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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 180 Bewertungen
Bewertung vom 31.07.2025
Der Trailer / Donkerbloem Bd.1
Geschke, Linus

Der Trailer / Donkerbloem Bd.1


ausgezeichnet

Was geschah in Camp Donkerbloem?

„Willkommen im Camp Donkerbloem.“ Lisa kann zunächst für eine Nacht hier bleiben. Der Angestellte der Campinganlage muss erst mit seinem Chef reden, denn soviel er weiß, ist der Platz für dieses Wochenende ausgebucht. Sie bekommt den Wohnwagen mit der Standnummer W3 zugewiesen, der sich am Ende der Anlage, dicht am See, befindet. Dies war vor fünfzehn Jahren, seither fehlt von Lisa jede Spur.

Und nun, in der Gegenwart, spricht die Hauptkommissarin Frieda Stahnke in einem Podcast über diesen Vermisstenfall. Noch ahnt sie nicht, was sie damit lostritt und auch sie selber lässt dieser Fall nicht mehr los. Sie trifft auf den halbseidenen Wount Meertens und seinen Angestellten Tayfun, auch mischt Wounts Mieterin Kathinka mit. Wount war damals, als Lisa verschwand, in Camp Donkerbloem, was ihn per se verdächtig macht.

Das erste Buch der Donkerbloem-Trilogie war in Rekordgeschwindigkeit ausgelesen, Linus Geschke hat mich wiederum vollkommen überzeugt und natürlich fiebere ich den beiden Nachfolgebänden gespannt entgegen, auch wenn es noch gefühlt ewig dauern wird, bis ich „Das Camp“ (02.26) und „Die Schlucht“ (07.26) in Händen halte.

Die Story lebt von den wechselnden Schauplätze und den Figuren, die - jede für sich - gut ausgearbeitet sind. Da ist (neben so einigen anderen Gestalten) Frieda, die wegen einer anderen Geschichte suspendiert ist, die aber hier nicht locker lässt, auch wenn sie momentan eher in einer Grauzone unterwegs ist. Auch Wount, dieser Unterwelttyp, der nichts anbrennen lässt, ist ein vielschichtiger Charakter mit Ecken und Kanten nicht zu knapp und so zart Kathinka auch ist, lässt sie sich nicht so einfach wegschieben. Sie alle sind nicht unbedingt nett, aber tough und unerschrocken sind sie allemal.

Gleich mal erleben wir Lisa, die durch die Nacht rennt, sie versucht dem Grauen zu entkommen. Was genau sich hier abspielt, sickert schon durch und doch weiß man nichts, auch wenn die Gedanken beim Lesen permanent rattern. Der Podcast schreckt so einige Typen auf, die damals auf dem Campingplatz waren. Bei anderen wiederum ist nicht klar, warum sie dermaßen alarmiert agieren. Wer ist Opfer, wer ist Täter? Es geht um Missbrauch, um Gewalt und Wut, die oftmals einen klaren Blick verhindert und wie Linus Gescheke so treffen schreibt, ist Wut auch die Beschützerin der Trauer.

„Der Trailer“ ist absolut fesselnd, die Handlung ist durchdacht - ein Thriller-Schmankerl vom Feinsten.

Bewertung vom 30.07.2025
Dunkle Sühne / North Falls Bd.1 (eBook, ePUB)
Slaughter, Karin

Dunkle Sühne / North Falls Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Abgründe tun sich auf in North Falls

Die 15jährige Madison steht ein wenig abseits, während sie die Leute von North Falls beobachtet. Alle warten gespannt auf das große Feuerwerk anlässlich des Unabhängigkeitstages. Madison ist mit ihrer Freundin Cheyenne verabredet, aber sie verspätet sich wieder mal.

Deputy Emmy Clifton hat an diesem 4. Juli Dienst wie viele ihrer Kollegen. Sie spricht kurz mit Madison, der Tochter ihrer besten Freundin Hannah, die sie von klein auf kennt. Später dann erinnert sich Emmy, dass das Mädchen ihr noch etwas sagen wollte, widrige Umstände haben dies jedoch verhindert. Und nun macht sie sich Vorwürfe, denn beide Mädchen sind verschwunden, lediglich ihre Fahrräder werden gefunden. Darüber zerbricht die Freundschaft zu Hannah.

Neben Emmy, der wir hier hauptsächlich folgen, ist es auch ihr Vater, Sheriff Gerald Clifton, der alle Hebel in Bewegung setzt, um die beiden Mädchen zu finden. Sie stellen gefühlt halb North Falls auf den Kopf, die gründliche Suche in den Zimmern der Mädchen fördert so einiges zutage, vor allem Cheyenne scheint nicht das brave Kind gewesen zu sein, für das ihre Eltern sie halten. Auch führen Spuren zu etlichen zwielichtigen Typen und nicht nur Drogen sind im Spiel, auch gerät einer ins Visier der Ermittler, der als der Perverse bekannt ist. Emmy geht immer und immer wieder mögliche Szenarien durch, es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn stündlich sinken erfahrungsgemäß die Überlebenschancen der entführten Mädchen.

Neben der nervenaufreibenden Ermittlungsarbeit sind es auch die Cliftons, die hier leben und die in aller Ausführlichkeit umschrieben sind. Gut, es ist eine große Familie, aber nicht jedes Mitglied muss ich explizit einordnen können. Bei so einigen hätte es eine kurze Erwähnung auch getan, denn dem Thriller wird dadurch so einiges an Tempo genommen. Das war es dann schon mit meiner Kritik, denn die Handlung ist komplex und ziemlich kompliziert. Akribische Kleinarbeit ist gefordert. Dabei lässt die Spannung nie nach, ich lebe und leide mit den einen und hoffe, dass andere, mir sehr verdächtige Gestalten, ihre gerechte Strafe erhalten. Was aber beileibe nicht so einfach ist, denn Jahre später geht es wieder los. Wieder verschwindet ein Mädchen, wieder fordert sie der Fall und als ob es nicht genug wäre, schwingt eine private Sache bedrohlich mit.

Karin Slaughter bürgt für spannende Lesestunden. Ihre Charaktere sind keine Superhelden, sie wirken authentisch, sind nahbar, zweifeln auch mal und müssen so manch Rückschläge hinnehmen. Sie geben nicht auf, letztendlich werden die Fälle nach so etlichen überraschenden Wendungen dann aufgeklärt. Ein lange gehütetes Geheimnis innerhalb der Kernfamilie jedoch bleibt offen, ich bin gespannt auf den nächsten Band.

Bewertung vom 28.07.2025
Not Quite Dead Yet
Jackson, Holly

Not Quite Dead Yet


gut

Sieben letzte Tage, die gut genutzt werden wollen

„Not Quite Dead Yet“ ist mein erster Thriller von Holly Jackson. Das sehr einladende Cover zieht mich formlich zum Buch, auch die erste Beschreibung klingt vielversprechend.

Jet Mason kommt nach der ausgelassenen Halloween-Feier nach Hause, dort wartet eine für sie beinahe tödliche Überraschung. Sie wird von hinten angegriffen, die Schläge auf den Kopf lassen sie zu Boden gehen. Ihr Jugendfreund Billy findet sie, er ruft sofort die Rettung. Im Krankenhaus dann der Befund: Ein durch die Schläge verursachtes Aneurysma wird sie in spätestens sieben Tagen umbringen. Als Alternative käme eine risikoreiche OP infrage, allerdings wäre die Überlebenschance mit zehn Prozent äußerst gering. Jet entscheidet sich gegen diese OP.

Ab jetzt beginnt das Staunen. Jet verlässt das Krankenhaus, sie will ihren eigenen Mord aufklären - ein absolut cooles Szenario, sie läuft zur Hochform auf. Noch habe ich die leise Hoffnung, dass sie doch überleben wird.

Zunächst ermittelt sie akribisch die genaue Tatzeit, keiner der herbeigerufenen Polizisten ist dazu in der Lage. Sie rekonstruiert den Verlauf des Halloween-Abends, macht sich mit einem Vorschlaghammer an einem Fundament zu schaffen, das sie einen Meter in die Tiefe wie nix zerschlägt und die Brocken beiseite schmeißt – selbst Billy, der immer an ihrer Seite steht, kommt da nicht mit. Es geht noch weiter, ich hab hier nur ein Detail herausgegriffen, um zu verdeutlichen, wie unwirklich, ja unmöglich dies alles anmutet. Wie nebenbei entdeckt sie auch noch so manch kriminalistische Ader im familiären Umfeld, auch rettet sie ihren Ex-Freund vor dem Gefängnis. Auch hier hat sie den siebten Sinn, auch hier versagt die Polizei kläglich.

Gut, die Story hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun, was bei Thrillern des Öfteren vorkommen soll. Was mich daran stört, ist diese geballte Kraft, die trotz schwerer Kopfverletzungen nie nachlässt. Ich hätte mir etwas mehr Realität gewünscht, ein wenig mehr Glaubhaftigkeit. Trotz allem habe ich das Buch gerne gelesen, der rasante, kurzweilige Schreibstil hat so einiges gut gemacht, kann aber meinen Gesamteindruck nicht so ganz abfedern. Wer die Logik über Bord wirft, ist hier gut bedient, spannend ist und bleibt das Buch bis zuletzt.

Bewertung vom 28.07.2025
Im Leben nebenan (MP3-Download)
Sauer, Anne

Im Leben nebenan (MP3-Download)


sehr gut

Was wäre wenn… ein spannendes Szenario

„Vielleicht denk ich mir einfach ein zweites Leben für mich aus“ hatte sie gemeint…

Toni wacht auf und fühlt sich wie im falschen Film. Wo ist sie? Und wem gehört dieses Baby? Gut, sie und Jakob, ihr langjähriger Freund, haben einen Kinderwunsch, doch bis jetzt hat es nicht geklappt. Also – das Baby ist nicht ihres, auch ist ihre Wohnung in der Großstadt eher beengt und diese hier ist direkt luxuriös, die Umgebung vertraut – hier, in diesem Dorf, ist sie aufgewachsen, wie ein Blick aus dem Fenster verrät. Es war eben noch Sommer…

…und plötzlich ist es Herbst. In diesem anderen Leben ist sie Antonia, sie lebt mit Adam im Dorf ihrer Kindheit, sie hat Mann und Kind.

Was wäre wenn? Ein spannendes Szenario, direkt abstrakt. Anne Sauer erzählt zwei Geschichten parallel - von Kinderwunsch und Mutterschaft, von Toni und von Antonia. Das Hineinfinden in diese beiden Leben war zunächst befremdlich, da alles andere als alltäglich. Aber bald konnte ich mich damit anfreunden, dieses Wechselspiel hat mir zunehmend Spaß gemacht.

Ich hab mich darauf eingelassen, mich zurückgelehnt und mir „Im Leben nebenan“ von Chantal Busse vorlesen lassen. Sie ist für dieses Buch die absolut richtige Sprecherin, ihre jugendliche Stimme passt hervorragend zu der jungen Toni bzw. zu Antonia. Sie hat Anne Sauers Idee, zwei Lebensszenarien nebeneinander aufzuzeigen, perfekt in Szene gesetzt.

Bewertung vom 28.07.2025
Das Geschenk des Meeres
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


ausgezeichnet

So traurig und doch so wundervoll

Es ist Winter in Schottland, wir schreiben das Jahr 1900. Wir beobachten Joseph, als er mitten auf der Straße von Skerry einen kleinen Jungen trägt. Er hält auf das Haus des Pfarrers zu, der Junge hustet, er hat nur einen braunen Stiefel an. Am Strand hat er ihn gefunden, wird er später berichten. Auch in Mrs Browns Laden wird diese Szene registriert und an Jahre zuvor erinnert, als an diesem Strand ein Junge verschwand, der diesem Jungen verblüffend ähnlich sieht. Als ob das Meer ihn nach all der Zeit zurückgebracht hätte.

Julia R. Kelly hat einen leisen, einen sehr atmosphärischen Roman geschrieben, der von Dorothy erzählt. Wie sie ihre Stelle als Lehrerin hier antritt. Sie kommt direkt aus Edinburgh, von Begräbnis ihrer Mutter. Dort hält sie nun nichts mehr, der Pfarrer holt sie vom Bahnhof ab, er bringt sie direkt ins Schulhaus. Erzählt wird auch von dem Joseph, dem Fischer und vom Leben noch so einiger anderer, die das große Glück suchen, das sie nicht unbedingt finden. Sie alle haben viele Geheimnisse, Lügen und Intrigen machen so manchem das Dasein schwer, es geht und Verlust und Neuanfang, um Schuld und Schuldzuweisungen, um Trauer und um die Liebe geht es auch.

„Das Geschenk des Meeres“ erzählt von einer eingeschworenen Gemeinschaft, in der es auch Außenseiter gibt. Dorothy ist eine davon, sie möchte in ihrer Unsicherheit es jedem recht machen. Sie weiß, dass sie tuscheln, dass sie genauestens beobachtet wird. Ihre Gefühle zu einem Mann lässt sie nicht zu, obwohl es beide zueinander hinzieht. Irgendwann heiratet sie den Falschen, sie bekommt ihren kleinen Jungen, den sie Moses tauft und dieser Junge ist es, der eines Tages verschwindet. Zuletzt wird er am Strand gesichtet. Und nun erinnert alles an Moses, Dorothy bietet an, sich um den anderen, gerade dem Meer entkommenen Jungen zu kümmern. Wer ist dieser Junge? Wo kommt er her? Alte Geschichten werden hervorgekramt und immer wieder sind es Dorothy und Joseph, die im Focus stehen. Die Frauen treffen sich in Mrs Browns Laden. Hier wird gestrickt, gebacken und getratscht, die Männer findet man eher im Pub.

So traurig und doch so wundervoll ist diese Geschichte, die zuweilen wie entrückt daherkommt, die mich sehr beeindruckt hat. Gebannt bin ich Dorothy gefolgt, der ich öfter mal zurufen wollte, nicht so viel auf das Geschwätz der Leute zu geben. Nicht nur sie hatte ich direkt vor Augen, auch die anderen Charaktere sind gut gezeichnet, zu jedem einzelnen hatte ich genaue Vorstellungen. Ihre Wünsche, ihre Sehnsüchte und die raue Wirklichkeit sind authentisch und gut nachvollziehbar beschrieben. Daneben ist das Leben an sich um 1900 gut eingefangen. Die Rolle des Mannes und der der Frau sind klar definiert, Romantik hat hier nicht unbedingt Platz. Kälte, Regen und Schnee verstärken die düstere Stimmung, dazu das Meer und das Mystische um die Wellenkinder, die ihnen zuflüstern, mitzukommen. Und ja - dieses so eindrucksvolle Buch ist es wert, gelesen zu werden.

Bewertung vom 27.07.2025
Der Sommer am Ende der Welt
Völler, Eva

Der Sommer am Ende der Welt


sehr gut

Bewegend, erschütternd, emotional

Die Journalistin Hanna reist mit ihrer 15jährigen Tochter Katie nach Borkum, sie will neben ihren Recherchen um die Verschickungskinder, die hier in den 1960er Jahren für jeweils sechs Wochen zur Erholung hier waren, auch ein wenig Privatleben genießen. Sie mieten sich im luxuriösen Dünenschloss ein, das von Isa Martens und ihrem Bruder Jan Guterson betrieben wird.

Früher diente das Haus, die damalige Villa Aurelia, als Erholungsheim für Kinder. Aus dem Ruhrgebiet kam Sabine, mit der Hanna jetzt in Kontakt ist, mit sechseinhalb Jahren zur gleichen Zeit nach Borkum wie ihre Mutter Cornelia, die damals noch jünger war. Für die Kinder, die den Sommer über der Willkür der Betreiber dieser Heime ausgesetzt waren, waren es schreckliche Wochen, die sie Zeit ihres Lebens verfolgten. Als erstes wurden sie ihrer Namen beraubt, sie wurden durchnummeriert, Kopfnüsse und Ohrfeigen waren an der Tagesordnung, der Tag genauestens durchstrukturiert, minderwertiges Essen wurde ihnen notfalls eingetrichtert, auch kam es zu Medikamententests, die ärztliche Versorgung wurde vernachlässigt, es waren schlichtweg Horrorwochen.

Es sind zwei sich abwechselnde Zeitstränge, von denen ich lese. Hanna findet heraus, dass hinter diesem System der Verschickungskinder viele Institutionen beteiligt waren. Missstände wurden vertuscht oder bagatellisiert, den Kindern, die es wagten, von ihren seelischen und körperlichen Qualen zu berichten, wurde nicht geglaubt. Hannas Recherchen über diese Verschickungskinder und dem ganzen Hintergrund drumherum gefallen auch heute nicht jedem. Je mehr sie gräbt, je mehr sie herausfindet, desto mehr erkennt sie, warum ihre Recherchen boykottiert werden.

Die beiden Erzählstränge greifen ineinander über. Hanna findet vor ihrer Tür ein altes Tagebuch, später dann eine Karte mit einem entscheidenden Hinweis. Auch die Gespräche mit der heute älteren Sabine geben viel von dem stramm geführten Heim preis.

Eva Völlers Schwester war in den frühen 1960ern auf Norderney, sie hat nach ihrer Kur weniger gewogen als zuvor. Ihr Bruder war auf Borkum und erst jetzt, nach vielen Jahren des Schweigens, hat er sich ihr doch geöffnet. Dieser familiäre Hintergrund hat sie letztendlich dazu bewogen, diesen Roman zu schreiben, der aufwühlt, der fassungslos macht.

Die Figuren und die Örtlichkeiten sind fiktiv, die Thematik allerdings ist es nicht. Der Roman legt den Finger auf dieses finstere Kapitel, diese Heime und die Erziehungsmethoden waren sehr real. Borkum hat sich schon früh mit dem Stempel „judenfrei“ gebrüstet, begehrte Objekte waren alsbald in den Händen strammer Nationalsozialisten. Auch wird der Bogen bis nach Litzmannstadt und den Kinder-KZ, dem heutigen Lodz, gespannt. Dieser Handlungsstrang von damals ist so eindringlich, so bewegend geschildert, dass die Geschichte um die private Hanna direkt banal wirkt. Und doch lockern so einige wenige Szenen dieses doch sehr ernste Thema etwas auf. Ein Roman, der aufwühlt, ein Roman, der gelesen werden will.

Bewertung vom 23.07.2025
Himmel ohne Ende (eBook, ePUB)
Engelmann, Julia

Himmel ohne Ende (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Großartig

Julia Engelmann hat einen sehr lebensklugen Roman geschrieben. Ihr „Himmel ohne Ende“ hat mich, je weiter ich gelesen habe, mehr und mehr in seinen Bann gezogen.

Die 15jährige Charlie kommt sich ziemlich verloren vor. Der Vater ist weg, ihre beste Freundin Kati spricht nicht mehr mit ihr, überhaupt ist sie eine Außenseiterin, die sich in ihr Schneckenhaus verkriecht. Bis zu dem Tag, als Pommes auftaucht. Er ermutigt sie, ihren eigenen Weg zu gehen, dabei darf sie ruhig auch ängstlich sein, sie muss nicht perfekt sein, darf Fehler machen. Es ist diese Prise Ich, wie er es nennt, die sie nie hintanstellen sollte.

„Und dann wusste ich es. Dass ich etwas Eigenes aus meinem Leben machen musste. Dass ich es wenigstens versuchen musste…“ Bis dahin ist es ein nicht immer einfacher Weg, er kann und wird durchaus auch mal steinig sein.

Julia Engelmann ist für mich eine Neuentdeckung, dabei ist sie schon lange sehr erfolgreich. Sie ist eine Wortakrobatin, sie ist Dichterin und Sängerin, sie nahm schon früh an Poetry-Slams teil, ihre Bücher sind Bestseller. Gebannt habe ich ihren Gedichten gelauscht, sie hat mich ganz einfach verzaubert.

Und auch mit ihrem „Himmel ohne Ende“ hat sie mich restlos begeistert. Sie ist eine scharfsinnige Beobachterin, Charlies Geschichte ist direkt aus dem Leben gegriffen. Es geht um Freundschaft und um Ausgrenzung, um die ersten zaghaften Bande und auch um Trauer und um das Erwachsenwerden. Die ganze Gefühlspalette einer Fünfzehnjährigen bringt die Autorin ihren Lesern nahe, untermalt mit einer Prise Humor. Das ganze Buch kommt trotz dieser Themen leichtfüßig daher, es ist ein intelligentes Buch, das nachdenklich macht und dabei ein gutes Gefühl zurücklässt. Es ist ein großartiges Buch, das ich sehr gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 22.07.2025
Das Geschenk (eBook, ePUB)
Schoeters, Gaea

Das Geschenk (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Klug, gewitzt – eine Tragikkomödie vom Feinsten

Einer Tragikkomödie gleich kommt „Das Geschenk“ daher. Nicht immer leichtfüßig, zuweilen sehr schwer – was der Anatomie eines Elefanten eher entspricht.

„Aktuell ist von achtunddreißig die Rede“ bekommt Bundeskanzler Winkler zur Antwort auf seine Frage, wie viele es denn nun sind, die vor dem Reichstag stehen. Kurz darauf sind es vierundfünfzig, noch hält sich der Schaden in Grenzen, auch wenn es schon etliche Unfälle gegeben hat.

Der Präsident von Botswana ruft an, es geht um das von den Deutschen verschärfte Elfenbeingesetz. Er macht klar, was dies für sein Land bedeutet, er bedankt sich dafür mit 20.000 Elefanten, die ersten wurden schon in Berlin gesichtet, Winkler hat sie mit eigenen Augen gesehen.

Die Einfuhrbeschränkung des Elfenbeins stellt unser Denken gegen das des afrikanischen Landes, das die Population der Tiere genau regelt und das nun außer Kontrolle gerät. Probleme sind global, kein Land hat ein Alleinstellungsmerkmal.

Die Ausgangssituation ist brisant, es stellt Politiker und ihre Denkweise bloß. Das Wichtigste ist, Wahlen zu gewinnen, dafür schaut mal dem Volk aufs Maul, es darf nicht verprellt werden. Noch sind die Elefanten eine exotische, geschützte Spezies. Bald aber richten sie hohen Schaden an, Massenkarambolagen sind die Folge. Menschen sterben. Sind Abschüsse gerechtfertigt? Nicht der Moral, eher der Wiederwahl wegen.

Eine Realsatire, wie sie so oder so ähnlich sein könnte, ist „Das Geschenk“ allemal. Eine so kluge wie gewitzte Story, die trotz der riesigen Elefantenherde und ihrem großen Hunger mitsamt ihrer Hinterlassenschaften zuweilen zum Schmunzeln anregt. Aber nicht nur das, es macht nachdenklich und ein Stück weit betroffen. Man sollte es lesen – unbedingt.

Bewertung vom 21.07.2025
Die Auferstehung (eBook, ePUB)
Eschbach, Andreas

Die Auferstehung (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die drei ??? sind auferstanden – beste Unterhaltung ist garantiert

Andreas Eschbach bürgt für intensive Lesestunden, bei seinen Büchern greife ich unbesehen zu, er hat mich noch nie enttäuscht. Und die drei ??? - welcher Junge kennt sie nicht, die Detektivgeschichten um Justus, Peter und Bob. Nun, sie sind erwachsen geworden, sie sind ihrer Wege gegangen und nun führt ein ziemlich mysteriöser Fall sie wieder zusammen.

Eine auf den ersten Blick verwahrloste Frau taucht bei einer Police Station am Rande des brasilianischen Regenwaldes auf mit der Bitte, die US-Botschaft zu verständigen. Vor sieben Jahren war sie mit einer Filmcrew unterwegs, diese kam in ein fürchterliches Unwetter. Es gab Tote und bis heute Vermisste, auch sie war eine von ihnen – Tracy Hitfield. Sie lebte im Amazonasdschungel mit einem indigenen Stamm, ihre Geschichte klingt unglaublich.

Eine alte Visitenkarte der drei ??? ist es, die die drei Detektive auf sehr verschlungenen Pfaden wieder zusammenführt. Tracys Tante Mary sucht Justus auf, um dieser Sache nachzuspüren. Und Tracy erzählt von einem Schamanen, den sie unbedingt finden will und nicht nur ihn gilt es zu suchen – es gibt viel zu tun.

Eine auch für mich aufregende Spurensuche beginnt. Bald nimmt ein ungeheurer Verdacht mehr und mehr Form an, er lässt immer wieder zweifeln, verfestigt sich aber dann doch. Neben der ganzen Detektivarbeit bleibt auch das Zwischenmenschliche nicht auf der Strecke. Justus und Peter haben sich damals entzweit, ihre Sprachlosigkeit dauert an und diese Ermittlungen sind es, die sie zusammenarbeiten lassen. Nicht zu vergessen Bob, der in gefährlicher Mission unterwegs ist.

Auch wenn ich anfangs ob dieser damals jugendlichen drei ??? ein wenig gezögert habe, so war doch Andreas Eschbach als Autor dieser „Auferstehung“ es, der mich zu dem Buch hat greifen lassen - es war eine gute Entscheidung. Sein Schreibstil spricht sowieso für sich, die so spannende Story hat mich sofort gefangen genommen, ich konnte und wollte das Buch nicht mehr weglegen. Und musste ich es doch, so waren meine Gedanken bei Justus Jonas, Bob Andrews und Peter Shaw, bei Tracy und Mary und noch so einigen Protagonisten und ihrem beileibe nicht immer fairen Spiel. Mehr sei nicht verraten, nur so viel – es lohnt sich für jeden Krimi- und Thriller-Fan, Eschbachs neuestes Werk, das sich von seinen anderen Büchern durchaus unterscheidet, zu lesen. Ach was, zu verschlingen.

Bewertung vom 21.07.2025
Ja, nein, vielleicht (eBook, ePUB)
Knecht, Doris

Ja, nein, vielleicht (eBook, ePUB)


sehr gut

So wie das Leben eben ist

Die Kinder sind aus dem Haus, der Mann hat sich schon lange verabschiedet - und sie? Ja, sie ist so frei wie sie sich fühlt. Bis auf Kleinigkeiten natürlich, die sind immer irgendwo da. Momentan ist es der Zahn, der ihr Kummer macht, denn er wackelt und nicht nur das, auch schmerzt er. Aber sonst? Hat sie es gut getroffen. Ihre kleine Stadtwohnung wird grad von ihrer Schwester belagert, was aber nicht weiter schlimm ist. Auf dem Land hat sie noch ein altes Haus, das idyllisch am Wasser liegt. Da fühlt sie sich wohl, da fühlt sie sich heimisch. Im nahen Supermarkt trifft sie auf Friedrich, einen Mann, der ihrer Vergangenheit angehört. Er wohnt nicht weit weg, also kommt er zu Besuch.

Doris Knecht (vielmehr ihre Protagonistin) habe ich vor geraumer Zeit beim Entrümpeln ihrer Wohnung (und ihres Lebens irgendwie auch) getroffen und nun ist sie einen Schritt weiter, sie ist fünfzig, sie lebt allein und das ziemlich gerne. Auch wenn sie gelegentlich damit hadert, denn manchmal ist man als Paar einfach besser dran. Nun, sie hinterfragt schon, ob Friedrich wieder in ihr Leben passen würde. Ja? Nein? Oder vielleicht doch?

Sie ist noch nicht alt, aber jung ist sie auch nicht mehr. Das Älterwerden an sich und der Blick auf das Leben ist es, was das Buch ausmacht. Vieles wird hinterfragt, Gewohnheiten haben sich eingeschlichen, in ihrem Umfeld könnte es auf eine Scheidung hinauslaufen, auch bahnt sich ein Neubeginn an. Ihre beste Freundin will es nochmal wissen, sie soll Trauzeugin sein. Es passiert noch so einiges, eigentlich ist es das ganz normale Leben, zuweilen könnte man dies als den ganz normalen Wahnsinn beschreiben. Braucht sie Friedrich? Braucht sie einen Mann? Tja, auch diesem Gedanken spürt sie nach. Und da sind Freunde, gute Freunde, Nachbarn, auf die Verlass ist.

Alltägliches vermischt sich mit Aufregendem und wenn man es genau bedenkt, kommt sie zu dem Schluss, dass sie ganz gut alleine zurechtkommt – oder? „Ja, nein, vielleicht“ ist direkt aus dem Leben gegriffen. Sie blickt ein wenig selbstironisch, mit einem Augenzwinkern, aber immer ehrlich auf ihr Dasein. Ein Buch, nicht nur für die Frau ab fünfzig, das sich locker wegliest.