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asc259
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OELSNITZ/ERZGEBIRGE

Bewertungen

Insgesamt 37 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


gut

Der Autor erzählt uns von den letzten Tagen seiner Mutter. Sie war die Generation meiner Mutter und das ist der Grund, weswegen ich mich für dieses Buch interessierte. Es ist alles andere als ein Lobge-sang auf die Mutter. Er hat seinen Gedanken freien Lauf gelassen und die Erzählweise der Mutter so aufgeschrieben, wie sprach. Einige seiner Gedanken fand ich pietätlos, doch dann waren diese gera-de deswegen authentisch. Die Bäckersfrau aus dem Dorf sagte, die Mutter wäre eine schwierige Per-son gewesen und sie hat alle Leute rundum beleidigt. Daher wohl der sarkastische Ton des Sohnes. Die Monologe der Mutter geben viel über ihr Leben preis. Ich habe mich recht gut in diese einlesen können und sie haben mich keineswegs gelangweilt. Warum ich dennoch nur drei Sterne vergebe liegt an den teilweise schwer zu nachzuvollziehenden Gedankenspielen des Autors, z.B. die Überlegungen zur Musik und all den theoretischen Berechnungen zu den Grundpreisen.
Marianne Haas hatte kein einfaches Leben. Als eines von zehn Kindern musste sie schon als Kind mit anpacken, wurde bereits mir zehn Jahren auf einen Bauernhof „ausgeborgt“. Eine Ausbildung zur „Servierkraft“ scheiterte zunächst am Kriegsbeginn. Sie wurde zum Arbeitsdienst verpflichtet und nach „Kriegsschluss“ ist sie drei Tage lang nach Hause gelaufen. Sie machte später doch noch ihre Ausbil-dung in einer Hotelfachschule in der Schweiz, arbeitete dort acht Jahre lang und schickte ihr gesam-tes Geld nach Hause, weil die Familie Haus baute. Sie kam schwanger zurück und erstritt sich in dem von ihr mitfinanzierten Haus 28 Quadratmeter in denen sie mit ihrer Familie viele Jahre wohnte bis sie endlich eine Mietwohnung beziehen konnte. Mit fast neunzig Jahren wurde sie aus dieser dann raus-geklagt und ihre letzten Jahre verbrachte sie im Altersheim.

Bewertung vom 27.08.2023
Wellenkinder
Bahrow, Liv Marie

Wellenkinder


ausgezeichnet

Wer in der DDR aufgewachsen ist, findet sich an so manchen Stellen dieses Buches wieder. Und auch die Vorgänge in Hoheneck sind authentisch, wie man es bei Führungen durch dieses ehemalige Frauengefängnis erfahren kann. Und da hat man zu DDR-Zeiten mit diesen Wärterinnen außerhalb der Mauern belanglose Gespräche geführt, ohne zu wissen, was die so in ihrem Beruf machten, da-rum ging es in diesen Gesprächen nicht.
Dieser Roman hat mich von Anfang bis Ende gefesselt. Die Puzzlestücke von Personen und Zeit füg-ten sich schon zur Mitte hin zusammen, doch das Ende hielt noch so einige Überraschungen bereit.
1945 muss Margit als Kind mit Mutter und Bruder aus Ostpreußen mit einem Kutter fliehen. Eine vor-nehme Dame ist ebenfalls an Bord. In Panik springt diese ins Wasser und Margot kann gerade so noch ihr Baby festhalten. Sie nennt es Horst und kümmert sich um ihn. Doch als der Vater aus dem Krieg nach Hause kommt, muss Horst in ein Heim, wo sich Margit weiter um ihn kümmert, sie wird Heimerziehrein in diesem Heim und nimmt Horst nach ihrer Heirat zu sich.
1970 wird Oda bei einem Versuch die Republik zu verlassen verhaftet und kommt nach Hoheneck. Sie ist schwanger und bringt ihren Sohn in Haft zur Welt. Oda wird freigekauft und kann ausreisen angeblich mit ihrem Sohn, doch dann wird sie ausgetrickst und muss die DDR verlassen. Von der BRD aus sucht sie vergeblich nach ihrem Kind.
2022 reist Jan nach Rügen, weil dort bei einem Küstenabbruch die sterblichen Überreste seiner Mut-ter gefunden wurden. Doch bei einem Gentest stellt sich heraus, dass diese Frau nicht seine leibliche Mutter ist.
Die Suche Jans nach seiner Identität, seine Erinnerungen an eine harmonische Kindheit, das alles ist sehr ergreifend geschrieben und ich musste mir die Nacht um die Ohren schlagen, weil mich die Handlung durchgezogen hat wie schon lange keine mehr. 5 Sterne sind mehr als gerechtfertigt.

Bewertung vom 13.08.2023
Diese paar Minuten
Habringer, Rudolf

Diese paar Minuten


ausgezeichnet

Da Wesentliche finden wir ja im Klappentext. Jedoch machen diese Erzählungen nachdenklich . Sie beschreiben das Leben von Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Die sind keine Helden, sondern Leute wie du und ich. Bildhaft wird sich mit den Gedankengängen der Leute auseinandergesetzt. Einige Episoden versetzen mich zurück in die Zeit meiner Kindheit, ich finde Parallelen und auch wenn man vielleicht niemals so handeln würde, kann man dieses Handeln bis zu einem gewissen Grad verstehen. Der Autor blickt in die Seele seiner Protagonisten. Teilweise kreuzen sich die Geschichten ohne diese dann weiterzuerzählen. Sie enden teilweise abrupt und man kann sie die Fortsetzung selber weiterspinnen. Da geht es um perfekte Verbrechen, Fremdgehen, Klatsch und Tratsch.

Bewertung vom 06.08.2023
Das Pferd im Brunnen
Tscheplanowa, Valery

Das Pferd im Brunnen


ausgezeichnet

Das normale Leben in der Sowjetunion und später Russland. Darum geht es in diesem Roman. Hauptperson ist Großmutter Nina, die selbstbewusst durchs Leben ging, die den Ton angab in ihrer Familie. Sie war nicht gerade unkompliziert. Stolz und modebewusst stöckelte sie durchs Leben,
auf hohen Absätzen, um ihre Größe zu kompensieren. Sie hatte kein einfaches Leben wie alle Frau-en, um die es hier geht, ihre Mutter Tanja, die zwar Analphabetin war, ihr Leben jedoch meisterte, ihre Tochter Wanja, die nach Deutschland ging. Die Männer in diesem Roman sind nur Randfiguren. Ein lesenswertes Stück russischer Geschichte, wo es ausgerechnet mal nicht um Krieg und Helden-tum geht, allerdings um die Folgen im Lazarett und im Prothesenwerk. Mittelpunkt ist die 70 Quad-ratmeter große Wohnung mit dem blauen Linoleum im Flur, dem Fischgrätenparkett und dem Schau-kelstuhl. Das Buch lässt sich flüssig lesen und die Zeitsprünge hin und zurück störten mich nicht. Da-her volle Punktzahl.

Bewertung vom 21.07.2023
Schönwald
Oehmke, Philipp

Schönwald


ausgezeichnet

Ein gutes Buch!
Eine Familiengeschichte, die mit der Eröffnung eines queeren Buchladens beginnt. Doch die Feier wird durchkreuzt von einer Schar junger Leute, die den Laden mit Farbbeuteln bewerfen und die Behauptung aufstellen, das Geld für den Laden stamme aus Nazivermögen.
Dieser Behauptung wird in diesem Roman aber nicht hintergründig nachgegangen, nur ab und zu angesprochen. Es geht um die Familie: Mutter Ruth, Vater Harry und ihre drei erwachsenen Kinder Christopher, Karolin (die Mitinhaberin dieses Buchladens ist) und Benny. In den einzelnen Kapiteln erzählt uns der Autor jeweils das Leben der einzelnen Familienmitglieder und ihre Sichtweise auf das Leben. Sie sind alle keine Helden, jeder hat eine andere Macke. Doch vordergründig geht es um Ruth und ihre Karriere, die sie für die Familie aufgegeben hat, ihrem misslungenen Versuch noch einmal durchzustarten, ihre Unzufriedenheit in all den Jahren und das Unvermögen irgendetwas ändern zu können. Jetzt ist sie über siebzig, sie und Harry haben ihr Leben eingerichtet und über die Vergangenheit, die am Ende doch noch thematisiert wird, zu reden, darin sieht sie keinen Sinn im Gegensatz zu ihrem Mann.
Ich gebe dem Buch 5 Sterne, obwohl es ein paar kleine stilistische Mängel aufweist, wie z.B. der Renault Berlingo, der eigentlich ein Citroen ist, doch das schmälert den Inhalt keinesfalls.

Bewertung vom 04.06.2023
Die verlorene Tochter / Die verlorenen Töchter Bd.1
Lane, Soraya

Die verlorene Tochter / Die verlorenen Töchter Bd.1


sehr gut

Irgendwie erinnert mich das Buch an die Sieben-Schwestern-Serie von Lucinda Riley. Es ist zwar anders aufgebaut, doch ansonsten ist das Thema – die Suche nach den Wurzeln - ähnlich.
Hier ist es die junge Kellermeisterin Lilly, die erfährt, dass ihre Großmutter adoptiert worden ist. Gemeinsam mit einigen anderen Klienten bekommt sie über eine Anwaltskanzlei ein Kästchen ausgehändigt, das einen Hinweis auf ihre leibliche Urgroßmutter geben soll. Lillys Großmutter und auch ihr Vater sind seit einiger Zeit verstorben.
Parallel dazu wird die Liebesgeschichte ihrer Urgroßmutter erzählt und wie es zur Adoption gekommen ist.
Das Kästchen enthält einen Abriss aus einem Programmheft der Mailänder Scala von 1946 und ein auf Italienisch geschriebenes Rezept. Lilly recherchiert und findet bald ihre Familie in Italien.
Anfangs befürchtete ich doch tatsächlich, es sei ein Abklatsch von der „Die sieben Schwestern“ Serie. Mit der Zeit hat mich das Buch dann doch mitgenommen und mir auch ein paar Tränchen entlockt.
Allerdings sind alle Helden unfehlbar und es wurde mit den Superlativen nicht gegeizt. Lilly ist eine der besten Kellermeisterinnen, Estée eine Primaballerina an der Scala, Lillys Urgroßvater hatte die berühmteste Bäckerei der Umgebung und eine Haselnusscreme erfunden, die in keinem italienischen Haushalt fehlen durfte. Alles rundum ist so perfekt.

Bewertung vom 10.05.2023
Der Traum vom einfacheren Leben
Fredriksson, Anna

Der Traum vom einfacheren Leben


sehr gut

Es ist das zweite Buch einer Jahreszeitentrilogie. Ich mag solche Familiengeschichten, auch wenn manche das „Dahinplätschern“ nennen. Und so ganz ohne Dramatik geht ja auch gar nicht ab. Man kann gut einsteigen, auch wenn mal Band 1 nicht kennt. Möglich, dass ich mi diesen noch holen werde. Da sind die drei Frauen der Familie: Vanja, Sally und Josefin. Einst hat Vanja Mann und Kind verlassen und ist nach Kuba gegangen. Gegen Ende des Buches werden von Vanja die Gründe hierfür etwas halbherzig rübergebracht. Und Stück für Stück setzen sich die Puzzleteile zusammen. Während Enkelin Josefin versucht, alles über das Leben der Großmutter zu erfahren, blockt Sally die Versuche ihrer Mutter eine Beziehung aufzubauen ab. Sie sagt zwar, sie hätte ihr vergeben, doch nicht wirklich. Sally ist mit ihrem Vater, der ein wenig zu viel trank und ihrem Onkel aufgewachsen, die beide mit dem Kind überfordert waren. Als sie erwachsen ist, zieht sie nach Stockholm und bekommt Josefin von einem verheirateten Mann.
Josefin zieht zurück nach Skåne. Mit ihrem Freund versucht sie einen Ökobauernhof am Laufen zu halten, was sich schwieriger gestaltet als sich die beiden erträumten. Weil das für Josefin alles zu viel wird, nimmt sie einen Sommerjob in Malmö an. Ihre Großmutter lässt sie in ihrer Kopenhagener Wohnung wohnen.
Vanja spürt, dass sie nur mit ihrer Anwesenheit alleine keinen Zusammenhalt aufbauen kann. Am Ende glätten sich die meisten Wogen und es gibt ein paar Lösungswege aus der finanziellen Misere von Sally und Josefin.
Neben diesen Geschichten um die drei Frauen, gelang es der Autorin sehr gut den schwedischen Sommer einzufangen. Man schlendert mit den Protagonisten durch die Wiesen, genießt die Sonne, das Blühen der Natur die Kälte des Wassers im Meer. Es ist für mich nicht die große Literatur, doch eine entspannte Urlaubslektüre.