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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Insgesamt 2695 Bewertungen
Bewertung vom 07.04.2025
Wenn wir lächeln
Unterlehberg, Mascha

Wenn wir lächeln


sehr gut

Freundinnenschaft am Puls der Zeit
Wenn wir lächeln ist das Debüt von Mascha Unterlehberg, das im Dumont Verlag erscheint.

Jara und Anto lernen sich auf dem Fußballplatz kennen, Anto spielt nicht gut, ist mit Abstand die mutigste Spielerin auf dem Platz. Ihre Freundschaft wächst über die Jahre zu einer Schwesternschaft, sie teilen Lipgloss, Alkohol und Zigaretten miteinander, sind füreinander da und jeden Abend auf Achse. Doch irgendwann entgleitet ihnen die Kontrolle über ihre Gemeinsamkeiten und das enge Gefüge zerbricht.

Das Buch zeigt die Frauenfreundschadt zwischen Jara und Anto, es beginnt mit einem einschneidenden Ereignis und springt in die Vergangenheit zurück, um die Entwicklung der Figuren, die beide bei ihrer Mutter aufwachsen, näher zu beschreiben. Wir tauchen ein in ihr Leben, sehen, welch unterschiedlichen Milieus beide entstammen und begleiten sie bei ihren gemeinsamen Aktionen, ihren Streifzügen in der Nacht mit Einbrüchen, Alkoholexzessen und ihren Gewaltfantasien. Das mag verstören, doch man kommt den Freundinnen ganz nah, manche Themen werden aber nur angedeutet und es bleibt der Erfahrung oder Fantasie der Leserin überlassen, wie sie diese Lücken füllt oder auslegt. So deutet die Autorin beispielsweise einige Gewaltszenen an, bei denen man nicht genau weiß, wie sehr es die Figuren getroffen hat. Man kann es nur ahnen! Solche Stilelemente mögen gefallen, ich mag es lieber klar, auch wenn es auch hart zu lesen und zu ertragen ist. Auch habe ich lange das Gefühl gehabt, dass Jara in Anto verliebt ist, doch das wurde nie ausgesprochen oder näher thematisiert. Sicher ist aber, dass Neid und Eifersucht eine Rolle spielen.

Die Erzählweise ist besonders, mit kurzen, manchmal recht rohen Sätzen werden Dialoge und Erlebnisse beschrieben, es wird aber auch poetisch, sobald die jungen, schönen Frauen lächeln und es wird eindringlich, sobald die Abwehrfähigkeit im Raum steht.

Für mich stellte sich beim Lesen die Frage, müssen Frauen immer nur lächeln und zeigt dieses Lächeln auch das wahre Empfinden hinter einer schönen Fassade? Nein, denn tief in den Frauen brodelt es und selbst wenn sie lächeln, können sie gegenhalten und kontern. Dieses Rollenbild steckt in uns und lässt sich nicht so leicht abschütteln, es sei denn, man trägt einen Baseballschläger, um auszuteilen, in der Gefahr des Übergriffs.

In ihrem Roman zeigt die Autorin auch die Kampf- und Verteidigungsbereitschaft der neuen Generation von Frauen, sie sich wehren wollen, falls es nötig wird.

Mascha Unterlehberg spiegelt in ihrem Gegenwartsroman durch Anto und Jara die Rolle der Frau. Beide symbolisieren auf moderne Weise den femininen Charakter in einer patriarchalischen Welt, in der Frauen zusammen halten müssen. Sie entwickeln sich zur Frau, lehnen sich gegen das typische Rollenbild in der Gesellschaft auf, wollen auffallen, sind miteinander wie Schwestern verbunden, um sich dann wieder zu verlieren.

Eine bewegende Geschichte über das Einfinden in die Frauenrolle und ein Buch, das nachdenklich macht.

Bewertung vom 05.04.2025
Hier draußen
Behm, Martina

Hier draußen


sehr gut

Schein und Wirklichkeit des Dorflebens!
Bei DTV erscheint das Debüt von Martina Behm, ihr Roman trägt den Titel "Hier draußen".

Lara und Ingo ziehen mit ihren beiden Kindern aus Hamburg ins (fiktive) holsteinische Örtchen Fehrdorf auf einen renovierungsbedürftigen Hof, sie wünschen sich mehr Ruhe für die Familie. Doch so schön es hier auch ist, schon bald ergeben sich Probleme. Denn Ingo fährt auf seiner Pendelstrecke zur Arbeit nach Hamburg eine weiße Hirschkuh an, laut Jäger Uwe ist der Tod des Tieres ein schlimmes Omen. Der Aberglaube besagt, wer sie tötet, stirbt innerhalb eines Jahres. Gemeinsam erlösen sie das verletzte Tier.

In ihrem Roman stellt uns Martina Behm auf unterhaltsame Weise die ländliche Szenerie, sowie die unterschiedlichen Menschen aus Fehrdorf vor und lässt uns an ihren Erlebnissen, Lebensgeschichten und Gedanken teilhaben. Bei vielen Figuren erfahren wir die Wünsche und Pläne, die sie sich für ihr Leben erhoffen und bekommen im Laufe der Handlung mit, wie sich ihr Leben entwickelt und was aus den Träumen geworden ist. Das erhoffte friedliche Landleben ohne den Stress der Großstadt ist am Ende häufig ebenfalls problembelastet. Es ist ein Trugschluss, dass man hier die heile Welt vorfindet.


Bei diesem Roman habe ich etwas gebraucht, um mich einzulesen und die vielen Figuren musste ich erst einmal richtig einordnen können, um dem Fluss der Geschichte gut folgen zu können. Doch dann hat mich die Story immer mehr interessiert, denn die Figuren hauchen dem Ganzen Leben ein.

Lara wurde mir sympathisch und immer vertrauter. Sie arbeitet kaum noch als Grafikerin und kümmert sich statt dessen um die Kinder und die Renovierung des Hofs. Das Leben auf dem Land ist eintöniger, aber häufig genauso problembelastet wie in der Stadt. Neue Bewohner werden nicht gleich akzeptiert, bei Dorffesten lernt man sich näher kennen und gewinnt nähere Bekanntschaften.

Wir lernen den alleinstehenden Jäger Uwe kennen, der abergläubisch ist und den Hof seiner verstorbenen Eltern weiter führt.

Schweinezüchter Enno führt den Betrieb nach alter Tradition, seine Frau Tove hat ganz andere Vorstellungen vor der Zukunft des Hofes. Söhnke und Maggie mästen Hähnchen, ihre Tochter studiert, fühlt sich aber doch als Landwirtin wesentlich wohler. Jutta und Armin sind die Letzten der einst großen Kommune im Dorf, sie sind hier heimisch geworden.

Der Erzählton ist eher sachlich gehalten, die Beschreibungen der Figuren und Schwierigkeiten im ländlichen Raum wirken authentisch und verbergen nicht, welche Nachteile das Landleben mit sich bringt. Denn auch die Alteingessenenen haben mit Schwierigkeiten zu kämpfen, Kleinbauern fürchten um ihre Existenz, die Jugend zieht es in die Städte, die Hofnachfolge steht in den Sternen.


Im Ganzen wirkt die Geschichte auf mich recht düster und beklemmend, wobei daran besonders die Paarprobleme, Unfälle mit Tieren und Gefahr durch Güllegruben ihren Anteil haben. Der Autorin ist es gelungen, durch die ständigen Wechsel der Perspektive viele interessante Aspekte des Landlebens sichtbar zu machen und mit den Figuren zu einer runden Geschichte zu verflechten.


Ein authentischer Blick auf das Landleben und ein aussagekräftiger Roman über die Dorfgemeinschaft!

Bewertung vom 01.04.2025
Bis die Sonne scheint
Schünemann, Christian

Bis die Sonne scheint


ausgezeichnet

Eine Familie zwischen schönem Schein und Pleite!
Der Familienroman Bis die Sonne scheint von Christian Scheunemann erscheint bei Diogenes.

1983: Daniel Hormann freut sich auf seine Konfirmation und den Schüleraustausch nach Frankreich. Doch die finanzielle Situation der Eltern sieht schlecht aus. Das lassen die Eltern aber nicht offen erkennen, sie wahren den Schein und trotzen selbst dem Gerichtsvollzieher. Ihr Motto ist: Selbst ohne Geld muss man sich noch etwas gönnen.

Christian Scheunemann blickt auf seine Jugendzeit und das Leben seiner Familie zurück. Die Handlung spielt in den 80er Jahren, eine Zeit, die ich selbst sehr intensiv erlebt habe. Das weckt Erinnungen und nostalgische Momente, ich konnte mich wunderbar in die bildhaft beschriebene Szenerie einfühlen und hatte viele Erinnerungsmomente, die sich mit dem Zeitgeist der Geschichte decken. Die Familie besteht aus Eltern und vier Kindern, sie wohnen in einem großzügigen Bungalow, den der Vater selbst entworfen hat.
In Rückblenden tauchen wir in das Leben in der Nachkriegszeit der Großeltern ein, erfahren, wie sich Daniels Eltern kennen lernen, Nachwuchs bekommen, ein Haus bauen, eine Firma gründen, gut leben und finanziell in einer Abwärtsspirale enden.

Die Geschichte wird zu keiner Zeit langweilig und die liebenswürdigen Charaktere sind ein entscheidender Faktor, dass ich dieses Buch so gern gelesen habe. Ich habe mit Daniel gehofft, dass er die gewünschte Hose bekommt und mit ihm gelitten, als das Konfirmationsgeld flöten geht. Durch den lockeren, ruhigen Erzählstil werden die Erlebnisse der Hormanns lebendig und bildhaft genau geschildert und entwickeln sich durch das Familienleben und den lockeren Umgang mit Geld zu einer packenden Geschichte, die mit etwas Situationskomik durchzogen ist, authentisch fühlbar wird und richtig gut zu lesen ist. Sparen ist für die Hormanns ein Fremdwort und einer Pleite wird ausgewichen, indem man einfach in Richtung Süden der Sonne entgegen fährt. Ist doch ganz einfach, nur dass die Gläubiger sich damit nicht zufrieden geben. Beim Lesen tauche ich in wechselnde Emotionen ein, die Handlung springt zwischen Tragik, Witz und dem hilflos scheinenden Ansinnen, neue finanzielle Möglichkeiten zu entwickeln.
Der Bungalow steht von Anfang an für die Pleite, er ist noch nicht alt, doch das Wasser bahnt sich seinen Weg durch das Dach, eine grundlegende Renovierung ist unausweichlich. Christian Scheunemann beschreibt diesen Umstand sehr bildhaft, dass es schon fast grotesk und humorös erscheint. Vielleicht ist Lachen in dieser schwierigen Lage die beste Medizin.

Die Geschichte zeigt den Familienalltag in den 80er Jahren, sie macht die Wünsche, Sorgen und Hoffnungen des Protagonisten sichtbar, spiegelt den Bankrott der Eltern mit dem gleichzeitigen Verdrängen der Probleme.

Ein Leseerlebnis, das nachhallt und mich gespannt in seinen Bann gezogen hat. 4,5 Sterne, die ich gerne aufrunde!

Bewertung vom 31.03.2025
Milli Meerjungfee legt los
Sturm, Linda

Milli Meerjungfee legt los


sehr gut

Guter Einstieg für Leseanfänger!
Das Erstlesebuch Milli Meerjungfee legt los von Linda Sturm mit Illustrationen von Angela Glökler erscheint bei Penguin Kinderbuch. Es ist der sechste Band der Reihe Einfach selbst lesen: 1. Lesestufe.

Auf dem Stundenplan von Meerjungfrau Milli steht eine Wassertanz-Stunde, doch darauf hat Milli gar keine Lust. Das ist einfach nur langweilig und Milli hat eher Lust auf ein echtes Abenteuer. Zum Glück bekommt sie eine Feen-Ausrüstung geschenkt, die bis eintausend Meter wasserfest sein soll. Das muss sie gleich ausprobieren und soll als echte Meerjungfee auch gleich einen ersten Wunsch erfüllen. Doch die Zauberei als richtige Fee ist gar nicht so leicht und hat ihre Tücken, vor allem für kleine Heringe...

Dieses Buch bietet Erstlesern eine lustige Geschichte von Milli und ihrem Freund Mo, die sich auf die Suche nach dem verschwundenen Hering Nr. 8 machen und dabei spannende Abenteuer erleben.

Das erste Kapitel ist die Einführung in die Geschichte, sie sollte vorgelesen werden. Als kleine Mitleseaufgabe werden die Namen Milli, Mo und Fee im Text eingebunden, sie sind besonders gut erkennbar weil sie farbig hervorstechen. Die weiteren Kapitel enthalten kurze Sätze zum Selberlesen, die in großer Erstleseschrift in Druckbuchstaben gut lesbar ausgeführt werden.

Die Suche nach dem kleinen Hering durchzieht die ganze Geschichte und beschreibt ein Abenteuer mit einem Fischer und einem Hai. Sehr deutlich hervorgehoben werden die Dialoge in Form von Sprechblasen, was mir sehr gut gefällt.

Die Texte enthalten auch einige Reime, so macht das Lesen auch richtig Spaß. Einen Kritikpunkt habe ich mit dem für mich ungewöhnlichen Satz "Der Stab tut nicht." in einer Sprechblase. Das hätte man auch besser formulieren können.

Die farbigen Illustrationen wirken sehr lebendig und sind niedlich anzusehen, sie begleiten die Texte auf verständliche Weise.
Am Ende des Buches befindet sich ein einfaches Lesequiz, das Inhalte aus dem Text abfragt.

Diese abenteuerliche Geschichte weckt Interesse zum Selberlesen und unterhält mit seinen schönen Illustrationen und liebenswerten Figuren.

Bewertung vom 26.03.2025
Tricksen, Täuschen, Tarnen
Pribbenow, Babette

Tricksen, Täuschen, Tarnen


sehr gut

Lehrreiches Sachbilderbuch, das Interesse weckt!
Im Tulipan Verlag erscheint für Kinder ab vier Jahren das Sachbilderbuch Tricksen, Täuschen, Tarnen von Babette Pribbenow mit Illustrationen von Rinah Lang.

Tiere haben erstaunliche Tricks auf Lager, um sich vor Feinden zu schützen oder um sich selbst ungesehen an ihre Beute heran zu machen. Manche erwecken mit ihrem Äußeren den Eindruck, ein anderes, gefährliches oder ungefährliches Tier zu sein. Diese Täuschung nennt man Mimikry und findet sie sowohl bei Beutetieren, als auch bei Räubern.

Die Schwebfliege sieht zur Abschreckung einer gefährlichen Wespe täuschend ähnlich und entgeht damit einigen Feinden. Der Seeteufel sieht auf dem Meeresboden aus wie ein mit Algen besetzter Stein und lockt mit seiner Angel Beutetiere heran.

Das Chamäleon ist ein Meister der farblichen Verwandlung und passt sich geschickt an seine Umgebung an. Diese Form der Tarnung nennt man Mimese und wird auch vom Fetzenfisch und vom Polarfuchs genutzt.

Manche Tiere sind besonders auffällig und farbprächtig und deuten damit auf ein wehrhaftes Verhalten hin. Ein Beispiel dafür sind die Pfeilgiftfrösche im Amazonas-Regenwald.

Richtig gut gefallen mir die Abbildungen der Tiere und Pflanzen, sie kommen den Originalen sehr nahe. Geschickt vermittelt die Farbwahl des Hintergrundes den natürlichen Eindruck von Blumenwiese, Regenwald, Unterwasserwelt oder verschneiter Landschaft.

Dieses Buch stellt viele Tarn- und Verwandlungskünstler aus dem Tierreich vor, die zu ihrem Schutz oder zum besserem Beutefang bestimmte Tricks entwickelt haben. Man erfährt interessante Fakten zu Zweihöcker-Spinnenfressern, Glühwürmchen, Feuerfisch oder Oktopuss, manche Inhalte sind sehr einzigartig und erfordern biologisches Interesse und Wissen, was bei Kleinkindern noch nicht entsprechend vorliegt.

Vom inhaltlichen Anspruch her erscheinen mir die Texte für die Altersklasse ab vier Jahren etwas hoch gegriffen. Besser gelingt die Wissensvermittlung durch die den naturnah gestalteten Bilder, sie vermitteln optisch die speziellen Tarn- und Täuschungstricks recht eindeutig.

Ein thematisch gut aufbereitetes Sachbuch über Mimikry und Mimese, die an mehreren Beispielen aus dem Tierreich interessant erläutert wird. Um diese Fakten gut zu verstehenen, würde ich die Altersklasse allerdings um einige Jahre nach oben korrigieren.

Bewertung vom 24.03.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


sehr gut

Ein tiefgründiger Roman über Wendungen des Lebens!
Katharina Hagenas Generationenroman Flusslinien erscheint bei Kiepenheuer & Witsch.

Margrit war früher Atemtherapeutin und Stimmbildnerin, sie ist 102 Jahre alt und lebt in einer Seniorenresidenz nahe der Elbe. Täglich bringt sie ihr Fahrer Arthur in den Römischen Garten, wo sie beim Anblick der Elbe ihre Gedanken in die Vergangenheit schweifen lässt. Sie hat viel erlebt und denkt an ihre Jugend zurück, an die Kriegsjahre und an die Beziehung ihrer Mutter Johanne zu einer anderen Frau. In dieser Zeit sucht Arthur mit einem Metalldetektor das Flussufer ab. Margrits Enkelin Luzie hat kurz vor dem Abi die Schule abgebrochen, sie möchte Tätowiererin werden. Alle drei Figuren haben ihre persönlichen Geheimnisse und Traumata, die ihnen zusetzen.
In "Flusslinien" begleiten wir Margrit, Arthur und Luzie über einen Zeitraum von zwölf Tagen und tauchen in ihre Gedanken und tiefsten Geheimnisse ein. Katharina Hagena hat eine erzählerische Kraft, die mich besonders mit den zwölf Beschreibungen der Atmosphäre des Elbstrandes fasziniert hat. Die Elbe ist die Lebensader der Geschichte, die die Lebensgeschichten der Figuren miteinander verbindet.

Für mich war Margrit die interessanteste Figur im Roman, sie besitzt trotz ihres Alters noch erstaunlich viel Lebenskraft. Als frühere Atemtherapeutin bestimmt die Atmung ihr Innerstes und während ihrer Erzählperspektive konnte ich gut mit ihr fühlen. Bei ihren täglichen Besuchen des Römischen Gartens erinnert sich sie an Else Hoffa, die Schöpferin des Gartens und gleichzeitig Geliebte ihrer Mutter. Doch sie denkt auch an die Kriegstage in Hamburg, an Menschen, die verschwanden und nie wieder kehrten. Und sie sorgt sich um ihre Enkelin Luzie, weil die aktuellen gesellschaftlichen Probleme sie auch an früher erinnern.

Durch die Erzählweise, die zwischen Margrits, Luzies und Arthurs Perspektive wechselt, tauchen wir in die unterschiedlichen Geschichten ein, die das Leben am Fluss geprägt haben. Nicht nur die Vergangenheit hatte dunkle Schatten, auch die Jugend erfährt schlimme und prägende Erlebnisse, die wie bei Luzie und Arthur schon traumatische Auswirkungen haben. Nach und nach taucht man in die verschiedenen Geheimnisse ein, so wird der Roman zu einer nebulösen Geschichte, aus der die Vorgänge allmählich sichtbar werden und aus dem Nebel aufsteigen.

Aufgrund der sich langsam öffnendem Sichtweise hat mir "Flusslinien" sehr gut gefallen, trotzdem führten mich einige Szenen zu weit über die eigentliche Handlung hinaus und ich hätte auf diese Längen verzichten können. Ich konnte auch nicht nachvollziehen, dass sich Margrit von Luzie eine Tätowierung in Form von Flusslinien stechen lässt und bis auf die Verbindung zur Elbe fand ich es etwas unglaubwürdig.


Die unterschiedlichen Perspektiven lassen tiefe Einsichten in die drei Schicksale zu und verleihen dem Roman eine tiefgründige Aussage, die zum Nachdenken anregt. Für mich war besonders die gegenseitige Beziehung der Protagonisten ein schöner Aspekt, der das Buch zu einer warmherzigen Geschichte gemacht hat.

Ein tiefgründiger Roman mit vielen Facetten, auf den man sich einlassen muss, damit er seine volle Wirkung entfalten kann!

Bewertung vom 20.03.2025
Mord im Chateau / Ein Brite in Frankreich Bd.3
Moore, Ian

Mord im Chateau / Ein Brite in Frankreich Bd.3


gut

Dieser Cosy-Crime konnte mich nicht fesseln!
Im Rowohlt Verlag erscheint der Kriminalroman Mord im Chateau von Ian Moore, es ist der dritte Band der Reihe Ein Brite in Frankreich.

Der Brite Richard Ainsworth führt eine kleine Pension im Loiretal, in der sich eine Filmcrew eingemietet hat. Sie drehen im benachbarten Château de Valençay einen historischen Film, was Richard als promovierten Filmhistoriker begeistert. Aber dann stirbt plötzlich ein Schauspieler unter merkwürdigen Umständen. Richard und Valérie haben inzwischen ein Detektivbüro und arbeiten als Sicherheitsteam am Drehort, diese Gelegenheit kommt ihnen gelegen, um undercover zu ermitteln. Dabei kommen sie einigen Intrigen und Streitigkeiten auf die Schliche. Der Täter muss unter den Filmleuten sein!

Richard und Valérie sind als Sicherheitsleute zum Schutz der Filmcrew engagiert. Valéries Nichte wird angeblich von einem Stalker verfolgt und bedroht und dann stirbt ein Statist im stolzen Alter von 102 Jahren, doch ihn traf kein natürlicher Tod. Kurz darauf gibt es ein weiteres Opfer, das stärkt den Verdacht, das hier doch ein Mord vorliegen könnte.

Dies ist mein erstes Buch der Reihe und ich habe viel Aufmerksamkeit darauf verwendet, um bei der Vielzahl an Figuren den Überblick zu behalten und die Beteiligten und ihre Beziehungen zueinander richtig einordnen zu können. Ein Personenregister wäre durchaus hilfreich gewesen. Die Charaktere sind bunt gemischt, teilweise recht skurril, kamen mir bis auf die liebenswerten Figuren Richard und Valérie leider nicht sehr nah. Dabei enthält die Handlung amüsante Szenen mit britischem Wortwitz und der undurchsichtige Fall scheint interessant und wird stimmig gelöst. Leider hat mich aber die doch recht langatmige Aneinanderreihung von endlosen Gesprächen und belanglosen Szenen der zahlreichen Figuren irgendwann nicht mehr gefesselt.

Einziges Highlight sind Richards Kämpfe, die er mit dem Pfau im Schlosshof abhält. Ansonsten hat sich mir der rote Faden im Krimi nicht so recht erschlossen, er scheint zwischen den abschweifenden Erzählungen auf der Strecke geblieben zu sein. Irgendwann verlor sich mein Interesse für den wahren Mörder und das Tatmotiv, trotzdem habe ich geduldig bis zum Ende gelesen.

Leider konnte mich der Fall nicht fesseln!

Bewertung vom 19.03.2025
Känguru Knickohr - Huhu, Känguru! Was hörst denn du?
Sabbag, Britta

Känguru Knickohr - Huhu, Känguru! Was hörst denn du?


sehr gut

Lustiges Vorleseabenteuer
Bei Penguin Junior erscheint Britta Sabbags Bilderbuch "Känguru Knickohr – Huhu, Känguru! Was hörst denn du?" mit lustigen Illustrationen von Igor Lange.

»Aufwachen, mein Schatz!«, ruft Mama Känguru am Morgen. Doch Knickohr, das kleine Känguru, hört anscheinend nicht und kuschelt weiter. So geht es den ganzen Tag über, alles was Mama Känguru sagt, versteht Knickohr völlig anders. Und das hat einen guten Grund, es hört nur, was es hören will, denn damit wird der Tag ganz nach Knickohrs Geschmack.

Britta Sabbags gut verstängliche und schön gereimte Texte rund um Alltagserlebnisse von Knickohr machen das Buch für Klein und Groß zu einem humorvollen Leseerlebnis. Kleinkinder können sich gut in das Kängurukind hineinversetzen und merken natürlich, dass es nicht hören will. Jeder Frage oder Aufforderung von Mama Känguru steht eine "unerwartete" Antwort von Knickohr gegenüber. Auch an die Kinder wird stets die Frage danach gestellt, was Knickohr wohl verstanden hat. So müssen die Kinder sich überlegen, was Mama wohl eigentlich gemeint hat.
Man muss einfach schmunzeln, wie Knickohr seine Mama auszutricksen versucht, um seine Wünsche durch zu setzen und es ist wohltuend zu sehen, wie liebevoll sich Mama diese kleinen Frechheiten gefallen lässt.


Die bunten Bilder zeigen erkennbare Mimik, was mir sehr gefällt und sie verbreiten gute Laune, indem sie die Aktivitäten von Knickohr und seinen Freunden sichtbar machen. Da wird gehopst, gesprungen, gegessen, gekuschelt und eine Kissenschlacht gemacht, dass es eine wahre Freude ist.

Ein lustiges Buch zum Vorlesen und gemeinsam Entdecken der vielen kleinen Hörfehler vom Känguru!

Bewertung vom 18.03.2025
Das Leben fing im Sommer an
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


gut

Eine Zeitreise in die 90er Jahre!
Bei Kiepenheuer & Witsch erscheint Christoph Kramers Coming-of-age Roman Das Leben fing im Sommer an.

Im heißen Sommer 2006 erhitzt die Fußballweltmeisterschaft die Gemüter, damals war Chris Kramer gerade 15 Jahre alt und stand an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Die Zeit ist erfüllt von abendlichen Treffen mit Freunden auf den Dach einer alten Scheune, tagsüber schläft er im Freibad und träumt von einer Karriere als Fußballprofi. Den Teenager treibt die Suche nach sich selbst um, er hasst seine Pickel und möchte endlich eine Freundin haben. Dann tritt mit Debbie das schönste Mädchen in sein Leben und mit ihr erlebt er eine emotionale Achterbahnfahrt, die ihn hoch hinaus trägt, aber auch tief fallen lässt. Mit seinen Freunden erlebt er einen nächtlichen Roadtrip, der ihm zeigt, wie es sich anfühlt, ausgelassen zu leben.

Da ich mich nicht für Fußball interessiere, war mir Christoph Kramer nicht bekannt.

In dieser Geschichte erzählt Christoph Kramer von drei Tagen im Sommer 2006, die seine persönliche Wende ins zukünftige Leben markierten. Mit viel Einfühlungsvermögen und dem Gespür für das Erwachsenwerden beschreibt er seine Erlebnisse mit Freunden im Schwimmbad, den ersten Kuß und ein Abenteuer der besonderen Art.

Die Erzählweise ist gut zu lesen, manche Erlebnisse finde ich zu auserzählt, doch das ist ja Geschmacksache. Man kann die gezeigten Gefühle, Ängste und emotionalen Momente gut nachvollziehen und erlebt einen Teenager mit Träumen, der seinen Platz im Leben sucht und zwischen Unsicherheit und dem Wunsch nach Anerkennung gefangen ist. Besonders authentisch finde ich die Beschreibung der Freundschaft zu seinen Jungen in der Nachbarschaft. Sie unterstützen ihn und stärken ihm das Selbstbewusstsein während der pubertären Zweifel. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich nicht so recht weiß, was ich von dem nächtlichen Roadtrip glauben kann und soll.

Das Buch war nicht gerade das, was ich sonst lese und doch habe ich die Erzählweise und einige Phrasen der Selbstreflexion genossen.

Diesen Coming-of-age-Roman empfehle ich allen jüngeren Semestern aus den 90ern, weil viele Erlebnisse diese Zeit widerspiegeln und jüngere Leser mehr damit anfangen können als ältere.
Christoph Kramer reflektiert den Sommer 2006 mit dem Fußballmärchen, sein Leben und die Liebe.

Eine berührende Zeitreise in die 90er Jahre, die noch Potential nach oben hat!

Bewertung vom 17.03.2025
Fernwehland
Naumann, Kati

Fernwehland


ausgezeichnet

Das Schiff der Träume
Kati Naumanns historischer Roman Fernwehland erscheint bei Harper Collins.

1946 wurde die "Astoria"auf den Namen Stockholm getauft, acht Jahre später geriet sie in eine Schiffskatastrophe und wurde von der DDR günstig erworben. Unter dem Schiffsnamen "Völkerfreundschaft" war sie das Kreuzfahrtschiff der DDR und steuerte 25 Jahre durch die Weltmeere.

Henri träumte schon als Kind von einem Leben auf See und als er Matrose wird, steht diesem Ziel nichts mehr im Wege. Er lernt dort die Stewardess Simone kennen, beide werden ein Paar. Jahrzehnte später unternehmen Henri und Simone wieder eine Fahrt mit der Astoria, dieses Mal als Gäste. Mit an Bord ist auch die Schwedin Frida, die bei der Schiffstaufe dabei war und auf dem Schiff ihre Hochzeitsreise erleben durfte. Die junge Elli gesellt sich zu ihnen und hört von den abenteuerlichen Geschichten, die sich in der Vergangenheit rund um das Schiff abgespielt haben.

Kati Naumann erzählt eine Familiengeschichte, die mit den Schwierigkeiten ihrer Zeit in der DDR zu kämpfen hatte. Man merkt dem Roman die umfassende Recherchearbeit an, denn es gibt zahlreiche Einzelheiten bezüglich der Namen und zahlreichen Umbaumaßnahmen der "Astoria".

Mit diesem Roman erweckt sie die Vergangenheit zum Leben und lässt uns teilhaben an den aufregenden Abenteuern in der Ferne mit den Gästen und der Crew der "Völkerfreundschaft". Gleichzeitig lässt Kati Naumann aber auch die Auswirkungen des Kalten Krieges und die Lebensrealität im DDR-System mit all ihren Problemen einfließen, ohne eine Bewertung zu betreiben. Wer sich mit dieser Staatsform nicht auskennt, wird in diesem Buch die Gelegenheit bekommen, sich in das Leben in der DDR einzufühlen mit all dem Licht des Sozialismus und mit seinen Schattenseiten. Der Roman öffnet mir zum wiederholten Male die Augen über die Ungerechtigkeiten in der DDR, über die meine dort lebende Verwandtschaft einiges zu berichten wusste. Ausreiseanträge, die der ganzen Familie Schaden zufügten, Handelsgeschäfte gegen harte Devisen mit dem Westen, beschränkte Reise- und Studiumsmöglichkeiten ohne Parteibuch empören mich heute noch.

Sehr interessant fand ich die Besonderheiten um den Kauf der Stockholm durch die DDR, er wurde überwiegend von der Bevölkerung mit Spenden und unbezahlten Überstunden getragen und stand danach nur wenigen Auserwählten als Reisemöglichkeit zur Verfügung. Der Fernblick in fremde Länder wurde vielen Bürgern verwehrt.

Atmosphärischer Familienroman verknüpft gut eingebaute historische Fakten und lässt uns eine Erinnerungsreise in Deutsch-deutsche Geschichte erleben, die eng verknüpft ist mit dem Kreuzfahrtschiff "Völkerfreundschaft", dem "Traumschiff" der DDR. Meine volle Leseempfehlung!