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Leseigel
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Villingen

Bewertungen

Insgesamt 1132 Bewertungen
Bewertung vom 26.11.2022
Die Hoffnung auf ein neues Morgen
Sahler, Martina

Die Hoffnung auf ein neues Morgen


ausgezeichnet

Willkommen im Tal der Könige
England 1921. Die junge Viktoria und ihr 13jähriger Bruder Jamie machen sich auf den Weg zu ihrem Onkel in Ägypten . Das war der Wunsch ihres verstorbenen Vaters. Caleb, Viktorias Verlobter, ist strikt dagegen. Dennoch machen sich die Geschwister auf den Weg nach Luxor, wo sie auf die große Gemeinde der Archäologen treffen. Fasziniert vom Land, Leute und der Geschichte beginnt Viktoria sich zu emanzipieren, unterstützt von neuen Freundinnen, die jede für sich ihren eigenen Weg geht. Dann taucht Caleb überraschend in Luxor auf. um Viktoria nach Hause zu holen.

Was mir bei diesem lesenswerten Roman neben der spannenden Handlung besonders gefallen hat, sind die wunderbaren Beschreibungen der Landschaften und Orte.. Egal, ob Viktoria zum ersten Mal ägyptischen Boden betritt oder einen Blich auf das Tal der Könige wirft , ich stand neben ihr und habe gesehen, gefühlt , gerochen was sie empfunden hat.

Viktoria hat mir imponiert. Ich bin mir fast sicher, ich hätte nicht den Mut gefunden, zu jener Zeit quer durch Europa nach Ägypten zu reisen, ohne zu wissen, was mich erwartet. Einmal angekommen muss sie sich stets auf neue auf unvorhergesehene Situationen einstellen, was sie durch ihre vorurteilsfreie und pragmatische Art gut meistert. Wenn ich ihr etwas vorwerfen wollte, dann dass sie sich ausgerechnet in Caleb verliebt, den Jamie und ich von Herzen verabscheuen.

Jamie ist mit seiner Begeisterung für das alte Ägypten und seiner altklugen Art sehr liebenswert , obwohl er mich als Bruder wahrscheinlich ab und zu nerven würde.

Nach vielen turbulenten Ereignissen und Missverständnissen endet die Geschichte mit viel Harmonie und Glück, was sich die Beteiligten in meinen Augen auch redlich verdient haben.

Auch erwähnenswert nach meinem Empfinden ist, dass die Autorin einen guten Einblick in den Alltag der Ausgrabungen gibt und erfolgreiche Archäologinnen sichtbar macht, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind.

Bewertung vom 20.11.2022
Bis zum blutigen Ende (eBook, ePUB)
Dicken, Dania

Bis zum blutigen Ende (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eine Geschichte von ambivalenter Gerechtigkeit
Libby hadert mit dem Schicksal, dass sie trotz Kinderwunsch nicht schwanger wird. Owen und sie haben deshalb beschlossen, professionelle Hilfe zu suchen.

Da kommt eine E-Mail, die Julie von einem Unbekannten erhält, gerade recht, um von den eigenen Problemen abzulenken. Der Absender , der sich Dave nennt, behauptet sein Freund sei ein Serienmörder, der junge Männer bestialisch tötet. Skeptisch, ob dies der Wahrheit entspricht, machen sich die beiden Profilerinnen auf Spurensuche und werden fündig. Während Julie in Mailkontakt mit Dave ist , um weitere Informationen zu erhalten, damit ein weiterer Mord verhindert werden kann, kümmert sich Libby um Sophia, eine junge Frau, die vergewaltigt wurde. Der Kontakt kam über eine Hilfsorganisation zustande, für die sich Libby engagiert. Was als unterstützendes Gespräch beginnt, endet als Alptraum.

Da scheint Julie mehr Erfolg beschieden. Dave erklärt sich bereit, dabei zu helfen, seinen Freund zu stoppen.

Einer der Pluspunkte der Thriller der Autorin ist, dass es ihr gelingt persönliche Probleme der Hauptpersonen so in die Handlung einzubauen, dass ein zweiter Spannungsbogen entsteht, ohne die Krimihandlung zu stören. Dieses Mal wird ungewollte Kinderlosigkeit thematisiert - ein Thema , das mit vielen Emotionen belastet ist, hier aber in nüchterner Weise beleuchtet wird.

Die Suche nach dem Serienmörder war erneut fesselnd. Durch Rückblenden in die Kindheit des Täters gibt die Autorin Hinweise , wie es zu der Deformierung der Täterpersönlichkeit kommen konnte. Bei mir hat es dazu geführt, dass ich auf der einen Seite voller Abscheu für den Täter und seine Verbrechen war. Auf der anderen ich mir die Frage stelle, wie man mancher Täterpersönlichkeit gerecht werden kann.

Sophias Geschichte und Entwicklung war einfach nur furchtbar traurig und zeigt gleichzeitig , dass man die seelischen Qualen eines Vergewaltigungsopfers nicht hoch genug bewerten kann.

Insgesamt wurden aufwühlende und wichtigen Themen in einem packenden Thriller aufgearbeitet.

Bewertung vom 20.11.2022
Die Geister der Weihnacht gehen in Rente (eBook, ePUB)
Hausdorf, Haike

Die Geister der Weihnacht gehen in Rente (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eine bezaubernde und humorvolle Weihnachtsgeschichte
Wer kennt nicht Charles Dickens Weihnachtsgeschichte, in der die drei Geister der Weihnacht den geizigen, griesgrämigen Scrooge zu einem besseren Leben bekehren. Die Autorin spinnt die Geschichte weiter und lässt die drei Geister an ihren wohl verdienten Ruhestand denken.

Da die Welt nicht besser geworden ist, suchen sie deshalb nach würdigen Nachfolgern. Die Suche stellt sie vor vergleichbare Probleme wie jeden Arbeitgeber. Aus einer Vielzahl an Bewerbern gilt es die besten auszuwählen. Eine schwierige Aufgabe ! Zumal jeder Bewerber seine Besonderheiten hat. Da ist zum Beispiel Pretty, die zwar hübsch, aber nicht die hellste ist. Oder Pleasant, die die perfekte Bewerberin wäre, wenn sie nicht die Gestalt einer Ziege hätte. Oder Tardy, der grundsätzlich zu spät kommt. Also müssen Team bildende Maßnahmen ergriffen und ein Probearbeiten ermöglicht werden. Zeitweise fühlte ich mich an eine bunt zusammengewürfelte Schulklasse von Pubertierenden erinnert, die gebändigt werden muss Hut ab vor der Geduld und Geisterkenntnissen der drei zukünftigen Rentner, die sich durch manchen Rückschlag nicht entmutigen lassen und tatsächlich am Ende geeignete Nachfolger finden..

Bis es so weit ist, gibt es viel Anlass zum Lachen, da nicht alles so läuft wie gedacht. Die Situationen sind witzig, ohne bösartig zu sein und zeitlos, so dass man immer wieder auf neue und in jedem Alter darüber lachen kann.

Es war eine Freude zu lesen, wie die Gruppen zusammen wachsen und sich gegenseitig unterstützen. Ich finde diese Weihnachtsgeschichte kann man immer wieder lesen und sie verliert dennoch nichts von ihrem Charme.

Bewertung vom 20.11.2022
Feldpost
Borrmann, Mechtild

Feldpost


ausgezeichnet

Eine Geschichte, die berührt und wütend macht

Kurz vor Weihnachten trifft die Rechtsanwältin Russo in einem Café eine ihr unbekannte alte Frau. Diese lässt an Russos Tisch einen Aktenkoffer zurück. Die darin befindlichen Unterlagen und einige Feldpostbriefe machen Russo neugierig und sie begibt sich auf Spurensuche.
Die Briefe erzählen von einer großen Liebe, die Russo berührt. Nach und nach deckt sie die Hintergründe auf. Sie stößt auf eine Geschichte von Verrat und Niedertracht .
Diese Ereignisse wären ohne die Machtergreifung der Nazis so nicht passiert, die 1935 in Kassel ihren Anfang nehmen. Der Spediteur Marten äußert sich abfällig über Hitler. Um sein Vermögen und die Zukunft seiner Familie zu retten, verkauft er seine Villa an seinen besten Freund im Vertrauen auf dessen Redlichkeit.
Die Kinder der beiden Familien wachsen gemeinsam auf. Adele Marten verliebt sich in Richard, dessen Herz gehört aber ihrem Bruder Albert.
Die Autorin erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebnen. Da ist die Rechtsanwältin Russo, die in der Gegenwart versucht die Empfängerin der Briefe oder deren Schreiber ausfindig zu machen, um die Feldpostbriefe zurückzugeben.
Parallel dazu wird Adeles Schicksal und das ihrer Familie berichtet. Was als tragische Liebesgeschichte beginnt, entwickelt sich zu einem großen niederträchtigen Betrug.
Besonders berührt hat mich die schnörkellose Sprache der Autorin. Dadurch erhalten die Ereignisse noch mehr Nachdruck. Ich war zeitweise so fassungslos und wütend ob der Niedertracht sowohl einzelner Personen als auch des Regimes, dass ich hätte schreien können. Dabei haben alle Beteiligte durch ihr Verhalten zu dem tragischen Geschehen beigetragen - egal ob Opfer oder Täter.
Einzig Adele zeigt Mut und Solidarität, indem sie den Bruder unterstützt und mehrfach die Herausgabe des elterlichen Hauses anmahnt. Letzten Endes scheitert auch sie.
Wie viele Geschichten aus dieser Zeit, endet auch dieser absolut lesenswerte Roman nicht glücklich. Zurück blieben bei mir ein starkes Gefühl von Bedauern und Wut.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.11.2022
Der eiserne Herzog
Schiewe, Ulf

Der eiserne Herzog


ausgezeichnet

Geschichte wird lebendig
Der Autor erzählt die Lebensgeschichte von Guilhem, dem Herzog der Normandie von seinem Werben um die Liebe seines Lebens Matilda bis zu seinem Sieg über den englischen König Harold. Guilhem wird mancher fragen, wer war das ? In die Geschichtsbücher eingegangen ist er als Wilhelm, der Eroberer, der 1066 durch die Schlacht bei Hastings den englischen Thron erlangt hat.

Wer war dieser vermeintliche Usurpator und wie kam es zu dieser Schlacht ? Fragen, auf die der Autor in unterhaltsamer und fesselnder Weise Antworten gibt.

Nach dem frühen Tod seines Vaters, konnte Guilhem nur mit der Hilfe treuer Freunde mehreren Mordanschläge entkommen, die von Konkurrenten um die Herrschaft über die Normandie angezettelt wurden. Dadurch lernt er früh, dass man seine Feinde vernichtend schlagen muss, wenn man Frieden will.

Gegen das Verdikt des Papstes und den Widerstand der Mutter der Braut heiratet er Matilda von Flandern. Die beiden haben sich aufrichtig geliebt und eine Ehe geführt, die auch aus heutiger Sicht modern anmutet.

Warum nun war Guilhem nicht mit seinem Leben als Herzog der Normandie zufrieden ? Die Antwort ist einfach und lässt die Eroberung Englands in einem anderen Licht erscheinen. König Eadweard von England war Guilhems Onkel und hatte keine eigenen Nachkommen. Er bestimmte deshalb Guilhem zu seinem legitimen Nachfolger . Das sah ein Teil des englischen Adels und Klerus nach Eadweards Tod anders und machte Harold Godwinson zum König. So kam es zu der berühmten Schlacht, die der Autor in sehr anschaulichen Bildern schildert. Es muss ein blutiges Gemetzel gewesen sein und hat vielen den Tod gebracht.

Das Buch hat meine Sicht auf Guilhem und sein Handeln verändert und einiges zurecht gerückt. Für mich ist er nicht mehr der blutrünstige Eroberer, sondern ein rechtmäßiger Erbe des englischen Throns der seinen Anspruch durchsetzt und das mit dem damals einzigen Mittel - Krieg. Viele Aspekte seiner Persönlichkeit fand ich sympathisch wie sein Verhältnis zu seiner Frau Matilda .

Der Roman erzählt Guilhems Geschichte packend und weckt in meinen Augen Verständnis für die historischen Ereignisse.

Bewertung vom 12.11.2022
Die Spur der Luchse / Ingrid Nyström & Stina Forss Bd.10
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Die Spur der Luchse / Ingrid Nyström & Stina Forss Bd.10


ausgezeichnet

Verwirrspiel um eine Gruppe verschwundener Jugendlicher

Eine Eisenbahntrasse soll durch ein Naturschutzgebiet gebaut werden. Dagegen regt sich der massiver Protest von Naturschützern. Genau in diesem Waldgebiet verschwindet eine Schülergruppe. Brisant - die Tochter eines bekannten rechtsnationalen Politikers ist darunter. Der Ermittlungsdruck ist gewaltig, die Stimmung aufgeheizt.

Wer Krimis liebt, die gleich zu Beginn mit einer Leiche aufwarten, wird sich mit diesem Buch vermutlich schwer tun. Auch ich hatte meine Startschwierigkeiten. Seitenweise Ausführungen zum Konflikt um das geplante Bahnprojekt haben meine Geduld strapaziert. Gut, dass ich weiter gelesen habe, denn die Handlung nimmt immer mehr an Fahrt auf und hat mich in ihren Bann gezogen. Dazu beigetragen haben eingeschobene Tagebuchaufzeichnungen einer unbekannten Person. Der Inhalt war beunruhigend und legt die Vermutung nahe, dass sie von einem der Schüler stammen. Aber ist er Beobachter, Opfer oder Täter ?

Umso mehr Details die Ermittler herausfinden, um so verworrener wird die Sachlage. Keines der Puzzleteile passt zusammen. Erschwerend kommt hinzu, dass einige Beteiligte mit der Wahrheit hinter dem Berg halten.

Erst gegen Ende des Buches erfassen sowohl die Ermittler als auch der Leser die völlige Tragweite der Ereignisse und deren Tragik.

Mir hat das langsame Herantasten an die Wahrheit sehr gut gefallen und ich fand es auch fesselnd, obwohl es so gut wie keine Actionszenen gibt. Was manchmal etwas störend war, die Autoren sprechen viele aktuelle Themen wie Umweltschutz, Rechtsnationalismus oder LGBT an. Ein wenig entstand der Eindruck, man wolle für jeden Geschmack etwas bieten.

Nichtsdestotrotz ist der Krimi ein Garant für einige Stunden packender Unterhaltung.

Bewertung vom 02.11.2022
Funkenfeder
Plagemann, Ines

Funkenfeder


ausgezeichnet

Vertraue niemanden !
Ria lebt mit ihrem Opa auf Ameland. Ria ist eine Alata. Das bedeutet, sie kann Vogelgestalt annehmen und in ihrem Fall die eines Phönix. Seit ihr Vater bei einem Feuer ums Leben kam, ist sie zusammen mit ihrem Opa auf der Flucht. Auch jetzt muss sie Ameland Hals über Kopf verlassen und lässt dieses Mal sogar ihren Opa zurück.

Zuflucht findet sie im Waisenhaus Villa Federklaue. Nach einer Zeit der Eingewöhnung fühlt sie sich dort zuhause. Doch die Bedrohung kommt näher. Jemand tötet Phönixe. Jemand trachtet Ria nach dem Leben. Ihr Opa hat gesagt, sie darf niemanden trauen.

Das Buch hat mich nach wenigen Seiten bezaubert und gefesselt. Die Vorstellung, sich in einen Vogel zu verwandeln, weckt auch bei mir ein Gefühl von Sehnsucht, sich in die Lüfte erheben zu können.

Ria ist auf den ersten Blick ein ganz normaler Teenager. Ziemlich schnell erfahre ich, welche Bürde sie mit sich herumschleppt. Ich will auf keinen Fall mit ihr tauschen. Ich konnte ihre Angst, ihre Einsamkeit und Sehnsucht nach einem sicheren Platz, an dem sie bleiben kann, gut nachempfinden. Die Villa Federklaue könnte so ein Ort sein. Nach anfänglichem gegenseitigen Misstrauen findet Ria Freunde. Aber ihr Geheimnis verrät sie nicht und leidet sehrt unter ihrem Schweigen. Gleichzeitig wird die Atmosphäre immer bedrohlicher und ich ahne, dass Schreckliches passieren wird.

Auch einige der Nebenfiguren habe ich ins Herz geschlossen. Allen voran Max, ein kleiner Junge, der Probleme hat, sich in einen Raben zu verwandeln. Aber er hat ein großes Herz, beweist Mut und man muss ihn einfach lieben.

Besonders schön beschrieben fand ich die beginnende Liebe zwischen Ria und Lily. Sehr romantisch, ohne kitschig zu sein. Ich habe mich für Ria sehr gefreut, dass ihre Einsamkeit etwas kleiner wird.

Wie es bei Fortsetzungsgeschichten nicht anders zu erwarten war, bleiben , nachdem das Buch mit einem Paukenschlag endet, viele Fragen offen. Das schadet aber meinem bisherigen Lesevergnügen nicht, sondern steigert meine Vorfreude auf den Folgeband.

Bewertung vom 01.11.2022
Die Pestinsel
Hermanson, Marie

Die Pestinsel


ausgezeichnet

Atmosphärisch dichter fesselnder Krimi
Göteborg 1925 Kommissar Nils Gunnarsson soll den Tod einer Flussleiche untersuchen. Der Mann wurde stranguliert - mit einer Garotte, sehr ungewöhnlich für diese Zeit. Gunnarsson erinnert sich an einen kürzlich gelesenen Krimi, in dem diese Todesart beschrieben wurde. Mangels anderer Anhaltspunkte versucht er den Autor ausfindig zu machen. Die Spur führt zur einem Insassen auf der Quarantäneinsel Bronsholmen , genannt die Pestinsel. Der Mann steht unter strenger Bewachung, kann es also nicht gewesen sein.

Da Gunnarsson einiges auf der Insel merkwürdig erscheint, erklärt sich seine ehemalige Freundin und Journalistin Ellen bereit, auf der Insel eine Stelle als Küchenhilfe anzunehmen. Sie trifft auf eine verschworene Gemeinschaft. Ist der Mörder einer von ihnen ?

Das Buch hat mich zuerst durch seine elegante Sprache und die atmosphärisch dichte düstere Stimmung für sich eingenommen.

Gunnarsson ist ein sympathischer Ermittler, der ausgetretene Denkpfade verlässt, was sein Vorgesetzter nicht immer zu schätzen weiß. Er behandelt die Menschen mit Respekt, auch diejenigen, die außerhalb der Gesellschaft stehen wie Obdachlose oder die Treibgutsammler, eine Lebensgemeinschaft von Gestrandeten, die von Treibgut und Diebstahl leben.

Im Laufe der Ermittlungen trifft er auf den zwielichtigen Doktor Kronborg. Bis zum Schluss war mir nicht klar, welchen Anteil er an den Geschehnissen hat.

Nils ehemalige Freundin Ellen wäre gerne eine moderne , selbstbewusste Frau. Da sie aus gutem Hause stammt, sind ihr die Niederungen der menschlichen Natur unbekannt. Dementsprechend sind ihre Erfahrungen auf der Insel unerwartet und schockierend. Auch für mich waren die Inselbewohner zu Beginn ein Rätsel. Umso mehr ich erfahren habe, umso weniger wusste ich, ob ich wütend, entsetzt oder voller Mitleid sein sollte.

Am Ende werden alle Puzzleteile zusammengefügt und ergeben ein verstörendes Bild von Gier und Abhängigkeiten.

Am Rande sei noch erwähnt, dass die Autorin auch einige amüsante Dinge erwähnt wie etwa die Situation der Verkehrspolizisten damals.

Bewertung vom 29.10.2022
Der Horror der frühen Chirurgie
Fitzharris, Lindsey

Der Horror der frühen Chirurgie


ausgezeichnet

Der 1. Weltkrieg als Geburtshelfer der plastischen Chirurgie
Der 1. Weltkrieg war nicht nur der erste Krieg, der die ganze Welt ins Chaos gestürzt hat, sondern auch der erste, in dem neue Waffen mit unglaublicher Zerstörungskraft eingesetzt wurden.
Dies hatte eine Vielzahl an neuen und verheerenden Verletzungen zur Folge. Die furchtbarsten davon, waren Verwundungen des Gesichts, die die Opfer auf das entsetzlichste entstellt und eine Rückkehr in ein normales Leben unmöglich gemacht haben. Viele talentierte und engagierte Ärzte sahen das Elend der Betroffenen und haben versucht, ihnen ein Gesicht zurückzugeben.
Dieses Buch schildert die Verdienste Harold Gillies, einem Pionier der plastischen Chirurgie und zeigt gleichzeitig das ungeheure Ausmaß der Leiden der Opfer.
Ich habe keinerlei medizinische Vorkenntnisse, interessiere mich aber in vielfältiger Weise für Geschichte. Mit ein wenig Bedenken, ob ich die Ausführungen der Autorin folgen kann, begann ich zu lesen.
Es war überhaupt kein Problem, in die Geschichte einzutauchen. Zwar werden einige neue Operationsmethoden im Verlauf des Buches beschrieben, das aber so anschaulich und ohne allzu viele Fachbegriffe, so dass man zumindest eine annähernde Vorstellung davon bekommt.
Gut gefallen hat mir, dass die Autorin einige Opfer namentlich nennt und nähere Details zu ihrem Leben liefert. Das macht das Leiden begreifbarer und ich bekomme einen Eindruck davon, was die Operationserfolge Gillies für den Einzelnen bedeutet haben müssen.
Gillies muss eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen sein. Er war ein Perfektionist und mit vielen Talenten gesegnet. Dabei war er empathisch und stets bemüht, seinen Patienten Hoffnung und Lebensfreude zu vermitteln. Rückschläge waren der Ansporn, es besser zu machen. Und er hat sein Wissen freigiebig mit anderen geteilt.
Das Buch liest sich auch für einen Laien verständlich und absolut spannend. Dadurch, dass die Autorin die Fakten mit Personen verknüpft, werden auch Gefühle angesprochen und der reine Sachbuchcharakter tritt damit - in meinen Augen dankenswerterweise - etwas in den Hintergrund.