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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2175 Bewertungen
Bewertung vom 08.09.2025
Unter dem Nussbaum
Donhauser, Michael

Unter dem Nussbaum


sehr gut

Ob Gedicht oder Prosa, Michel Donhauser feiert die Natur.
Blumen, Bäume, Gärten, selbst einen Misthaufen kann er ehren.

Unter den Nussbaum ist ein umfangreiches Buch, dass viel enthält. Neben langen Texten gibt es auch Dreizeiler.
Ein Text wie Zwischenjahreszeiten hingegen hat sogar mehrere Kapitel.
Auffällig und imponierend der komplexe Gedichtzyklus Sarganserland.
Dem steht auch Variationen in Prosa nicht nach.

Diese Sammlung umfasst so viel, dass man als Leser das kaum auf einmal verarbeiten kann. Das Buch wird mich noch lange begleiten.
Zusätzlich enthält es drei Teile, die erstmals veröffentlicht sind.

Bewertung vom 08.09.2025
Zeit ihres Lebens
Ulrich, Ulrike

Zeit ihres Lebens


sehr gut

Ulrike Ulrich hat eine Art gefunden, ihre Geschichte zu erzählen. Sie lässt ihre Hauptfigur Liane Steffen, eine 60zigjährige Schriftstellerin, in einen Dialog mit einer verstorbenen Freundin treten.
Schauplatz ist Paris, 2021, die Zeit der Pandemie. Corona überlagert die Handlung teilweise.
Es ist ein reflektierendes Buch, dass die Zeit ihres Lebens versucht zu beschreiben. Ulrike Ulrich macht das sensibel.
Besonders interessant fand ich die Abschnitte, in denen es um das Schreiben an sich geht. Schließlich ist nicht nur Liane Schriftstellern sondern auch ihre verstorben Freundin war eine, und auch ihr neuer Freund Carmine. Dann entdeckt Liane auch noch eine vergessene Schriftstellerin des 19.Jahrhunderts,
Die Literatur, Bücher, Autoren und das Schreiben sind tief in der Handlung verwurzelt.
Das Buch schließt, als Lianes Aufenthalt in Paris endet.
Der Roman verfügt über eine sprachliche Dichte und die Autorin hat einen überzeugenden Ton gefunden.

Bewertung vom 07.09.2025
Kiki Beach
Stauffer, Verena

Kiki Beach


ausgezeichnet

Verena Stauffer hat mit Kiki Beach ein hochkomplexes Lyrikband geschaffen, das viel bietet und weit mehr ist als nur Liebesgedichte.
Ich denke, es ist der einzige Prosatext, der ein zentrales Motiv für das Buch findet. Der Fund einer toten Ziege auf der Insel Susak in der nördlichen Adria, was die Autorin erschütterte. Ein Foto der Künstlerin Angela Andorrer dokumentiert es.

Was mich auch überzeugte, sind bei einigen Texten eine Art Fußnoten. Das trifft z.B. bei den 4 Gedichten des Abschnittes Kiki Beach zu. Diese erklären die Gedichte nicht, geben aber Quellen zu Einflüssen, da sei z.B. die Dichtern Yi Lei und griechische Mythologie genannt.
Der Abschnitt King of Persia schöpft stark aus Dylan Thomas Do not go gentle into the Goodyear night.

Vielfach finden sich auch englische Texte, manchmal ganze Gedichte, das wirkt dann wie Songs.

Bewertung vom 06.09.2025
Blutbrot
Unterthiner, Miriam

Blutbrot


ausgezeichnet

Miriam Unterthiner ist eine Dramatikerin, die aus Südtirol stammt und ihr Text behandelt den Umstand, dass über die sogenannte Rattenlinie am Ende des Kriegs vielen Kriegsverbrechern die Flucht über den Brenner ermöglicht wurde. Darunter waren u.a. Barbie, Eichmann, Mengele.
Mit der Aufarbeitung der Schuld dieser Fluchthilfe tut sich die Figur, die hier DasDorf betitelt wird, schwer.
Trotz des ernsten Themas bringt die Autorin Leichtigkeit und einen ironischen Humor mit hinein. Zu Anfang durch ein vor ihr selbst als pathetisch benanntes Vorwort und später im Stück schaltet sie sich selbst als agierende Figur ein und ironisiert die zeitgenössischen Umstände der Theaterwelt.
Der Text wirkt frisch, hat mich thematisch interessiert und mit der Ausführung überzeugt.

Bewertung vom 03.09.2025
Ein Mann namens Loprete
Travacio, Mariana

Ein Mann namens Loprete


sehr gut

Ein trockenes, karges Land

Der Roman wirkt wie ein Western, ist aber in einer unwirtlichen Gegend in der Pampa von Argentinien angesiedelt. Es ist ein Rachedrama, dass die Selbstjustiz nicht verherrlicht, aber die Wut der Beteiligten vermittelt.
Der junge Manoel hat seine Eltern verloren. Schuld hat der Clan der reichen Loprete. Als ein Loprete im Dorf auftaucht und da getötet wird, eskaliert es.

Die kurzen Kapitel prägen den Text. Manoel ist der Erzähler. Durch Form und Erzählstil entsteht eine eigenwillige Fabel über eine Spirale der Gewalt.

Die Schriftstellerin Mariana Travacio hat Potenzial, so dass man auf weitere Bücher von ihr hofft.

Bewertung vom 02.09.2025
Der Laden in der Mondlichtgasse
Kurisu, Hiyoko

Der Laden in der Mondlichtgasse


gut

Vom Fuchs verhext


Das Buch Der Laden in der Mondlichtgasse von der japanischen Schriftstellerin Hiyoko Kurisu ist episodenhaft aufgebaut.
Zu Beginn: Kana, eine schüchterne Schülerin der ruhigen Art, betritt staunend eine Confiserie in einer ihr bisher unbekannten Straße.
Dann wird klar, der Laden befindet sich in einer Zwischenwelt. Ein Fuchsgeist bedient sie.
Sie kauft glücksbringende Bonbons und das wird in ihrer Beziehung zum Freund etwas ändern.
Mit den folgenden Episoden wechseln die Figuren, der Ablauf verläuft aber ähnlich.
Das Niveau der Geschichten ist gleichbleibend, d.h. eine ist so belanglos wie die andere. Mir persönlich gefällt die fünfte noch am besten.
.
Das Buch ist so zuckrig wie die Zauberbonbons aus der Confiserie.
Daher empfehle ich, die sechs Geschichten des Buches nicht hintereinander weg zu lesen.

Bewertung vom 01.09.2025
Am Semmering
Paar, Tanja

Am Semmering


sehr gut

Am Semmering ist ein Zeitporträt: Ein bestimmter Ort in Österrreich und eine Zeit, ab 1928 bis in die dreißiger Jahre hinein.
Erzählt wird exemplarisch anhand eines Paares: Bertl und Klara.
Die Autorin wurde von ihren Großeltern zu diesen Figuren inspiriert. Daher wirken sie besonders authentisch.
Auch stilistisch ist der Roman geschickt und gut gemacht.

Bewertung vom 31.08.2025
Wachs
Wunnicke, Christine

Wachs


ausgezeichnet

Manchmal gibt es Bücher, die haben so einen tollen Anfang, das man sie nicht vergisst. Wunnickes Wachs gehört dazu. Das erste Kapitel ist grandios geschrieben und hat einen Witz, der zugleich auch dazu dient, die eindrucksvolle Hauptfigur vorzustellen. Marie Biheron, die in Frankreich des 18.Jahrhunderts lebte. Sie war Künstlerin und machte anatomische Wachsmodellation.
Mit der Blumenmalerin Madeleine Basseport kommt eine weitere wunderbare Figur hinzu. Erst war sie Maries Zeichenlehrerin, dann hatten sie eine lang andauernde Beziehung.
Es gibt eine zweite Zeitebene, in der der junge Edmé sich um die inzwischen alte Marie kümmert. Auch das ist eine enge Beziehung.
Christine Wunnicke, die schon lange ein literarischer Geheimtipp ist, gestaltet ihr Buch stilistisch sehr elegant. Ihre Sprache ist raffiniert.

Bewertung vom 31.08.2025
Single Mom Supper Club
Nandi, Jacinta

Single Mom Supper Club


gut

Jacinta Nandi hat mit Single Mom Supper Club einen Roman geschrieben, der es überraschend auf die Longlist des Deutschen Buchpreis geschafft hat.
Es geht um alleinerziehende Frauen, die sich regelmäßig treffen um gemeinsam zu kochen. Eigentlich waren es ursprünglich 2 Gruppen. Die normalen Mütter und die etwas jüngeren Cocaine-Moms.
Die normalen Mütter und ihr Alltag stehen mehr im Vordergrund: Kayla, Tamara, Lina , Antje
Die Figuren sind mehr oder weniger typisiert. Das Spiel mit Klischees macht der Autorin amscheinend Spaß.
Es gibt amüsante Momente, insbesondere bei den Dialogen. Es bleibt aber auch das Gefühl, diese Frauen im realen Leben besser nie treffen zu müssen.
Provokantes Schreiben als Programm. Streckenweise ist das eine Zumutung, dann aber auch keine schlechte Parodie. Dennoch habe ich den Humor als anstrengend empfunden.

Bewertung vom 29.08.2025
The Bitter Side of Sweet
Sullivan, Tara

The Bitter Side of Sweet


sehr gut

Ein Buch, klar konzipiert als Jugendbuch, erzählt von Kinderarbeit schlimmsten Ausmaßes in der Elfenbeinküste.
Der jugendliche Erzähler Amadou ist aus Mali und schon länger in der Lage, daher fast ein Profi.
Die Ausbeutung ist ihm ins Fleisch übergegangen. Die Kinder erleben brutale Gewalt. Amadou kümmert sich aufopfernd um seine jüngeren Bruder.
Die Situation ändert sich als ein störrisches Mädchen hinzukommt, die sich dem Terror widersetzt. Zu dritt gelingt ihnen die Flucht. Es gibt dramatische Szene. Das Buch ist durchaus spannend.
Interessant sind die Denkprozesse, die in Bewegung gesetzt werden.

Als durchschnittlicher, westlicher Leser ist man schockiert. Aber Kinderarbeit und -Ausbeutung ist Realität.