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Europeantravelgirl

Bewertungen

Insgesamt 463 Bewertungen
Bewertung vom 30.07.2022
In fünf Jahren
Serle, Rebecca

In fünf Jahren


ausgezeichnet

Was wirklich zählt

„Dies ist eine Liebesgeschichte… aber nicht die Liebesgeschichte, die du erwartest.“

Dannies Lebensplan scheint wunschgemäß in Erfüllung zu gehen: Erst absolviert sie erfolgreich ein Vorstellungsgespräch für ihren Traumjob, abends macht ihr Freund ihr den lange herbeigesehnten Heiratsantrag. Die Weichen für eine Zukunft wie auf Schienen sind gestellt, und so kann Dannie ohne Zögern Auskunft geben, wie ihr Leben in 5 Jahren aussehen wird.

Doch dann erlebt Dannie eine Art Vision und findet sich für einige Stunden in ihrer eigenen Zukunft wieder. In 5 Jahren. In einer fremden Wohnung in den Armen und im Bett eines fremden Mannes.

Sehr schnell ist Dannie klar, dass dies kein gewöhnlicher Traum war, doch es gelingt ihr, diesen zu verdrängen bis ihre beste Freundin Bella ihren neuen Freund vorstellt: Niemand anderen als den fremden Mann aus ihrer Vision! Dannies einziges Ziel ist nun, das Wahrwerden ihrer Vision zu verhindern.

Es fällt schwer, über diesen wundervollen Roman zu schreiben, ohne zu viel zum Inhalt zu verraten. Ich kann aber etwas über meine Gefühle beim Lesen verraten, denn diese Geschichte hat mich von Anfang an gepackt. Ich mochte das Buch kaum noch aus der Hand legen. Es ist eine Liebeserklärung an New York und an wahre Freundschaft. Während ich zu Beginn noch dachte zu wissen, wohin die Reise führt, wurde ich auf ganz überraschende Pfade mitgenommen, habe mit den Figuren mitgelitten, gezweifelt, himmelhohe Freude und abgrundtiefe Verzweiflung gespürt. Mehr als einmal musste ich beim Lesen aufschluchzen, und mein Herz wurde gebrochen.

Mich hat diese herzenswarme und lebenskluge Geschichte zutiefst berührt.

Bewertung vom 27.07.2022
Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1
Getz, Kristine

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1


sehr gut

Unter der glänzenden Oberfläche

Es sind die Influencer und Blogger, mit denen dieser Thriller hart ins Gericht zieht. Jens und Lotte Wiig posten ihre zweijährige Tochter Poppy in allen Lebenslagen, nichts ist zu privat. Da wird auch mal eben noch auf Instagram gezeigt, dass die kleine Poppy über Nacht bei ihren Großeltern im Haus auf Bygdøy bei Oslo übernachtet – bis Poppy nach eben diesem Post spurlos verschwindet.

Der Thriller nimmt sich eines sehr aktuellen Themas an. Kennen wir nicht alle Blogger, die großzügig Einblick in ihr Privatleben gewähren? Und allzu oft werden auch Kinder gezeigt. Die Geschichte beleuchtet den Konflikt zwischen den finanziellen Verlockungen und der Verantwortung für Familie und Kind. Alle Schwarzmalerei scheint sich zu bestätigen, als eine Spur ins Milieu der Pädophilen führt. Ein Alptraum.

Doch auch unter der Oberfläche der Familie Wiig, die in Oslo zu den sogenannten feinen Kreisen zählt, brodelt es gewaltig. Da kommen mühsam unterdrückte Abneigungen zutage, bis dahin unbekannte Verwandte tauchen auf und düstere und entsetzliche Geheimnisse drängen ans Licht. Ermittlerin Emer Murphy und ihr Partner Mons Tidemond haben alle Hände voll zu tun, wobei Emer nach einem rätselhaften Zusammenbruch eigentlich noch gar nicht wieder im Dienst sein dürfte.

Erschütternd und überaus realistisch fand ich, wie die Vorgänge in verschiedenen Internetforen wahrgenommen und bewertet werden. Die enorme Vielschichtigkeit und die vielfältig verflochtenen Beziehungen in dieser Geschichte machen sie komplex, aber man wird das Gefühl nicht los, dass weniger mehr gewesen wäre. Sehr viele Themen, sehr viele Handlungsstränge, die an-, aber nicht auserzählt werden. Insgesamt fehlt der Geschichte die für einen Thriller eigentlich unabdingbare Hochspannung. Auch das Erzähltempo kommt eher gemächlich daher, so dass sich das Buch eher wie ein ruhiger Roman als wie ein hochbrisanter Thriller liest. Was realistisch und gesellschaftskritisch begonnen hatte, endet zudem leider in einem zu konstruierten Finale.

Mein Fazit: Eine Geschichte mit Schwächen, aber interessanten Figuren, die bereits eindeutig auf eine Fortsetzung angelegt ist.

Bewertung vom 24.07.2022
Die Ewigkeit ist ein guter Ort
Noort, Tamar

Die Ewigkeit ist ein guter Ort


ausgezeichnet

„Ich glaube, ich glaube nicht an Gott“

Ein plötzlicher Anfall von Gottdemenz? Elke, die in der Trauerbegleitung eines Stifts arbeitet, fehlen die Worte, das Vaterunser, die Gebete. Alles, was mit Gott zu tun hat, ist ihr völlig aus dem Gedächtnis abhandengekommen. Was zu tragisch-komischen Momenten führt, wurzelt tiefer. Eine Pastorin ohne den Glauben an Gott? Elke verliert nicht nur in beruflicher Hinsicht den festen Boden unter ihren Füßen, sondern das Fundament ihres ganzen Lebens gerät ins Wanken. Schließlich hatte sie eine glückliche Kindheit im Pfarrhaus verbracht und der Vater setzt all seine Hoffnung in Elke, die ihn auf der Kanzel ablösen soll. Doch die hat völlig die Orientierung verloren, den anscheinend fest vorgegebenen Pfad verlassen und irrt nun haltlos durch ihr Leben, wobei sie eine Schneise der Verwüstung durch Beziehung, Freundschaften und bei ihren Mitmenschen schlägt, immer auf der Suche nach dem abhanden gekommenen Gott, für den sie nur Wut empfindet. Denn da ist noch ein Ereignis aus ihrer Vergangenheit…

Der Roman von Tamar Noort hat mich sehr berührt. Elkes Suche, all ihre Zweifel und ihre Verlorenheit haben mich abgeholt und mitgenommen. Als selbst in der evangelischen Kirche engagierter Mensch habe ich mich ihr und ihrer Gedankenwelt tief verbunden gefühlt. Besonders die gelungenen Metaphern, Bibel- und Liedzitate verleihen der Geschichte nahezu gleichnisartigen Charakter, wie etwa die Episode mit dem Däumling oder das in Schieflage geratene Kirchgebäude mit dem wankenden Fundament. Wer hier jedoch theologische Ausführungen und Diskurse erwartet/befürchtet, dem sei gesagt: Dieser Roman wendet sich vor allem der zutiefst menschlichen Seite zu, dem Raum zwischen Himmel und Erde. Vor allem der Hauptperson Elke mit all ihren Zweifeln – an Gott, an ihren Beziehungen, an sich selbst, nicht zuletzt symbolhaft verdeutlicht durch das wunderschöne Cover. Das Buch strotzt geradezu vor außergewöhnlichen Ideen wie etwa dem Motodrom und der Steilwand. Selten konnte ich mich in einem Roman dermaßen in die Protagonistin hineinversetzen und habe auch die übrigen Figuren als unheimlich authentisch und vielschichtig empfunden.

Mich beeindruckte der ehrliche Umgang mit den Zweifeln. Und trotz allem schwingt große Hoffnung und Zukunftsperspektive mit. Dies alles in einer klaren Sprache, ohne mahnenden Zeigefinger, aber in seiner Schlichtheit und zugleich metaphorischen Wirkung bedeutsam. Für mich ein großer Lesegenuss.

Bewertung vom 19.07.2022
Die Wunder
Medel, Elena

Die Wunder


ausgezeichnet

Starke Frauenliteratur

Mit „Die Wunder“ hat uns ein großartiges Stück Literatur aus Spanien erreicht. Es ist ein Frauenroman, ein Buch über die Emanzipation und die Rechte der Frauen. Raffiniert in Aufbau und Erzählform breitet Elena Medel die Geschichte von María und ihrer Enkelin Alicia vor dem Leser aus. Zwei Frauen, getrennt durch Generationen, vereint in ihrer Perspektivlosigkeit. Das Schicksal hat dazu geführt, dass die beiden einander völlig unbekannt sind, dennoch sind sie in ihren Problemen vereint. Die Erzählung kreist um diese beiden Frauen, nähert sich ihnen in verschiedenen Zeiten und aus unterschiedlichen Richtungen an, und doch führt dieser Tanz unweigerlich zu einem gemeinsamen Punkt. Geschickt verwebt die Autorin die Geschichte der Frauen mit historischen Ereignissen in Spanien bzw. Madrid, das den Dreh- und Angelpunkt der Erzählung bildet. Die Sprache des Romans webt einen eigenwilligen Klangteppich für die Geschehnisse. Im Vordergrund stehen jedoch ganz allein die beiden Frauen. María, die ihre Familie wie eine Bleistiftzeichnung aus ihrem Leben ausradiert hat. Die hinter ihrem Partner unsichtbar ist, ehe sie schließlich ihre Stimme zu erheben wagt. Und da ist Alicia mit der tiefsitzenden Freude an der Demütigung. Die nicht schafft, ihren Partner gut zu behandeln. Was beiden Frauen gemeinsam ist, ist die These: Mit Geld wäre das Leben anders verlaufen. Immer wieder das Geld, mit dem der Stolz und die Freiheit der Frauen einhergehen.

Für mich ist dieser außergewöhnliche Roman im besten Sinne starke Frauenliteratur, ein spanisches Stück Zeitgeschichte und vor allem eine literarische Offenbarung.

Bewertung vom 13.07.2022
Im Feuer / Lilly Hed Bd.1
Ericson, Pernilla

Im Feuer / Lilly Hed Bd.1


ausgezeichnet

Brandheiße Sommerlektüre

Ob es ein gutes Zeichen ist, wenn man die Gluthitze beim Lesen regelrecht spüren kann?

Es ist ein heißer Sommer in Schweden. Heißer und trockener als jemals zuvor, und so ist es kein Wunder, dass die Waldbrandgefahr auf höchster Alarmstufe ist. Die junge Ermittlerin Lilly Hed tritt in dieser Sommerhitze ihren Dienst in Nynäshamn an, und kurz darauf beginnt es dort tatsächlich zu brennen. Es gibt ein Opfer, und alles sieht wie ein tragisches Unglück aus. Feuerwehrmann Jesper beschleicht der Verdacht, dass dieser Brand nicht zufällig ausgebrochen sein könnte, und er zieht Lilly zu Rate. Prompt brennt es wieder, und obwohl erneut alles für einen Unfall spricht, flackert bei Lilly eine Ahnung auf, dass hier ein Zusammenhang bestehen könnte.

Mich hat dieser Krimi von der ersten Seite an gefesselt. Lilly Hed trägt als Ermittlerin ein belastendes Geheimnis mit sich herum, kann nur mit Schlaftabletten einschlafen. Im Gegensatz zu so manchen eigenwilligen männlichen und suchtmittelabhängigen Kommissaren um die 50, die üblicherweise skandinavische Krimis so gern bevölkern, ist Lilly zwar auch eine Figur mit Vergangenheit, versinkt aber nicht im melancholisch-medikamentösen Sumpf, sondern ermittelt mit Intelligenz und Gespür.
Faszinierend fand ich vor allem die Einblicke in die Brandbekämpfung. Die bedrohliche Lage in der ausgedörrten Landschaft war regelrecht greifbar. Immer wieder die Trockenheit, der Wassermangel und Hinweise auf die nicht zu leugnenden klimatischen Veränderungen verleihen der Story eine brisante und beängstigende Aktualität. Die Gluthitze des schwedischen Sommers wird beim Lesen regelrecht spürbar und man leidet förmlich mit.

Ein großartiger schwedischer Krimi mit einer sehr sympathischen Ermittlerin und einem fulminanten Ende. Ich werde auf jeden Fall auch den nächsten Teil dieser vielversprechenden Reihe lesen!

Bewertung vom 04.07.2022
Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1
Vassena, Mascha

Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Mord im Eiskeller

Das malerische Dorf Montagnola im Tessin bildet die Kulisse dieses schönen Krimis. Hierher kehrt die Übersetzerin Moira Rusconi zurück, um ihren Vater nach einem Schlaganfall zu pflegen. Wie sich herausstellt, ist Ambrogio Rusconi jedoch alles andere als bettlägerig, sondern genießt das schöne Leben und den köstlichen Grappa in der örtlichen Osteria. Für Moira ist die Reise eine Heimkehr in das Dorf ihrer Jugend, wo sie viele bekannte Gesichter trifft und auch eines, das ihr einmal besonders wichtig gewesen war, ihre Jugendliebe Luca. Der ist heute Gerichtsmediziner, und über ihn kommt sie als Übersetzerin zu einem ungewöhnlichen Einsatz, nämlich als Dolmetscherin an einem Tatort. Ein Mann aus Montagnola wurde in einer Nevera, einem Eiskeller, entsetzlich grausam zu Tode gequält. Unerwartet findet sich Moira als Mitglied des Ermittlungsteams und steckt plötzlich mitten in diesem rätselhaften Fall.

Der Krimi war originell und angenehm spannend, keineswegs vorhersehbar. Mir gefiel besonders das ausgewogene Verhältnis zwischen der Entwicklung des Falles einerseits und der dörflichen bzw. familiären Komponenten andererseits. Oft wird in solchen Destinationskrimis übertrieben versucht, Lokalkolorit zu erzeugen. Hier erscheinen die Schilderungen nie aufdringlich oder erzwungen, sondern es entfaltet sich eine schöne Kulisse. Geradezu erleichtert war ich, dass Moira sich nicht als aufdringliche Tessiner Miss Marple herausstellt, sondern zurückhaltend bleibt und aus dem Hintergrund Impulse gibt – die aber durchaus entscheidend sind! Mein absoluter Liebling war Moiras Vater Ambrogio, der in einer hinreißenden Mischung von Schlitzohrigkeit und Starrsinn beschrieben ist. Auch die anderen Dorfbewohner sind lebensnah geschildert und nicht übertrieben comicmäßig skurril, was ich wirklich angenehm fand.

Auch als Einzelband wäre es ein sehr schönes Buch gewesen; es wurde aber als Auftakt einer Reihe angekündigt, und die Geschichte bietet durchaus Potenzial für eine Fortsetzung.

Bewertung vom 30.06.2022
Kein Sommer ohne dich
Henry, Emily

Kein Sommer ohne dich


ausgezeichnet

Wenn zwei eine Reise tun

Ich mag dieses Buch so sehr. Vielleicht wegen Poppy. Oder wegen Alex. Oder wegen ihrer (und meiner) Reiselust.

Die aus einer Kleinstadt in Ohio stammende Poppy hat ihre „Wanderlust“ nach und nach sogar zum Beruf gemacht. Zuerst führt sie einen Reiseblog, später reist und berichtet sie für ein Magazin. Jeden Sommer mit dabei: Alex Nilsen, ihr bester Freund, den sie im ersten Semester am College kennengelernt hat. Aber irgendetwas lief schief. Nach 2 Jahren völliger Funkstille brechen sie noch einmal gemeinsam auf zu einer Reise, um alles wieder geradezurücken, aber nichts läuft wie es soll: Brüllende Hitze, kaputte Klimaanlage, verpesteter Pool. In Zwischenkapiteln blicken wir nacheinander zurück auf die gemeinsamen Sommerreisen der letzten 12 Jahre. Immer Poppy und Alex, aber immer ein klein wenig anders. Doch je näher sich der Rückblick dem jetzigen Sommer nähert, desto klarer wird, dass nicht die Klimaanlage das eigentliche Problem ist. Es ist das Offensichtliche, aber gut Verdrängte. Und beide wissen, dass dies die letzte Chance ist.

Eigentlich ist es ein eher stilles Buch, ruhig und nicht reißerisch sensationell. Der wahre Zauber verbirgt sich in den Gesprächen, den Zwischentönen, den kleinen Begebenheiten und Begegnungen mit anderen Menschen auf ihren Reisen. Die Eigenheiten von Poppy und Alex, über die sie sich gegenseitig liebevoll lustig machen. Die Wortwitze zwischen ihnen, ihre kleinen Rollenspielchen, aber auch die kleinen Anspielungen und Gefühlsäußerungen, getarnt als Scherz, um die wahren Gefühle nicht zu offenbaren. An sich bin ich kein ausgesprochener Liebhaber von Friends-to-Lovers-Stories, aber diese hier hatte mich. Oder wie Poppy sagen würde: Diese Geschichte spricht zu mir!

Üblicherweise lese ich Bücher gerne in der englischen Originalsprache, aber hier fand ich die Übersetzung absolut gelungen und sie transportierte für mich das Gefühl des Originals. Auch der deutsche Titel trifft voll ins Schwarze!

Eine süße Sommer-Lovestory für alle vom Fernweh Gebeutelten!

Bewertung vom 27.06.2022
Tweet Cute
Lord, Emma

Tweet Cute


ausgezeichnet

Ein Buch so süß wie ein Monster-Cake

Das Rezept für eine zuckersüße Liebes-Verwechslungs-Twitter-Story, in dem verrückte Kuchenkreationen eine tragende Rolle spielen? Man nehme zwei sympathische Helden, Pepper und Jack, die kurz vor dem Highschool-Abschluss stehen. Für die richtige Würze füge man eine irre Verwechslungsgeschichte hinzu. Diesem Gemisch füge man eine ordentliche Portion witzige Dialoge und Tweets bei, rühre alles gut um und garniere die Kreation anschließend liebevoll mit einer großen Ladung Freundschaft, einem Hauch Coming-of-Age-Frust, bestreue es mit ein paar Flocken familiärer Probleme und kröne die Kreation schließlich mit einer gewaltigen Ladung geraspeltem Humor, ehe man sie mit süßem Lovestory-Sirup übergießt. Et voilá! Bon appetit!

Aber von vorne: Pepper und Jack besuchen gemeinsam die Abschlussklasse der Highschool. Das war aber schon die einzige Gemeinsamkeit der beiden, die sich während der Schule nur höchstens gegenseitig mit fiesen Sprüchen würdigen. Während Pepper Ambitionen hat, Jahrgangsbeste zu werden, brilliert Jack vor allem als Klassenclown. Neben seinem ach so perfekten Zwillingsbruder Ethan bleibt ihm wohl auch kaum etwas anderes übrig. Was keiner weiß: Jack ist der Entwickler der Weazle-App, einer anonymen Plattform, wo jedem User ein Tier als Nickname zugeteilt wird. Hier treffen sich Wolf und Bluebird, verstehen sich auf Anhieb gut, teilen Späße miteinander und vertrauen einander im Schutz der Anonymität an, was sie bewegt und belastet. Nur der Leser hat hier den Wissensvorsprung, dass es sich bei Wolf um Jack und bei Bluebird um Pepper handelt, so dass man beim Lesen öfter grinsen muss, weil sich die beiden bei „Weazle“ so gut verstehen und in der Schule dann wie die Pest behandeln! Als ob das nicht schon genug Story hergäbe, prallen Pepper und Jack auf einem dritten Schauplatz aufeinander: Peppers Eltern betreiben eine Burgerkette. Als diese auf Twitter von einem kleinen Deli des Rezeptdiebstahls bezichtigt wird, bricht Pepper vom Twitter-Account der Burgerkette einen Tweet-Streit mit dem Deli vom Zaun. Für Pepper ist das alles rein geschäftlich, keine persönliche Angelegenheit – bis sie erkennen muss, dass ausgerechnet Jacks Eltern das Deli gehört und er für sie den Twitter-Account betreibt! Nun fliegen nur so die Fetzen, die Tweets sprühen nur so vor bissigem Humor, und ein Battle beginnt!

Überhaupt lebt dieses Buch von quirligen Menschen, frechen Dialogen und einem flotten Erzähltempo. Ein wenig Tiefe erhält die Story, wenn es um das Verhältnis der beiden zu ihren Familien oder um ihre Zukunftsängste nach Abschluss der Schule geht. Dabei begeht die Geschichte aber nicht den Fehler, tiefschürfende Probleme zu wälzen, sondern behält auch hier eine lockere und entspannte Aufarbeitung bei. Das Highlight sind jedoch ganz eindeutig die kulinarischen Köstlichkeiten, die einem beim Lesen das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Da geht es herzhaft zu bei deliziösen Sandwiches mit reichlich geschmolzenem Käse, gefolgt von den berühmten Kitchen Sink Macarons, den legendären So Sorry Blondies oder eben dem ultimativen Monster-Cake. Wer da kein Kopfkino entwickelt, war offensichtlich satt!

Ich mochte den fröhlichen Grundton des Buches mit all den schlagfertigen Dialogen und Tweets, den liebenswerten Protagonisten und den herrlich verrückten Kuchenkreationen.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für alle, die Lust auf ein witziges und freches Buch haben! Die Kirsche auf dem Sahnehäubchen dieses Buchkuchens wäre gewesen, wenn tatsächlich die Rezepte von Peppers wilden Kreationen wie dem Monster-Cake oder den legendären So-Sorry-Blondies abgedruckt gewesen wären, aber auch so ist dieses Buch einfach nur „cute“.

Bewertung vom 21.06.2022
The Sunrise in Your Eyes / California Dreams Bd.2
Leopold, Kim

The Sunrise in Your Eyes / California Dreams Bd.2


ausgezeichnet

Liebe Kim Leopold!

Erst vor ein paar Wochen war ich mit Holly unterwegs im Van und habe mich mit Pascal in Hollys vollgestopfter Wohnung versucht selbst zu finden. Gefunden habe ich damals vor allem Liebe für diesen außergewöhnlich schönen Reihenauftakt.

Und nun soll ich mich ausgerechnet mit Pascals schwieriger Schwester weiter auf den Weg machen? Der verschlossenen Allegra? Die in Band 1 nicht gerade eine Sympathieträgerin war?

Ja, liebe Kim Leopold, du willst genau das und katapultierst uns in die Perspektive von Allegra. Die ersten paar Seiten will ich das gar nicht, ich will zurück zu Pax und Holly. Allegra ist unbequem. Aber dann beginne ich aufzumerken. Fange allmählich an, die wahre Lela zu erkennen und zu verstehen. Zu ihrem Kern vorzudringen und sie ganz zu erfassen, während sie den Fotografen Andy kennenlernt und mit ihrem neuen Vermieter Maverick chattet. Allegra nimmt mich mit nach Skid Row in eine Welt, die ich vorher so nicht gekannt habe. Und auf einmal ist die junge Frau nicht mehr verschlossen oder unbequem, sondern Allegra hat sich mit ihrer Geschichte sozusagen von hinten in mein Herz geschlichen. Ich leide mit ihr, teile ihre Ängste und auch die schönen Emotionen. Ich mag auch sehr, wie gut der Titel zur Geschichte passt. Manche Dinge kann ich nun auch rückblickend besser verstehen. Und ich bewundere Lelas Engagement, ihre Tatkraft und ihren Mut.
Danke, liebe Kim, dass du mir als Leserin das zumutest! Dass wiederum du den Mut hast, unbequeme Heldinnen und unschöne Wirklichkeiten zu Wort kommen zu lassen und zu benennen!

Und nun soll ich als nächstes wohl mit dem aufbrausenden und unsympathischen Micah weitergehen? Den manchmal noch nicht einmal seine Geschwister mögen? Ausgerechnet der?

Ja, liebe Kim, ich vertraue dir und bin bereit!

Bewertung vom 17.06.2022
Ein unvollkommener Ehemann
O'Flanagan, Sheila

Ein unvollkommener Ehemann


gut

Nett, aber leidenschaftslos

Roxy erwischt ihren Ehemann Dave im Bett mit der Nachbarin. Die betrogene Ehefrau ist daher mit den Kindern zu ihrer Mutter gezogen und braucht Zeit, um zu überlegen: Verlässt sie Dave oder verzeiht sie ihm? Derweil übernimmt Roxy den privaten Fahrservice ihres verstorbenen Vaters und kutschiert die unterschiedlichsten Persönlichkeiten zu Terminen.

Die Geschichte beginnt in einem sehr ruhigen Erzähltempo und es dauerte tatsächlich einige Zeit bis ich mich endlich hineinfand und sich die eigentliche Story zu entfalten begannt. Diese gestaltet sich eher klassisch und schlicht. Mit Hochspannung oder witzigen Wortgefechten darf man hier nicht rechnen, sondern der ruhige Erzählstrom fließt gemächlich vor sich hin. Anfangs steht vor allem Roxys Tätigkeit beim Fahrservice im Mittelpunkt, da wird auch mal ein ganzer Tag lückenlos vom Frühstück bis zum Abendessen geschildert samt allen Fahrten, Gesprächen und Nahrungsmitteln, die sie über den Tag verteilt zu sich nimmt. Als Leser fühlt man sich wie der Zuschauer einer Dokumentation über Roxy, sachlich fundiert und überaus interessant, jedoch neutral aus der Distanz geschildert. Man könnte es eine unaufgeregte Erzählweise nennen, doch leider wird der Blick auf die Protagonisten dadurch gefühlsneutral und distanziert. Auch als allmählich Fahrt in die Handlung kommt und etwa der geheimnisvolle Ivo in ihr Leben tritt, kommen nicht wirklich Spannung oder Gefühlswallungen auf. Die Erzählung an sich ist durchaus nett, man bekommt zumindest hervorragende Einblicke in die Tätigkeit beim Fahrservice, die Schilderung kann aber nicht einmal mit Lokalkolorit von ihrem Handlungsort in Irland aufwarten. Sie lässt beim Lesen wenig Emotionen aufkommen, man leidet nicht mit Roxy, fühlt nicht mit ihr und ihren Konflikten mit, sondern sieht ihr aus emotionaler Ferne zu. Wenn im Roman von einer prickelnden Situation die Rede ist, springt dieses Gefühl leider nicht auf den Leser über. Als Roxy nach einer schockierenden Nachricht in Ohnmacht fällt, leidet man nicht wirklich mit ihr, sondern verfolgt das Geschehen aus der Distanz.

Der Roman konnte mich leider nicht berühren. Ich habe die Handlung interessiert verfolgt, aber es hat tatsächlich lange gedauert bis sie mich zumindest in Ansätzen gefesselt hat. Dennoch habe ich nicht wirklich mit Roxy mitgefühlt oder mitgefiebert, sondern habe sie wie in einer interessanten Dokumentation aus der emotionslosen Distanz verfolgt.