlichen Veranstaltung von einem alten Mann mit einer Pistole bedroht. Wie sich herausstellt, hält dieser ihn für einen Nazi-Verbrecher aus seiner Vergangenheit. Schnell wird Ben Salomon, so heißt der Täter, als verrückt abgestempelt.
Catherine, eine junge Anwältin und Liam, ein Privatdetektiv, nehmen sich des Falls an und fördern die schreckliche Wahrheit zu Tage.
Erzählt wird die Geschichte um Ben in zwei Erzählsträngen. Einmal in der Gegenwart, in der er seine Vergangenheit erzählt und einmal zu Zeiten des 2. Weltkrieges, in der sie stattfindet.
Stück für Stück tauchte man ein in Bens Jugend, seine Familie und zunehmend in die Zeit der Naziherrschaft und Judenverfolgung.
Die Geschichte erzählt von Entzweiung, von Verrat und Gräueltaten, aber auch von Liebe und Zusammenhalt.
Die Zeit der Naziherrschaft, die man nur aus der Schule und aus Geschichtsbüchern kennt, war plötzlich so nah und berührte tief. Ich denke einfach, dass niemand nachvollziehen kann, was die Menschen damals durchgemacht haben und wie tief der Stachel ein Leben lang im Fleisch und in der Seele stecken bleibt.
Ich finde die Story wunderbar erzählt und auch die Charaktere der Protagonisten sind rund.
Lediglich der deutsche Titel passte nicht 100%ig, ich weiß nicht, warum man einen guten englischen Buchtitel so unpassend übersetzt.

Das Buch hat mich tief berührt, zum Weinen gebracht, zum Nachdenken und wird noch lange in mir nachhallen. Es erinnert an ein dunkles Kapitel unser Vergangenheit und ich würde mir wünschen, dass es noch viele Menschen lesen mögen und sich auch die junge Generation umfassend mit diesem Thema auseinandersetzt. Wir haben eine Verantwortung uns selbst, allen Menschen und der Welt gegenüber und es gibt kein höheres Gut, als Frieden und Freiheit und Selbstbestimmung. Diese höchsten Güter gilt es zu bewahren. Das schreckliche Geschehen einer dunklen Epoche darf sich nie mehr wiederholen!
Fünf Sterne und damit klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 19.05.2019
Das kleine Hotel in der Provence
Stieglitz, Marion

Das kleine Hotel in der Provence


ausgezeichnet

Lilly zieht der Liebe wegen nach Rostock. Leider wird sie nach kurzer Zeit von ihrem Freund eiskalt abserviert und muss gucken, wie ihr Leben weitergehen soll. Sie entschliesst sich, ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen und will in der Provence ein kleines Hotel für Singles eröffnen. Mit Hilfe ihrer Cousine setzt sie ihren Plan in die Tat um und renoviert und restauriert das Gebäude sehr liebevoll. In Nullkommanichts kommen die ersten Gäste. Da sie dem männlichen Geschlecht erst mal enttäuscht abgeschworen hat, ist es gar nicht so einfach, ihr Herz zu gewinnen.

Der Roman hat mit seinen Beschreibungen mein Kopfkino entfacht. ich konnte mich sehr gut einfühlen in die Umgebung, in das kleine, besondere Hotel und in das Geschehen. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Die Charaktere sind autentisch, gut differenziert und ausgearbeitet. alles wirkt lebendig, so als würde man mitten in der Geschichte sein. Und auch die Wendungen der Story haben mir sehr gefallen und neugierig gemacht. Der Schreistil ist locker und leicht und gefällt mir gut.
Eine schöne Wohlfühlgeschichte mit der Message, auch in schweren Lebenslagen den Mut nicht zu verlieren und neue Wege zu suchen. Vielleicht sogar seine Traüme zu leben, so unrealistisch sie auch erscheinen. Sich auf Neues einzulassen und dem Schicksal eine Chance geben.

Auch das Cover ist sehr schön. Es spiegelt den Inhalt und man hat sofort das Gefühl, an einem wunderschönen Ort zu sein.
Gerne geb ich volle Punktzahl und spreche eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 01.05.2019
Und plötzlich Liebe
Klatt, Myriam

Und plötzlich Liebe


sehr gut

Raus aus dem alten Trott

Maja ist ein Gewohnheitstier. Sie mag ihr gleichmäßiges Leben ohne Höhen und Tiefen. Fernreisen mag sie nur, wenn sie sie in ihrem Job für die Kunden bucht. Ihre Freundschaft zu Stephan besteht seit sechs Jahren und auch da scheint keine baldige Heirat in Sicht. Denn da gibt es auch noch Stephans Arbeitskollegin...
Außerdem ist Maja ein sehr gutmütiger Mensch, immer für alle da. Das nutzt man gerne aus. Ihr einziges Highlight sind ihre Basteleien. Da verlangt ihre Chefin plötzlich große Dinge von ihr. Sie soll nach Bolivien fliegen, um sie dort zu vertreten. Dort lernt sie Lara kennen, die so ganz anders ist als sie selbst. Und Nilo, der ihr Herz höher schlagen lässt.

Mit Humor und Situationskomik entführt und Myrian Klatt in Maja's Leben und lässt uns teilhaben an deren persönlichen Entwicklung. Selbst wenn ich Maja manchmal etwas überzogen naiv dargestellt war, fand ich ihre Charakter-Darstellung rund und schlüssig. Und sehr sympathisch. Auch die anderen Charaktere, darunter besonders Lara, kamen sehr natürlich rüber. Es gab von Anfang bis Ende einen schlüssigen Spannungsbogen. Auch empfand ich die Handlung bereichernd und es fand eine Entwicklung statt. Nicht nur eine Liebesgeschichte, es gibt auch eine Message. Es geht um Selbstvertrauen, um persönliche Entwicklung, um Freundschaft und Empathie.

Die Geschichte wird flott und humorvoll erzählt und ich fühlte mich wirklich gut unterhalten, das ist ja auch das Ziel eines guten Buches. Ich kann das Buch empfehlen und vergebe vier Sterne.

Bewertung vom 30.04.2019
Der Blumenladen der Mademoiselle Violeta
Huerta, Máxim

Der Blumenladen der Mademoiselle Violeta


sehr gut

Der etwas andere Blumenladen

Zum Aussehen des Buches: Es hat ein wunderschönes dezentes Hardcover. Es wirkt wertig, hat sogar ein Lesebändchen, es erfreut mich immer, so ein festes Buch in den Händen zu halten.

Im Pariser Viertel St. Germain de Pres befindet sich der Blumenladen des Herrn Dominique. Er kennt jede seiner Blumen und spricht mit ihnen. Er hat seine Frau in jungen Jahren verloren, doch sie ist immer noch allgegenwärtig. Er lebt in und mit der Vergangenheit. Eines Tages stolpert die junge Valerie in sein Leben, sie hat ihre Heimat Spanien verlassen und fängt in Paris neu an. Fortan verknüpfen sich ihre Lebenswege. Dann gibt es noch Dona Mercedes und Dona Tilda, die auch eng mit dem Laden verbunden sind.

Die Geschichte handelt von Freundschaft, von Zuversicht, von Toleranz, Hoffnung und Veränderungen. Vielschichtig und warmherzig sind die Charaktere dargestellt, sie wachsen einem ans Herz, sind rund und authentisch dargestellt. Valerie, die ein großes Herz hat, bisher jedoch nicht wirklich ihr Leben selbst gestalten konnte, sich in ihrem Leben verlaufen hat und eine neue Chance bekommt. Die Freundschaft zweier Frauen, die sich in ihrer Einsamkeit gegenseitig unterstützten und miteinander einen Halt finden. und nicht zuletzt Dominique, der Mittelpunkt, der trotz seiner Einsamkeit ein großes Herz hat und die Menschen zusammen bringt.
Ganz eindrucksvoll und mit leisen Tönen und mit fantastischen "Bildern" hat der Autor in seinem Roman gezeigt, was Liebe bewirken kann, dass nichts im Leben verloren ist, wenn man Hoffnung hat und nicht aufgibt. Und dass es Menschen gibt, die bereit sind zu helfen, wenn das Schicksal es nicht gut gemeint hat. Ein etwas anderer Roman, der mich nach Paris entführt hat. Leise Töne, zugegeben manchmal etwas langatmig, aber mir hat er gut gefallen und darum: klare Leseempfehlung für alle, die poetische Geschichten lieben.

Bewertung vom 06.04.2019
Der Pakt - Bis dass der Tod euch scheidet
Richmond, Michelle

Der Pakt - Bis dass der Tod euch scheidet


gut

Alice und Jake, ein erfolgreiches junges Paar erhalten zu ihrer Hochzeit von einem Gast ein Geschenk: Eine Holzkiste, die einen dubiosen Brief enthält. Man lädt sie ein, dem "Pakt" beizutreten. Diese Gemeinschaft garantiert ihnen eine zufriedene und glückliche Ehe. langsam aber sicher geraten sie in den Sog dieser geheimen Institution und bald wird klar, in was sie da hinein geraten sind. Für jedes kleine Vergehen gegen die Vorschriften gibt es Strafen, die je
nach Schwere ziemlich drastisch ausfallen. Wo sind sie da hinein geraten?

Die ganze Story wird aus der Sicht von Jake erzählt. Ich glaube, das ist auch das, was der Geschichte in meinen Augen nicht gut getan hat. Dadurch blieb Alice ein wenig farblos, denn die Erzählperspektive schränkt doch sehr ein. Alice innere Einstellung, ihre wahren Gedanken könnte man nur erfahren, wenn man sie auch erzählen lassen würde. Das ist sehr schade, ich denke einfach, da wäre mehr drin gewesen.
Für meinen Geschmack zog sich das alles auch ziemlich hin. Viele langatmigen Beschreibungen bzw. Wiederholungen wären m. E. nicht nötig gewesen, ich denke, dass es dann möglich gewesen wäre, einen strafferen Spannungsbogen zu schlagen.
Aber es gibt natürlich auch Gutes zu bewerten. Mir hat der Plot ausgesprochen gut gefallen. Dieser "Pakt" hat Sektencharakter und ich fand es ganz schrecklich, was so möglich ist, wenn man Menschen beherrschen kann. Unter dem Deckmäntelchen etwas "Gutes" zu bewirken, werden Menschen abhängig gemacht und man steht ihnen keinen eigenen Willen, keine eigenen Entscheidungen zu. Und es gibt kein Entrinnen. Es mag ja gut sein, alles mögliche für seinen Partner zu machen, doch in Selbstaufgabe darf das natürlich nicht gipfeln.

Wenn ich das alles nun abwäge komme ich zu dem Schluss, dass eine gute Idee noch kein Garant für einen rasanten und spannenden Thriller ist. Eine andere Perspektive und Straffung hätte hier gut getan. Erst im letzten Drittel nahm er einigermaßen an Fahrt auf. Das hätte ich mir schon früher gewünscht.
Dennoch: Wer die Idee gut und interessant findet, sollte das Buch gerne lesen und vielleicht zu einem anderen Ergebnis kommen. Ich kann leider nicht mehr als gute 3 Sterne vergeben.

Bewertung vom 01.04.2019
Liebes Kind
Hausmann, Romy

Liebes Kind


ausgezeichnet

Tief im Wald in einer abgeriegelten Hütte, unbemerkt von allen, herrscht das Grauen. Hier wird Jasmin unbarmherzig gezwungen, das Leben einer liebenden Mutter, Haus- und Ehefrau zu führen. Zwei tieftraumatisierte Kinder kennen nichts anderes, als diese Welt. Es gelingt Jasmin und den Kindern, dieser Hölle zu entkommen. Während der Ermittlungsarbeit tun sich Abgründe auf, es geht weiter, das Grauen ist noch nicht beendet.

Eine sehr ungewöhnliche Story, das hat mich gereizt. Und ich wurde zu keiner Zeit enttäuscht. Virtuos zieht die Autorin hier die Spannungsschrauben an. Zu keiner Zeit kann man sich sicher sein, es werden falsche Fährten gelegt und man fiebert dem nächsten Kapitel entgegen. Es wurden sehr außergewöhnliche Charaktere geschaffen. Besonders bei Hannah war mir nie klar, was ich von ihr halten sollte. Schwerst traumatisiert leidet sie auch unter dem Asperger Syndrom und bleibt völlig unzulänglich. Aber auch alle anderen haben die Schatten der Vergangenheit zu tragen und man fragt sich die ganze Zeit, was ist real und was nicht.
Besonders gut hat mir auch die ausgefallene Perspektive gefallen. In der Ich-Form wechselt sie zwischen den Personen, so fühlte ich mich immer mitten im Geschehen.

Was für ein toller Thriller. Er hat mich bis zur letzten Minute überrascht. Unvorhersehbar, gradlinig, spannend, trifft es am ehesten. Ich kann es kaum mit Worten beschreiben, wie mich die Story gefangen nahm. Auch der psychologische Anteil hat mich total in den Bann gezogen, ich finde ihn hervorragend seziert. Die Autorin macht es uns nicht leicht, sie "zwingt" uns, Schuld und Gründe des Handelns zu hinterfragen, beleuchtet auch die Motivation jedes einzelnen.
Für mich ein tolles und außergewöhnliches Lesehighlight dieses Jahres und ich freue mich schon auf die filmische Umsetzung. Für mich gäbe es noch mehr als 5 Sterne, wenn dies möglich wäre! Unbedingte Leseempfehlung.
Leider konnte ich an der Lesung auf der LBM nicht teilnehmen, das bedaure ich nun noch mehr.

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Bewertung vom 31.10.2018
Sörensen fängt Feuer / Sörensen Bd.2
Stricker, Sven

Sörensen fängt Feuer / Sörensen Bd.2


ausgezeichnet

In Katenbüll wird die blinde Jette mitten in der Nacht bei klirrender Kälte und nur mit einem Nachthemd bekleidet umherirrend auf einer Landstraße aufgelesen. Sie war fast 20 Jahre im Keller ihres Vaters eingesperrt und niemand wusste von ihrer Existenz. Jetzt konnte sie entkommen. Das Team um Kriminalkommissar Sörensen ermittelt. Bei den Recherchen stoßen sie auf den ersten Toten, dem noch mehrere folgen werden. Im Visier steht eine Glaubensgemeinschaft, der alle Toten angehört haben sollen und die sich am Rande des Ortes ein Refugium geschaffen haben. Macht, Kontrolle und Abhängigkeit sind hier an der Tagesordnung. Jette wird im Haus des Komissars aufgenommen und erlebt das erste Mal in ihrem Leben Dinge, die ihr bisher verwehrt waren. Und Sörensen selbst kämpft mit den Dämonen einer Angststörung, die ihn fest im Griff hat.

Das Buch ist eine große Überraschung. Es ist so wunderbar 'rund' gelungen, da stimmt einfach alles. Der Plot ist toll, mal ganz was anderes. Wer vermutet in solch einem kleinen nordfriesichen Städtchen solche Dramen? Es ist super spannend, es gibt immer wieder neue Wendungen und auch der Schluss kommt überraschend daher. Lokalkolorid ist super gut getroffen, man fühlt sich direkt in diesen Landstich versetzt. Die Dialoge sind köstlich und so fehlte auch die Prise Humor nicht. Wahrscheinlich ist es dieser gut dosierte Wechsel zwischen allem, der dieses Buch so lesenswert macht. Von mir also klare Leseempfehlung. Ich bin gespannt auf den Folge-Band. Denn einige Enden blieben offen und machen Lust auf mehr.

Bewertung vom 14.10.2018
Alles, was wir verloren haben
Geary, Valerie

Alles, was wir verloren haben


sehr gut

Lucys Bruder Nolan verschwand, als sie 14 Jahre alt war. Sie hat sich jahrelang in sich zurück gezogen und erst der ""Rausschmiss" aus ihrem Elternhaus lässt sie endlich tätig werden, den Spuren der Vergangenheit zu folgen. Jeder in der Familie ist anders mit Nolans Verschwinden umgegangen, aber niemand war wirklich für Lucy da. Ihre Gefühle sind einfach ignoriert worden.
Die Rückblicke zu Nolans Verschwinden sind sehr mysteriös. Er erklärte sich sein verändertes Verhalten mit dem Auftauchen Außerirdischer. Niemand nahm das ernst und so kümmerte man sich auch nicht adäquat um ihn.
Lucys Verhältnis zu ihrem Vater ist sehr unterkühlt, mir kommt es so vor, dass niemand ihre Verzweiflung sieht, die sie fest in sich verschlossen hat. Dadurch scheint sie wie gelähmt, so dass sie nicht wirklich was in ihrem Leben beschickt. Alle scheinen Nolans Verschwinden abgehakt zu haben, Lucys Vater ist Ständig mit irgendwelchen Liebschaften beschäftigt. Lediglich Lucys Mutter ist vll. nicht damit fertig geworden, doch zu ihr hat Lucy keinen Kontakt.
Mir gefallen die Rückblicke, die uns Nolan näher bringen. Hat er sich das alles nur eingebildet oder ist da ein Fünkchen Wahrheit dran? Ich finde die psychologische Umsetzung des Kindheitstraumas sehr gut.
Das Buch lässt mich ein bisschen zwiegespalten zurück. Es gibt hier kein Aufklärung bezüglich Nolans Verschwinden. Dennoch hat Lucy eine Entwicklung durchgemacht nach vielen Jahren des Stillstands. Und das hat ihr Leben verändert in die positive Richtung. Ich denke mir, dass das die Message ist. Nicht Stillhalten, nicht Verharren in einer ausweglosen Situation, sondern Vorangehen, egal was am Ende des Tunnels auf einen wartet. Das ist allemal besser für die Seele. Nichts ist im Leben verloren ist, wenn man bereit ist, sich dem Schicksal zu stellen.

So verstehe ich das Ende, obwohl ich auch sehr, sehr gerne gewusst hätte, was mit Nolan und Celeste passiert ist.
Es handelt sich hier um einen ungewöhnlichen Roman in einer tollen "Sprache" mit einem Spannungsbogen , der rund ist. Die Charaktere sind differenziert und gelungen.
Der Schreibstil ist sehr angenehm und fließend, wenn auch manchmal etwas langatmig. Das tut meinem Gesamteindruck keinen Abbruch, ich kann eine klare Leseempfehlung aussprechen.