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gormflath
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Ketsch

Bewertungen

Insgesamt 40 Bewertungen
Bewertung vom 12.03.2023
Der Morgen / Art Mayer-Serie Bd.1
Raabe, Marc

Der Morgen / Art Mayer-Serie Bd.1


ausgezeichnet

Tödliche Verwicklungen im Kanzleramt?

Den ersten Band seiner neuen „Art Mayer-Serie“ beginnt Marc Raabe mit einem Rückblick in die düstere Vergangenheit: Ein Junge wird von einer Gruppe Jugendlicher gemobbt. Kappe, Brille, Zippo, Ellie und Ausschnitt schikanieren den Jungen und fordern höchst gefährliche Mutproben, die tödlich hätten enden können. Einer aus der Clique wird später Bundeskanzler – wer ist das damalige Opfer?
Im morgendlichen Schneegestöber an der Berliner Siegessäule steht ein verlassener Kleinlaster. Auf der Ladefläche wird eine nackte Frauenleiche gefunden, auf ihrem Körper – mit Blut geschrieben – steht die Privatadresse des Bundeskanzlers. Der berüchtigte Ermittler Art Mayer wird von oberster Stelle dazu aufgefordert, in den Dienst zurückzukehren, um in diesem Fall zu ermitteln. An seine Seite wird die junge und unerfahrene, aber äußerst ehrgeizige Kommissaranwärterin Nele Tschaikowski gestellt.
Schnell nimmt der Fall brisante Ausmaße an, den beiden Ermittlern wird klar, dass man von oberster Stelle versucht, auf die Ermittlungen Einfluss zu nehmen, denn wenige Tage vor dem G20-Gipfel soll der Fall abgeschlossen werden und man ist bemüht, den Kanzler herauszuhalten. Die Tote ist die Frau des Gesundheitsministers, einer kurz zuvor Ermordeten wurde ebenfalls die Adresse des Bundeskanzlers auf den Bauch geschrieben. Kurz darauf erscheinen Videos der Toten im Netz und der Fall gerät fast außer Kontrolle.
Die beiden Hauptcharaktere sind sympathisch und wirken durch ihre nachvollziehbaren Probleme stets authentisch – Art ist Diabetiker mit viel Fachkenntnis und Lebenserfahrung, während Nele mit ihrer Neugier und Jugend überzeugt.
Autor Marc Raabe schafft es gleich zu Beginn, Spannung aufzubauen, eine Spannung, die er nicht nur bis zum Ende aufrecht erhalten kann, sondern die sich im Verlauf der Ereignisse noch steigert. Der Thriller wird durch die Wortgefechte zwischen Art und Nele aufgelockert und als Leser stellt man eigene Überlegungen an. Aber der Fall ist kaum vorhersehbar, es kommt immer wieder zu überraschenden Wendungen und nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Immer wieder streut der Autor ins aktuelle Geschehen Szenen aus Arts Vergangenheit ein, daher hat man recht schnell den Verdacht, dass dort der Schlüssel zur Lösung liegen könnte. Trotzdem lässt Raabe seine Leser lange im Unklaren, wie sich Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbinden werden.
Den spannenden Pageturner möchte man nicht mehr aus der Hand legen – die Neugier auf den zweiten Fall, der leider erst im kommenden Frühjahr erscheint, ist jetzt schon geweckt!

Bewertung vom 27.02.2023
Wolfskinder
Buck, Vera

Wolfskinder


ausgezeichnet

Dunkle Geheimnisse in der Siedlung
Rund um das kleine Dorf Almenen liegt versteckt hoch in den Bergen die kleine Siedlung Jakobsleiter, die ganz von der modernen Welt abgeschnitten ist. Dort, wo vermeintlich die rauen Regeln der Natur gelten, verschwinden über einen längeren Zeitraum immer wieder junge Mädchen und Frauen.
Nach und nach erfahren die Leser immer ein wenig mehr über Jakobsleiter und dessen Bewohner, allen voran die drei einzigen Kinder der Siedlung Jesse, Rebekka und Edith. Den Kindern in Jakobsleiter wurde stets eingeredet, dass alles Böse unten in der Stadt wohnt. Jesse glaubt nicht daran, als eines Tages auch seine Freundin Rebekka verschwindet und niemand sich dafür zu interessieren scheint.
Eine der Protagonistinnen ist auch Smilla, deren beste Freundin bereits vor zehn Jahren in der Bergregion verschwand. Smilla begibt sich auf Spurensuche und kehrt an den Ort des Geschehens zurück, denn nichts wünscht sie sich mehr, als Julis Entführer zu finden. Lediglich Smilla sieht einen Zusammenhang im Verschwinden der Mädchen, ganz besonders, als ihr ein verwahrlostes Mädchen vors Auto läuft, das ihrer damaligen Freundin Juli verblüffend ähnlich sieht.
Jedes Kapitel wird aus der Sicht eines anderen Protagonisten erzählt. Abwechselnd ist der Leser mit Smilla, Jesse, Rebekka oder Edith unterwegs, die ihre Eindrücke schildern. Damit schafft es die Autorin Vera Buck die Spannung bis zum Ende des Buches aufrecht zu erhalten.
Immer wieder werden die Bewohner von Jakobsleiter Opfer brutaler Angriffen, denn unter den Einwohnern von Almenen wächst das Misstrauen gegenüber der Bergbewohner, die auf dem Berg ohne Strom und Wasser leben und sich nur zum Einkaufen ins Dorf begeben.
Währenddessen zeichnet sich in den Geheimnissen eine Spur auf, die nur Smilla erkennt – ihre Erkenntnisse heben alle bisherigen Wahrheiten aus der Angel.
Am Ende ist nichts so, wie es scheint; mit den zahlreichen Vorurteilen passt das Buch gut in unsere Zeit und hält den Lesern immer ein wenig den Spiegel vor. Schon das mystische Cover verspricht einen packenden Thriller der besonderen Art, den ich nur wärmstens empfehlen kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.02.2023
Die Klinik / Erdmann und Eloglu Bd.2
Borck, Hubertus

Die Klinik / Erdmann und Eloglu Bd.2


ausgezeichnet

Erlösung im Krankenhaus
Malte Ostersetzer ist erst 39 Jahre alt und ein sportlicher Typ, als er nach einem Fahrradsturz ins Koma fällt. Nachdem er außer Lebensgefahr ist, verstirbt er plötzlich. Seine Witwe Anna ist davon überzeugt, dass er umgebracht wurde. Geht in der Hamburger Klinik ein Todesengel um oder war es schlicht ein Behandlungsfehler? Nach der Obduktion der Leiche steht fest, dass Anna tatsächlich Recht hat. Sie engagiert David Bergmann, Anwalt und langjähriger Freund von Malte und Anna.
Kriminalkommissarin Franka Erdmann und ihr junger Assistent Alpay Eloğlu stoßen auf weitere mysteriöse Todesfälle in der Klinik und beginnen mit ihren Ermittlungen und stoßen dabei auf weitere mysteriöse Todesfälle in der Klinik. Die Klinik mauert, aber das Ermittlerduo lässt nicht locker und stößt auf immer mehr Ungereimtheiten.
Parallel dazu streut Hubertus Borck im zweiten Teil seiner Thrillerserie um die beiden ungleichen Ermittler immer wieder Kapitel ein, in denen die Krankenschwester Marion Kramer, genannt „Mecki“ unheilbare Kranke von ihrem Dasein erlöst. Mecki ist unter Kollegen nicht sonderlich beliebt, gilt dafür als umso zuverlässiger. Hat sie es wieder getan und den Familienvater Malte ins Jenseits befördert?
Lange tappt die Polizei im Dunkeln, als Leser möchte man Mecki auch gern den Mord an Malte zur Last legen, bis plötzlich zwei Mörder auf dem Plan stehen.
Sprachlich gewandt und flüssig und spannend liest sich der Thriller um das brisante Thema Sterbehilfe. Auch ohne den Vorgänger „Das Profil“ zu kennen (was ich unbedingt nachholen werde!), sind die Figuren gut durchdacht und glaubwürdig.
Ich hoffe auf weitere Fälle für Franka und Alpay!

Bewertung vom 06.02.2023
Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1
Pearse, Sarah

Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1


sehr gut

Abgeschieden von der Außenwelt lauert ein Mörder

Früher einmal diente das in den Schweizer Bergen abseits gelegene Luxushotel Le Sommet als Sanatorium für Tuberkulosepatienten. Überragt von dunklen drohend wirkenden Gipfeln war es schon immer ein unheimlicher Ort, auch nach dem umstrittenen Umbau in ein Luxusressort blieb die düstere Atmosphäre.
Elin Warner, derzeit freigestellte Kommissarin, reist mit ihrem Lebensgefährten Will dorthin, um die Verlobung ihres Bruders Isaac mit Laure zu feiern. Kurz nach ihrer Anreise verschwindet Isaacs Verlobte spurlos, zudem wird die Leiche des vor Jahren verschwundenen Architekten Daniel gefunden, der gemeinsam mit dem Immobilienentwickler Lucas das riesige Projekt plante.
Als sich die Wetterlage drastisch ändert, sollen Hotelgäste und Mitarbeiter evakuiert werden, aber nicht alle schaffen es, den Ort rechtzeitig zu verlassen: Eine gewaltige Schneelawine verhindert die Abreise des letzten Busses und so müssen wenige Personen im Hotel verbleiben. Ein Mord geschieht, das Hotel ist von der Außenwelt abgeschnitten, die Gäste sind mit einem Mörder gefangen und Elin ist mit den Ermittlungen auf sich allein gestellt.
Weitere Hotelmitarbeiter verschwinden, Elin findet die entstellte Leiche Laures, unheimliche Begebenheiten aus der Vergangenheit werden zu brutaler Wirklichkeit und Elin selbst gerät immer mehr in Gefahr. Lucas bewahrt ebenso wie seine Schwester Cécile düstere Geheimnisse, die Situation droht immer mehr zu entgleisen, und immer noch hat die Polizei aufgrund der Wetterlage keine Chance, das abseits auf den Gipfeln liegende Hotel zu erreichen.

In ihrem Debüt versteht es die junge Autorin Sarah Pearse, die düstere Stimmung des ehemaligen Sanatoriums und die Wetterlage mit der drohenden Lawinengefahr bildhaft darzustellen. In ihrem flüssigen Schreibstil ist man als Leser schnell mittendrin im Geschehen und weiß bald nicht mehr, wem außer Elin überhaupt noch zu trauen ist.
Ein bisschen zu viel des Guten waren für meinen Geschmack die traumatischen Erlebnisse aus Elins Kindheit und ihre Instabilität, die durch ihren letzten Fall begründet ist. Auch ohne Elins Vergangenheitsbewältigung liest sich die Story fesselnd und birgt manche gruselige Momente.

Bewertung vom 21.01.2023
Totes Moor / Janosch Janssen ermittelt Bd.1
Engels, Lars

Totes Moor / Janosch Janssen ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Düstere Geheimnisse im Moor

Der junge Kriminalkommissar Janosch Janssen ist gerade aus Frankfurt in seine Heimatgemeinde Grimmbach zurückgekehrt, als dort im Roten Moor in der hessischen Rhön die Leiche einer jungen Frau gefunden wird. Schnell ist klar, dass es sich um seine Jugendliebe Matilda handelt, die nach einer Abiparty vor fast zehn Jahren spurlos verschwand. Janoschs Vater war damals der Hauptverdächtige, der dem Druck der schonungslosen Ermittlungen nicht standhielt und Suizid beging. Janssen muss nun ausgerechnet gemeinsam mit Kriminaloberrätin Diana Quester ermitteln, der Ermittlerin, die er für den Freitod seines Vater verantwortlich macht! Der kleine Ort Grimmbach scheint eine verschworene Gemeinschaft zu sein, wo man seit Generationen eng miteinander verstrickt ist und keiner so unschuldig ist, wie er behauptet.
Der erste Roman von Lars Engels ist zugleich Auftakt einer spannenden Krimireihe mit einer überraschenden Auflösung. Besonders glaubhaft zeichnet Engels die beiden Hauptprotagonisten, die mit viel Fachkenntnis und Lebenserfahrung ausgestattete Diana Quester und und ihren jungen impulsiven Kollegen Janosch Janssen, der hier bestens beweisen kann, was er drauf hat. Der Autor erzählt auf zwei Zeitebenen aus den Jahren 2009 und 2018 und schafft es dadurch hervorragend, die neun Jahre voneinander getrennten Handlungen miteinander zu verweben. Der atmosphärische Kriminalroman mit viel Lokalkolorit mit den düsteren Geheimnissen zwischen Mooraugen und eingeschworenen Dorfbewohnern liest sich flüssig und Engels versteht es, die Spannung von Beginn an hochzuhalten.
Für das gelungene Debüt des Autors vergebe ich 5 Sterne und freue mich auf die Fortsetzung!

Bewertung vom 02.01.2023
Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1
Ægisdóttir, Eva Björg

Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1


ausgezeichnet

Düstere Geheimnisse in Island

Nach dem Scheitern ihrer Beziehung kommt die Polizistin Elma in ihre Heimat, den kleinen Ort Akranes zurück, wo es bei der Polizei meistens relativ ereignislos zugeht, bis am Leuchtturm die Leiche einer jungen Frau gefunden wird. War die Todesursache ein Unfall, Mord oder Selbstmord? Schnell finden Elma und ihre Kollegen Sævar und Hörður heraus, dass die Tote zwar aus Akranes stammte, aber schon lange alle Verbindungen zu ihrem Heimatort abgebrochen hatte.
Elma ist sicher, dass Elisabets Tod kein Unfall war und vermutet, die Lösung in der Vergangenheit zu finden…
Die junge Autorin Eva Björg Ægisdóttir legt in ihrem Debüt einen düsteren, eiskalten Island-Thriller vor, der scheibchenweise der bitteren Wahrheit näher kommt. Im gesamten Verlauf bleibt der Krimi spannungsgeladen und subtil. In winterlicher Kälte und Dunkelheit ermittelt Elma mit viel Feingefühl und rekonstruiert das Leben des ersten Opfers Elisabet seit ihrer sehr traurigen, bedrohlichen Kindheit in nachvollziehbarer, schlüssiger Weise. Die sympathischen Ermittler haben mit eigenen zwischenmenschlichen Problemen zu kämpfen. Die Beteiligten werden sehr realistisch geschildert, Themen wie sexuelle Gewalt, Alkoholsucht, aber auch Mobbing im kindlichen Alltag neben schwerwiegenden Verfehlungen Erwachsener schwingen sich durch diesen Krimi.
In fesselndem Schreibstil erzählt die Autorin ihre Geschichte ohne Gewaltexzesse auf verschiedenen Zeitebenen und aus unterschiedlichen Perspektiven und vergisst dabei nicht, Hinweise einzustreuen, die Leser auf eine Fortsetzung hoffen lassen. Besonders reizvoll fand ich, dass am Ende noch einige Fragen offen bleiben.

Bewertung vom 19.11.2022
Wintersterben
Krüger, Martin

Wintersterben


ausgezeichnet

Grausige Entdeckungen in den Waliser Bergen
In einem kleinen Ort mitten in den Waliser Bergen wird in einer Höhle eine mumifizierte Leiche mit massiven Folterspuren gefunden. Der Tote war ehemals BKA-Mitarbeiter und hat eine letzte mysteriöse Botschaft hinterlassen. Interpol schickt seine beste Ermittlerin Valeria Ravelli, die mit mit dem ehemaligen Metropolitan-Police-Ermittler Colin Bain zusammenarbeiten soll. Während sich Valeria ins abgeschiedene Steinberg in den Schweizer Bergen begibt, um den Mord an Thomas Gress aufzuklären, begibt sich Colin auf die Suche nach Spuren der vermissten Frauen, genau wie der Tote zuvor.
Valeria stößt bei ihren Ermittlungen in der eisigen Abgeschiedenheit des Bergdorfs auf eine Mauer des Schweigens und weiß bald nicht mehr, wem sie hier trauen kann. Die Einsamkeit der Berge scheint auch auf die Bewohner des Ortes abgefärbt zu haben.
Es heißt, Steinberg liegt im Schatten der Berge, aber ein anderer Schatten erweist sich als wesentlich mächtiger, denn in den Wäldern um Steinberg stößt sie auf ein abgeschottetes Areal, das als Rückzugsort und privates Winterquartier schwerreicher Geschäftsleute dient und dort folgt sie den weit verzweigten Spuren eines wahnhaften Mörders, dessen Taten zurück in die Vergangenheit reichen. Längst ist Valeria selbst ins Visier geraten…
Bei den eindrucksvollen Schilderungen mit vielen Andeutungen und speziellen Charakteren macht sich schnell ein Gänsehautgefühl breit, man wird als Leser schnell in die spannende Handlung gezogen, der man sich nicht entziehen kann. Mit detaillierten Beschreibungen der Umgebung und Personen lebt die Story ebenso wie der erste Band „Waldeskälte“ rund um die Ermittlerin von subtiler und unterschwelliger grausiger Spannung und sorgt immer wieder mit Cliffhangern dafür, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann.
Die glaubwürdige Handlung um das Verschwinden junger Mädchen sorgt mit vielen Wendungen für ein Ende, an dem der Leser selbst seine Schlussfolgerungen ziehen kann. Bis zum Schluss versteht es der Autor, die Spannung aufrecht zu erhalten.
Für mich ist dieser unabhängig zu lesende Roman ein Highlight und ich freue mich schon auf eine neue Begegnung mit der unerschrockenen Ermittlerin Valeria Ravelli.

Bewertung vom 13.08.2022
Die Passage nach Maskat
Rademacher, Cay

Die Passage nach Maskat


ausgezeichnet

Mörderische Spannung auf der Fahrt in den Orient
Cay Rademacher entführt seine Leser diesmal in die Zeit nach dem I. Weltkrieg. Es ist der Spätsommer 1929, der letzte Sommer der Goldenen Zwanziger, in der noch niemand die Vorzeichen der Weltwirtschaftskrise erkennt. Noch bestimmen Luxus, Jazzmusik, Kokain und Frivolität das Leben, als die angesehene Kaufmannsfamilie Rosterg in Marseille an Bord des Ozeanliners Champollion in Richtung Orient in See sticht. Zu den illustren Passagieren gehören nicht nur eine skandalumwitterte Nackttänzerin aus Berlin, ein mysteriöser römischer Anwalt, sondern auch eine adelige englische Lady, ein vermeintlich naiver amerikanischer Ingenieur und ein Schlägertyp der Berliner Unterwelt, sondern auch der traumatisierte Kriegsveteran und Fotoreporter der Berliner Illustrierten, Europas größter Zeitschrift. Als Reisereporter wird er von seiner Frau Dora begleitet, Tochter eben jener Hamburger Kaufmannsfamilie, die in Maskat mit den sagenhaften Gewürzen Arabiens Handelsbeziehungen anzuknüpfen gedenkt. Mit von der Partie sind auch Bertold Lüttgen, der intrigante Prokurist der Firma Rosterg, Ernst, der von den Nazis begeisterte Sohn der Rostergs sowie der erste Offizier Dorgelès, die alle schon zu Beginne etwas zwielichtig wirken.
Die Ehe zwischen Jung und Dora steht nicht mehr zum Besten, Jung möchte die Fahrt auf dem Luxusdampfer nutzen, um die Beziehung zu seiner Frau aufzufrischen. Doch schon bald nach der Abfahrt aus Marseille verschwindet Dora spurlos, und für Theodor Jung wird die Reise zu einem Albtraum, denn nicht nur die Familie Rosterg, sondern auch andere Passagiere und Besatzungsmitglieder behaupten, Dora sei überhaupt gar nicht erst an Bord gewesen. Jung zweifelt zunächst an seinem Verstand, bis er mithilfe der Stewardess Fanny Nachforschungen anstellt, um mehr über Doras Verbleib herauszufinden. Wurde Dora ermordet? Jung geht nach und nach auf, dass er das Opfer eines mächtigen Komplotts ist.
Im Lauf der Passage nach Maskat geschehen weitere Verbrechen, mehrere Personen müssen ihr Leben lassen, unbegreifliche Ereignisse nehmen an Fahrt auf und die Situation wird immer brenzliger.
Nach seinen Provence-Krimis überzeugt der Autor auch diesmal als grandioser Geschichtenerzähler. Überzeugend lässt er die Zeit der Goldenen Zwanziger auferstehen, schildert eindringlich die Zeitumstände der Nachkriegszeit, den Hass der Franzosen auf die Deutschen, aber auch die Mode dieser Zeit, die Atmosphäre auf dem Schiff und die Schilderungen der Landschaften, die der Ozeandampfer ansteuert. Überaus sorgfältig recherchiert fühlt man sich beim Lesen auf dieses Schiff versetzt, mitten unter die interessanten Charaktere – natürlich nur in der Luxusklassen und nicht auf den unteren Decks.
Bis zum Ende bleibt der bildhafte Roman mit vielen Wendungen in der für Rademacher typischen gehobenen Ausdrucksweise abwechslungsreich und äußerst spannend.
Für mich ist das Buch ein absolutes Jahreshighlight!

Bewertung vom 22.07.2022
Die Cellistin / Gabriel Allon Bd.21
Silva, Daniel

Die Cellistin / Gabriel Allon Bd.21


sehr gut

Hochspannende Agentenstory
Für Gabriel Allon geht auch im 21. Band die atemlose Jagd durch Europa weiter.
In London wird der Oligarch und bekannte Kremlkritiker Wiktor Orlow, einst reichster Mann Russlands, tot in seinem Haus gefunden. Vor stehen sein Telefon, ein Glas Rotwein und mehrere Dokumente, die mit einem tödlichen Nervengift kontaminiert sind. Die Geheimdienste verschiedener Länder sind in Alarmbereitschaft, denn es ist klar, wer hinter dieser Tat steht.
Gabriel Allon, der Orlov sein Leben verdankt, glaubt nicht an die Theorien des MI6 über den Tathergang und beginnt die Jagd auf den Spuren einer russischen Untergrundorganisation, die sich der Aufgabe verschrieben hat, die Welt unwiderruflich zu spalten.
Spannend und temporeich liest man sich durch eine klassische Geheimagentenstory, in der es um Geldwäsche, Macht und Korruption geht. Die fiktive Handlung basiert auf realen Ereignissen und aktuellen Nachrichten, was sie äußerst glaubwürdig erscheinen lässt.
Der Autor hat es geschafft, sehr geschickt die Arbeit diverser Geheimdienste in seine Story einzuflechten. Man kann beim Lesen kaum Ahnen, wie nah er dabei an die Realität kommt.
Überzeugend wirken die Verwicklungen zwischen Politik und Finanzwelt.
Auch wenn einige Protagonisten aus vorhergehenden Bänden wieder in Erscheinung treten, kann man den Politthriller sehr gut ohne Vorkenntnisse der vorangegangenen Bücher lesen.
Daniel Silva hält die Spannung bis zum Ende und schreibt wie immer flüssig.

Bewertung vom 22.07.2022
Als das Böse kam
Menger, Ivar Leon

Als das Böse kam


ausgezeichnet

Seit vielen Jahren leben Mutter und Vater mit den heranwachsenden Kindern in einer Blockhütte in völliger Isolation tief in den Wäldern einer kleinen Insel im Norden. In scheinbarer Idylle wachsen die 16-jährige Juno und ihr Bruder Boy auf und verbringen ihre Zeit mit Fischfang und bei sonntäglichen Gesellschaftsspielen mit den Eltern. Unterrichtet werden sie von der Mutter, denn ein Schulbesuch ist unmöglich, da die Familie in ständiger Angst vor dem Bösen lebt, das auf der anderen Uferseite lauert. Die Eltern haben den Kindern eingebläut, dass jederzeit Fremde auftauchen können, um die ganze Familie auszulöschen. Selbst vor Ole, dem Briefträger, der montags die Post vom Festland bringt, müssen sich Juno und Boy verstecken. 7 Gebote hat der Vater erlassen, deren Nichteinhaltung drastische Strafen für die Kinder nach sich ziehen. So dürfen sie auf keinen Fall die Bibliothek des Vaters betreten und niemals die Insel verlassen. Unter der Hütte hat der Vater einen geheimen Schutzraum gegraben, dort wird regelmäßig für den Ernstfall geprobt.
Eines Tages beginnt Juno das bizarre Familienidyll in Frage zu stellen. Nachdem sie sich heimlich dem Briefträger anvertraut hat, taucht dieser plötzlich nicht mehr auf. Dafür kommt der Vater blutüberströmt vom Einkaufen mit dem Boot zurück und wird notdürftig von der Mutter verarztet – angeblich wurde er von den Fremdlingen überfallen.
Dann taucht Luca eines Nachts heimlich auf der Insel auf. Juno fasst Vertrauen zu ihm, auch wenn sie anfangs nicht sicher sein kann, ob er zu den Wächtern oder den Fremdlingen gehört. Heimlich stöbert sie in der Bibliothek des Vaters und fördert Unfassbares zu Tage. Juno und Boy müssen fliehen, so schnell es geht, bevor die Eltern ihnen Schlimmes antun. Nur Luca kann helfen, aber wird die Flucht aufs Festland gelingen?
Ivar Leon Menger schreibt seit mehr als 14 Jahren und entwickelte über 85 Hörspiele und Hörbücher. In seinem ersten Thriller beschreibt er voller Spannung eine Idylle, die immer mehr von Angst geprägt wird. Während der erste Teil noch harmlos mit dem Backen von Blaubeerkuchen und Monopoly-Spielen beginnt, steigert sich die Spannung ins Unerträgliche, je weiter die Geschichte fortschreitet. Juno beschreibt aus ihrer Sicht den Plan, von der Insel abzuhauen und die Angst vor den Eltern steigert sich ins Endlose. Den gelungenen Thriller habe ich verschlungen und hoffe auf baldigen Nachschub vom Autor.