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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 720 Bewertungen
Bewertung vom 19.01.2023
Ich wünschte, du wärst hier
Picoult, Jodi

Ich wünschte, du wärst hier


ausgezeichnet

Diana ist noch keine dreißig Jahre alt und hat ihr Leben vollständig geplant, jeden Schritt hat sie sich bereits ausgemalt und freut sich nun auf die mit ihrem Freund, dem Chirurgen Finn, geplante Reise auf die Galapagosinseln, wo sie den langersehnten Heiratsantrag erwartet. Als ein unbekanntes Virus New York City erreicht, muss Finn im Krankenhaus arbeiten, sodass Diana sich alleine auf die Insel begibt. Als sie dort ankommt, fliehen von dort gerade die Touristen, da auch dort der Lockdown bevorsteht, Diana aber entscheidet sich dafür, zu bleiben. Diese Entscheidung hat schwerwiegende Konsequenzen, denn auch das gebuchte Hotel wird geschlossen, wie jedes andere Lokal und Geschäft auf der Insel auch.

Diana erzählte ihre Geschichte und schweifte dabei oft ab, sodass ich nach und nach einen guten Einblick in ihr Leben bekam, daneben wurde das ein oder andere Ereignis aus ihrer Kindheit thematisiert. Ihre Reise auf die Galapagosinseln war für mich sehr spannend zu verfolgen, denn auch ich würde mich damit schwertun, ganz alleine um die halbe Welt zu fliegen. Während Diana auf der Insel festsaß, ging das Leben für Finn weiter. Davon erfuhr ich durch Emails, die er an Diana schrieb und die mit brutaler Wucht aufzeigten, wie das Virus in Amerika gewütet hat. Diese Diskrepanz zwischen Paradies und Hölle war schwer zu ertragen, auch deswegen, weil hier die Fiktion auf die Realität traf und es schwer für mich war, unbeteiligt zu bleiben.

Es war eine wunderbare Geschichte, die mich toll unterhalten hat, obwohl es ein ruhiges Buch war, das ohne große Schockmomente auskommt, als plötzlich etwas passierte, das nicht nur unerwartet, sondern zudem mehr als verblüffend war. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass das Buch eine solche Wendung nimmt. Ich hatte ein bestimmtes Szenario im Kopf und war total baff, dass ich so falsch liegen konnte. Gespannt flog ich durch die Seiten, weil ich wissen wollte, welche Auflösung sich die Autorin hat einfallen lassen. Natürlich wünschte ich mir einen bestimmten Ausgang, hatte ein Ende vor Augen, das mir gefiel. Es ist ein anderes Ende geworden, dieses war aber so stimmig, dass ich fast enttäuscht war, warum es mir nicht selbst eingefallen ist. Eine schöne und emotionale Lesereise war dies für mich und das Nachwort hat mich abschließend noch einmal sehr berührt. Volle Punktzahl gibt es von mir und natürlich eine Leseempfehlung.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.01.2023
Die Liebe an miesen Tagen
Arenz, Ewald

Die Liebe an miesen Tagen


ausgezeichnet

Durch Zufall lernen sich Clara und Elias kennen, es herrscht eine eigentümliche Anziehungskraft zwischen den beiden. Eine große Liebe bahnt sich an, die auf dem Prüfstand steht, als die erste Hürde unüberwindbar scheint und der Zweifel überhand nimmt.

Ganz vorsichtig näherten wir uns an, das Buch und ich. Wir beäugten, wir taxierten uns, tasteten uns langsam voran, um zu erkunden, ob es zwischen uns passt. Sehr langsam wurden wir warm miteinander, obwohl eigentlich bereits feststand, dass wir füreinander bestimmt sind, es klar war, dass das was Großes, außergewöhnliches und wunderbares sein würde, wenn es endgültig funkt. Ganz leise entstand eine Intimität zwischen uns, die so leicht, so unglaublich frei war, dass es mir ganz warm wurde ums Herz. Die Traurigkeit dazwischen, die Tränen, das Dunkle und auch die Wut, die waren notwendig, damit die Freude, der Spaß und das Glück sprießen und gedeihen konnten, etwas Neues entstehen und bleiben durfte. Ob es von Dauer ist, wird sich zeigen, dachte ich.

So wie mir erging es den Hauptfiguren des Buches, nämlich Clara und Elias. Es war mir eine große Freude, diesem Zauber beiwohnen zu dürfen. Eine späte Liebe, ein Altersunterschied und verschiedene Lebensumstände, ein Annähern, ein Ankommen, eine Krise, ein Bruch. Ein Auf und Ab der Gefühle, emotionsgeladen, verletzlich, zwei Schritte vor, einer zurück. Sie kriegen sich, sie kriegen sich nicht; das älteste Spiel der Welt und doch so wunderbar anders erzählt. Sätze, die so treffend waren, poetisch, magisch und zum weinen schön. Ich habe nicht erwartet, welche Wendung die Geschichte nimmt, war nicht vorbereitet darauf, mit welcher Wucht es mich trifft, was passiert. Für mich war dies eine der schönsten Geschichten über die Liebe und das Leben, die ich seit langem gelesen habe. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung, wobei ich dringend empfehle, vorher den Vorrat an Taschentüchern aufzustocken.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.01.2023
Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1
Mackintosh, Clare

Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1


ausgezeichnet

Nach einer Silvesterparty wird der schwerreiche Bauunternehmer Rhys Lloyd tot im See aufgefunden. Zur luxuriösen Party in den Ferienhäusern, die der Tote mit einem Partner hat bauen lassen, wurden auch Bewohner des nahegelegenen walisischen Dorfes eingeladen, sodass zusammen mit den Lodge-Bewohnern eine Menge Leute zu befragen sind. Die Polizistin Ffion Morgan, die in dem besagten Dorf lebt, wird mit den Ermittlungen betraut. Ihr wird der englische Polizist Leo Brady zur Seite gestellt, zusammen sollen die beiden das Tötungsdelikt aufklären. Bereits der erste Kontakt zwischen den Ermittlern verläuft holprig, denn anscheinend sind beide nicht die, für die sie sich ausgegeben haben.

In dieser Geschichte habe ich alle verdächtigt und es war total spannend, mitzuraten, wer es gewesen sein könnte. Jedes Kapitel widmet sich einer anderen Person, zusätzlich werden immer wieder unterschiedlich lange Zeitsprünge gemacht, die aber zusammen mit dem Namen der Person kenntlich gemacht wurden. Das hat es mir sehr leicht gemacht, der Story zu folgen und auch die Beziehungen zwischen den Beteiligten besser zu verstehen. Erst nach und nach ergaben viele Handlungen und Sätze rückwirkend einen Sinn, wenn plötzlich die Perspektive gewechselt und ein Zusammenhang hergestellt wurde. Dies war genial und trug dazu bei, dass die Spannung fast konstant oben blieb.

Das Buch las sich flüssig, bereits früh konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen. Die beiden Ermittler könnten unterschiedlicher nicht sein und natürlich war im Privatleben der beiden auch einiges los, das sehr gut in das Geschehen eingebaut wurde. Durch die ganze Geschichte zog sich ein feiner Humor, der mich wirklich begeistert hat. Als kurz vor dem zweiten Teil die sprichwörtliche Bombe platzte, war ich vollends angenehm verwirrt, denn damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. So vieles ergab nun einen Sinn, gleichzeitig kamen neue Fragen auf, deren Beantwortung ich herbeisehnte.

Wer glaubt, dass es nun gemächlich weiterging, der ist schief gewickelt, denn nun ging es richtig los. Die Geschichte sprang noch weiter in die Vergangenheit zurück und vervollständigte das Bild, viele Lücken wurden geschlossen, weitere Fragen geklärt. Die ein oder andere Enthüllung war erstaunlich, ich war fassungslos, was da noch kam; Geheimnisse, Verfehlungen, Böses kam ans Licht. Die Auflösung hat mich total verblüfft und das darauf folgende Ende mehr als überrascht. Das war großes Kino und ich kann ein Wiedersehen mit den beiden Ermittlern kaum erwarten. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung. Das war super!

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.01.2023
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


ausgezeichnet

Im Jahre 1933 trifft der Buchbinder Jakob Steinfeld auf Juli Pallandt, eine geheimnisvolle junge Frau, die ein Manuskript zu ihm bringt, das er binden soll. Es entwickelt sich eine Beziehung zwischen den beiden, die tragisch endet, als Juli eines Tages spurlos verschwindet. Fast vierzig Jahre später findet Jakobs Sohn Robert Indizien dafür, dass die Verlegerfamilie Pallandt in das Verschwinden von Juli sowie auch sein Schicksal als Kind verwickelt ist. Er fängt zu recherchieren an und findet dabei Hinweise auf ein mysteriöses Buch, das seit Jahrzehnten verschollen ist. Die Spur führt nach Leipzig, wo alles begann.

Es gibt Bücher, die ziehen mich sofort in ihren Bann, saugen mich ein und lassen nicht mehr los. Dies ist so ein Buch. Erzählt wird die Geschichte auf drei Zeitebenen, die immer kenntlich gemacht wurden, sodass es kein Verwirrspiel gab, in welchem Jahr ich mich gerade befinde. Erst nach und nach verstand ich, was im Jahr 1943 passiert ist, einem Jahr, das bekanntlich eines von vielen Jahren ist, die zur dunkelsten Geschichte Deutschlands gehören. Dazu gibt es Sprünge in 1933, wo das Gute und auch das Böse ihren Anfang nahmen und die Weichen gestellt wurden für die folgenden Ereignisse. Die Recherchen von Robert zusammen mit seiner Freundin, der Bibliothekarin Marie, führen die beiden kreuz und quer durch Deutschland, immer mehr Puzzleteile kommen so zusammen, die allerdings noch lange keinen richtigen Sinn ergeben. Stellenweise war ich als Leserin dem Paar voraus, was dazu führte, dass ich mir wünschte, den beiden helfen, ihnen einfach zurufen zu können, was ich weiß. Auch das machte das Buch mit mir. Je mehr Einzelheiten zutage kamen, desto gespannter wartete ich darauf, welche Auflösung mich erwartet, das Ende jedoch hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Ich hätte nicht gedacht, dass der Autor es schafft, jedes lose Ende miteinander zu verknüpfen und alle meine Fragen zu beantworten; sogar die, von denen ich selbst gar nicht wusste, dass ich sie mir gestellt habe. Grandios!

Dieser Mix aus Familiengeschichte, Drama, Krimi und Lovestory, der einige mystische und auch phantastische Elemente beinhaltete, ohne dass es seltsam gewirkt hätte, lässt mich begeistert zurück. Ich habe geschmunzelt und gelacht, war entsetzt und abgestoßen, wurde zu Tränen gerührt und habe einige geweint. Ich wurde bestens unterhalten und wünschte, ich könnte es vergessen und neu lesen, dieses wunderbare Buch. In einem Wort: meisterlich! Volle Punktzahl und zwei extra Sternchen sowie eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir.

11 von 12 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.01.2023
Die Pachinko-Kugeln
Dusapin, Elisa Shua

Die Pachinko-Kugeln


sehr gut

Claire kommt aus der Schweiz nach Tokio, um den Sommer bei ihren Großeltern zu verbringen und mit den beiden im Anschluss daran eine Reise nach Korea zu unternehmen, das Heimatland der beiden. Die Großeltern leben seit fünfzig Jahren in Japan und haben ihre Heimat seitdem nicht wiedergesehen, trotzdem wird die Reise totgeschwiegen, die Großmutter ist seltsam entrückt, der Großvater kümmert sich hingebungsvoll um seine Pachinko-Halle. Um sich die Zeit zu vertreiben, kümmert sich Claire um die zehnjährige Mieko, die allein mit ihrer Mutter lebt.

„Es ist nicht meine Schuld, denke ich, wenn ich nichts erzähle. Wenn ich das Koreanische vergesse. Es ist nicht meine Schuld, wenn ich Französisch spreche. Ich habe für euch Japanisch gelernt. Das sind die Sprachen der Länder, in denen wir leben.“ (Seite 98)

Zu Beginn war ich mir nicht sicher, um was es in dem Buch eigentlich geht. Anfangs lag der Fokus auf dem betreuten Kind, aber nach und nach rückte die Familiengeschichte von Claire in den Vordergrund und ab da wurde es interessanter und emotionaler. Die Beziehung Claires zu ihren Großeltern, die vor der Teilung Koreas nicht ganz freiwillig nach Japan emigriert sind, wie damals viele andere Koreaner auch, ist nicht ganz so einfach; die alten Leute weigern sich, japanisch mit ihrer Enkelin zu sprechen, die wegen ihnen die Sprache gelernt hat, dafür aber die koreanische Sprache nicht beherrscht. Diese Tatsache, dazu Claires Suche nach Identität und die Frage, was Heimat nun eigentlich ist, führen zu Konflikten, die eine Belastung für alle Beteiligten sind. Die Kluft zwischen den Generationen hat die Autorin glaubhaft dargestellt, ich konnte den Frust und die Verzweiflung von Claire nachfühlen und war gespannt, worauf das Ganze hinausläuft.

Die Auflösung hat mir gefallen, obwohl ich überrascht war, denn gerechnet habe ich damit nicht. Eine zauberhafte Geschichte, die mich berührt hat und lediglich die manchmal seltsame Satzstellung und das ein oder andere mir unbekannte Wort möchte ich bemängeln, wobei ich mir nicht sicher bin, ob dies der Übersetzung geschuldet ist. Gerne vergebe ich vier Sterne und eine Leseempfehlung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.01.2023
Freiheitsgeld
Eschbach, Andreas

Freiheitsgeld


ausgezeichnet

Europa im Jahre 2064, Lina und Valentin ziehen in die Oase, eine wunderschöne Wohnanlage. Die beiden bekommen eine tolle Wohnung in einer Umgebung, die sicherer und fortschrittlicher nicht sein könnte. Verdanken tun sie das dem neuen Job von Valentin, der ihnen all den Luxus ermöglicht. Valentin kommt dadurch beruflich dem Politiker Robert Havelock näher, der vor fast dreißig Jahren ein bedingungsloses Grundeinkommen, nämlich das sogenannte Freiheitsgeld, eingeführt hat, das Jedem ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Als Havelock tot aufgefunden wird, bekommt die schöne Fassade erste Risse und nicht nur Lina fängt an, das sorglose Luxusleben in der Oase zu hinterfragen.

Bereits der Prolog versprach tolle Unterhaltung und der Roman, der an vielen Stellen einem Thriller glich, hat mich in dieser Hinsicht nicht enttäuscht. Der Autor hat hier ein spannendes Szenario beschrieben, das so weit von der Realität nicht entfernt ist. Es gab interessante Ansätze, aber auch erschreckende Versionen unserer Welt. Die Digitalisierung ist das eine, aber dass der Mensch überwiegend durch Roboter ersetzt wird, ist tatsächlich nicht mehr weit entfernt, denn bereits heute sind bekanntlich viele Arbeitsplätze automatisiert und erfordern lediglich eine Überwachung. Dies wurde im Buch auf die Spitze getrieben und ich bin nicht sicher, ob mir das gefällt.

Die Geschichte war vielschichtig, aus verschiedenen Perspektiven und unterschiedliche Lebensentwürfe betreffend hat der Autor ein Buch geschrieben über den Einfluss eines bedingungslosen Grundeinkommens auf die Menschen, er hat viele Fragen aufgeworfen und die meisten davon beantwortet. Zusammen mit den Todesfällen und der Ermittlung ergab dies eine tolle Mischung aus Utopie und Krimi, die mir sehr gefallen hat. Ich war auf das Ende gespannt, denn die Auflösung sollte realistisch und nachvollziehbar sein, was zum Glück der Fall war.

Dies war mein erstes, aber sicherlich nicht das letzte Buch von Andreas Eschbach, das ich gelesen habe. Volle Punktzahl gibt es dafür von mir und sehr gerne spreche ich eine Leseempfehlung aus.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2023
Misstrauen - Schatten der Vergangenheit
Buck, Ines

Misstrauen - Schatten der Vergangenheit


gut

Jane und Thomas leben mit ihrer kleinen Tochter Lily in Irland, die beiden sind Ärzte und in erster Linie wegen ihrem Kind aufs Land gezogen. Durch Zufall findet Jane heraus, dass Thomas nicht der ist, für den er sich ausgibt. Anscheinend wurde er vor Jahren des Mordes an seiner damaligen Freundin und deren Tochter beschuldigt, ist verschwunden und mit einem neuen Namen wieder aufgetaucht. Jane fängt an, eigene Ermittlungen anzustellen und bringt sich damit selbst in Lebensgefahr.

Der Anfang klang vielversprechend, das Buch konnte meine Erwartungen aber letztendlich leider nicht erfüllen. Lange Zeit plätscherte die Geschichte einfach nur vor sich hin, die Autorin verlor sich ein wenig in Nebensächlichkeiten, es gab einige Abzweigungen, die aber alle nach und nach versandeten. Es wurden genug Andeutungen gemacht, dass da etwas im Verborgenen liegt, aber bei mir kam dennoch nur wenig Spannung auf; es war eher nur die Neugier, die Auflösung zu erfahren, die mich bei der Stange hielt. Die Protagonistin hat mich durch ihre Handlungen nicht überzeugt, sie handelte unüberlegt und stellenweise etwas zu impulsiv für eine erwachsene Frau. Ich fand Ihre Vorgehensweise nicht immer logisch und durchführbar, sehr realistisch war dies bedauerlicherweise nicht. Alles in allem war dies eher ein Roman als ein Thriller für mich, dem ein wenig mehr Tempo gutgetan hätte.

Bewertung vom 02.01.2023
Unschuld
Würger, Takis

Unschuld


ausgezeichnet

Seit über zehn Jahren sitzt Mollys Vater bereits im Gefängnis, nun wurde das Datum der Hinrichtung festgesetzt. Molly will beweisen, dass ihr Vater den Mord am damals sechzehnjährigen Casper Rosendale nicht begangen hat und begibt sich dafür in die sprichwörtliche Hölle des Löwen; unter falschem Namen beginnt sie für die Familie des ermordeten Jungen als Hausmädchen zu arbeiten. Sie unterschätzt dabei den unglaublichen Einfluss der Familie Rosendale im gleichnamigen Ort. Das Datum der Hinrichtung rückt näher, die Zeit läuft Molly davon.

„Sie hatte geglaubt, bei den Rosendales eine Antwort finden zu können, aber sie hatte nur weitere Fragen gefunden.“ (Seite 247)

Wieder einmal hat der Autor es geschafft, mich mit seinem Buch so zu begeistern, dass ich gar nicht weiß, wo ich beginnen soll. Anfangs hätte ich nicht gedacht, dass mich die Geschichte so fesseln würde, Molly war zwar ein interessanter Charakter, aber irgendwie fehlte mir was. Als dann aber der ermordete Casper als Ich-Erzähler zu Wort kam und seine Sicht der Ereignisse schilderte, sodass Gegenwart und Vergangenheit sich abwechselten und überschnitten, war es endgültig so, dass ich mich dem Sog der Erzählung nicht mehr entziehen konnte. Ich war so unglaublich gespannt auf die Auflösung, wollte unbedingt wissen, was passiert ist. Erst spät hatte ich einen Verdacht, hoffte und betete aber fast, dass dieser nicht zutrifft. Ich konnte kaum glauben, was da ans Licht kam, perfide, erschütternd, raffiniert und böse, um nur einige Ausdrücke zu nennen, die man verwenden könnte, um zu beschreiben, was damals geschah. Dramatisch trifft es nicht annähernd, unnötig und fatal, so unfassbar traurig und letztendlich auch vermeidbar wäre alles gewesen. Aus Gründen. So aber gab es auf allen Seiten nur Verlierer, das war schon sehr brutal.

Dieses Buch vereint Familiengeschichte, Drama, Krimi, Gesellschaftskritik und ein wenig Lovestory, alles ist vorhanden und vermischt ergab dies für mich eine unwiderstehliche Mischung. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung. Ich habe damit mein erstes Highlight für dieses Jahr gefunden.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.12.2022
Penelope und die zwölf Mägde
Atwood, Margaret

Penelope und die zwölf Mägde


gut

Um Odysseus, einen der Helden der griechischen Mythologie, drehen sich zahlreiche Sagen und Erzählungen. Sein Einsatz im Trojanischen Krieg und die anschließende Irrfahrt auf der Heimreise zur Odyssee ergaben Stoff für viele Bücher und Filme. Die kanadische Schriftstellerin und Dichterin Margaret Eleanor Atwood widmet sich im vorliegenden Buch allerdings nicht Odysseus, sondern Penelope, seiner blutjungen Braut und Ehefrau, die jahrzehntelang treu ergeben auf ihren Mann gewartet hat, belagert von vielen Freiern, die in Anbetracht der Länge der Abwesenheit des Helden an dessen Tod glaubten.

Bekanntlich tötete Odysseus mit Hilfe einer List die Freier und viele Bedienstete, die abtrünnig geworden sind. Dazu gehörten auch zwölf Mägde, die sich mit den Eindringlingen einließen. Margaret Atwood gibt Penelope eine Stimme, lässt sie aus ihrer Sicht erzählen, wie es war, und erstellt ein Szenario, das so oder so ähnlich passiert sein könnte. Die Grundidee fand ich faszinierend, allerdings konnte die Umsetzung mich nicht überzeugen. Penelope blieb blass, schwach und zurückhaltend, ich sah hier keine starke Frau, die stoisch auf ihren Mann wartet und überlebt, sondern eine ängstliche und unterwürfige Person, die auf Rettung hofft. Das hatte ich so nicht erwartet.

Dennoch hat das Buch mich gut unterhalten, der Humor und manche moderne Entgleisung der Sprache waren erfrischend anders und spannend zu lesen. Bei dieser Gelegenheit konnte ich mein Wissen zur Odyssee ein wenig auffrischen und dies erinnerte mich daran, wie gerne ich griechische Mythologie eigentlich mag. Ein interessanter Ausflug in die Welt der Mythen und Sagen, der mir Spaß gemacht hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.12.2022
Die Heimkehr
Grisham, John

Die Heimkehr


ausgezeichnet

John Grisham ist ein meisterlicher Geschichtenerzähler, seine Romane begleiten mich seit Jahrzehnten und selten hat mich eines seiner Bücher enttäuscht. Dennoch war ich erst ein wenig skeptisch, als ich das vorliegende Buch mit drei Kurzgeschichten in den Händen hielt, weil seine Erzählungen bisher doch ziemlich viel Raum eingenommen haben und Kurzgeschichten bekanntlich, nun ja, einfach kurz sind. Meine Befürchtungen wurden jedoch nicht erfüllt, im Gegenteil wurden meine Erwartungen bei weitem übertroffen.

Alle drei Geschichten behandeln verschiedene Themen, wobei sich die erste und die dritte mit menschlichen Abgründen befassen, nämlich Veruntreuung, Reue, Vergebung und Gier. In der ersten Story kommt ein Mann nach Hause und erhofft Vergebung, nachdem er sich vor Jahren klammheimlich aus dem Staub gemacht hat. Dies gestaltet sich schwieriger als erwartet. In der dritten Story glauben die zwei Söhne eines Straftäters, dass sie ein Anrecht auf dessen Vermögen haben und verzetteln sich in ihrer eigenen Gier. Der feine Humor, der sich durch die Erzählungen zieht, hat mich schmunzeln lassen und wie so oft sah ich mich mit der Frage konfrontiert, wie ich entscheiden würde, was oft gar nicht klar war, denn einfach machte es mir der Autor dabei nicht.

Die mittlere und dritte Story indes war anders, hier gab es wenig Leichtigkeit und der Humor hatte einen bitteren Beigeschmack. Ein Mann sitzt seit vierzehn Jahren in der Todeszelle, in wenigen Stunden soll das Urteil vollstreckt werden, da äußert er einen letzten Wunsch. Die Hintergründe der Tat haben mich entsetzt, aber mehr noch das Alter des Todeskandidaten. Die Rechtsprechung in Amerika ist bekanntlich eine andere als hier und man könnte lange darüber diskutieren, was Recht und was Unrecht ist. Diese Geschichte hat mich erschüttert und emotional sehr bewegt. Auch hier habe ich mir die Frage gestellt, ob ich anders entschieden hätte und bin froh, dass ich ein solches Urteil nicht habe fällen müssen.

Alle drei Geschichten würden genug Stoff für ein eigenes Buch ergeben, wieder hat John Grisham es geschafft, mich wunderbar zu unterhalten und hat mir spannende, amüsante, aber auch sehr emotionale Lesestunden beschert. Volle Punktzahl gibt es dafür von mir und natürlich eine Leseempfehlung.

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.