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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1369 Bewertungen
Bewertung vom 25.04.2021
Das Nachtfräuleinspiel
Jonuleit, Anja

Das Nachtfräuleinspiel


ausgezeichnet

Nichts bleibt ungesühnt...
1986 Schwäbische Alb. Die 16-jährige Annamaria, die nach dem Tod ihrer Eltern bei einer lieblosen und ständig unter Alkoholeinfluss stehenden Pflegemutter einquartiert wurde, wird der Faschingsdonnerstag zu einem Alptraum, der ihr Leben nachhaltig verändert. Niemand, dem sie von den Ereignissen berichtet, schenkt ihr Glauben. Doch dann gibt es einen Hoffnungsstreif am Himmel, denn Annamaria kommt als Au-Pair in die Familie der anerkannten Erziehungsexpertin Liane van der Berg, die selbst fünf Kinder hat. Hier sollte es Annamaria mit ihrer Tochter Stella eigentlich gutgehen, doch je länger sie dort ist, umso mehr muss Annamaria feststellen, dass nach außen alles nur Fassade ist…
2017. Liane leitet eine erfolgreiche Fernsehshow, in der sie schon 10 Jahre lang die Deutsche Nation mit ihren Kindererziehungstipps unterhält. Die Jubiläumsshow soll etwas Besonderes werden, doch dann wird Liane von der Vergangenheit eingeholt…
Anja Jonuleit hat mit „Das Nachtfräuleinspiel“ einen facettenreichen und bewegenden Roman vorgelegt, der sich nicht mit den Erziehungsmethoden der späten 70er Jahre auseinandersetzt, sondern auch mit einer spannenden Handlung überzeugen kann und den Leser durch eine wahre Achterbahn der Gefühle jagt. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil lässt den Leser über zwei Zeitebenen zwei starke Frauen und deren Schicksal kennenlernen, die recht nahe gehen und gleichzeitig Schauer über den Rücken jagen. Jonuleit hat ihre Handlung perfekt konstruiert, denn sie lässt den Leser abwechselnd zwischen den Jahren 1986 und 2017 hin- und herspringen, um zum einen Annamarias Erlebnisse zu erfahren, zum anderen die Gegenwart von Liane mitzuerleben, deren Leben durch ihre eigene Tun in der Vergangenheit maßgeblich durcheinandergerüttelt wird. Über einen Zeitraum von 50 Jahren mit Intermezzos in den 70er und 80er Jahren bekommt der Leser nicht nur einen Einblick in die Hippiezeit, Drogenkonsum, freie Liebe und das Kommunenleben, sondern auch in das fragwürdige Brauchtum der schwäbischen Fastnacht. Die Kapitel werden jeweils durch ein Kinderspiel, dem „Nachtfräuleinspiel“ eingeleitet, was perfekt zur erzählten Geschichte passt und die düstere, spannungsgeladene Atmosphäre gut wiederspiegelt. Erschreckend ist die Erkenntnis allerdings, dass es in der heutigen Zeit viele Menschen wie Liane gibt, die skrupellos, manipulativ und ohne Rücksicht auf Verluste ihr Leben-(sglück) auf dem Rücken anderer aufbaut und meint, damit dauerhaft durchzukommen. Nur Geduldige werden belohnt, denn die Strafe folgt tatsächlich meist nicht auf dem Fuße, doch sie folgt irgendwann unverhofft und dafür so überraschender.
Die Charaktere sind sehr detailliert und differenziert ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt. Der Leser kann seine Sympathien gerecht verteilen, heftet sich an die Fersen der Protagonisten und bekommt eine Geschichte geboten, die ihn mitfühlen, mitschaudern und vor allem mithoffen lässt. Annamaria wurde vom Schicksal bereits genug gebeutelt, trotzdem gibt sie nicht auf bei der Suche auf ein glückliches Leben. Sie ist freundlich, liebenswürdig und hat das Herz am rechten Fleck. Liane ist eine egozentrische Frau, die alles unter Kontrolle haben will, alles besser weiß und mit viel Augenwischerei ihre Umwelt manipuliert und in eine Ecke drängt, aus der sie als Retterin in der Not hervorgeht, was ihr letztendlich den Hals brechen wird. Carl genießt es, von Liane angebetet und hofiert zu werden. Er ist ein Egoist par excellence, dessen Welt sich hauptsächlich u sich selbst dreht.
„Das Nachtfräuleinspiel“ ist ein Buch für zwischendurch, sondern ein tiefgründiger und anspruchsvoller Roman, der den Leser durch Höhen und Tiefen schickt, während die Dramatik immer mehr Fahrt aufnimmt. Am Ende ist man erst einmal sprachlos und denkt noch tagelang darüber nach. Absolutes Meisterstück von Jonuleit mit verdienter Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2021
Der Eissalon
Jonas, Anna

Der Eissalon


sehr gut

"Like ice in the sunshine..." (Beagle Musik Ltd.)
1957 Bonn. Die aus gutsituiertem Hause stammende 23-jährige Karina von Oedinghof hat sich einen ziemlichen Faux pas geleistet, als sie sich auf eine Affäre mit ihrem Lehrer einließ. Jetzt steht sie ohne Abschluss der Restaurantfachschule auf der Straße und muss sehen, wo sie bleibt. Ohne ihre Eltern über den Vorfall zu informieren, findet sie bei Kriegswitwe Erika ein Zimmer zur Untermiete, wo auch der Italiener Ricardo untergekommen ist und mit dem sie sich schon bald ein Gefecht liefert. Während Karina sich schnell in Ricardo verliebt, hat der nur seinen Traum vom eigenen Eissalon im Kopf. Um Ricardo näher zu kommen, unterstützt Karina seine Pläne, steuert sogar Ideen sowie Startkapital bei. Die Dinge nehmen Formen an, und alles könnte so schön sein, doch dann taucht plötzlich Karinas Vater auf und auch Ricardo hat noch eine Schlacht in Bezug auf seine Vergangenheit zu schlagen…
Anna Jonas hat mit „Der Eissalon“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der dem Leser den Zeitgeist der 50er Jahre wunderbar näher bringt, während er sich gemeinsam mit Karina und Ricardo ins Eisgeschäft wagt. Der flüssige, bildhafte und einnehmende Erzählstil katapultiert den Leser zurück in die Mitte des letzten Jahrhunderts, wo er sich plötzlich in alten gesellschaftlichen Strukturen wiederfindet, in denen die Frauenrolle klar als Hausfrau und Mutter definiert und Emanzipation noch ein Fremdwort war. Als unsichtbarer Schatten folgt der Leser der recht unkonventionellen Karina, die sich über die Ungerechtigkeit ärgert, sie als leichtes Mädchen abzustempeln und zum Verlassen der Schule zwingt, während der Lehrer mit einem blauen Auge davon kommt. In ihrer Vermieterin Erika findet sie nicht nur eine Freundin, sondern neben einem Zuhause macht sie auch noch die Bekanntschaft von Ricardo, mit dem sie schon bald einige Gemeinsamkeiten hat und Zukunftspläne in ihr wachsen lassen. Die Autorin fängt mit schön gezeichneten Bildern die damalige Zeit ein, lässt den Leser nicht nur die aufstrebenden Träume und Ziele der Menschen 12 Jahre nach Ende des Krieges miterleben, sondern bietet ihm auch Schicksale unterschiedlicher Protagonisten an, von denen jeder für sich mit Vorurteilen der Gesellschaft zu kämpfen hat.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, glaubwürdige menschliche Eigenschaften machen es dem Leser leicht, sich ihnen anzuschließen und ihnen bei ihren Unternehmungen über die Schulter zu sehen. Karina ist eine verwöhnte Tochter aus reichem Hause, die sich keine Grenzen aufzeigen lassen und ihr eigenes Ding durchziehen will. Sie ist mutig, etwas stur, dafür aber eine ehrliche Haut, die versucht, sich der Bevormundung ihrer Familie endlich zu entziehen. Ricardo wirkt auf den ersten Blick wie der typische italienische Macho, doch er besitzt Herz, Mut und vor allem Ideenreichtum, um mit seinen Eiskreationen die Menschen zu verzücken. Erika ist eine Kriegswitwe, die sich durch die Untervermietung etwas für ihren Lebensunterhalt verdient. Sie ist warmherzig, fürsorglich und bietet ihren Mietern Familienanschluss. Dabei hat sie es selbst nicht leicht und hat unter Vorurteilen der Gesellschaft zu leiden. Aber auch Karinas Eltern sowie Franziska prägen mit ihren Auftritten diese Geschichte.
„Der Eissalon“ ist zwar eine vorhersehbare Geschichte, bietet jedoch mit der passenden musikalischen Untermalung sowie Liebe, Familie und 50er Jahre-Feeling eine kurzweilige und unterhaltsame Auszeit vom Alltag. Verdiente Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2021
Zeit für Träume / Senfblütensaga Bd.1
Langenbach, Clara

Zeit für Träume / Senfblütensaga Bd.1


ausgezeichnet

Fesselnder historischer Schmöker mit Kopfkinogarantie
1908 Metz. Die aus einfachen Verhältnissen stammende Emma Bergmann hofft darauf, an der Straßburger Universität Jura studieren zu können, da diese endlich auch Frauen zulässt. Ihre Eltern dagegen wünschen sich, dass sie eine gute Ehefrau und Mutter abgibt und lassen nichts unversucht, für sie eine Ehe mit Carl Seidel, den Erben eines gutsituierten Fuhrunternehmers, zu arrangieren, damit auch die Familie zukünftig abgesichert ist. Carl und Emma fühlen sich schon beim Kennenlernen zueinander hingezogen und verlieben sich bald. Carl hat den Traum einer eigenen Senffabrik, liebt er doch die Welt der Düfte und Aromen, die er auch Emma schnell näher bringt. Emma ist von seinem Mut und Ideenreichtum begeistert und steht ihm unterstützend zur Seite, denn die beiden müssen so manchen Kampf gegen die eigenen Familien aufnehmen, die ihren Kindern deren Zukunft aufzwingen wollen. Und dann ist da noch Carls bester Freund Antoine, der Emmas Herz ebenfalls höher schlagen lässt…
Clara Langenbach hat mit „Zeit für Träume“ den Auftaktband ihrer historischen Senfblüten-Trilogie vorgelegt, der den Leser mit einer spannenden und sehr unterhaltsamen Geschichte von Beginn an zu faszinieren weiß und Hoffnung weckt auf die Anschlussromane. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil den Leser durch die Zeit reisen, um sich im Elsass-Lothringen zu Beginn des 20. Jahrhunderts niederzulassen und Emma Lebensweg kennenzulernen. Die Autorin hat ihre Handlung mit gut recherchiertem geschichtlichem Hintergrund verknüpft, die dem Leser neben einer interessanten und fesselnden (Liebes-)Geschichte auch die damalige Stimmung gut zu vermitteln wissen. Es ist die Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg, die Rolle der Frau ist immer noch in einem Korsett der gesellschaftlichen Normen und gerade erst gewähren Universitäten den ersten Frauen Zutritt zum Studium. Ihre Möglichkeiten sind begrenzt, denn die verkrusteten alten Strukturen lösen sich nur mühsam und sehr langsam auf. Emma, die sich ein Studium wünscht, bekommt von Seiten ihrer Eltern Unverständnis und Gegenwind. Aber auch Carl ist in einer Zwickmühle: auserkoren, den Familienbetrieb zu übernehmen, will er doch etwas ganz anderes eigenes aufbauen und stemmt sich gegen die Wünsche seiner Familie. Die Autorin hat nicht nur diese Kämpfe gegen die Vorstellungen anderer sehr gut herausgestellt, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen ihrer Protagonisten, so dass der Spannungsbogen durchgehend erhalten bleibt.
Die Charaktere sind liebevoll und detailreich mit realistischen Ecken und Kanten ausgestaltet. Sie wirken glaubwürdig und authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich ihnen anzunähern, ihren Unternehmungen zu folgen und mit ihnen zu fiebern. Emma ist eine recht selbstbewusste, impulsive und kämpferische junge Frau. Sie wirkt allerdings oftmals noch sehr naiv und unbedarft, eher wie eine Träumerin, die mit aller Macht mit dem Kopf durch die Wand will. Carl ist ein sympathischer Mann mit Prinzipien, der seinen Traum wahrmachen will. Dafür nimmt er so manches Hindernis in Kauf, denen er sich mutig entgegenstellt. Antoine hat etwas Geheimnisvolles, aber auch Irritierendes an sich, was den Leser immer wieder zwischen Sympathie und Antipathie schwanken lässt. Aber auch die Eltern von Emma und Carl spielen wichtige Rollen in dieser Geschichte und treiben dadurch die Spannung in die Höhe.
„Zeit für Träume“ ist ein fesselnder Roman, der den Leser durchgängig mit gut recherchiertem historischem Hintergrund, Familiengeschichten, Liebe, Spannung und farbenfrohem Kopfkino zu unterhalten weiß. Absolute Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2021
Grenzgängerin aus Liebe
Lind, Hera

Grenzgängerin aus Liebe


sehr gut

"Es ist die Wahl, nicht der Zufall, der Dein Schicksal bestimmt." (Jean Nidetch)
Die 21-jährige Sophie Becker lebt in Weimar und ist nun die Geliebte des 15 Jahre älteren verheirateten DDR-Funktionärs Karsten Brettschneider, den sie bei einem Tanzabend kennengelernt hat. In ihrem Urlaub an Bulgariens Goldstrand trifft Sophie auf Hermann, der aus Westdeutschland kommt und ihr schon bald Avancen macht, die Sophie nicht nur schmeicheln, sondern auch einiges an Gefühlen in ihr hervorrufen. Sophie steht auf einmal zwischen den Stühlen und stellt mutig einen Ausreiseantrag, der sie zu Hermann in den Westen bringen soll. Als sie in Bielefeld am Bahnhof ankommt, wird sie allerdings von Hermanns Eltern, die ein Hotel führen, in Empfang genommen, denn er selbst hat beruflich im Ausland zu tun. Sophie fühlt sich schon bald nicht mehr wohl, vermisst ihre Heimat Weimar und vor allem Karsten, der sie weiterhin umwirbt und ihr eine Rückkehr zu ihm nahelegt. So beschließt Sophie, Westdeutschland den Rücken zu kehren und zurück in den Osten zu gehen, was für sie nicht ohne Folgen bleibt…
Hera Lind hat mit „Grenzgängerin aus Liebe“ einen unterhaltsamen und gleichsam spannenden Roman vorgelegt, in dem sie sich erneut einem wahren Schicksal zugewandt hat. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser mit in die Deutsch-Deutsche Vergangenheit, wo er Sophie kennenlernt, die sich nicht nur im Widerstreit mit ihren Gefühlen befindet, sondern auch durch die Hölle gehen muss. Die Handlung wird aus der Sicht von Sophie erzählt, so dass man als Leser das Gefühl hat, mit ihr an einem Tisch zu sitzen und atemlos ihrer Geschichte zu lauschen. Der Handlungszeitraum erstreckt sich von 1974 bis 2020 und lässt den Leser nicht nur gemeinsam mit Sophie die gesamte Klaviatur des Gefühlsbarometers erleben, sondern durch den von der Autorin akribisch recherchierten und mit der Geschichte verwebten Hintergrund bekommt er auch einen Einblick in die menschenverachtenden Methoden, die damals in der DDR angewandt wurden, um Menschen gefügig zu machen oder zu bestrafen. Einerseits ist es gut nachvollziehbar, dass Sophie sich nach einem Leben in Freiheit sehnt, auch ihr Heimweh ist verständlich, doch ihre Entscheidung, in die DDR zurückzugehen ruft nur ein Kopfschütteln hervor, zumal ihr schon bei den Schwierigkeiten für die Antragstellung der Ausreise klar gewesen sein muss, was ein Weg zurück für sie bedeuten muss. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen einen Weg aus dem Osten gesucht haben, kann man Sophies Beweggründe umso weniger verstehen.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Mit ihren glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten wirken sie authentisch und geben dem Leser die Möglichkeit sich an ihre Fersen zu heften und ihr Schicksal hautnah mitzuerleben. Sophie ist eine junge Frau, die noch an Liebe und Freiheit glaubt. Sie ist nicht nur sehr naiv, sondern in ihren Entscheidungen auch recht wankelmütig, gibt zu schnell auf und muss dann durch eine harte Schule, bei der sie erwachsen wird. Hermann erweist sich als freundlicher und ehrlicher Mann, der alles für Sophie tun würde. Karsten ist regimetreu und denkt nur an seinen eigenen Vorteil, das Schicksal der anderen ist ihm egal. Aber auch Sophies Schwester nebst Ehemann sind aus einem harten Holz geschnitzt.
„Grenzgängerin aus Liebe“ ist eine spannende und gefühlvolle Geschichte anhand einer wahren Biografie, die nicht nur eine Zeitreise ins letzte Jahrhundert erlaubt, sondern auch das geteilte Deutschland gut von beiden Seiten aufgreift. Alle, die gern Schicksalsromane lesen, werden hier gut unterhalten. Verdiente Leseempfehlung!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.04.2021
Ewig Zweiter
Nicholls, David

Ewig Zweiter


sehr gut

Aufgeben ist keine Option
Der abgehalfterte unbekannte Schauspieler Stephen McQueen hat im Job nicht gerade eine Glückssträhne, denn er endet in den Produktionen meist als Leiche oder Randfigur mit sehr wenig Text. Dabei sind diese Erfahrungen gar nicht so schlecht, lernt er doch so einiges, das gerade für sein Umfeld ganz nützlich ist. Aber er wünscht sich nichts mehr als Erfolg, Ruhm und Ehre, die leider auf sich warten lassen. Als Zweitbesetzung des bekannten Schauspielers Josh Harper wartet er am Theater unermüdlich auf seinen Einsatz, sollte Harper doch mal ausfallen. Bis jetzt lässt das allerdings auf sich warten, dafür begegnet ihm in Josh Frau Nora die Liebe…
David Nicholls hat mit „Ewig Zweiter“ nicht nur einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, sondern mit seinem Titel auch noch den Nagel auf den Kopf getroffen. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser in die Welt des Theaters ein, wo er eine Weile als Stephens unsichtbarer Begleiter fungiert und dessen Leben kennenlernt. Das Buch entstammt Nicholls‘ Anfängen, lässt aber sein Talent für spritzige Dialoge und die Mischung aus Komik und Tragik gut hervorblitzen. Auch sein gewähltes Setting am Theater weiß er mit eingestreuten Zitaten und Regieanweisungen zu untermalen, so dass die Geschichte die dort herrschende Aura gut transportiert. Als Leser Stephen zu folgen, ist auf einer Seite etwas deprimierend, andererseits spiegelt es das wirkliche Leben sehr gut wieder und gerade das macht den Reiz der Handlung aus. Stephen spielt immer nur die Notbesetzung oder steht in Parkposition, falls jemand ausfallen sollte. Seine Ex-Frau hat sich einen erfolgreicheren Mann gesucht, dafür liebt ihn seine kleine Tochter Sophie umso mehr. Irgendwie ist er eine tragische Figur, doch lässt er sich nicht unterkriegen und ist als verkappter Optimist fast schon mit dem alten HB-Männchen vergleichbar. Man möchte ihm ständig beistehen, ihn vorwarnen oder zu seinem Glück verhelfen und merkt dabei gar nicht, dass man ihm als Leser immer näher kommt und ihn fast schon wie einen alten Freund betrachtet. Nicholls versteht sich sehr gut darauf, seine Protagonisten mit viel Authentizität und Menschlichkeit auszustatten, so dass sie wie Personen wirken, denen man tagtäglich begegnet. Während man Seite an Seite mit Stephen durch Höhen und Tiefen schreitet, kommt es am Ende doch noch zu einer Überraschung.
Die Charaktere sind lebendig und greifbar gestaltet, mit menschlichen Attributen ausgestattet wissen sie den Leser glaubhaft zu überzeugen, der sich vor allem dem Hauptakteur verbunden fühlt. Stephen ist ein gutmütiger und oftmals naiv wirkender Mann, der noch Wünsche und Träume hat und beharrlich daran festhält. Sein Umfeld hält ihn für einen Verlierer, dem man herumschubsen und ansonsten übersehen kann, doch seine chaotische Art gepaart mit Unsicherheit und einer gewissen Ignoranz machen ihn liebenswert. Tochter Sophie ist sein Lichtblick und lässt ihn an der Hoffnung festhalten, dass auch für ihn das Glück noch kommen wird.
„Ewig Zweiter“ ist eine tragisch-komische Lebensgeschichte, in der sich viele wiedererkennen werden, nämlich all die Träumer, die sich mit dem wahren Leben herumschlagen. Und wer von uns gehört nicht dazu? Verdiente Empfehlung!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.04.2021
Salz im Wind / Der Kaffeegarten Bd.1
Petersen, Anke

Salz im Wind / Der Kaffeegarten Bd.1


sehr gut

Gelungener Auftakt mit Inselflair
1914. Die Schwestern Matei und Elin haben in Keitum auf Sylt beim Kapitäns-Ehepaar Hansen ein gutes Zuhause gefunden, nachdem ihre Eltern bei einer Sturmflut ums Leben kamen. Als Paul Hansen stirbt, haben alle an seinem Tod schwer zu tragen, ebenso schlimm ist allerdings auch, dass keinerlei Geld mehr da ist, da Paul in ein Unternehmen investiert hat, das bankrott ging. Gemeinsam mit Ziehmutter Anna sind sie gezwungen, ihren Lebensunterhalt irgendwie zu bestreiten, deshalb vermieten sie in dem alten Haus Zimmer an Urlauber und Künstler. Die Idee, die Gäste mit eigenen Backleckereien im dafür gestalteten Kaffeegarten zu verwöhnen, erweist sich recht schnell als erfolgreicher Schachzug. Allerdings währt das Glück über die positive Wendung nicht lang, als der Erste Weltkrieg ausbricht…
Anke Petersen hat mit „Der Kaffeegarten-Salz im Wind“ den Auftaktband ihrer neuen Kaffeegarten-Trilogie vorgelegt, die nicht nur einiges an Inselfeeling mitbringt, sondern auch mit einer gefühlvollen Geschichte unterhalten kann. Der flüssige, detaillierte und bildhafte Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins letzte Jahrhundert antreten, um sich dort im Hansen-Haushalt auf Sylt einzunisten und dessen Bewohnerinnen bei ihrem Leben auf Schritt und Tritt zu folgen und ihre jeweilige Gefühls- und Gemütslage schnell zu erfassen. Plötzlich unvermögend sind zündende Ideen gefragt, damit die drei Frauen ein Auskommen haben. Die Einrichtung des Kaffeegartens wird ebenso farbenfroh beschrieben, wie die Sylter Landschaft, die zu Strandspaziergängen einlädt, um sich den Wind um die Nase wehen zu lassen. Die Autorin hat ihre Geschichte nicht nur mit gut recherchiertem historischem Hintergrund versehen, sondern vermittelt dem Leser auch die Feinheiten des Insellebens und der dort verankerten Bewohner. Die Geschichte erstreckt sich über die Jahre 1914 bis 1918 und beinhaltet den Zeitraum des Ersten Weltkrieges, dessen Auswirkungen auch vor den Inselbewohnern nicht Halt machen, denn nicht nur die Gäste bleiben der Insel fern, auch Lebensmittelknappheit sowie der eine oder andere Verlust trifft so manchen. Gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander werden von der Autorin sehr gut in Szene gesetzt und zeigen auf, wie schnell sich ein gutes Blatt in ein schlechtes verwandeln kann.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgestaltet und mit individuellen Ecken und Kanten versehen, die sie dem Leser näher bringen und ein Mitbangen, Mithoffen und Mitfiebern erleichtern. Matei und Elin erscheinen wie eine eingeschworene Einheit, haben sie doch schon in jungen Jahren einen herben Schicksalsschlag verkraften müssen. Matei ist eine sympathische junge Frau, der das Leben einiges abverlangt, doch sie lässt sich nicht unterkriegen, was ihr zusätzlich Stärke verleiht. Elin dagegen wirkt oftmals optimistischer als ihre Schwester, zeitweilig ist sie aber auch noch sehr naiv, was sich im Verlauf der Handlung verwischt. Anna ist eine liebenswerte Frau, die Wärme und Herzlichkeit ausströmt und dem Leben die Stirn bietet. Aber auch die Inselbewohner tragen mit ihrer dialektgefärbten Sprache und ihren Auftritten zur Farbigkeit der Geschichte bei.
„Der Kaffeegarten-Salz im Wind“ ist ein gelungener historischer Trilogie-Auftakt vor bildhaftem Inselsetting, der schon jetzt die Neugier auf den Fortlauf der Geschichte schürt. Sehr kurzweilig und unterhaltsam zu lesen, ist hier eine Leseempfehlung mehr als verdient!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.04.2021
Was wir sehen, wenn wir lieben
Moninger, Kristina

Was wir sehen, wenn wir lieben


ausgezeichnet

Das verlorene Ich
Die Tätowiererin Teresa Kempf möchte ihren alten Jugendschwarm auf eine Kaffee treffen, um gemeinsam in alten Zeiten zu schwelgen. Aber dazu kommt es nicht, denn Teresa erwacht nach einem unglücklichen Sturz im Krankenhaus und kann sich an nichts mehr erinnern außer ihrem letzten Treffen mit Henry Bayer, was allerdings schon fünf Jahre zurückliegt. Teresa versteht nicht, warum sie nun als Galeristin arbeitet und nicht mehr in ihrem Tattoo-Studio und weshalb sie nicht mehr eine Wohnung mit ihrer Schwester teilt, sondern in einem schicken Wohnung, die so gar nicht zu ihr passt. Noch schlimmer: der Typ in ihrer Bleibe ist ihr gänzlich unbekannt. Teresa will ihr Leben zurück, dafür muss sie herausfinden, wer sie eigentlich ist, was in den letzten fünf Jahren geschah und was zwischen ihr und Henry passiert ist, dass er sich so von ihr abgewendet hat…
Kristina Moninger hat mit „Was wir sehen, wenn wir lieben“ einen sehr unterhaltsamen, emotionalen Roman vorgelegt, der den Leser schon mit seinem Prolog sofort in die Seiten saugt und bis zum Ende nicht mehr loslässt. Der flüssig-leichte, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sich schnell an Teresas Fersen heften, wo er gemeinsam mit ihr nach und nach die vergangenen fünf Jahre aufzuarbeiten sucht. Mit wechselnden Perspektiven ermöglicht die Autorin dem Leser, nicht nur Teresas Vergangenheit Stück für Stück kennenzulernen, sondern darf auch Henrys Erlebnisse sowie seine Gedanken- und Gefühlswelt erkunden. Die teilweise unterschiedlichen Sichtweisen ein und derselben Situation sind spannend zu beobachten und wirken nach. Zudem bleibt man als Leser nicht unbeteiligt, denn für beide macht sich Verständnis breit, während man hofft, dass diese zwei Seelen, doch endlich noch zueinander finden. Dabei lässt die Autorin ihre Protagonisten nicht nur Trübsal blasen, sondern streut mit einigem Witz humorvolle Passagen ein, die ernste Situationen gut auflockern. Am spannendsten jedoch ist herauszufinden, wie Teresa sich so völlig verändern konnte, dass ihr gesamtes enges Umfeld sich von ihr abgewandt hat. Allein die Tatsache, dass man ein Teil seines Lebens durch einen Sturz für einige Zeit völlig verloren hat, jagt dem Leser Gänsehaut über dem Rücken, doch bei Teresa sind es gravierende Dinge, die sie anderen entfremdet haben. Die zwischenmenschlichen Beziehungen lässt Moninger wunderbar in ihre Handlung miteinfließen und gibt ihrer Geschichte dadurch etwas Persönliches und Greifbares.
Die Charaktere sind liebevoll und facettiert in Szene gesetzt, ihre glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten wirken authentisch und gestatten dem Leser, ihnen sehr nahe zu kommen, was ein Mitfühlen und –fiebern leicht macht. Teresa ist eine feinfühlige, künstlerische Seele, freundlich, offen und mit einer sensiblen Ader ausgestattet. Gleichzeitig ist sie verwirrt, verunsichert und voller Zweifel, doch besitzt sie ein Kämpferherz, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Henry ist nicht nur ein echter Kumpel, er ist intelligent, hilfsbereit, bodenständig und hat das Herz am rechten Fleck. Schwester Sophie ist für Teresa ein Fels in der Brandung, die geradeheraus sagt, was sie denkt. Aber auch Celine, Carla und einige andere Protagonisten mischen in dieser Handlung kräftig mit.
„Was wir sehen, wenn wir lieben“ ist eine Geschichte, die tatsächlich so passiert sein könnte. Jeder Mensch mit Amnesie steht wohl vor ähnlichen Problemen. Ein Roman voller Liebe, Freundschaft und Familie, vor allem aber eine Suche nach dem eigenen verlorenen Ich. Absolute Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2021
Möwensommer
Römer, Lotte

Möwensommer


gut

Kurzweiliger Inselausflug
Für Floristin Lina ist der Blumenladen „Blühende Fantasie“ auf Norderney Heimat und Berufung zugleich. Sie liebt sowohl die Insel als auch ihre Arbeit, doch richtig vollkommen wäre ihr Glück erst, wenn sie auch den richtigen Mann an ihrer Seite hätte. Bisher ist ihr der allerdings noch nicht über den Weg gelaufen. So verbringt sie die Zeit mit ihren Freundinnen und geht segeln mit Jugendfreund Mattis, den sie heimlich immer noch liebt, obwohl er ihr vor Jahren das Herz gebrochen hat. Doch dann scheint das Schicksal Bent als neuen Standesbeamten auf die Insel zu wehen, der schon bald heftig mit Lina flirtet und in ihrem Magen Schmetterlinge einziehen lässt. Dafür benimmt sich Mattis auf einmal merkwürdig und hat auch immer weniger zu sagen…
Lotte Römer hat mit „Möwensommer“ einen locker-leichten Liebesroman vorgelegt, der den Leser auf die schöne Nordseeinsel Norderney einlädt, um sich dort mit der Geschichte von Lina und der Suche nach dem Glück kurzweilig unterhalten zu lassen. Der flüssige und gefühlsbetonte Erzählstil vermittelt dem Leser schnell das nötige Urlaubs- und Inselfeeling, während er sich unsichtbar an Linas Fersen heftet und sie bei ihren Unternehmungen beobachtet. Die bildhaften Beschreibungen der Insel lassen während der Lektüre vor dem inneren Auge des Lesers Bilder von Sand, Sonne, Möwen und Meer vorbeiziehen und ihn von einem Strandausflug träumen. Lina dagegen träumt eigentlich von Mattis, doch ein Vorfall in der Vergangenheit hat ihr Mattis nur als guten Freund erhalten, was ja auch eine Menge wert ist. Doch Lina träumt von Zweisamkeit und Glück, so dass sie ein williges Opfer ist für jeden neuen Mann, der sich der Insel nähert. Schon zu Beginn weiß der Leser, auf was er sich bei diesem Buch einlässt, denn die Geschichte ist recht vorhersehbar und hält vielleicht einige Überraschungen bereit. Leider ist die Handlung insgesamt doch voller Klischees und dazu platt. Sie gleicht einem Snack, den man mit einem Bissen vernascht. Etwas mehr Witz und Spannung hätte die Geschichte gut vertragen können. Einzig die Papageien haben für einige Stimmung gesorgt.
Die Charaktere sind mit Ecken und Kanten versehen, wirken glaubwürdig und lassen so eine gewisse Annäherung des Lesers zu. Lina hat ein freundliches, offenes Wesen, strahlt allerdings eine gewisse Naivität aus. Mattis ist ein eher zurückhaltender Mann, der viel vor sich hinbrütet und sich auch nicht so schnell aus der Reserve locken lässt. Bent dagegen ist aufgeschlossen, charmant und flirtwillig, was die Inseldamenwelt schnell anzieht.
„Möwensommer“ besticht kurzweilig mit einer Geschichte über Freundschaft, Liebe und Missverständnisse, vor allem aber mit einem schön inszenierten Inselfeeling. Für eine kleine Auszeit und Ersatz für weit entfernte Urlaubsträume ganz nett zu lesen.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2021
Rosa - Ein Sommer in Cornwall
Jahn, Melissa

Rosa - Ein Sommer in Cornwall


sehr gut

Die Vergangenheit ist da, um daraus zu lernen und nicht um darin zu leben
Leona arbeitet als Journalistin für den Verlag ihres Vaters. Als der Verlag neue Wege gehen will mit dem Schwerpunkt auf berühmte Persönlichkeiten, sieht sich Leona der herausfordernden Aufgabe gegenüber, in Cornwall ein Interview mit der erfolgreichen Herz-Schmerzautorin Rosa Chiprel zu führen. Dafür muss Leona nach Cornwall reisen, obwohl sie dort nie wieder einen Fuß hinsetzen wollte. Doch die Vorwürfe ihres Vaters, der ihre beruflichen Fähigkeiten in Frage stellt, haben Leonas Gefühle verletzt und sie will ihm beweisen, dass er falsch liegt. Als das erste Zusammentreffen mit Rosa kläglich scheitert, ist Leona am Zug, alles in die Wege zu leiten, um das Interview doch noch zu bekommen. Während des Interview über Rosas eigene Geschichte, bei dem die beiden Frauen sich doch noch anfreudnen, muss Leona sich auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen, denn in St. Ives trifft sie mit Fil auf ihre ehemalige große Liebe….
Melissa Jahn hat mit „Rosa-Ein Sommer in Cornwall“ einen kurzweiligen Debütroman vorgelegt, der dem Leser nicht nur sprichwörtlich Zutritt zu Rosamunde Pilchers Wohnzimmer gewährt, sondern lässt ihn neben einer Lebens- auch eine Schicksalsgeschichte erleben. Der locker-leichte und gefühlvolle Erzählstil bietet genau den richtigen Grundton, um den Leser an Leonas Fersen zu heften, wo ihm nicht nur Rosas Leben auf dem Präsentierteller dargeboten wird, sondern er auch von Leonas trauriger Vergangenheit sowie deren einsamen Kampf um Anerkennung und Respekt bei ihrem Vater. Während die alte Autorin Rosa mit ihren Geschichten und ihrer Lebenserfahrung glänzt, zeichnet sich Leona durch Unsicherheit, Selbstmitleid und eine gewisse Härte aus, was sich aufgrund der Gespräch mit der älteren Dame im Verlauf der Handlung langsam, aber sicher ins Gegenteil verkehrt. Auch wenn es eingangs gar nicht danach aussieht, dass Rosa und Leo etwas verbindet, so eröffnen sich dem Leser nach und nach einige Parallelen zwischen den beiden. Mit farbenfrohen Beschreibungen setzt die Autorin den landschaftlichen Reiz der Landschaft Cornwalls in Szene und lässt den Leser während der Geschichte eine Auszeit an diesem malerischen Ort genießen.
Die Charaktere sind mit menschlichen Ecken und Kanten bestückt, wirken lebendig und glaubwürdig, weshalb der Leser ihnen gerne folgt und sich sie einlässt. Rosa ist eine liebenswerte, lebenskluge, alte Dame mit einer guten Beobachtungsgabe, die in ihrem Leben so einiges erlebt hat und dies auch mit ihren Büchern an ihre Leser weitergibt. Leona wirkt nach außen selbstbeherrscht, unterkühlt mit einer gewissen Arroganz, hart und fast schon unsympathisch. Doch versteckt sie dahinter nur eine verletzte, unsichere Seele, die mit alten Dämonen kämpft und sich erst im Verlauf der Handlung langsam öffnet. Fil ist ein offener, freundlicher und smarter Kerl, der schnell das Leserherz gewinnt.
„Rosa-Ein Sommer in Cornwall“ gewährt vor malerischer Kulisse nicht nur einen interessanten Einblick in das Leben einer alten Dame, sondern unterhält recht kurzweilig auch mit Liebe, Vergangenheitsbewältigung und einigen anderen Problemen. Verdiente Empfehlung für eine gefühlvolle Geschichte und ein gelungenes Debüt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.04.2021
Rivalen / Die Perlenprinzessin Bd.1
Lorentz, Iny

Rivalen / Die Perlenprinzessin Bd.1


sehr gut

Rivalen
1771 Hamburg. Gleich zwei junge Herren möchten die schöne Mina Thadde zur Ehefrau gewinnen, was den Vater von Mina zu einer Wette inspiriert. Sowohl Kapitän Simonsen als auch Kapitän Jörgen Mensing nehmen die Herausforderung an, die kostbarste Ladung aus der Karibik nach Hamburg zu bringen, um durch den Hamburger Handelsherrn Minas Hand und damit den Segen für eine Ehe zu erhalten. Das Unterfangen endet für Simonsen erfolgreich, während Jörgen bei der Überfahrt vom Pech verfolgt wurde. Als Mensing zurück in Hamburg ist, schiebt er sein Unglück mit geschickten Lügen glaubhaft Simonsen in die Schuhe und ruiniert damit nicht nur seinen Ruf als Kapitän, sondern schnappt sich trotz Niederlage Mina als Ehefrau. Doch Simonsen lässt das nicht auf sich sitzen und so hat diese unglückselige Wette weitreichende Folgen für alle Beteiligten und ihre Nachfahren…
Das Autorenduo Iny Lorentz hat mit „Die Perlenprinzessin-Rivalen“ den ersten Band ihrer neuen historischen Südsee-Saga vorgelegt, dessen Geschichte über eine Fehde zwischen zwei Reeder-Familien mehrere Generationen überspannt. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser ins Hamburg des 18. Jahrhunderts reisen, wo er nicht nur die Betriebs- und Bedeutsamkeit des Handelshafens kennenlernt, sondern erstmals auf die Protagonisten trifft. Schnell wird deutlich, dass es bei einer Ehe für die eine Seite darum ging, gesellschaftlich eine Stufe aufzusteigen und auf der anderen beruflich voranzukommen. Eine Heirat in bessere Kreise war vorrangig immer ein Geschäft, wobei die Väter ihre Töchter an den meistbietenden verschacherten, um neben finanzieller Absicherung auch ihr Ansehen zu steigern. Gut recherchiert und spannend inszeniert unterlegen die Autoren ihre Geschichte mit dem notwendigen historischen Hintergrund, während sie die Handlung über einen Zeitraum von 1771 bis 1825 ziehen, und lassen die Zeit der französischen Besatzung ebenso lebendig werden wie die Seefahrerwelt. Was als riskanter Wettstreit begann, entpuppt sich im Verlauf als Lügen- und Intrigengespinst, dass immer größere Kreise zieht und etliche Generationen gegeneinander vergiftet. Aufgrund der bildreichen Beschreibungen und der kurzweiligen Erzählweise fühlt sich der Leser schnell als Teil des Ganzen und erhält auf seinem Beobachtungsposten guten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt sowie in das mit boshaftem Konkurrenzplänen und Intrigen gespickte Minenfeld, was ihn regelrecht an den Seiten kleben lässt, während die Szenerie vor dem inneren Auge vorbeirauscht. Mit einem Knall endet die Geschichte, um die Erwartung der Fortsetzung spannend zu gestalten.
Die Charaktere wurden mit menschlichen Ecken und Kanten ausstaffiert und lebendig in die Szenerie eingefügt. Sie wirken glaubwürdig und realistisch, so dass der Leser in ihre Fußstapfen tritt und die Verfolgung aufnimmt, um ihr Schicksal mitzuerleben und seine Sympathien gerecht zu verteilen. Simon Simonsen ist ein besonnener und ehrlicher Mann, der auf übelste Art getäuscht und verleumdet wurde, so dass sein Leumund ruiniert und seine Karriere dahin ist. Nur langsam erholt er sich davon, doch die Erfahrung lässt ihn hart werden. Jörgen Mensing ist mit wenig Ehrgefühl, umso mehr mit Missgunst und Neid ausgestattet. Er sucht nur seinen Vorteil und stürzt dafür andere ohne Rücksicht auf Verluste ins Unglück.
„Die Perlenprinzessin-Rivalen“ ist ein farbenprächtiger historischer Auftakt, der den Leser nicht nur auf eine Zeitreise einlädt, sondern zwei Familiengeschichten nebst Abenteuer, Intrigen und Schicksalsstunden nebeneinanderher erzählt. Ein unterhaltsamer Schmöker, der für kurzweilige Lektüre sorgt.

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