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Lesefreundin
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Düsseldorf

Bewertungen

Insgesamt 48 Bewertungen
Bewertung vom 06.05.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


sehr gut

Wut, Trauer, Neubeginn

Es gibt sie tatsächlich, die Menschen, die bei „22 Bahnen“ von Caroline Wahl nicht in Jubelstürmen ausgebrochen sind. Eine dieser Leserinnen bin ich, was u.a. insbesondere daran lag, dass ich Idas Entwicklung als völlig unglaubwürdig und blass empfand.

Dennoch habe ich zu dem Nachfolgeroman „Windstärke 17“ gegriffen, denn manchmal kommt ein Roman einfach zur falschen Zeit und der Klappentext zum neuen Roman las sich so interessant, dass ich es ein weiteres Mal mit einem Werk von Caroline Wahl versuchen wollte.

Ich kann sagen, dass mich Windstärke 17 definitiv mehr überzeugt hat als der Vorgängerroman. Idas Weg nach Rügen zu begleiten, ihre Gedanken, ihre Wut und Trauer zu erleben, haben mich sehr nah an unsere Protagonistin geführt. Ihre Geschichte zeigt, wie sehr es Kinder prägt, wenn sie mit einem alkoholabhängigen Elternteil aufwachsen und wie sie noch als (junge) Erwachsene mit ihren schweren Erfahrungen konfrontiert sind. Es war ergreifend zu lesen, wie sie in Marianne und Knut eine Art neue Familie findet und sich immer mehr öffnet, gleichzeitig haben mich der Twist um Marianne und Idas Verlustängste sehr bewegt.

So sehr ich auch Idas Weg gerne verfolgt habe, so ist der Schreibstil der Autorin einfach nicht meins. Es stört mich, dass direkte Rede mal ohne und mal mit Anführungszeichen gekennzeichnet ist und dass Sätze komplett wiederholt werden, wenn der Satz zunächst in Idas Gedanken ist und sie ihn direkt daran ausspricht. Das stört schlichtweg meinen Lesefluss. Auch die Dialoge empfand ich manches Mal als ausgesprochen hölzern.

Wen dieser Schreibstil nicht stört, wird sicherlich seine Lesefreude habe. Denn Windstärke 17 ist ein Roman voller Emotionen und ich bin mir sicher, dass er wieder vielen Leser:innen sehr gefallen wird.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.04.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

Gänsehaut!

Ich bin ohne große Erwartungen an den Roman "James" von Percival Everett herangegangen. Ich habe "Die Abenteuer des Huckleberry Finn" von Mark Twain nie gelesen und kannte die ursprüngliche Geschichte daher nur grob. Außerdem bin ich eher skeptisch, wenn es um Neuerzählungen von Klassikern geht. Dennoch hat mich der Roman neugierig gemacht - zum Glück! Denn: "James" ist ein Highlight sowie ein absolutes Meisterwerk!

Zwar habe ich Anfangs etwas gebraucht, um in die Geschichte und insbesondere in die "Sklavensprache" zu finden (hier ein großes Lob an den Übersetzer Nikolaus Stingl!), aber dann traf mich die Geschichte mit voller Wucht.

Im Klappentext heißt es, dass die Geschichte u.a. "komisch" sei. Sprechen wir hier von dem selben Roman? Ich habe unsagbar viele Emotionen während des Lesens gespürt, aber nichts hatte nur annähend etwas mit Humor zu tun. James' Geschichte ist fesselnd, sie erschüttert und ich war während der gut 300 Seiten regelrecht angespannt, weil ich auf ein gutes Ende für James und seine Familie gehofft habe. Die US-amerikanische Zeit der Sklaverei aus dem direkten Blickwinkel eines Sklaven zu lesen, hat mich tief berührt. Everett hat es geschafft, dass ich durchweg James' Angst, Wut und Verzweiflung spüren konnte und ich zum Ende eine Gänsehaut hatte.

Der Roman wird mich noch lange bewegen und mich fragen lassen, was Menschen anderen Menschen antun können.

Bewertung vom 15.04.2024
Der Wind kennt meinen Namen
Allende, Isabel

Der Wind kennt meinen Namen


sehr gut

Emotional und berührend

Isabel Allende ist für mich eine der ganz großen Autorinnen, die es immer wieder schafft eine enorme Sogwirkung in ihren Romanen zu schaffen. So ist es auch in ihrem neusten Werk, wenngleich ich auch Kritik an "Der Wind kennt meinen Namen" üben muss.

Meine größte Kritik liegt darin, dass Allende die Entwicklungen und Geschehnisse rund um die Protagonist:innen erzählt, statt sie wirklich zu zeigen. Dies sorgt zum einen für ein schnelles Tempo in der Geschichte (insbesondere in dem Erzählstrang rund um Samuel), auf der anderen Seite bleibt für mich stets eine gewisse Distanz zu den verschiedenen Charakteren. Außerdem hat sie sich mit der Geschichte rund um Selena und Frank einem Handlungsstrang gewidmet, den ich zum einen völlig uninteressant und zum anderen für das große Thema des Romans - dem Lebensweg der Kinder - absolut irrelevant finde.
Mit zu vielen Zufällen war mir dann auch die Reise der Sozialarbeiterin und des Anwalts nach Lateinamerika gespickt. Hier empfand ich den Roman doch sehr konstruiert.

Trotz meiner Kritik: Der Roman ist absolut lesenswert! Denn wie eingangs bereits geschrieben, haben alle Bücher von Isabel Allende diese einzigartige Sogwirkung, die mich ihre Bücher nicht aus der Hand nehmen lassen.

Ich habe zu dem Großteil der Protagonist:innen eine gewisse Distanz gespürt, mit einer großen Ausnahme: Die kleine Anita.
Hier lässt Isabel Allende das geflüchtete Mädchen aus der Ich-Perspektive ihre Gedanken und Ängste teilen, was mich emotional unglaublich berührt hat. Als Leserin habe ich mir immer wieder gewünscht, dass diese Geschehnisse der reinen Fiktion von Allende entspringen mögen, aber die Realität sieht anders aus. So mag Anita ein fiktiver Charakter sein, aber ihre Geschichte steht stellvertretend für das Schicksal dieser vielen Kinder, die an die US-amerikanische Grenzen flüchten und von ihren Eltern getrennt werden. Das Thema wird mich sicherlich noch lange beschäftigten.

Ich hoffe, dass dieser Roman viele Leser:innen findet!

Bewertung vom 24.03.2024
Die Hoffnung der Chani Kaufman
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


sehr gut

Fehlende Selbstbestimmung

"Die Hoffnung der Chani Kaufman" erlaubt den Leser:innen Einblicke in die Lebenswelt einer ultraorthodoxen, jüdischen Gemeinde.
Im Mittelpunkt steht die frisch verheiratete Chani Kaufman, die gemäß den Erwartungen der Gemeinde versucht, schwanger zu werden. Dies gelingt allerdings nicht, was jedoch nicht an einer grundlegenden Unfruchtbarkeit Chanis liegt, sondern an den strengen ultraorthodoxen Regeln, die den Beischlaf nur zu bestimmten Zeiten erlauben. Zu diesen Zeiten hat Chani allerdings keinen Eisprung.

Ich habe den Roman sehr gerne gelesen, der einen intensiven Einblick in die vielen strengen Regeln und Traditionen der jüdisch-orthodoxen Gemeinde ermöglicht. Es ist erschreckend, wie sehr die Rabbiner die Menschen und insbesondere die Frauen mit ihren Regeln in ihrer Selbstbestimmtheit begrenzen. Chani entwickelt im Laufe des Romans eine innere Kritik an der Macht der Rabbiner und fängt an, die Gesetze zu hinterfragen, die sie daran hindern ein Kind zu bekommen. Das hat mir grundsätzlich sehr gut gefallen, allerdings hätte ich mir hier noch etwas mehr Tiefe bei der Charakterentwicklung gewünscht. Am Ende ging es mir mit Chanis Geschichte etwas zu schnell.

Besonders gerne habe ich den Handlungsstrang um Rivka und ihre Familie gelesen. Rivka hat den Schritt gewagt und die Gemeinde verlassen. Als Leser:innen begleiten wir sie in ihrem neuen und zum Teil sehr einsamen Leben in London. Das Buch zeigt, wie schwer es Aussteiger:innen haben, wie sie ihre Kinder aufgeben, ihr Leben neu beginnen müssen. Das hat mich wirklich sehr berührt und mir gleichzeitig auch verdeutlicht, wie erbarmungslos diese ultraorthodoxen Gemeinden handeln.

Der Roman ist ausgesprochen informativ und gleichzeitig sehr einfühlsam und berührend geschrieben. Ich empfand auch die Einbindung der vielen jiddischen Begriffe als sehr gelungen. So wirkten die Dialoge noch einmal mehr authentischer.

Bewertung vom 17.03.2024
Issa
Mahn, Mirrianne

Issa


ausgezeichnet

Ein lehrreicher Roman!

"Issa" - von Aktivistin und Theatermacherin Mirrianne Mahn hat mich tief bewegt. Ein Highlight!

Die Autorin schafft es wunderbar unterschiedliche Atmosphären zwischen der Ich-Perspektive Issas in der Gegenwart und den vergangenen Geschichten der Familie zu kreieren. Issas Erzählungen sind frisch, mit einer gewissen Leichtigkeit und zeitgleichem Tiefgang erzählt und zuweilen humorvoll. Die Erlebnisse von Issas Vorfahrinnen, insbesondere die Lebensgeschichte von Urgroßmutter Marijoh, schaffen wiederum eine ganz andere Atmosphäre. Man spürt als Leserin, dass es sich um eine vergangene Geschichte handelt, aber fühlt gleichzeitig sehr eng mit den Frauen mit. Es hat mich tief bewegt von dem harten Leben der Urgroßmutter zu lesen, die in jungen Jahren von fehlender Selbstbestimmung, Zwangsheirat, Gewalt, etc. geprägt war. Ich rechne es der Autorin übrigens sehr an, dass sie auf detaillierte Schilderungen von körperlichen und sexuellen Missbrauch in der Ehe verzichtet hat! Der Verzicht darauf hat der Intensität des Roman definitiv keinen Abbruch getan.

Der Roman hat mir gezeigt, wie wenig ich doch über die deutsche Kolonialgeschichte in Afrika weiß. Mit dieser literarischen Reise nach Kamerun habe ich ein mir unbekanntes Land und seine Traditionen kennengelernt, über Frauenschicksale gelesen und mit Issa die Gefühlswelt einer jungen, werdenden Mutter erlebt, die sich in ihrer Identitätsfindung zwischen Deutschland und Kamerun befindet.

Bewertung vom 06.03.2024
Der ehrliche Finder
Spit, Lize

Der ehrliche Finder


ausgezeichnet

Intensiver Roman

Mit nur 128 Seiten ist "Der ehrliche Finder" von Lize Spit zwar ein wirklich dünnes Büchlein, aber es steckt so viel in diesen wenigen Seiten!

Es geht in der Geschichte um Jimmy und seine Freundschaft zu Tristan. Jimmy ist ein Außenseiter, ein liebenswerter Nerd, der sich dem Sammeln von Flippo-Kärtchen mit voller Hingabe widmet und mit Tristan, einem aus dem Kosovo geflohenen Jungen, seinen ersten richtigen Freund gefunden hat. Als Tristan und seiner Familie die Abschiebung droht, schmieden er und seine Schwester einen gefährlichen Plan um dies zu verhindern. Für diesen Plan benötigen sie Jimmys Hilfe.

Dieses Buch fängt sehr unscheinbar an, indem die Leser:innen zunächst über Jimmys Sammelleidenschaft und seine Freundschaft zu Tristan lesen. Mir ist Jimmy hier schon sehr ans Herz gewachsen mit seiner speziellen Art und seinen alltäglichen Herausforderungen. Was als "schöne Freundschaftsgeschichte" anmutet, entwickelt sich immer mehr zu einem gesellschaftskritischen Roman über das Thema Flucht/Abschiebung. Als Leser:innen sehen wir die Perspektive der Kinder, die in großer Angst darum leben, ihre neue Heimat verlassen zu müssen.

Ich bewundere Lize Spit dafür, wie sie es in so wenigen Seiten schafft sowohl einen intensiven Spannungsbogen zu erzeugen und gleichzeitig die Ängste und Sorgen der Kinder zu vermitteln. Ich habe während der ganzen Lektüre sehr mit den Protagonist:innen mitgefühlt und werde sicherlich noch lange über das Thema Abschiebung, und was dies mit den betroffenen Menschen macht, nachdenken. Der Schreibstil der Autorin liest sich ausgesprochen flüssig und lässt einen sehr nah an die Geschichte heran. Außerdem ist es Lize Spit gelungen, die Geschichte sehr glaubhaft aus einer kindlichen Perspektive zu erzählen und die Gedankenwelt sowie die Gefühle von Jimmy als Haupterzähler wiederzugeben.

Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich das offene Ende bewerten möchte. Grundsätzlich bin ich kein Fan von offenen Enden und natürlich hätte ich die Geschichte gerne mit einem deutlichen Abschluss gelesen. Gleichzeitig sorgt Lize Spit mit einer Geschichte, die am höchsten Spannungspunkt endet, dafür, dass mich der Roman nach dem Lesen noch stark beschäftigt.

Fazit: Ein unfassbar starker, gesellschaftskritischer Roman!

Bewertung vom 04.03.2024
Annas Lied
Koppel, Benjamin

Annas Lied


weniger gut

Sehr ausufernd erzählt

In "Annas Lied" erzählt Benjamin Koppel die Lebensgeschichte seiner Großtante, die als Tochter einer jüdischen Familie zu Beginn des 20. Jhd. in Kopenhagen aufgewachsen ist und später der Ehe wegen nach Paris geht. Es handelt sich um eine von den Eltern arrangierten Ehe, die Hannah eingehen muss, um die Traditionen der streng gläubigen Familie aufrecht zu erhalten.

Ich lese sehr gerne Lebensgeschichten, die über mehrere Jahrzehnte erzählt werden und die Familienstrukturen in den Fokus stellen. Leider muss ich hier gestehen, dass ich den Roman nach über 300 Seiten nicht mehr weiterlesen möchte. Mein Hauptkritikpunkt liegt darin, dass die Geschichte für mich viel zu ausufernd erzählt wird und es zu viel Raum für kleinere Familienanekdoten gibt. Der Roman hat einfach zu viele Länge für mich. Gleichzeitig empfinde ich die Dialoge zum Teil als sehr hölzern. Weiterhin fällt es mir als Leserin schwer der Hauptprotagonistin näher zu kommen, vielmehr fühle ich mich Hannah gegenüber sehr distanziert.

Kurz nach dem Wechsel vom ersten zum zweiten Teil des Buches, hat mich der Roman nun ganz verloren. Denn an diesem Punkt der Geschichte passiert ein Handlungsstrang im Buch, der für mich großes erzählerisches Potential gehabt hätte. Stattdessen gibt es einen Cut und wir "verlieren" ein Jahr in der Geschichte, was ich ausgesprochen schade finde.

Fazit: Für mich war es dieses Mal leider nicht der richtige Roman.

Bewertung vom 25.02.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


ausgezeichnet

Brillant!

"Yellowface" von Rebecca F. Kuang ist brillant! In der Regel ist es bei gehypten Büchern so, dass ich diejenige mit der "unpopular opinion" bin, aber in diesem Fall hat sich der Roman als ein absolutes Highlight herausgestellt!

"Yellowface" ist so vielseitig, dass es mir schwer fällt, meine Gedanke in Worte zu fassen. Mit einem sehr flüssigen Schreibstil und einer packenden Story entwickelte das Buch eine absolute Sogwirkung auf mich. Rebecca F. Kuang schreibt über Rassismus, Kulturelle Aneignung, die harte Buchbranche und das gegenseitige Zerfleischen auf Social Media. Dabei zeigt sie eindringlich, gerade mit Blick auf die Themen Rassismus und Kulturelle Aneignung, dass nichts nur schwarz und weiß ist. Damit ist "Yellowface" ein eindringlicher und unsagbar wichtiger Beitrag zu den heutigen, toxischen Gesellschaftsdebatten.

Noch ein Kommentar zur Gestaltung: Ein riesiges Lob geht an die Menschen, die für die Gestaltung dieses Buches verantwortlich sind. Nicht nur ist der Buchschnitt einmalig, sondern auch die Idee ist genial, das im Roman besagte Buch "Die letzte Front" und die "beiden Autorinnen" vorne auf das Buch zu drucken! Ich war begeistert als ich den Buchumschlag entfernte.

Bewertung vom 24.02.2024
ruh
Dost, Sehnaz

ruh


weniger gut

Sprachlich wunderbar, Handlung zäh

Ich hatte mir nach dem Lesen des Klappentextes von "ruh" der Autorin Sehnaz Dost eine Geschichte erhofft, wo es um einen Protagonisten geht, der in seinen ersten Lebensjahren in der Türkei bei seinen Großeltern aufgewachsen ist und später zu seiner ihm weitestgehend fremden Eltern nach Deutschland kommt. Ich erwartete Einblicke in die familiären Beziehungen und wie Cemal zwischen diesen beiden Heimaten aufwächst. Außerdem fand ich den Aspekt der homosexuellen Beziehung interessant.

Leider war der Roman dann doch eine große Enttäuschung. Ich habe mich immer wieder gefragt, wo die Autorin mit der Geschichte hin möchte. Es gibt kaum Einblicke in die familiären Beziehungen, vielmehr lesen wir hauptsächlich von Cemal, der im Selbstmitleid versinkt. Zwischendrin wechselt die Perspektive zu Cemals Urgroßmutter, die sich an an ein vormaliges Leben erinnert und sich nun stark auf ihre Tochter fixiert. Hier fehlte es mir völlig am Zusammenhang. Warum wird dieser Handlungsstrang erzählt? Was hat das Ganze mit Cemal zu tun?
Was mich wirklich sehr stört, ist die Darstellung von "den rassistischen Deutschen". Diese stereotype Zeichnung fördert ebenso Vorurteile und spaltet unsere Gesellschaft (und das schreibe ich als eine Person, die selber einen sogenannten "Migrationshintergrund" hat!).

Es ist schade, dass das Potential der Geschichte nicht genutzt wurde. Das Thema Heimat und auch der innere Konflikt rund um Cemals sexuelle Orientierung sind aus meiner Sicht absolut interessante Themen, die zwar angerissen, aber nicht wirklich auserzählt wurden. Ich empfinde die Handlung als sehr zäh und langatmig.

Ein Lob möchte ich dennoch aussprechen: Die Autorin hat eine wunderbare Sprache! In ihren Sätzen liegt etwas sehr melancholisches und zartes, was ich sehr mag.

Bewertung vom 22.02.2024
Leuchtfeuer
Shapiro, Dani

Leuchtfeuer


ausgezeichnet

Berührende Familiengeschichte

Mit dem Roman "Leuchtfeuer" von Dani Shapiro habe ich mein erstes Highlight im Jahr 2024 gefunden. Es ist ein Buch, das ruhig erzählt ist, tief in die Seele seiner Protagonist:innen blicken lässt und mich auf ganz besondere Weise berührt hat.

Zunächst lernen wir die Familie Wilf kennen, deren Leben sich mit einem einzigen Fehltritt grundlegend ändert. Denn die Kinder Theo und Sarah verursachen einen Autounfall, bei dem ein befreundetes Mädchen sein Leben verliert. Die Familie schweigt fortan über den Unfall und doch schwebt er über die vielen Jahre hinweg immer weiter wie eine dunkle Wolke über den Köpfen der Familie Wilf. In einem zweiten Handlungsstrang lernen wir den kleinen Nachbarsjungen Waldo kennen, der auf besondere Weise mit Benjamin Wilf, dem Vater von Theo und Sarah, verbunden ist. Waldo ist anders als andere Jungen, er verliert sich in der Astrophysik und durchlebt eine schwierige Beziehung zu seinem Vater.

Dani Shapiro erzählt die miteinander verwobene Geschichte der beiden Familien über mehrere Jahrzehnte hinweg und geht dabei nicht chronologisch vor, sondern springt immer wieder in den Zeitebenen. Dabei wechselt sie auch die Erzählperspektiven. Das mag verwirrend klingen, aber Dani Shapiro ist diese besondere Erzählstruktur herausragend gelungen! An keiner Stelle hatte ich das Gefühl den Faden zu verlieren, sondern im Gegenteil konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen.

Gleichzeitig bekommen alle Familienmitglieder ihre eigenen Kapitel, sodass ich als Leserin sehr tiefe Einblicke in die Gedanken und Gefühle der einzelnen Personen bekommen habe. Dadurch fühlte ich mich den Familienmitgliedern ausgesprochen nahe und war emotional sehr berührt.

Für mich ist Leuchtfeuer ein Jahreshighlight und ein Herzensbuch. Ich empfehle es unbedingt weiter!