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clematis

Bewertungen

Insgesamt 173 Bewertungen
Bewertung vom 05.01.2025
Allein gegen die Lüge
Finlay, Alex

Allein gegen die Lüge


sehr gut

Schuldlos

Matts Bruder Danny ist zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er seine Highschool-Freundin umgebracht haben soll. Die Familie, allen voran der Vater und Schwester Maggie, sind fest entschlossen, Beweise zu sammeln, um Dannys Schuldlosigkeit zu beweisen. Als einige Jahre später vier Familienmitglieder in Mexiko verunfallen, ist Matt der letzte Mensch, der für Klarheit sorgen kann.
In einem flotten Hin und Her zwischen aktuellem Geschehen und früheren Ereignissen, durchbrochen von True-Crime-Ausschnitten, fließt die Handlung dahin, bevor sie im Mittelteil ein wenig schwerfällig wird und an Spannung verliert. Auch die Gedanken und Gefühle der einzelnen Figuren hätten etwas deutlicher sein können, da bleibt etliches zu sehr an der Oberfläche. Nichtsdestotrotz ist der Aufbau dieses Thrillers gut gelungen und hält viele Überraschungen bereit. Die Idee, eine Familie in den Mittelpunkt zu stellen und ein möglicherweise falsches Urteil, zieht sich als roter Faden durchs Geschehen und verknüpft unterschiedliche Handlungsstränge zu einem logischen Ganzen.
Ein Thriller, der mich durchwegs gut unterhalten hat und den ich daher gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 04.01.2025
Das Inselhaus
Hansen, Jette

Das Inselhaus


gut

Anne Kramer

Anne Kramer muss mit dem Unfalltod ihrer Eltern erst fertig werden und erfährt plötzlich, dass sie ein Haus auf Amrum erbt. Abgesehen davon, dass sie von diesem Besitz ihrer verunglückten Eltern nichts weiß, lebt dort eine ihr unbekannte Frau, die nicht einmal Miete zahlt. Welche Rätsel hält diese Geschichte für Anne bereit, die auf der schönen Nordseeinsel wieder ein Stück weit zu sich findet und auch noch den charmanten Ben kennenlernt?

Ein sympathisches Konzept liegt diesem Roman zugrunde, eine idyllische Kulisse begleitet Anne und die Leser. Verschiedenste Probleme werden von der Autorin aufgegriffen und in die Handlung eingebettet, interessante Ansätze glimmen immer wieder auf, dazu ein gut gehütetes Geheimnis und eine zarte Romanze. Leider will der Funke nicht so recht überspringen, einiges ist vorhersehbar, manches unrealistisch, es fehlt an Tiefe und spürbaren Empfindungen.

Fazit: ein Roman für behagliche Stunden, der eher an der Oberfläche bleibt, aber dennoch einige liebenswerte Figuren und deren positive Entwicklung vorstellt.

Bewertung vom 03.01.2025
Staffellauf
Zelter, Joachim

Staffellauf


gut

Prägung

Eine junge Frau malt, bekommt mit einem skurrilen Nebensatz einen Heiratsantrag und bald darauf drei Kinder. Ihr fröhliches Wesen weicht einer Depression, bevor im zweiten Teil des Buches der älteste Sohn in den Mittelpunkt rückt.

Von Episode zu Episode springend erzählt sich Joachim Zelter durch diesen Roman, was davon autobiografisch ist und was Fiktion, das darf sich der Leser selbst zusammenreimen. Treffend in seiner Wortwahl, scharfzüngig und pointiert reiht sich ein Bild ans andere, wechseln die Themen scheinbar zusammenhanglos und verschwimmen in Gefühlen und Gedanken. Warum stimmt die Frau der Heirat zu, wie weit prägt das Verhalten der Eltern die drei Kinder? Weshalb flüchtet sich der Sohn in Lügen, oder sind es derer gar keine? Fragen über Fragen wirft der Autor auf, schildert Irrwege auf Schienen und Sackgassen im Berufsleben, schwirrt hin und her zwischen Fehlentwicklungen und flüchtig getroffenen Entscheidungen. Zeitweilig ist es schwierig, den roten Faden nicht aus den Augen zu verlieren, dann wiederum spiegeln sich Sohn und Mutter ineinander wider. Kunst ist ein zentrales Thema, prägt die Menschen in der Geschichte, wertvoll und vergänglich, so wie jeder Moment im Leben kostbar und zerbrechlich ist.

Wie kostbar dieses Büchlein ist, muss jeder selbst beurteilen, trotz der gewaltigen Eindrücke bleibe ich ein wenig ratlos zurück ob der Vielfalt an angerissenen Themen.

Bewertung vom 02.01.2025
Die Tochter des Roten Hauses (eBook, ePUB)
Hallward, Natalie

Die Tochter des Roten Hauses (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Allein

Nachdem sich Annes Mann zu Tode gesoffen hat und der Mönch Laurin aus dem Kloster Laach vertrieben worden ist, ziehen die beiden durch das Eifelland. Wir schreiben das Jahr 1803, die Franzosen belagern das linke Rheinufer, wir begegnen dem berüchtigten Johannes Bückler, alias Schinderhannes, der begabten Schriftstellerin Sophie von La Roche, Großmutter von Clemens von Brentano und weiteren historisch verbürgten Personen, während wir Anne begleiten auf ihrem steinigen Weg, den sie häufig allein bewältigen muss.

Eingebettet in einen so einfachen wie raffinierten Rahmen erfahren wir als Leser die aufreibende Geschichte einer mittlerweile gut vierzigjährigen Frau, die sich in einer rauen, von Männern dominierten Welt durchsetzen muss. Als ihr Begleiter, der Mönch, ermordet wird, sinnt sie auf Rache, aber kann sie dies mit ihrem Innersten vereinbaren?

In drei große Abschnitte gegliedert, stellt Natalie Hallward Annes Geschichte dar und beleuchtet treffend und bestens recherchiert die gesellschaftspolitische Lage in der Hocheifel. Ohne je dozierend daherzukommen, fließt viel Zeitgeschichtliches ins Geschehen mit ein und ermöglicht Einblicke ins Leben des beginnenden 19. Jahrhunderts. Anfangs hätte ich mir eine straffere Handlung gewünscht, die Ereignisse werden erst im Laufe der Zeit spannender und aufwühlender. Andererseits überzeugen gerade die Ruhe und Detailgenauigkeit im Schreibstil, sodass die Jahre mit Anne überaus authentisch und glaubwürdig erscheinen. Die zarte Liebesromanze am Rande passt gut dazu, ohne sich in den Vordergrund zu drängen, im Gegenteil, streicht sie Annes Dilemma noch deutlicher hervor.

Ein Roman, welcher durch gezielte Recherche punktet und ohne gefühlsduseliges Beiwerk die Realität beim Namen nennt. Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.01.2025
Stumme Knochen
White, Loreth Anne

Stumme Knochen


ausgezeichnet

Marienkapelle

Unter dem Fundament einer kleinen Marienkapelle in Kanadas Bergen werden menschliche Überreste gefunden. Handelt es sich bei dem Skelett um Annalise Jansen, die vor mehr als fünfzig Jahren spurlos verschwunden ist? Und was sagen die Mitglieder aus ihrer ehemaligen Clique zu dem Fund? Spannende Fragen, allerlei Theorien – welche Geschichte erzählen die verbliebenen Knochen? Detective Jane Munro und Anthropologin Ella Quinn ermitteln.

Loreth Anne White erzählt diesen Thriller aus unterschiedlichen Blickwinkeln, lässt Ermittler und Angehörige zu Wort kommen und gibt auch dem Freundeskreis aus den 1960er-Jahren eine Stimme. Die Atmosphäre in den Bergen und am dunklen See ist gekonnt eingefangen, um eine düstere Stimmung zu schaffen und die Verdachtsmomente auf unterschiedlichste Personen zu lenken, plausible Motive gibt es ebenfalls. Das Erzähltempo ist hoch, die Handlung abwechslungsreich und fesselnd. Dazwischen spielt auch Janes persönliches Trauma eine Rolle, der Lebensgefährte von Detective Muro gilt nämlich seit etlichen Monaten als vermisst. Langsam wird aufgedröselt, was am Tag von Annalises Verschwinden passiert ist, ungeahnte Wendungen steigern die Spannung und führen zu einer anderen – logischen – Auflösung als erwartet.

Ein Thriller ohne rohe, blutige Gewalt, der aber dennoch – besonders am Ende – unter die Haut geht und für beste Lesestunden sorgt. Empfehlung!

Bewertung vom 31.12.2024
Zu Früh
Schäfer, Frank

Zu Früh


ausgezeichnet

Blitzlichter

Heike und Frank, ein junges Paar, eine Schwangerschaft, Woche 29+2, Komplikationen – acht bange Wochen in der Intensivstation.

Prägnant und pointiert, stets seine Gedanken auf den Punkt gebracht, so schildert Frank Schäfer die Momente, welche er hier - einem Tagebuch gleich - festhält. Anfangs geht es zeitmäßig im Zickzack hin und her zwischen einzelnen Episoden und Bildern. Dann verbringt die junge Familie viel Zeit in der Frühchenabteilung und schwankt zwischen gedankenlosen Sätzen wie „ab Woche 30 bringen wir sie alle durch“ und hoffnungsvollem Aufatmen, wenn das 1500 Gramm leichte Menschlein eine Stunde außerhalb des Inkubators durchhält. Sehr persönlich, sehr nahegehend, sehr gefühlvoll. Frank Schäfer lenkt Blitzlichter auf eine extrem emotionale Zeit des (seines?) Lebens und nimmt den Leser mit auf eine abenteuerliche Reise mit einem Frühchen.

Ein ausdrucksstarker Roman mit überaus vertraulichen Einblicken in ganz persönliche Daseinsmomente. Uneingeschränkte Leseempfehlung!

Bewertung vom 30.12.2024
Pleasure and Pain - Fessle mein Herz (eBook, ePUB)
Rosen, Liz

Pleasure and Pain - Fessle mein Herz (eBook, ePUB)


sehr gut

Vertrauen

Violet Santos schreibt als Journalistin für ein Magazin, das jedoch immer mehr an Lesern verliert. Damit die Druckausgabe nicht gänzlich geopfert werden muss, soll sich Violet im örtlichen BDSM-Club Plaisure and Pain einschleusen und eine Enthüllungsstory vorbereiten. Dabei rechnet sie nicht damit, dort ihrem ehemaligen Liebhaber gegenüberzustehen, der mittlerweile Miteigentümer des Clubs ist. Wie weit wird Violet gehen, um ihren Arbeitsplatz abzusichern? Gibt es noch Vertrauen zwischen ihr und Elijah?

Spannend ist die Rahmenhandlung, welche die Episoden im Club umgibt und Violet in einen Gewissenskonflikt treibt. Dieser wird von Liz Rosen gut dargestellt und vor allem blendend aufgelöst. Dazwischen erhält der Leser Einblicke in das Geschehen im BDSM-Club, wo es sehr familiär zugeht und die Mitglieder geschützt sind vor Allgemeinplätzen und Vorurteilen. Toleranz und Vertrauen bilden die Basis für die Vorlieben, die hier gelebt werden, was die Autorin auch immer wieder betont. Ob die Schilderungen authentisch und realistisch sind, mag ich nicht zu beurteilen, vielleicht gibt es zu viele Wiederholungen, jedenfalls fügen sie sich passend ins Geschehen, welches abwechselnd aus Violets und Elijahs Sicht präsentiert wird.

Eine etwas andere Geschichte mit einer sehr klaren Charakterentwicklung, durchaus interessant.

Bewertung vom 30.12.2024
Weihnachtswunder im Hotel Mistelzweig (eBook, ePUB)
Wolkenstein, Julia

Weihnachtswunder im Hotel Mistelzweig (eBook, ePUB)


sehr gut

Mistel und Zweig

Ruth Mistel führt ein kleines familiäres Hotel in Rothenburg, ihre Enkelin Amelie Zweig arbeitet als Angestellte in einem Münchner Nobelhaus. Nach einer unangenehmen Überraschung kehrt sie in ihr Heimatstädtchen zurück und muss feststellen, dass die Oma hoch verschuldet ist. Wenn nicht rasch neue Gäste kommen, muss das Familienhotel schließen. Als Ruth eine Buchung auf den Namen Georg Scott entdeckt, wird sie stutzig – ist das etwa der Georg aus ihrer Jugendzeit?

Romantische Szenen und liebevoll charakterisierte Figuren begegnen dem Leser in dieser zauberhaften Weihnachtsgeschichte, die uns ins Hotelgewerbe und auf allerlei Christkindlmärkte entführt. Auch wenn sich ein paar kleine Unstimmigkeiten ins Geschehen geschlichen haben, darf man sich erfreuen an der schneeglitzernden Winterzeit und an herzerwärmenden Bildern, die Vorfreude auf die Festtage aufkommen lassen. Wolkensteins Schreibstil fließt angenehm dahin und kreiert genau den richtigen Mix aus alten Erinnerungen, aktuellen Schwierigkeiten und einer gelungenen Auflösung bis hin zum Weihnachtsfest. So kann man sich ruhig zurücklehnen und genießen.

Ein Roman, der größtenteils hält, was er verspricht und für unterhaltsame Stunden sorgt. Leseempfehlung, wenn man unkomplizierte Zeit zum Abschalten sucht.

Bewertung vom 29.12.2024
Das zweite Kind (eBook, ePUB)
de Franchi, Marco

Das zweite Kind (eBook, ePUB)


gut

Unbeirrt

Ein nackter Zehnjähriger wird verstört am Straßenrand aufgegriffen, nur knapp konnte er seinem Entführer entkommen. Ein weiterer Bub, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, wird noch vermisst. Valentina Medici vom SCO (Zentraler Operationsdienst der Staatspolizei) soll den Fall rasch klären und zu einem Abschluss bringen, aber das ist gar nicht so einfach, denn sie findet irgendwann Spuren zu Cold Cases, denen sie trotz gegenteiliger Anweisungen unbeirrt folgt.

Spannend beginnt dieser Thriller, der seine Leser mit den zwillingsgleichen verschwundenen Buben rasch in seinen Bann zieht. Dann schließen sich jedoch langwierige Ermittlungen an, die zwar überaus authentisch dargestellt werden – schließlich kann der Autor auf jahrzehntelange eigene Erfahrung zurückgreifen – den Sog hingegen immer wieder schwinden lassen. In der Mitte des Buches scheint alles geklärt zu sein, die Sachlage wird von Valentina jedoch neu eingeschätzt, um den Fall abermals aufzurollen. Auch diese Richtung ist grundsätzlich interessant und bietet einen brisanten Hintergrund, der Weg zur Aufklärung gestaltet sich allerdings steinig und langwierig. Viele Figuren sorgen für Überraschungen und zeigen, wie anspruchsvoll die Tätigkeit der Kommissare ist, für den Leser ist das mitunter verwirrend und langatmig. Auch die Hauptpersonen selbst sind zwar mit Ecken und Kanten ausgestattet, ein lebendiges Profil, das einem dauerhaft im Gedächtnis bleibt, zeigen sie aber eher nicht. Dennoch kreiert De Franchi einen ganz speziellen Fall, der logisch aufgebaut ist und schlussendlich ein passendes Ergebnis präsentiert.

Das zweite Kind entwickelt sich in eine ganz andere Richtung als von mir ursprünglich erwartet, aufwendige Ermittlungen verlangen auch vom Leser Ausdauer und Geduld, wobei die geschilderten Motive und Handlungen durchaus spannend sind. Somit eine Empfehlung für Krimi/Thriller-Freunde, die sich auch von knapp 700 Seiten nicht abschrecken lassen.

Bewertung vom 26.12.2024
Die Sehnsucht, die bleibt
Lange, Kerstin

Die Sehnsucht, die bleibt


sehr gut

Neue Heimat

Auch im Jahre 1953 sind in Wien noch viele Kinder unterernährt und kränklich, weshalb die Caritas die schwächsten unter ihnen für einige Monate in die Schweiz oder nach Portugal zur Erholung verschickt. Reni stammt aus einer ärmlichen Familie, in der es kaum Platz gibt für Geborgenheit, aber in Lissabon findet sie Liebe und Vertrauen bei den reichen Figueiros. Hier scheint es an nichts zu mangeln, Kleidung, Essen, Bildung und Herzenswärme erfährt die kleine blonde Reni hier und sieht in der fremden Stadt bald eine neue Heimat. Durch Schwierigkeiten in der eigenen Familie wird Reni hin- und hergerissen zwischen Wien und Lissabon, das eigene Glück rückt immer weiter in die Ferne.

Verena, von allen nur liebevoll Reni genannt, muss früh erwachsen werden und blüht erst in der Fremde so richtig auf. Durch ihre rasche Auffassungsgabe lernt sie schnell die Landessprache und fügt sich ins gewohnte Leben der Portugiesen ein, nur die politischen Hintergründe des Salazar-Regimes und die deutlichen Standesunterschiede übersteigen noch das Fassungsvermögen des Schulkindes. Mit dieser sympathischen Romanfigur darf der Leser nun eintauchen in die beiden ganz unterschiedlichen Welten Wiens und Lissabons und die Zeit ab 1953 ganz nah miterleben. Viele Schicksalsschläge sind zu ertragen, ein wenig politischer Hintergrund erörtert die damalige Lage und fördert beim Leser das Verständnis für die handelnden Personen. Reni selbst wirkt manchmal etwas überzeichnet oder es werden ihr Worte in den Mund gelegt, die für mich nicht ganz passend waren, dennoch hat mich ihr Weg sehr berührt und ihre Art, gleich einem Stehaufmännchen, nicht unterzugehen, findet am Ende doch noch einen würdigen und schönen Abschluss.

Ohne jeglichen Kitsch oder Gefühlsduselei erleben wir in dieser Geschichte ein kleines Mädchen, das sich im Laufe der Zeit zu einer willensstarken Frau entwickelt und erst in der Fremde auch wirklich zu sich selbst findet. Leseempfehlung!