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Europeantravelgirl

Bewertungen

Insgesamt 463 Bewertungen
Bewertung vom 12.11.2022
Sounds of Silence / Golden Oaks Bd.1
Haase, Maren Vivien

Sounds of Silence / Golden Oaks Bd.1


sehr gut

Verwundete Seelen

Tatum braucht die Stille. Nach einem traumatisierenden Ereignis vor vier Jahren sind sie und ihre Eltern aus New York in die Ruhe der Kleinstadt Golden Oaks gezogen, wo Tatum Ruhe und Sicherheit finden kann. Bis mit Dash eine Wolke aus lauter Musik in ihr Leben schwappt. Denn Dash braucht es laut, um seine Gedanken und Schuldgefühle zu übertönen, die ihn in der Stille heimsuchen. Damit prallen Welten aufeinander, und doch fühlen Tatum und Dash sich geradezu schicksalhaft voneinander angezogen.

Der Roman besticht vor allem erst einmal durch seine ganz wunderbar herbstliche Atmosphäre. Die bunten Herbstfarben, die schöne Landschaft sind stimmungsvoll beschrieben und bilden einen cozy Hintergrund für die emotionale Geschichte. Dazu kommt wunderbares Kleinstadtfeeling mit Wohlfühl-Locations, wo sich die Story langsam entwickeln kann.

Beim Lesen wird man lange Zeit im Dunkeln gelassen, womit Tatum und Dash jeweils zu kämpfen haben. Man ahnt jedoch schnell, dass es traumatisierende Ereignisse gewesen sein müssen, denn Tatum leidet unter unberechenbaren Panikattacken. Die Geschichte zeigt deutlich, wie sehr sie dadurch an Lebensqualität einbüßt, weil sie etwa nicht studieren gehen kann. Die Gefühle der Protagonisten sind wirklich hervorragend herausgearbeitet und nachvollziehbar. Dabei nimmt sich die Geschichte viel Zeit, die Entwicklung der beiden Charaktere herauszuarbeiten. Gerade Tatums Wandlung, wie sie aus ihrem Schneckenhaus herauskommt, ist wunderbar mit anzusehen und verleiht Hoffnung.

Am Ende reichte es aber für mich leider nicht zu einem überzeugenden Highlight. So viele Menschen mit Traumata/Phobien ausgerechnet in einem Freundeskreis, das war schon etwas konstruiert. In einigen Teilen wirkte die Story zudem zu bemüht. Daher gibt es von mir einen Stern Abzug.

Bewertung vom 06.11.2022
Spicy Noodles / Food Universe Bd.2
Graßhoff, Marie

Spicy Noodles / Food Universe Bd.2


sehr gut

Göttererben und scharfe Nudeln

Toma hat seine Uni-Bewerbungen in den Sand gesetzt und ist daraufhin bei seinen Eltern rausgeflogen. Seine einzige Zuflucht ist im Restaurant seines senilen, verschrobenen Großvaters. Denn verwirrt ist der alte Mann eindeutig, der darauf beharrt, von einem shintoistischen Feuergott abzustammen und seine Macht von ein paar Essstäbchen zu beziehen! Aber was stören Toma diese wirren Geschichten, wenigstens hat er nun wieder ein Dach über dem Kopf, einen Job und eine verdammt süße Stammkundin namens Akari. Als jedoch die besagten Essstäbchen gestohlen werden, überstürzen sich die Ereignisse, und Toma findet sich in einer Welt von Göttererben und geheimen Vereinigungen wieder, deren Regeln er nicht kennt.

Die Urban Fantasy nimmt sich sehr viel Zeit, die Geschichte zu entwickeln. Da es sich um Band 2 einer Trilogie handelt, ich aber Band 1 nicht gelesen hatte, waren einige Anspielungen und Bemerkungen erst zu verstehen, nachdem ich mich schlau gemacht habe, worum es in Band 1 ging. Daher wäre es wohl durchaus empfehlenswert, den Band nicht losgelöst, sondern die ganze Reihe zu lesen.

Was den Einstieg ebenfalls ein klein wenig mühselig macht, ist die Hartnäckigkeit, mit der Toma die Geschichten seines Großvaters Shiro abtut. Während man beim Lesen natürlich längst erkannt hat, dass die Legenden wahr sind, leugnet Toma dies beharrlich, wodurch die Geschichte anfangs leider auch nur schleppend vorankommt.

Dies ändert sich ab einem gewissen Punkt jedoch schlagartig, und dann kommt die Story plötzlich mächtig in Fahrt und zieht in ihren düsteren Bann. Da geht es mit großem Tempo spicy, actionreich, brutal und bedrohlich zur Sache! Detaillierte Kampfszenen lassen beim Lesen den Atem anhalten. Manche Szenen oder Figuren erinnern an Mangastyle, und auch dies trägt zur Schaffung dieser besonderen, düsteren Atmosphäre bei. Gemeinsam mit Toma und Akari springt man in diesen epischen Kampf der Göttererben, spürt die unsäglichen Schmerzen des Protagonisten, seine Verzweiflung und Hilflosigkeit. Wirklich fesselnd, und das feurig-düstere Cover ist dieser Geschichte absolut würdig!

Eine wirklich heiße Urban Fantasy, die ich Fantasy-Liebhabern absolut weiterempfehlen kann. Nur der recht behäbige und sehr lange Einstieg in die Story sorgt für einen Punkt Abzug.

Bewertung vom 04.11.2022
Die unsinkbare Greta James
Smith, Jennifer E.

Die unsinkbare Greta James


ausgezeichnet

Zwei Schiffe in der Nacht

Es war immer so klar in der Familie: Greta hatte eine enge Verbindung zu ihrer Mutter, ihr Bruder Asher ist der Liebling des Vaters. Nun ist Gretas Mutter unerwartet und plötzlich verstorben, und Greta fühlt das Ungleichgewicht deutlich. Der Tod der Mutter hat sie so aus der Bahn geworfen, dass nach einem Zusammenbruch bei einem Konzert nun auch ihre Karriere als Musikerin auf dem Spiel steht. Ausgerechnet nun soll sie einspringen und ihren Vater auf einer Kreuzfahrt nach Alaska begleiten, die dieser ursprünglich mit ihrer Mutter geplant hatte. Völlig verloren trifft sie dort auf Ben, der ebenfalls an einem Wendepunkt im Leben angekommen ist.

Mich hat dieser Roman komplett und uneingeschränkt abgeholt. Gretas Gefühle, Zweifel und Ängste konnte ich sehr gut nachvollziehen. Sie lebt ihren wahrgewordenen Traum und ist eine erfolgreiche Rockmusikerin, aber für ihren Vater zählt so etwas Unsolides gar nicht. Ich mochte die Charakterformung in dieser Geschichte, weil niemand zur Karikatur überzeichnet wurde, sondern alle Figuren realitätsnah und überzeugend gestaltet sind. Dabei ist der Roman in ruhigem Tempo erzählt, eben wie eine gemächliche Kreuzfahrt, so dass sich die Beziehung zwischen Greta und ihrem Vater, aber auch die Annäherung von Greta und Ben ruhig aufbauen kann. Das Setting auf dem Boot, äh Verzeihung, natürlich Schiff bildet nicht nur den äußeren Rahmen, sondern formt auch eine von der sonstigen Wirklichkeit und dem Alltag abgegrenzte Atmosphäre und schafft somit gleichermaßen Grenzen wie Möglichkeiten. Besonders schön fand ich auch die Schilderungen der Landschaft von Alaska und vor allem des Gletschers in seinen geradezu unwirklichen Blaufärbungen. Diese Faszination und Ehrfurcht waren beim Lesen deutlich zu spüren. Und während Greta und Ben wie zwei Schiffe in der Nacht durch ihr jeweiliges Leben treiben, sind es am Ende vor allem Hoffnung und der Blick nach vorn, die die Richtung vorgeben.

Für mich ein wunderschönes Leseerlebnis!

Bewertung vom 03.11.2022
Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1
Sten, Viveca

Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1


ausgezeichnet

Eiskalte Spannung im verschneiten Schweden

Hanna Ahlander hat kein Problem. Sie hat eine ganze Menge Probleme. Nicht nur dass sie in ihrem Job bei der Stockholmer City-Polizei nicht mehr willkommen ist, weil sie einen internen Skandal aufgedeckt hat. Nein, auch ihr Verlobter hat sie verlassen und wirft sie aus der gemeinsamen Wohnung. Während Hannas Leben entgleitet, erweist sich ihre ältere Schwester Lydia als der rettende Engel. Sie quartiert Hanna in ihrem Ferienhaus in Åre ein und regelt ihre Angelegenheiten für sie. Dort ist Hanna gut aufgehoben, im friedlichen Skisport-Ort in der Nähe der norwegischen Grenze. Doch die Idylle zerbricht in ein Meer von Scherben, als ein Mädchen nach einer Luciafeier verschwindet. Und plötzlich wird Hannas Hilfe gebraucht, nachdem sie schon dachte, dass keiner sie mehr haben will.

Der Thriller lebt von seinem eisigen Setting im verschneiten Umland von Åre. Die lebensfeindliche Kälte wird selbst zum Protagonisten im Spiel gegen die Zeit und trägt maßgeblich zur Dramatik bei. Heftige Schneestürme, beißende Todeskälte, all dies so hervorragend geschildert, dass es einen beim Lesen regelrecht fröstelt. Die Charaktere überzeugen, haben Hintergrund, sind realistisch ausgestaltet. Vor allem bieten sie genügend Möglichkeiten, ihnen gegenüber Emotionen zu entwickeln; nicht nur Empathie, auch Wut oder Unverständnis kochen da beim Lesen hoch. Dazu ein hochspannender Kriminalfall, der einen zwischen Hoffen und Bangen gefühlsmäßig Achterbahn fahren lässt. Ich habe bei der Aufklärung des Falles mitgefiebert wie selten. Eine hervorragende Mischung aus Schnee und Hochspannung!

Für mich eine klare Leseempfehlung für diesen hervorragenden schwedischen Thriller!

Bewertung vom 30.10.2022
Maybe this year - Dieser eine Tag im Winter
Bell, Emily

Maybe this year - Dieser eine Tag im Winter


gut

War es der Mann, oder war es der Mondschein?

Diese spannende Frage stellt sich die Londonerin Norah. Vor zehn Jahren hatte sie auf einer Reise nach Verona eine kurze Romanze mit dem Iren Andrew. Damals hatten sie sich das Versprechen gegeben, falls sie an Weihnachten 2019 noch Single seien, sich an Heiligabend vor einem Pub in Dublin zu treffen. Sozusagen als gegenseitiges Backup. Der Kontakt zu Andrew ist vor ein paar Jahren versandet, aber der magische Zeitpunkt ist nun gekommen. Norah ist nicht nur von ihrem Freund getrennt, sondern wurde auch von ihrer Mutter versetzt. Weihnachten ganz allein? Was läge da näher, als es darauf ankommen zu lassen? Damit die weihnachtliche Reise mit ungewissem Ausgang nicht völlig zum Debakel wird, kommt ihr bester Freund Joe spontan mit nach Dublin. Ob Andrew auftauchen wird um 18 Uhr vor dem Bewley´s Café auf der Grafton Street?

Der Weihnachtsroman bringt einiges mit, um an eisigen Wintertagen für herzenserwärmende Lesestunden zu sorgen: Glückliche Tage der jungen Norah mit Andrew vor der wunderschönen Kulisse von Verona mit herrlich italienischem Flair. Kalte Vorweihnachtstage in London. Eine aufregende und interessante Reise nach Irland mit vielen liebevollen Details, welche die Landschaft, die Menschen dort und das schöne Setting der Altstadt von Dublin zum Leben erwecken. Dazu die Suche nach den Vorfahren von Norahs Vater, zu dem sie eine ganz besonders innige Beziehung hatte. Und immer wieder die Liebe zur Musik, die auch Vater und Tochter miteinander verbunden hatte.

Nur ein klitzekleines Detail fehlt diesem Roman, das leider ausgerechnet für einen weihnachtlichen Liebesroman enorm wichtig ist: Die Gefühle wollen einfach nicht überspringen! Weder kann man die Romanze von Norah und Andrew mitfühlen, noch springt der Funke im Lauf der Handlung in Dublin über. Kein Prickeln, kein Knistern, kein Seufzen. Auf der Gefühlsebene passierte beim Lesen leider so gar nichts, die Liebesgeschichte konnte nicht berühren und nicht verzücken. Ein schönes Buch über so manches Thema, aber als gefühlvolle, romantische Weihnachtsgeschichte leider allenfalls nett.

Bewertung vom 30.10.2022
Bergische Nacht
Meester, Janine

Bergische Nacht


ausgezeichnet

Starke Heldin

Nach dem Tod ihres Opas kehrt Ria aus Lübeck ins Bergische Land zurück, um dessen Autowerkstatt zu übernehmen. Dort war sie nach dem Unfalltod ihrer Eltern aufgewachsen, und nachdem sie frisch getrennt von ihrem Freund ist, will sie noch einmal ganz neu anfangen. Doch mit der ländlichen Idylle ist es bald vorbei, als Ria Drohbriefe ins Haus flattern, die ihr nahelegen, wieder abzureisen. Plötzlich weiß Ria nicht mehr, wem sie noch vertrauen kann? Welches Geheimnis hat ihr scheuer Mieter Simon? Pflegt ihr Kunde, der exzentrische Herr Caruso, wirklich Kontakte zur Mafia?

Der Regionalkrimi liefert in vorbildlicher Weise alles, was für spannende Unterhaltung erforderlich ist: Ria ist eine tolle Protagonistin. Als Mechatronikerin und Bikerin ist sie eine interessante, starke Frauenfigur, und auch die anderen Charaktere überzeugen voll und ganz. Dazu eine spannende Story, schöne regionale Bezüge zum Bergischen Land und ein feiner Humor. Mich brachte vor allem zum Lachen, wie Ria sich anfangs an dem kalbgroßen, eigensinnigen Hund ihres Großvaters abarbeitet. Es sei verraten, dass sich Bruno im Lauf der Geschichte vom Problemhund zum treuen Beschützer mausert und in mein Herz gemogelt hat! Apropos Herz: Natürlich kommt auch die Liebe nicht zu kurz in diesem schönen Roman, und so begegnet Ria gleich zwei interessanten Männern, nämlich ihrer heimlichen Jugendliebe und einem anfangs recht unfreundlichen Kommissar, der ihr aber dann doch hilfreich zur Seite steht, als sich die Bedrohung zuzuspitzen beginnt.

Ein sehr schöner Krimi zum Mitraten, der leider viel zu schnell ausgelesen war!

Bewertung vom 28.10.2022
Café Leben
Leevers, Jo

Café Leben


sehr gut

Was bleibt

Was bleibt vom eigenen Leben, wenn dieses zu Ende geht? Biographische Daten zu Werdegang und Familie? Glückliche Erinnerungen, die man bewahrt wissen möchte? Offene Fragen, die man geklärt haben möchte? Die Idee eines Lebensbuchs führt die krebskranke alte Dame Annie ins Café Leben. Sie hat keine Nachkommen und Verwandten, möchte sich aber vor ihrem Ableben den Ballast von der Seele reden. Vielleicht hätte es auch funktioniert, ihre Version ihres Lebens zum Besten zu geben, wenn sie dort nicht auf die übereifrige Henrietta getroffen wäre. Diese vielfach gescheiterte junge Frau, die noch keinen Platz im Leben gefunden hat, entdeckt beim Zuhören ungeahnte detektivische Talente in sich und beginnt nachzuforschen.

Mich hat die Begegnung der beiden zunächst völlig fremden Frauen und ihr behutsames Vortasten und Annähern sehr berührt. Beim Lesen beginnt man immer mehr, hinter die Fassaden dieser beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Persönlichkeiten zu blicken. Nach und nach erkennt man den Menschen dahinter, entdeckt schwere Schuldgefühle und Einsamkeit.

Das Thema Sterben wird eher unaufgeregt behandelt, die Trauer ist ein Begleiter, nicht nur bei den Besuchern des Café Leben, auch bei den Angestellten. Ab einem gewissen Punkt rückt dann jedoch nicht nur die entstehende menschliche Verbindung zwischen Annie und Henrietta, sondern auch der Umgang mit dem Sterben und der Trauer ein wenig in den Hintergrund. Stattdessen wird der Fokus sehr auf die Enthüllung der Geheimnisse der Vergangenheit gelenkt. Auch dies eine überaus faszinierende und spannende Geschichte mit raffinierten Wendungen, aber ich persönlich hätte mir bei Lesen den Blick ein wenig mehr Tiefe im Blick auf das zwischenmenschliche Verhältnis der beiden Frauen, auf den Umgang mit dem bevorstehenden Tod gewünscht.

Dennoch eine klare Leseempfehlung für diesen Roman, weil die Charakterentwicklungen hervorragend herausgearbeitet wurden und der Weg der beiden Frauen aus ihrer Einsamkeit und aus ihren Schuldgefühlen so bewegend ist.

Bewertung vom 25.10.2022
Die Legenden von Andor: Varkurs Erwachen
Baumeister, Jens

Die Legenden von Andor: Varkurs Erwachen


weniger gut

Mageres Leseerlebnis

Dieser Rezension sei vorausgeschickt, dass dieses Buch auf dem Spiel Die Legenden von Andor basiert, das ich jedoch nicht kenne. Die Graphic Novel ist ansprechend gezeichnet. Leider ist die zugrundeliegende Geschichte recht mager. Der Einstieg erfolgt abrupt, dennoch lässt sich die Story recht gut verfolgen, bei der ein unbekannter junger Mann verletzt am Strand gefunden wird. Außer seinem Namen Varkur kann er sich an nichts erinnern. Er wird von Ranja aufgenommen und gepflegt. Nachdem sich bei Varkur unkontrollierte magische Fähigkeiten zeigen, vertreiben ihn die feindseligen Dorfbewohner, und Ranja, die sich mehr vom Leben erhofft als eine einfache Fischersfrau zu sein, folgt ihm auf der Suche nach Antworten und seiner Vergangenheit.

Es ist allerdings ein recht kurzes Lesevergnügen mit äußerst wenig Handlung, denn nach einer guten halben Stunde ist das dünne Buch schon ausgelesen. Insgesamt ein mageres Leseerlebnis, wenn man dieses ins Verhältnis zum Preis des Buches setzt. Ich würde behaupten, dass diese Graphic Novel ausschließlich für Fans des Spiels geeignet ist.

Bewertung vom 13.10.2022
NO GAME - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!
Friend, Natasha

NO GAME - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!


ausgezeichnet

Lehrstück über Empowerment

Als die Highschool-Schülerin Nora erwacht, liegt sie halbnackt neben ihrem Erbrochenen auf dem Golfplatz und hat nicht die geringste Ahnung, wie sie dort hingekommen ist, geschweige denn, was passiert ist. Das letzte, was woran sie sich erinnert, ist dass sie auf dem Fest der Studentenverbindung ein (alkoholfreies) Root Beer getrunken hat. Nach und nach erfährt sie, dass ihr Schulkamerad Adam Xu drei Kerle mit dem Baseballschläger verjagt hat, die sich an ihr zu schaffen machen wollten. Er hat auch Noras beste Freundin Cam alarmiert, die Nora nun zur Seite steht und auf Aufklärung drängt. Nora hingegen will erst gar nicht darüber nachdenken, was passiert sein könnte, verweigert komplett und verdrängt die Angelegenheit einfach.

Natürlich lässt sich eine so traumatische Erfahrung nicht wirklich verdrängen, und so muss Nora der Wahrheit ins Auge sehen, dass sie unter Drogen gesetzt und beinahe vergewaltigt wurde. Zumal Videos und Bilder auftauchen. Und von der rätselhaften Nummer, die ihr die Täter mit Filzstift in den Schritt gemalt haben, hat sie noch gar niemandem erzählt. Bis schließlich klar wird, dass dies kein Einzelfall war, sondern ein „Spiel“ dahintersteckt.

Das Buch ist mit der Altersangabe ab 14 Jahren versehen und wird abwechselnd aus der Perspektive von Nora, Cam und Adam erzählt, wodurch die Klassifizierung als Jugendroman trotz des drastischen Themas auch stimmig ist. Dabei entwickelt die Geschichte einen derartigen Sog, dass ich sie nahezu an einem Stück gelesen habe. Die Charaktere Nora und Cam sind mit ihren Verhaltensweisen als „Role models“ angelegt, auf welche Weise mit dem Vorgang umgegangen wird, wobei die äußerst schmerzhafte Charakterentwicklung bei Nora hervorragend geschildert ist. Schmerzhaft nicht nur wegen des Vorfalls an sich, sondern weil es im Verlauf dessen Aufklärung zu einer regelrechten Demontage ihres großen Vorbilds kommt, was hier aber nicht gespoilert werden soll. Behandelt werden auch die Themen Außenseitertum, Rassismus und schlussendlich die Auflehnung gegen das Patriarchat.

Dies alles auf eine hervorragend lesbare, unaufdringliche Weise, was dieses Buch für mich zu einem wertvollen Lehrstück über Empowerment macht, das zudem auch Wege aufzeigt.

Bewertung vom 09.10.2022
Trust and Fly (eBook, ePUB)
Ahrens, Michelle C.

Trust and Fly (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Zwei Schweden in Schottland

Für den Musiker Arvid war es Liebe auf den ersten Blick, als er seine schwedische Heimat verließ und in Edinburgh in einem Café die Schwedin Maya sah. Für Maya nicht, denn sie war frisch verheiratet und glücklich. So verbringt Arvid sehnsuchtsvolle Jahre als erfolgloser Musiker, in denen ihn mit Maya wenigstens eine tiefe Freundschaft verbindet. Ihn quälen jedoch nicht nur seine unterdrückten Gefühle, sondern er muss immer mehr erkennen, wie unglücklich Maya in ihrer Ehe ist und wie schlecht sie von ihrem Ehemann Colin behandelt wird. Das Schicksal erlaubt sich jedoch eine bittere Ironie: Gerade als Mayas Ehe endgültig in die Brüche geht und ihr Herz frei für Arvid wird, nimmt dessen Karriere einen kometenhaften Aufstieg. Arvid muss sich zwischen seinen beiden tiefsten Herzenswünschen entscheiden, der Liebe zu Maya oder einer erfolgreichen Musikkarriere.

Die Geschichte ist einfühlsam erzählt, dazu breitet das wunderschöne Setting in der Altstadt von Edinburgh und vor allem in Mayas Café wieder seinen ganzen Zauber aus. Dabei nimmt sich die gefühlvolle Story ausreichend Zeit, um sich zu entfalten, ehe sich die Ereignisse dann plötzlich überschlagen. Ich persönlich habe schwer mit Maya gefühlt und gelitten, die in diesem Roman harte Schicksalsschläge erleidet. Die Charakterentwicklung ist nachvollziehbar und nachfühlbar, so dass man beim Lesen erschüttert eintaucht in die Gefühlswelt der beiden und die ganze Bandbreite an Emotionen miterlebt: Wut, Zukunftsängste, Sehnsucht und Verzweiflung. Dabei ist es kein Zwei-Personen-Kammerstück, denn gerade die wertvollen Menschen, die Maya zur Seite stehen, bilden das Herzstück der Geschichte. Sehr schön fand ich das Wiedersehen mit einigen liebgewonnenen Personen aus dem ersten Band, aber auch ganz wunderbaren neuen Freunden, mit denen selbst Maya nicht gerechnet hatte. Ich habe Alice, Harvey und John fest in mein Herz geschlossen, aber allen voran Michael mit seiner Fürsorge und seinen klugen Worten: „Nur glaube ich, dass es im Leben Augenblicke gibt, in denen die Menschen, die uns wichtig sind, Priorität haben sollten.“

Passend zum Musikerthema sind die Kapitel in Songs einer Playlist eingeteilt, und immer wieder fassen Arvids Songtexte sein Seelenleben wunderbar in Worte.

Ein rundum gelungenes Leseerlebnis!