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Sophia

Bewertungen

Insgesamt 77 Bewertungen
Bewertung vom 08.05.2025
Durch die ganze Nacht
Faber, Polly

Durch die ganze Nacht


ausgezeichnet

Ich war im Rahmen einer Weiterbildung als Grafikdesignerin auf der Suche nach Inspirationen für interessante Landschaften und Städtedarstellungen und bin bei diesem Buch hier fündig geworden.
Ein Mädchen macht sich abends fertig fürs Bett und winkt ihrer Mutter zu, die gerade zur Arbeit aufbricht. Ihre Mutter ist nämlich Busfahrerin, während der Vater zu Hause ist und Care-Arbeit leistet. Durch ihre Arbeit als Busfahrerin kennt sie alle, die ebenfalls nachts arbeiten: Ärzte, Bäcker, Polizisten, Taxifahrer, Reinigungskräfte, Gleisarbeiter und viele mehr. Die einzelnen Berufe werden auf jeweils einer Doppelseite kurz dargestellt.

Die Landschaften, Figuren und Details sind toll und vor allem bunt dargestellt. Gerade die Umgebung und Details sind schön und kindgerecht illustriert, es lohnt sich, sich länger damit zu beschäftigen, weil man immer etwas Neues entdeckt. Mir hat besonders gut gefallen, dass die Menschen so unterschiedlich dargestellt wurden wie ihre Berufe selbst sind: Frauen sind Gleisarbeiterinnen, Polizistinnen tragen Hijab. Das Buch stellt diese Berufe zwar nur kurz dar, aber diese kurzen Geschichten geben einen guten Einblick in eine Welt, die für die meisten von uns und gerade für Kinder verborgen bleibt und es ist spannend und wichtig zu sehen, was alles passiert, wenn wir schlafen.

Von mir gibt es eine Empfehlung für dieses tolle Kinderbuch, dass sich mit wichtigen Berufen auseinandersetzt.

Bewertung vom 07.05.2025
Seltsam
Canizales

Seltsam


ausgezeichnet

Für eine Aufgabe innerhalb einer Weiterbildung als Grafikdesignerin brauchte ich Inspiration für die Illustration von Kinderbuchfiguren - und bin hier fündig geworden!
Das Buch zeigt großflächig die Geschichte von Clemens, der als Einziger im Ort normal ist. Alle anderen Tiere haben z.B. einen großen Rüssel wie Rosa oder einen langen Hals wie Gustav. Als in der großen Villa neues Personal gesucht wird, ist sich Clemens sicher: er bekommt auf jeden Fall einen Job! Doch alle anderen Tiere werden sofort eingestellt, nur Clemens muss wieder nach Hause gehen. Er erkennt, dass alle eingestellt wurden, weil sie etwas Besonderes haben oder können - und dass das auch gut so ist.

Das Buch ist bunt und toll gestaltet, die Figuren sind allesamt kindgerecht illustriert und mit einfachen Formen gemalt. Die Themen Einzigartigkeit und Anders-Sein werden hier toll verarbeitet. Die Geschichte zeigt spielerisch, dass jeder etwas Besonderes ist und dass man das zeigen darf und sollte. Erst das macht uns und unser Miteinander lebendig.

"Seltsam" ist ein wunderbares Buch zum Träumen und Vorlesen, von mir gibt es eine große Empfehlung!

Bewertung vom 05.05.2025
Swift River
Chambers, Essie

Swift River


gut

Worum es geht:
Die 16-jährige Diamond lebt im Jahr 1987 in Swift Rover, einer Kleinstadt in den USA. Sie ist die einzige Schwarze in der ganzen Stadt seitdem ihr Vater Pop vor sieben Jahren verschwand. Gemeinsam mit ihrer Mutter, die Weiß ist, lebt sie in einem heruntergekommenen Haus. Diamond ist stark übergewichtig und leidet unter alltäglichem Rassismus und Diskriminierung. Doch dann erhält sie ein Paket mit einem Brief einer Verwandten väterlicherseits und sie lernt nach und nach die Geschichte ihres Vaters und ihrer eigenen Familie kennen.

Meine Meinung:
Das Cover hat mich mit seinen kräftigen Farben angesprochen und auch der Klappentext verspricht eine emotionale und spannende Reise mit wichtigen und aktuellen Themen. Dieses Versprechen wurde für mich nur teilweise eingelöst. Die Leseprobe hat sich noch sehr spannend gelesen und ich wollte unbedingt erfahren, was es mit dem Brief von Auntie Lena auf sich hat. Welche Familiengeheimnisse wird Diamond aufdecken? Und was hat es mit Pops Verschwinden auf sich?
Leider wurde auf die groß angepriesene Suche vom Klappentext eher weniger im Verlauf der Handlung eingegangen. Viel mehr erzählt Diamond aus ihrer Sicht aus ihrem Alltag, der geprägt ist von Alltagsrassismus, ihrem Übergewicht und ihrem komplizierten Verhältnis zu ihrer Mutter. Man begleitet sie auf eine Reise, von der man als Leser gar nicht so wirklich weiß, wohin sie gehen soll oder was das Ziel ist. Diamond wächst auf jeden Fall über sich hinaus, wird selbstständiger und selbstbewusster und das hat mich als Leserin gefreut und weiter lesen lassen.
In Rückblenden erzählt sie aus ihrer Kindheit, in der sie noch mit beiden Elternteilen zusammen war. Auch hier zeigt sich die Zerrissenheit der kleinen Familie, es wird deutlich, dass Pop Probleme hatte und das Verhältnis zu Diamond zwiegespalten war. Auch das Verhältnis zu ihrer Mutter bleibt schwierig. Man merkt beim Lesen sofort, dass Annabel sich weder um sich selbst noch um Diamond wirklich kümmern kann. Stets hat man beim Lesen Mitleid mit Diamond und wünscht sich für sie, dass sie diesem toxischen Umfeld entkommen kann. Diamond war mir direkt zu Beginn sympathisch, mit den anderen Figuren konnte ich nicht wirklich warm werden, das ist von der Autorin wahrscheinlich auch so gewollt.
Sehr gut gefallen haben mir die abgedruckten Briefe von Lena, die sie Diamond schreibt und auch Briefe ab dem Jahr 1915 von einer noch älteren Verwandten. Auch wenn man der Familienkonstellation an vielen Stellen schlecht folgen konnte, zeigen gerade diese Briefe, dass der Alltagsrassismus und die Diskriminierung seit über hundert Jahren aktueller denn je sind. Es ist sehr spannend, von einer Familie zu lesen, die seit Generationen unterdrückt wurde und die trotzdem zusammengehalten hat.
Essie Chambers behandelt in ihrem Roman wichtige und aktuelle Themen wie Alltagsrassismus, Diskriminierung, Gewalt und Trauer. Mit Diamond gibt sie dem ganzen eine andere Note, nicht tragisch oder belehrend sondern vielmehr humorvoll nähert sie sich diesen Themen an und erzählt auf ganz eigene Weise, wie es sich als einzige Schwarze weit und breit anfühlt. An manchen Stellen wirkt Diamond fast abgestumpft und ich hatte oft einen Kloß im Hals beim Lesen, aber umso mehr hofft man, dass Diamond aus eigener Kraft den Absprung schafft. Die Sprache ist leicht und man folgt Diamond, die mit ihren ganz eigenen Gedanken und Erinnerungen auf die Dinge schaut.
Ein großer Kritikpunkt sind für mich die Längen, die das Buch hat. Oft habe ich mich beim Lesen auch gefragt, wo die Autorin mit ihrer Geschichte eigentlich hin möchte, die Handlung ist oft auf der Stelle getreten und auch die Suche nach ihrem Vater, die im Klappentext ein zentraler Punkt ist, hat mir gefehlt. Das Ende hat mich leider nicht voll überzeugt, es wurde auf einige Seiten herunter gebrochen, wovon ich mir mehr Tiefe und Details gewünscht hätte.

Mein Fazit:
Trotz einiger Schwächen hat Essie Chambers mit ihrem Debütroman eine tolle Geschichte verfasst mit wichtigen Themen. Von mir gibt es eine Empfehlung für alle, die sich mit Themen wie Rassismus und Diskriminierung auseinander setzen möchten und nebenbei auch noch etwas über die Schwarze Bevölkerung einer Kleinstadt in den USA lesen möchten.

3,5/5 Sternen

Bewertung vom 30.04.2025
Die schönste Version
Thomas, Ruth-Maria

Die schönste Version


ausgezeichnet

Ostdeutschland in den 2010er-Jahren: Jella ist Anfang zwanzig und wohnt mit ihrem Freund Yannick zusammen, es ist die erste große Liebe. Jella studiert, Yannick ist Künstler, muss aber noch zusätzlich auf Montage gehen um die Wohnung zu finanzieren. Die Beziehung hat mehr Tiefen als Höhen und so kommt es eines Tages zu einer heftigen Auseinandersetzung mit körperlicher Gewalt. Jella flüchtet zu ihrem Vater und erstattet Anzeige gegen Yannick bei der Polizei.

Ich kann nur sagen: Wow! Das Buch hat mich komplett in seinen Bann gezogen und ich habe es schon mehrmals weiterempfohlen. Das Cover gefällt mir sehr gut und hebt sich von der breiten Masse der sonstigen aktuellen Cover ab. Das Rosa lässt nicht erahnen, welche gewaltige Geschichte in dem Buch steckt.
Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht, man begleitet Jella auf der Polizeistation als sie gerade die Anzeige aufgeben möchte. Das Buch ist komplett aus ihrer Perspektive geschrieben, was unglaublich gut die Gefühlslage widerspiegelt und die Sprache und Handlung authentisch macht.

In Rückblenden erinnert sich Jella an ihre frühe Jugend, sie möchte gefallen und begehrt werden, dazugehören und verstellt sich oft. Schonungslos und eindrücklich, aber auch authentisch erzählt sie in ihrer eigenen Weise von dem für sie damals normalen Alltag, der sich darum dreht, gerade der Männerwelt zu gefallen. Jella steht beispielhaft für die Sozialisierung von Mädchen und Frauen, die leider immer noch genau so passiert und normal ist. Da ihre Eltern getrennt leben und sie bei ihrem Vater lebt, kümmert sie sich mehr oder weniger früh um sich selbst. Sie lernt, wie sie sich verstellen muss, was sie anziehen muss, wie sie schauen muss um den Männern zu gefallen. Mit Yannick scheint sie endlich ihr Glück gefunden zu haben, doch auch in dieser Beziehung erkennt man beim Lesen nach und nach, dass es bereits früher gewalttätige Auseinandersetzungen gab und die Beziehung mehr als toxisch ist.

Ich habe mit Jella mehr oder weniger sympathisieren können, aber das spielt auch keine Rolle, denn sie erzählt ihre Geschichte so realistisch und echt. Man erlebt ihre Zerrissenheit und ihr Schwanken: war der Angriff von Yannick wirklich so schlimm? Muss nicht ich mich entschuldigen, ihn so provoziert zu haben? Und die wichtigste Frage: soll ich ihm verzeihen und die Anzeige zurück ziehen?
Der Autorin gelingt es hier grandios, so wichtige Themen wie toxische Beziehungen, häusliche Gewalt und die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft so eindrücklich und authentisch zu verpacken, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte. Ja, es ist an einigen Stellen hart zu lesen und auch die Sprache bedient sich einiger Formulierungen und Beschreibungen, die an einigen Stellen heftig sind, aber gerade das macht die Geschichte aus.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für dieses aktuelle und wichtige Buch, für mich wäre hier auch der Buchpreis sehr verdient gewonnen gewesen.

Bewertung vom 16.04.2025
Stromlinien
Frank, Rebekka

Stromlinien


sehr gut

Enna und Jale sind Zwillinge und siebzehn Jahre alt. Sie wohnen in den Elbmarschen bei ihrer Großmutter Ehmi. Ihre Mutter Alea sitzt seit 38 Jahren im nahegelegenen Gefängnis Hahnöfersand. Aufgrund dieser schwierigen Familiensituation sind Enna und Jale unzertrennlich - eigentlich, denn kurz vor der Haftentlassung Aleas verschwindet Jale spurlos. Auch Alea taucht nicht am vereinbarten Treffpunkt nach ihrer Haftentlassung auf. Enna begibt sich mit ihrem geliebten Boot "Sturmhöhe" auf die Suche nach den beiden. Vor allem Jales Verschwinden setzt ihr zu, denn sie fördert immer mehr Geheimnisse zutage, die nicht nur sie und Jale betreffen, sondern sich über mehrere Generationen spannen und bis in die Gegenwart reichen.

Alleine das Cover spricht für sich und fällt sofort ins Auge. Auf den Schutzumschlag sind außerdem die Linien erhaben gedruckt, was das Ganze sehr hochwertig und elegant wirken lässt.
Normalerweise bin ich kein großer Fan von Familienromanen, die sich dann auch noch über mehrere Genrationen spannen. "Stromlinien" jedoch hat mich auf eine ganz andere Ebene abgeholt und ist viel komplexer und tiefgründiger als die meisten Romane dieser Art, die ich bisher gelesen habe.
Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht, man lernt Enna kennen, die sich wahnsinnig auf die Haftentlassung ihrer Mutter freut, gemeinsam mit Jale zählt sie die Stunden und Minuten bis dahin. Bereits in den ersten Kapiteln spürt man, dass es Geheimnisse in dieser Familie gibt und dass jedes Familienmitglied seine eigenen mit sich trägt. Das Besondere an der Erzählweise sind die vielen Zeitebenen, in denen die Geschichte spielt. Angefangen im Jahr 1915, spannt sich die Handlung über die Jahre 1978 und 1984 bis ins Jahr 2023. Zunächst brauchte ich etwas, um mich mit den verschiedenen Zeitebenen und Charakteren zurechtzufinden, weil sich auch zunächst viele Fragen ergeben, die immer nur häppchenweise im Verlauf der Handlung geklärt werden.
Die aktuelle Zeitebene ist aus Ennas Sicht geschrieben, sie bildet den Dreh- und Angelpunkt der Suche und der Aufklärung der Geheimnisse in der Gegenwart. Sie ist ein eigenwilliger Charakter und versteckt ihr sensibles Wesen unter einem dicken Panzer der Gleichgültigkeit. Gerade ihre Wandlung wird toll beschrieben, sie wächst über sich hinaus. Auch Aleas Charakter ist spannend, ebenso Ehmis und der von Ehmis Schwester Greetje. Die detaillierten Naturbeschreibungen der Pflanzen und Tiere runden die Handlung ab, man merkt, dass die Autorin viel Zeit und Mühe in die Recherche dazu investiert hat. Auch das Thema rund ums Bootfahren und der Elbe werden toll beschrieben. Beim Lesen kann man sich die Umgebung der Elbmarschen genau vorstellen und gewinnt so einen guten Eindruck von Ennas und Jales Zuhause.
"Stromlinien" ist viel mehr als ein Familienroman: er beschäftigt sich mit der Frage der Schuld und wie schwer und wie lange ein Geheimnis wiegt. Sehr emotional und eindrücklich beschreibt die Autorin hier eine über hundertjährige Familiengeschichte, die den Leser gleichsam fesselt und nachdenklich zurücklässt. Auch das Nachwort der Autorin erklärt nochmal Einiges an Fakten und interessanten Hintergrundinformationen.
Einzige Kritikpunkte sind für mich die an einigen Stellen zu konstruierte Handlung und die Längen, die das Buch im ersten Drittel hatte.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für diesen tollen und einfühlsamen Familienroman!
4,5/5 Sternen

Bewertung vom 11.04.2025
Und die Welt, sie fliegt hoch
Jäger, Sarah

Und die Welt, sie fliegt hoch


ausgezeichnet

Die Sommerferien sind in vollem Gange, aber Ava sitzt alleine in ihrem Zimmer - sie hat Hausarrest. Ebenso Juri, der allerdings die Menschen und Situationen draußen meidet. Er ist lieber alleine zu Hause anstatt wie die meisten Jugendlichen im Freibad oder bei Freunden. Ava und Juri haben sich seit der vierten Klasse nicht mehr gesehen, aber als Ava Juri eine Nachricht schreibt, beginnt eine Unterhaltung. Was zunächst mit Geplänkel über Belanglosigkeiten beginnt, weitet sich immer mehr aus zu den wichtigen Fragen im Leben, die voller Emotionen sind.

Das Buch ist mir in der Stadtbibliothek durch sein wunderschönes Cover und die ungewöhnliche Aufmachung aufgefallen. Die Seiten sind in zwei dicke Pappdeckel eingefasst und das Cover zeigt einen Sternenhimmel mit kleinen Zeichnungen.
Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht, auf jeder Doppelseite verfolgt man als Leser die Chatnachrichten, die sich Ava und Juri schreiben. Anfangs sträubt sich Juri noch, Ava zu antworten, aber sie gewinnt sein Vertrauen immer mehr.
Ava wirkt taff und selbstbewusst, als könne ihr nichts etwas anhaben. Sie versteckt sich hinter dieser Mauer, denn tief im Inneren ist auch sie von Zweifeln geplagt und hat mit Problemen zu kämpfen: die Trennung der Eltern hat sie noch nicht ganz überwunden. Auch Juri zieht sich in ein Schneckenhaus zurück. Er meidet andere Jugendliche und verlässt das Haus kaum aufgrund seiner Angststörung. Nur zu Hause fühlt er sich sicher. So unterschiedlich die beiden auch sind, gewinnen sie trotzdem mit der Zeit das Vertrauen des Anderen. Sie sprechen über ihre Zweifel und Sorgen und haben einiges mehr gemeinsam als sie denken. Der kindliche Schreibstil ist dabei authentisch und holt den Leser ab. Nichts wirkt gekünstelt oder erzwungen, vielmehr bringt Sarah Jäger die Emotionen einfühlsam und toll rüber.
Besonders hervorzuheben sind auch die wunderschönen Illustrationen von Sarah Maus, die jede (!) Doppelseite begleiten. Auch sie passen hervorragend zu dem Schreibstil und begleiten die Geschichte leise ohne zu stören oder fehl am Platz zu wirken.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für diesen tollen und authentischen Roman über Freundschaft und das Leben, der gleichermaßen für Jugendliche wie Erwachsene geeignet ist!

Bewertung vom 10.04.2025
The Florist
Pattison, C.L.

The Florist


sehr gut

Amy Mackenzie ist Floristin und selbstständig mit ihrem Geschäft "Darling Blossoms". Sie liefert unter anderem auch Blumen für das Architekturbüro Cole & Elliot. James Elliot, einer der Chefs dort, beauftragt sie mit den Blumenarrangements für den Geburtstag seiner Schwägerin. Amy wittert einen großen und lukrativen Auftrag und sagt begeistert zu. Sie lernt Elliots Schwägerin Isabel kennen und die beiden verstehen sich auf Anhieb. Als Isabel an ihrem Geburtstag zu Tode kommt, fällt der Verdacht schnell auf Amy. Sie muss alles dafür tun, den Verdacht von sich zu lenken. Denn in ihrer Vergangenheit sind Dinge passiert, die niemals jemand erfahren darf...

Mich hat das Cover sofort angesprochen, es zeigt sofort, um was es geht und verbindet das leichte lockere Blumenbouquet mit einer Düsternis, Blut und etwas Geheimnisvollem.
Der Anfang des Buches läuft für mich eher schleppend an. Es wird viel aus Amy Alltag und von ihrer Arbeit berichtet. Das wird durch die Ich-Perspektive Amys unterstrichen, aus der erzählt wird. Man gewinnt so einen Einblick in ihre Gefühlswelt, es wirkt aber auch stellenweise eintönig und blass. Die Arbeit einer Floristin wird hier toll beschrieben, ich habe dabei für mich viel Neues gelernt und diese Details spielen auch für den Verlauf der Geschichte eine wichtige Rolle. Da Amy eine Einzelgängerin ist, kommt zunächst wenig Spannung auf und die Geschichte plätschert eher dahin.
Spätestens jedoch mit dem Besuch bei den Elliots und dem Kennenlernen mit Isabel nimmt die Geschichte an Fahrt auf. Man erfährt bis zum Schluss kaum etwas von Amy Vergangenheit, an der sie uns Leser kaum teilhaben lässt. Amy wirkt meist nicht greifbar und blieb für mich lange undurchsichtig, auch gerade durch ihre Zurückgezogenheit.

Das Ende hat mich dann nochmal umgehauen, ich hatte diese Wendung überhaupt nicht kommen sehen. Die Autorin greift mit diesem Roman die wichtigen Themen von toxischer Freundschaft und einem ungesunden Zugehörigkeitsdrang auf und verwebt diese gekonnt in ihre Geschichte.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen, einzige Kritikpunkte sind für mich der schleppende Beginn und die Längen, die es in der ersten Hälfte gab. Ich kann dieses Buch allen Thriller-Fans gerne empfehlen!

Bewertung vom 02.04.2025
HEN NA E - Seltsame Bilder
Uketsu

HEN NA E - Seltsame Bilder


ausgezeichnet

Worum es geht:
Zwei junge Studenten stoßen auf einen eigenartigen Blog eines jungen Mannes. Die letzte Nachricht des Blogs gibt Rätsel auf, da von Schuld und Liebe die Rede ist und der Blog danach nicht weitergeführt wurde. Zudem enthält der Blog einige Bilder, die zunächst unscheinbar wirken, aber je mehr die Studenten sich damit beschäftigen, desto mehr Zusammenhänge erkennen sie. Zudem hängen noch mehr Bilder mit den mysteriösen Zeichnungen des Blogs zusammen. Was verraten die Bilder und warum mussten deshalb Menschen sterben?

Meine Meinung:
Bereits die Leseprobe von "Hen Na E - Seltsame Bilder" hat mich in seinen Bann gezogen und nach den ersten Seiten wurde mir bewusst, dass das ein ganz besonderes Buch ist. Das neuartige Krimi-Genre "Sketch Mystery" erfreut sich vor allem in Japan immer größerer Beliebtheit. Es vereint das Miträtseln anhand von Bildern und Zeichnungen und einen spannenden Krimi. Diese Vorgehensweise war mir bis dato neu und was soll ich sagen - ich bin mehr als begeistert!
Der Autor selbst - er nennt sich nur "Uketsu" - gibt einem zudem noch mehr Rätsel auf, denn niemand kennt seine Identität. Er präsentiert sich stets in schwarzem Ganzkörperanzug und mit weißer Maske. "Hen Na E - Seltsame Bilder" ist sein erster Roman, zuvor war er bereits erfolgreich als Youtuber und Autor für eine japanische Website aktiv.

Die Geschichte beginnt zunächst mit der Analyse einer psychologischen Beraterin in einem Hörsaal, die den Studierenden eine Kinderzeichnung zeigt. Was völlig normal und unscheinbar aussieht, enthält jedoch viele Interpretationsmöglichkeiten für die Charakteranalyse des Kindes, das die Zeichnung erstellt hat. Als Leser ist man ganz gefesselt, was man aus einer Kinderzeichnung alles herauslesen kann. Danach kommt ein Cut und das erste von insgesamt drei Kapiteln beginnt. Insgesamt drei Handlungsstränge mit unterschiedlichen Personen und Zeitebenen werden erzählt, die scheinbar nicht zusammenhängen - oder etwa doch?
Beim Lesen habe ich stets gebannt mit gerätselt, ob und wie die Geschichten und Figuren zusammen hängen. Das ganz Besondere und Tolle an dem Buch sind die Zeichnungen und Bilder, die den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte bilden. Sie erscheinen zunächst belanglos und ohne wirklichen Inhalt, der Hintergrund und die Auflösung der Bilder lässt einen als Leser jedoch staunend zurück. Mehr als ein Mal dachte ich, dass ich etwas in den Bildern entdeckt habe, aber so viel man auch rätselt, man kommt einfach auf keine Verbindung und keinen Zusammenhang. Nach und nach wird aufgedeckt, wie die Bilder gezeichnet wurden und was es damit auf sich hat. Dabei geht der Autor sehr genau vor und beschreibt die Auflösungen und Hilfestellungen akribisch und anschaulich, sodass man als Leser stets gut informiert wird und selbst mit rätseln kann.

Der Schreibstil ist einfach und typisch japanisch. Das erleichtert auch den Lesefluss, denn bei den vielen japanischen Namen kann man als Leser schnell durcheinander kommen. Der Autor baut gekonnt einen guten Spannungsbogen auf indem er den Leser so viel wissen lässt, wie nötig ist, aber auch an spannenden Stellen einen neuen Handlungsstrang beginnt. Das Rätsel um die Bilder und Figuren übt dabei einen unglaublichen Sog beim Lesen aus, sodass man unbedingt wissen muss, wie es weiter geht.

Mein Fazit:
"Hen Ne E - Seltsame Bilder" ist ein ganz besonderer Roman, der ein neuartiges Genre geschaffen hat, von dem es hoffentlich noch viele Fortsetzungen geben wird. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung für diesen spannenden Krimi aus Japan!

Bewertung vom 25.03.2025
Die Anatomie der Einsamkeit
Pelt, Louise

Die Anatomie der Einsamkeit


sehr gut

Worum es geht:
Die Geschichten wird aus drei Perspektiven und drei Zeitebenen erzählt.
Mathilde möchte im Jahr 1950 ihrem Leben ein Ende setzen indem sie ins Meer geht und nicht zurück kommt.. In letzter Sekunde wird sie gerettet. Claire lebt im Jahr 2000 in New York als erfolgreiche Anwältin. Sie hält nicht viel von Liebesbeziehungen, doch als sie sich in einen Kollegen verliebt, scheint sich das Blatt zu wenden. Zeitgleich erreicht sie die Nachricht vom Tod ihrer Zwillingsschwester Iris. Die beiden haben sich mehr als zehn Jahre nicht gesehen, Iris lebte zuletzt allein auf einer einsamen Insel. Kurzerhand beschließt Claire, auf diese Insel zu reisen und mehr über ihre Schwester zu erfahren. Olive möchte im Jahr 2022 mehr Projekte als Journalistin übernehmen, ihre Chefin traut ihr dies jedoch nicht zu. Von ihrer noch lebenden Großmutter besitzt sie einen scheinbar wertlosen Kompass. Als in Hamburg in der Hand einer Leiche genau der gleiche Kompass auftaucht und in den Medien erscheint, reist Olive kurzerhand mit ihrem Kollegen Tom nach Hamburg um das Geheimnis des Kompasses zu lüften und auch eine gute Geschichte für die Arbeit zu bekommen.

Meine Meinung:
Ich hatte von Louise Pelt bereits "Die Halbwertszeit von Glück" gelesen und war restlos begeistert, sodass ich mich auch sehr auf ihren neuen Roman gefreut habe. Wie auch im ersten Roman gibt es drei Frauen in drei Zeitebenen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die doch etwas verbindet. Von diesem Aufbau war ich bereits Fan im ersten Roman.
Bereits das erste Kapitel baut eine ordentliche Spannung auf und wirkt nach: Mathilde möchte sich das Leben nehmen, ihre Verzweiflung, Angst und Zerrissenheit wird so wunderbar beschrieben, wie es nur Louise Pelt schafft. Die Ohnmacht verdichtet sich immer mehr - bis sie gerettet werden kann und das Kapitel endet. Danach lesen wir abwechselnd aus Claires und Olives Sicht, außerdem gibt es dazwischen immer wieder Gedichte, die um 1945 bis 1950 von einem unbekannten Verfasser geschrieben wurden.
Claire ist ein kontrollierter Mensch, sie hat gerne stets alles im Griff und lässt Gefühle kaum zu. Sie bewohnt ein luxuriöses Apartment mit bester Sicht, ist aber tief im Herzen unglücklich und einsam. Die Nachricht vom Tod der Zwillingsschwester erreicht sie völlig unvorbereitet. Nach und nach wird aufgedeckt, was zum Bruch der beiden geführt hat. Mit dem Ankommen auf der Insel fällt die Unruhe und Kontrolle immer mehr von Claire ab. Sie erfährt immer mehr über ihre Schwester und kommt dabei auch sich selbst näher. In dieser Einsamkeit schafft sie es, auf den Grund ihres Herzens zu schauen.
Olive hingegen wirkt tollpatschig, unsicher und unstrukturiert. Sie ist besorgt um ihre Großmutter Poppy, die mit über neunzig mehr und mehr körperlich und geistig abbaut. Olive möchte so gerne eine gute Journalistin werden, aber ihr fehlt die zündende Idee. Sie ist zwar behütet aufgewachsen, aber fühlt sich schon lange tief im Herzen einsam und nicht zugehörig. Auch sie lernt auf der Reise, die sie mit dem unliebsamen Tom antreten muss, mehr über sich, ihre Familie und ihre Wünsche.
Vor allem die Gedichte zwischen den Kapiteln zeugen von großer sprachlicher Brillanz und drücken eine große Sehnsucht und Einsamkeit aus. Generell schreibt Louise Pelt auch hier wieder großartig, sie findet für jede Geschichte und Frau eine eigene Sprache und beschreibt das Gefühlsleben intensiv. Gerade die abwechselnden Kapitel bringen eine gute Spannung mit und man liest gespannt weiter, wie die drei Geschichten zusammenhängen. Diese Verknüpfung mit dem Kompass als allumspannendes Symbol ist sehr gut umgesetzt.
Einziger Kritikpunkt sind für mich die Längen, die die Geschichte in der Hälfte des Buchs hatte und den Lesefluss etwas gestört haben. Das ist jedoch Kritik auf sehr hohem Niveau und büßt nichts von der wunderbaren Geschichte ein, die Louise Pelt hier geschaffen hat.

Mein Fazit:
"Die Anatomie der Einsamkeit" ist ein wunderbarer und gefühlvoller Roman, der sich zwar primär um das Thema Einsamkeit dreht und diese sehr gut in die Geschichte einbindet, aber noch so viele Themen mehr behandelt: Sehnsucht, Mut, Hoffnung und Ankommen sind genau so wichtig zu erwähnen. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

4,5/5 Sternen

Bewertung vom 20.03.2025
The Family Guest
Lamarr, Nelle

The Family Guest


sehr gut

Natalie Merritt und ihre Familie haben vor zwei Jahren ihre geliebte Tochter Anabel verloren. Gemeinsam mit ihren beiden Kindern Paige und Will haben sie den Tod Anabels mehr schlecht als recht verarbeitet, denn Anabel wir immer Natalies Lieblingskind. In dieser Situation nehmen die Merritts eine Austauschschülerin aus Großbritannien auf: Tanya Blackstone ist scheinbar perfekt und gerade Mutter Natalie schließt sie sofort ins Herz. Anders als Paige, der Tanya sofort seltsam vorkommt und die sie vom ersten Moment an verabscheut. Paige stellt zusammen mit ihrem Bruder Will Nachforschungen zu Tanyas Leben und ihrer Vergangenheit an. Was sie dabei herausfinden, ist nur die Spitze des Eisbergs und bald schwebt die Familie in Lebensgefahr.

Mich hat das Cover direkt angesprochen, der Gegensatz vom pinken Barbiehaus zum düsteren Hintergrund ist sehr gut umgesetzt und passt perfekt zur Geschichte. Als Leser ist man direkt zu Beginn mitten in der Geschichte als die Merritts Tanya am Flughafen abholen. Mir gefällt sehr die abwechselnde Kapitel aus der Sicht von Paige und Natalie. Der Leser erfährt so sowohl von der Ablehnung Paiges als auch von der wachsenden Mutterliebe Natalies zu Tanya. Bei mir sind sofort Fragen aufgetaucht, sowohl die Familie betreffend als auch Tanya. Die Autorin serviert häppchenweise Hinweise und Erklärungen, die mich als Leserin immer zum Weiterlesen quasi gezwungen haben.
Es herrscht stets eine unterschwellige bedrohliche Atmosphäre, die sich im Laufe der Handlung immer mehr verdichtet und die die Autorin gekonnt beschreibt. Die Familie Merritt ist das typische Vorzeigemodell einer amerikanischen Familie: eine große Villa, ein Pool, entzückende Kinder und ein hart arbeitender Vater sowie eine Mutter, die die Organisation von Wohltätigkeitsveranstaltungen übernimmt. Die meisten Charaktere im Buch waren mir eher weniger sympathisch, allen voran Tanya, deren Verhalten sowohl Fragen aufwirft als mich auch immer mehr genervt hat. Auch Mutter Natalie kommt nicht besser weg. Einzig der 12-jährige Will verliert nie seinen Optimismus und hält sich, so gut es geht, gerade am Anfang, aus den Streitigkeiten heraus.
Mein Kritikpunkt sind vor allem die oft vorhersehbaren Wendungen und Aufschlüsselungen, die man im Verlauf der Geschichte zu lesen bekommt. Meist wusste man, oder ahnte viel mehr schon, was passieren wird und da die Rolle der "guten" und "bösen" Charaktere schnell zugewiesen waren, ist an einigen Stellen der Überraschungseffekt verpufft.

"The Family Guest" ist trotz allem ein fesselnder und spannender Thriller, der das Leben einer amerikanischen Vorzeigefamilie auseinander nimmt und mit den Klischees und Erwartungen daran spielt. Von mir gibt es eine Empfehlung für alle Thriller-Fans!