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Benutzername: 
Dreamworx
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1369 Bewertungen
Bewertung vom 27.03.2021
Eine Sehnsucht nach morgen / Ruhrpott Saga Bd.3
Völler, Eva

Eine Sehnsucht nach morgen / Ruhrpott Saga Bd.3


sehr gut

„Nun, meine Seele, heißt es Abschied nehmen." (René Descartes)
1968. Bärbel, inzwischen studierte Ärztin, kehrt ihrem Job aufgrund einer beendeten Liaison mit einem Kollegen am Hamburger Klinikum kurzfristig den Rücken und zieht in ihre Heimatstadt Essen zurück in das Haus ihrer Familie. Dort kann sie der Begegnung mit ihrer Jugendliebe Klaus nicht lange aus dem Weg gehen, der mit seiner Frau und seiner Tochter Sabine im benachbarten Elternhaus wohnt. Schon bald merken Bärbel und Klaus, dass da immer noch was zwischen ihnen ist. Während Inge und Johannes sich auf ihren ersten Nachwuchs freuen, schmeißt Tante Clärchen den Haushalt. Karl unterstützt sie dabei und bald entdecken die beiden den zweiten Frühling. Jakob, inzwischen ein Teenager, erlebt ebenfalls die erste Liebe und engagiert sich politisch aktiv. Einige seiner Aktionen bringen ihn und damit die Familie in die Bredouille. Und dann taucht auch noch Inges leiblicher Vater auf der Bildfläche auf…
Eva Völler hat mit „Eine Sehnsucht nach morgen“ den Abschlussband ihrer Ruhrpott-Trilogie vorgelegt, mit dem sie den Leser in die späten 60er Jahre schickt, wo er sich zwischen Prilblumen, Quellekäufen, Arbeitskampf und Hippiezeit wiederfindet. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil gemixt mit etwas Lokalkolorit katapultiert den Leser schnell wieder in den Haushalt der Familie, wo er es sich gemütlich macht und nicht nur die bereits liebgewonnenen Protagonisten bei ihrem alltäglichen Treiben beobachtet, sondern auch regen Anteil an ihrer Gedanken- und Gefühlswelt nimmt. Die Autorin schildert sehr authentisch das Leben innerhalb einer Familie zur damaligen Zeit, die mal mit schmerzhaften Ereignissen oder aber auch mit zwischenmenschlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Besonders herausstechend dabei ist der Familienzusammenhalt, denn die einzelnen bilden nicht nur eine Gemeinschaft, sie leben sie auch und helfen sich gegenseitig bei allen Dingen und Dramen, die anfallen. Dabei gelingt es ihr hervorragend, den zeitgemäßen gesellschaftlichen und politischen Hintergrund mit ihrer Handlung zu verknüpfen. So tauchen die Arbeitskämpfe der Zechenmitarbeiter oder der Tod von Rudi Dutschke in der Geschichte auf, aber auch die Rolle der Frau wird thematisiert. Bärbel, die als Ärztin an einer Klinik arbeitet, muss sich von ihren männlichen Kollegen so manche Maßregelung gefallen lassen, die in heutiger Zeit einfach nur als unverschämt bezeichnet würde.
Liebevoll ausstaffierte lebendige Charaktere überzeugen den Leser mit ihrer Glaubwürdigkeit und binden ihn schnell so fest an sich, dass er sich als Teil von ihnen fühlt, mit ihnen hofft, bangt und fiebert. Bärbel ist eine verantwortungsvolle Ärztin, sie liebt ihren Beruf, aber auch das Singen hat einen Platz in ihrem Leben. Tante Clärchen bereitet allen ein heimeliges Nest und kümmert sich um das leibliche Wohl, insgeheim sehnt sie sich noch einmal nach einem Liebesglück. Inge und Johannes halten die Familie zusammen, haben immer ein offenes Ohr für jeden und einen großen Wunsch. Klaus ist ein herzensguter Mann, viel zu gutmütig für diese Welt, denn er gibt bereitwillig und wird doch oftmals enttäuscht. Jakob ist ein intelligenter Junge, der plötzlich seine Hormone zu spüren bekommt. Aber auch Karl, Annette, Biene und weitere Protagonisten steigern mit ihren Einsätzen den Unterhaltungswert.
Mit „Eine Sehnsucht nach morgen“ heißt es leider Abschiednehmen vom Ruhrpott und den liebegewonnenen Protagonisten. Noch einmal wird die jüngste deutsche Vergangenheit lebendig, während Familienleben, kleine Dramen, Geheimnisse und Schicksalsschläge sowie die Liebe ihren Auftritt haben. Eine nostalgische Reise in die späten 60er mit viel Flair, die einen wehmütig zurücklässt. Wundervoll erzählt – verdiente Leseempfehlung!

22 von 33 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.03.2021
Pension Herzschmerz
Below, Christin-Marie

Pension Herzschmerz


sehr gut

"Die beste Freundin ist wie eine Laterne am Weg." (C.-M. Below)
Nicht nur der Hilferuf ihrer Freundin Anna, deren Freund fremdgegangen ist, auch der Hilferuf ihrer Freundin Kim, die auf Norderney lebt und sich den Fuß gebrochen hat, halten Louisa auf Trapp. Kurzerhand schnappt sie sich Anna und fährt mit ihr auf die Nordseeinsel, um Kim zu unterstützen, was ihren eifersüchtigen Freund dazu veranlasst, Louisa den Laufpass zu geben. Nun sitzen die drei plötzlich gleichzeitigen Single-Freundinnen auf Norderney, und anstatt ihrem Liebeskummer hinzugeben, schmieden sie den Plan, eine Pension „Herzschmerz“ für gleichgesinnte liebeskranke „Patienten“ auf der Insel zu gründen. Das Haus für die Pension ist schnell gefunden, doch damit der Plan gelingt, müssen ortsansässige Fürsprecher her, um die Idee in die Tat umzusetzen. Deshalb gehen die drei daran, ihre Überredungskünste spielen zu lassen, sogar der attraktive Bürgermeister muss dran glauben…
Christin-Marie Below hat mit ihrem Debüt „Pension Herzschmerz“ einen turbulenten Unterhaltungsroman vorgelegt, der nicht nur einiges an Urlaubs- und Inselflair versprüht, sondern dem Leser auch mit einer frischen, frechen Geschichte eine Auszeit vom Alltag beschert. Der flüssige und farbenfrohe Schreibstil bringt den Leser schnell auf die malerische Nordseeinsel Norderney, wo er sich als unsichtbarer Gast dem quirligen Frauenkleeblatt anschließt und ihren Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernen darf. Übermütig und voller Elan ergänzen sich Louisa, Anna und Kim nicht nur, sondern greifen sich in allen Lebenslagen unter die Arme. Gerade von dieser engen Freundschaft lebt die ganze Handlung, denn sie sind untereinander auf erfrischende Weise gnadenlos ehrlich und öffnen so der einen oder anderen immer mal wieder die Augen. Während Kim sich als Fußpflegerin schon ein Leben auf der Insel aufgebaut hat, kann sie ihre Freundinnen schnell davon überzeugen, auch ihren Lebensmittelpunkt nach Norderney zu verlagern, um gemeinsam mit ihr ein neues Projekt aufzuziehen. Die bildhaften Ausflüge per Rikscha über die Insel und an den Strand bringen das nötige Urlaubsfeeling in die Geschichte und rufen während der Lektüre schöne Bilder im Kopf des Lesers hervor.
Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und mit den nötigen Ecken und Kanten versehen, die den Leser sich sofort mit ihnen wohlfühlen und ihnen gerne bei ihrem Treiben über die Schulter schauen lassen. Louise wächst einem mit ihrer offenen, ehrlichen und reflektierenden Art schnell ans Herz. Sie ist hilfsbereit und lässt ihre Lieben nie im Stich. Anna hat eine impulsive Ader und steht ständig unter Strom. Die anderen haben alle Hände voll zu tun, sie im Zaum zu halten. Kim wirkt schon viel abgeklärter und gesetzter, auch wenn ihr Malheur mit dem Fuß erst einmal eine andere Sprache spricht. Fiete ist ein lieber und hilfsbereiter Kerl, der auf der Insel Gott und die Welt kennt. Aber auch der Bürgermeister, Onno und Frau Krassnitz sind Originale, die der Handlung einiges an Pfiff verleihen.
„Pension Herzschmerz“ ist von Anfang bis Ende eine Wohlfühllektüre, die flott daherkommt und frischen Wind mitbringt. Keine tiefschürfende Lektüre, aber mit viel Herz, Humor und Urlaubsfeeling, genau das, nach dem man sich in heutigen Zeiten am meisten sehnt. Gut gemacht und empfehlenswert!

8 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.03.2021
Geteilte Träume
Mothes, Ulla

Geteilte Träume


gut

Stark subjektiv gefärbte Sichtweise
1992. Kurz vor ihrem Abitur erfährt die 18-jährige Ingke bei einer Stammzellenspende für ihre an Krebs erkrankte Mutter, dass ihre Eltern gar nicht ihre leiblichen sind. Maren und Kelle haben sie mit viel Liebe aufgezogen, sind jedoch nur ihre Adoptiveltern. Ingke fällt aus allen Wolken, reagiert wütend und verletzt. Von ihren Adoptiveltern erfährt sie, dass sie bereits als Baby in der ehemaligen DDR adoptiert wurde. Ingke setzt sich mit ihren Wurzeln auseinander und begibt sich auf Spurensuche nach ihren leiblichen Eltern, um Antworten auf ihre vielen Fragen zu bekommen…
Ulla Mothes hat mit „Geteilte Träume“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der sich mit einem Schicksal der jüngsten Vergangenheit deutsch-deutscher Geschichte befasst, welches stellvertretend für viele andere ähnliche Lebensläufe gilt. Der flüssige Schreibstil stellt den Leser als unsichtbaren Schatten an die Seite der jungen Ingke, die sich nicht nur auf die Suche nach ihren leiblichen Eltern macht, um ihre Wurzeln kennenzulernen, sondern vor allem, um endlich die Wahrheit um die damaligen Umstände herauszufinden und Antworten zu bekommen. Die Autorin bedient sich neben Rückblenden auch einiger Perspektivwechsel, um einzelne Protagonisten aus der Verwandtschaft ihre Sichtweise der damaligen Ereignisse erzählen zu lassen. Sicherlich ist das kein ungewöhnliches Mittel, um die Handlung interessant zu machen, jedoch wird die Hauptprotagonistin dabei fast vollständig aus den Augen verloren. Hier hätte man sich mehr auf Ingke konzentrieren sollen, um die es eigentlich geht und die das Ganze ja angestoßen hat mit ihrer Suche. Die Autorin hat ihrer Geschichte die historischen Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg und die Teilung Deutschlands unterlegt. Allerdings fehlt hier die gebührende Distanz, die Dinge objektiver darzustellen und nicht zu verallgemeinern. Menschen die in der damaligen DDR gelebt haben, werden einiges völlig anders empfunden haben, als es hier dargestellt wird. Der Geschichte fehlt es zudem sowohl an Spannung als auch an Gefühl, so dass der Leser sich eher wie ein ungeladener Gast fühlt, der in eine eingeschworene Runde hineinplatzt und lieber sofort wieder umdreht.
An Charakteren mangelt es in diesem Buch wirklich nicht, jedoch sind sie meist eher oberflächlich gezeichnet. Ihnen fehlt es an Tiefe und Authentizität, um den Leser an sich zu binden und das Mitfiebern zu ermöglichen. Aus der Vielzahl von Protagonisten stechen vor allem Maren und Kelle heraus. Beide sind sehr liebevolle, fürsorgliche Menschen, die Ingke eine behütete Kindheit in einem geschützten Kokon geschenkt haben. Ingke selbst ist ein Teenager, der nicht nur mit der Krankheit ihrer Mutter überfordert ist, vor allem die plötzliche Offenbarung über ihre Adoption wirft sie aus der Bahn und lässt sie viele Dinge hinterfragen. Die Situation überfordert das Mädchen sichtlich, was Unsicherheit zur Folge hat. Die Schicksale der ganzen Verwandtschaft sind sicher bedauerlich und zum Teil sogar traumatisch, doch in dieser geballten Form wirkt manches einfach nur unglaubwürdig und überspitzt. Weniger wäre hier mehr gewesen.
„Geteilte Träume“ enthält eine schwierige Familiengeschichte in historischem Kontext, bei der die Hauptprotagonistin auf der Strecke bleibt. Wer einen Schreibstil mag, der mit dem erhobenen Zeigefinger doziert, ist hier bestimmt richtig. Über die angesprochene Thematik gibt es weitaus empathischere und fesselndere Bücher. Eingeschränkte Leseempfehlung, für zwischendurch geht es noch.

6 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.03.2021
Fritz und Emma
Leciejewski, Barbara

Fritz und Emma


ausgezeichnet

»Nur Liebe vermag überhaupt jemand am Leben zu erhalten.« (Oscar Wilde)
2018. Jakob Eichendorf wechselt mit seiner Ehefrau Marie als Dorfpfarrer in das kleine Dorf Oberkirchbach in der Pfalz. Während Jakob sich sofort wie zuhause fühlt, ist es für Marie, die eher den Trubel einer Stadt liebt, eher gewöhnungsbedürftig. Die anstehende 750-Jahrfeier des Dorfes scheint für Marie daher ein willkommener Grund, nicht nur die Dorfbewohner besser kennenzulernen, sondern auch mehr Schwung in die recht träge Gemeinschaft zu bringen, die sich inzwischen sogar zwischen Alt und Jung in zwei Dorfhälften separiert hat. Dabei trifft Marie auf den 92-jährigen miesepetrigen Fritz Draudt und die gleichaltrige Emma Jung, die seit fast 70 Jahren kein Wort mehr miteinander gewechselt haben. Marie erfährt, dass die beiden sogar mal vorhatten zu heiraten und ist neugierig auf ihre Geschichte. Vor allem aber möchte sie versuchen, die beiden wieder miteinander zu versöhnen. Ob das wohl klappt?
Barbara Leciejewski hat mit „Fritz und Emma“ einen wunderbar gefühlvollen Roman vorgelegt, der das romantische Leserherz höher schlagen, aber auch auf einer Achterbahn der Gefühle reiten lässt. Der flüssige, bildhafte und einfühlsame Erzählstil keine Wünsche offen und präsentiert dem Leser über zwei unterschiedliche Zeitebenen eine Geschichte, die auf der einen Seite wie ein Märchen klingt, auf der anderen aber wohl wie aus dem Leben gegriffen ist. Wechselnde Perspektiven, die den Leser mal in der Gegenwart neben Marie verweilen lassen, um sie bei ihrem Neustart in Oberkirchbach zu erleben, mal in die Vergangenheit des Jahres 1947 führen, um bei der Fritz‘ Rückkehr aus dem Krieg sowie Emmas großen Erwartungen dabei zu sein, machen diese Geschichte durchgängig nicht nur zu einem großen Lesevergnügen, sondern schicken den Leser gleichzeitig durch das gesamte Gefühlsbarometer. Gerade die bittersüße Liebesgeschichte von Fritz und Emma, die von vielen Schicksalsschlägen geprägt ist und die beiden über Jahre die Einsamkeit wählen lassen, lässt einen oftmals schlucken und erkennen, dass es damals wohl vielen Paaren so ergangen sein muss. Dabei lässt die Autorin während ihrer Erzählung durchgängig gekonnt Hoffnungsschimmer durchblitzen, die ab und an auch sehr humorig daherkommen und an denen auch die einnehmende Dorfgemeinschaft einen Anteil hat. Auch die Gegenwartsgeschichte um Marie und Jakob ist abwechslungsreich und gibt der Handlung von Fritz und Emma genau den richtigen empathischen Rahmen, den dieser Teil des Romans benötigt.
Die Charaktere sind ausgesucht liebevoll und lebendig in Szene gesetzt, besitzen sie doch glaubhafte menschliche Eigenschaften, die sie dem Leser sofort ans Herz wachsen lassen und ihm das Mitfiebern leicht machen. Leciejewski hat eine authentische bunte Dorfgemeinschaft erschaffen, in denen einige Protagonisten die Hauptrollen übernehmen. Marie ist eine freundliche und recht resolute Frau mit dem Herz auf der Zunge. Sie hält nicht mit ihrer Meinung hinterm Berg und packt die Dinge an. Ehemann Jakob ist feinfühlig, liebenswert und hilfsbereit, eben genau so, wie man sich einen Mann in seiner Position für sich selbst wünscht. Fritz ist ein grummeliger, sturer und bärbeißiger alter Mann, der in seinem Leben durch allerlei Höhen und Tiefen musste. Sturheit ist auch Emmas zweiter Vorname, die sich sogar ihren Geburtstag mit Fritz teilt, weshalb die beiden sich in ihrer Art nicht sehr unterscheiden, denn sie gehören einer aussterbenden Generation an, die zu viel erlebt hat.
„Fritz und Emma“ ist ein wunderschöner Roman über Neuanfang, alte Gefühle, Schicksalsschläge, Verlust, Enttäuschung und vor allem über die Liebe. Die Geschichte ist wie eine wärmende Decke, in die man sich einkuscheln kann. Warmherzig, zauberhaft, bittersüß und ein wenig märchenhaft, gerade das ist eine Kombination, der man nicht widerstehen kann. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight! Besser geht es nicht – Chapeau!

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.03.2021
Die Stärke der Töchter
Carsta, Ellin

Die Stärke der Töchter


ausgezeichnet

„Drei können ein Geheimnis für sich behalten, wenn zwei von ihnen tot sind.“ (Benjamin Franklin)
1937. Inzwischen sind die Nazis mit Adolf Hitler an der Macht, was auch die Firmengemeinschaft um Paul Friedrich von Falkenbach und die Brüder Wilhelm und Heinrich Lehmann zu spüren bekommen. Die drei eint ein gut gehütetes Geheimnis, doch immer mehr kristallisiert sich heraus, dass Heinrich den alten Kriegskameraden Albert Zeidler ermordet hat. Paul Friedrich will sich allein mit Wilhelm über seinen Verdacht austauschen und bei ihm Rat einholen, doch dazu ist Wilhelm erst einmal nicht in der Lage, da er aufgrund seiner Enttäuschung über seinen Sohn Leopold einen Schwächeanfall erleidet. Währenddessen erfährt Wilhelmine von Falkenbach von einem Angebot an ihren Vater, das Grundstück ihrer jüdischen Nachbarn zu erwerben, was ihr die Augen öffnet über das nun in Deutschland herrschende Regime…
Ellin Carsta hat mit „Die Stärke der Töchter“ den zweiten Band ihrer historischen Falkenbach-Saga vorgelegt, der nicht nur mit einem gut recherchierten geschichtlichen Hintergrund glänzt, sondern auch mit einer spannenden Handlung, die von alten Geheimnissen, Geschäftsinteressen und Freundschafts- sowie Familienbanden beherrscht wird. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Schreibstil packt den Leser von Beginn an und lässt ihn sich schnell wieder am Starnberger See einfinden, wo er die drei Unternehmerfreunde erneut begleiten darf wie auch ihre Familienmitglieder. Die zwischenmenschlichen Beziehungen und Verwicklungen bieten einiges an Unterhaltungswert und Spannung, vor allem, da sich die politische Situation in Deutschland durch die Nazis und ihre neuen Erlasse immer weiter zuspitzt und auch Einfluss auf die Überzeugung der Familien nehmen. Gegenseitiges Denunzieren schürt eine Stimmung der Angst und des Misstrauens. Paul Friedrichs Verdacht macht die Freundschaft der drei Unternehmer zu einem Drahtseilakt, der durch die Unpässlichkeit von Wilhelm noch weiter verschärft wird. Auch Wilhelmine ist als Akteurin für einige Überraschungen gut, die in ihrer Familie für Unruhe sorgen. Überraschende Wendungen halten die Spannung durchweg auf einem guten Niveau.-
Detailliert ausstaffiert Charaktere mit menschlichen Ecken und Kanten wirken lebendig und glaubhaft, so dass sie den Leser von Beginn an mitziehen, der ihren Schicksalen aufmerksam folgt und mitfiebert. Paul Friedrich ist der geborene Geschäftsmann, der gewieft seine Chancen sondiert und clever alles abwägt. Manchmal ist er nicht leicht zu durchschauen und man darf gespannt sein, ob er mit seinen Handlungen Erfolg haben wird. Wilhelm hat sich mit seinem Sohn Leopold überworfen, was ihn gesundheitlich außer Gefecht setzt. Leopold kocht sein eigenes Süppchen und muss nun Verantwortung übernehmen. Die Frage ist nur, ob er bereit dafür ist, denn bisher ist er eher durch Eskapaden aufgefallen. Wilhelmine von Falkenberg ist eine aufgeschlossene Frau mit politischem Interesse. Sie ist entsetzt über die Entwicklungen in Deutschland und muss sich vorsehen, ihre Meinung so offen kundzutun. Aber auch weitere Protagonisten wie Carla und Irma besetzen wichtige Rollen in dieser Geschichte.
„Die Stärke der Töchter“ steht seinem Vorgänger an Spannung und Verwicklungen in nichts nach. Die Mischung aus historischem Hintergrund, Familiengeschichte und Geheimnissen lässt den Leser an den Seiten kleben und das Buch nicht aus der Hand legen. Kurzweilige Lektüre mit absolut verdienter Leseempfehlung.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.03.2021
Das Haus der Winde
Frank, Sylvia

Das Haus der Winde


sehr gut

"Deine große Barfußmädchenseele, Asta, ewig lebt sie, webt und wirbt." (Joachim Ringelnatz)
1934. Der berühmte dänische Stummfilmstar Asta Nielsen besitzt auf der Ostseeinsel Hiddensee das Haus „Karusel“ nach einem Entwurf des Architekten Bruno Taut, wo sie den Sommer in Begleitung ihrer Schwester Johanne verbringt, um sich vom Berliner Trubel zu erholen und Abstand zu gewinnen. Als sie dem Fischer Kai kurz vor der Überfahrt von Strahlsund nach Hiddensee begegnet, macht dieser sie neugierig aufgrund seiner erfrischenden unbekümmerten Art , sie verliebt sich schon bald in ihn. Kai tröstet Asta auch darüber hinweg, dass ihr enger und mittelloser Freund Joachim Ringelnatz schwer an Tuberkulose erkrankt ist. Asta und Kai verleben einen wunderbaren Sommer, doch nicht nur die politische Lage in Deutschland wirft seine Schatten voraus. Am Ende des Sommers muss Asta eine Entscheidung treffen, ob es mit Kai und vor allem wie es mit ihr weitergehen soll…
Sylvia Frank hat mit „Das Haus der Winde“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der sich an wahre Begebenheiten anlehnt und die einst berühmte Stummfilmdiva Asta Nielsen für einen Sommer vor der Kulisse der Ostseeinsel Hiddensee wieder lebendig werden lässt. Der flüssig-leichte, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser in der Zeit zurückreisen und sich in Asta Nielsens „Karusel“ einnisten, um den Bühnenstar ganz persönlich kennenzulernen und einen Sommer lang bei ihrem Treiben zu beobachten. Schon die Beschreibungen des Insellebens nebst der dort teil illustren Besucherschar sowie des architektonisch besonders reizvollen Hauses, das Asta ihr eigen nennt, sind so bildhaft, dass diese beim Leser während der Lektüre schöne Bilder vor dem inneren Auge hervorrufen und die herrschende Urlaubsstimmung übertragen. Während die 30er Jahre wieder aufleben, liegen Astas Gefühls- und Gedankenwelt wie ein offenes Buch vor einem und machen den Filmstar auf unaufgeregte Weise sehr nahbar. Die damalige politische Lage spitzt sich immer mehr zu, und Asta, die sich von den Nazis nicht vor den Karren spannen lassen will, steht vor wichtigen Entscheidungen, was sowohl ihr Berufs- als auch ihr Privatleben betrifft. Besonders interessant ist auch der Freundeskreis, bestehend aus dem Who is Who der damaligen Künstlerszene, mit dem sich Asta Nielsen umgibt, die auf eindrucksvolle Weise zeigen, dass man „gefallene“ Kollegen und Freunde nicht hängen lässt, sondern ihnen unter die Arme greift.
Die Charaktere sind facettenreich ausgestaltet und glaubwürdig inszeniert. Ihre überzeugenden menschlichen Eigenheiten lassen den Leser ihnen gern folgen, wobei er jedoch immer auf Abstand bleibt und eher den Posten eines Beobachters innehat. Asta Nielsen ist eine starke Frau, die weiß, was sie will und was nicht. Sie ist ihren Freunden gegenüber großzügig und hilfsbereit. Bereits mehrfach geschieden, sehnt sie sich mit 53 noch immer nach Glück. Die politische Lage zwingt sie dazu, den Fortgang ihrer beruflichen Karriere zu überdenken und diesbezüglich weitreichende Entscheidungen zu treffen. Kai ist ein sympathischer Mann mit einnehmendem Wesen, der mit seiner erfrischend unbekümmerten und vorlauten Art überzeugt.
„Das Haus der Winde“ spendiert nicht nur eine schöne Zeitreise in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, sondern besticht auch mit Urlaubsfeeling, einer Liebesgeschichte und der eindrucksvollen Persönlichkeit von Asta Nielsen. Kurzweiliges und farbenfrohes Kopfkino mit verdienter Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.03.2021
Die Patisserie am Münsterplatz - Zeitenwandel / Die Kuchenkönigin von Straßburg Bd.1
Jacobi, Charlotte

Die Patisserie am Münsterplatz - Zeitenwandel / Die Kuchenkönigin von Straßburg Bd.1


sehr gut

Genuss für Gaumen und Geist
1893. Die 19-jährige Bäckerin Ida Tritschler siedelt mit ihrer Familie von Stuttgart ins elsässische Straßburg, wo ihr Vater eine eigene Konditorei etablieren will, denn er liebt die Stadt schon seit langem und erfüllt sich damit einen großen Wunsch. In unmittelbarer Nähe der bereits ansässigen Patisserie Picard öffnen sich am Münsterplatz bald schon die Tore der Tritschlerschen Feinbäckerei, in der auch Ida in der Backstube arbeiten wird. Aus der zufälligen Begegnung mit Lucien Picard wird für die beiden schon bald die große Liebe, doch dessen Familie ist überhaupt nicht begeistert von der Beziehung zwischen ihrem Sohnemann und der Tochter des unmittelbaren Konkurrenten. Bei der Eröffnungsfeier der Tritschlers kommt es zu einem bösen Wortgefecht zwischen den Vätern von Ida und Lucien. Worin liegt der Grund für die starke gegenseitige Abneigung der beiden Familienväter begründet?
Das Autorenduo Charlotte Jacobi legt mit „Die Patisserie am Münsterplatz-Zeitenwandel“ den Auftakt für ihre neue historische Straßburg-Reihe vor, der den Leser während der Lektüre nicht nur in wunderbaren Köstlichkeiten schwelgen lässt, sondern auch eine unterhaltsame Geschichte zu über Neid, Hass, Liebe und den deutsch-französischen Krieg zu erzählen hat. Der flüssige, bildreiche und gefühlvolle Schreibstil katapultiert den Leser ins 19. Jahrhundert zurück, wo er sich in dem ehemals französischen Straßburg wiederfindet, das nun zum deutschen Kaiserreich gehört. Viele Straßburger mussten sich damals entscheiden, ob sie von ihrer französischen Identität lassen wollen oder aber alles, was sie sich aufgebaut haben, zurücklassen und in Frankreich mit nichts von vorn anfangen. Genau diese trübe Stimmung wird von den Autoren gut aufgefangen und durch die Bewohner der Stadt wiedergespiegelt. Das Misstrauen ist auf beiden Seiten groß, da die Gemeinschaft praktisch durch den Krieg erzwungen wurde. Mit farbenfrohen Beschreibungen lassen die Autoren nicht nur das alte Straßburg vor dem Auge des Lesers entstehen, sondern geben ihm auch die Möglichkeit, sich dauerhaft einen Platz in der duftenden Bäckerstube zu sichern, wo er sich aufgrund allerlei Leckereien den Mund wässrig macht. Gleichzeitig wird der Leser Zeuge über den Streit zwischen den konkurrierenden Familien, der Liebe zwischen Ida und Lucien sowie einigen Geheimnissen, die nach und nach an die Oberfläche gelangen und so für einige Spannung sorgen.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgeformt und lebendig in Szene gesetzt, mit glaubhaften menschlichen Ecken und Kanten können sie den Leser schnell überzeugen und ihn in ihre Mitte ziehen, wo er hautnah mit ihnen hoffen, bangen und fiebern kann. Ida zeigt für ihr junges Alter nicht nur Mut und Stärke, mit ihrer offenen, freundlichen und hilfsbereiten Art stemmt sie sich gegen Anfeindungen und Gerede. Lucien ist ein sympathischer junger Mann, der durch die Fehde zwischen den Stühlen hängt, jedoch zu Ida hält. Idas Bruder Oskar ist ein netter Kerl, der für einiges Chaos sorgt. Luciens Bruder René ist ein unangenehmer Zeitgenosse, der seinem Bruder in den Rücken fällt. Aber auch Großmutter Picard, Denise, Idas Eltern sowie einige andere Nebendarsteller tragen viel zur Geschichte bei.
Mit „Die Patisserie am Münsterplatz-Zeitenwandel“ ist ein unterhaltsamer und kurzweiliger Auftakt gelungen, der den Leser neben einer historischen Geschichte mit Liebe, Intrigen und Neid auch mit den Schilderungen von wunderbaren Köstlichkeiten verwöhnt, die einen fast in die nächste Konditorei treiben. Wer auf Diät ist, sollte dieses Buch meiden! Verdiente Empfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2021
Freiflug
Drews, Christine

Freiflug


ausgezeichnet

"Zahme Vögel singen von Freiheit, wilde Vögel fliegen." (John Lennon)
70er Jahre. Katharina Berner ist zwar in einer wohlhabenden und erzkonservativen Unternehmerfamilie aufgewachsen, doch hat sie sich schon früh von deren Vorstellungen distanziert und arbeitet nun nach einem erfolgreich absolviertem Studium als einzige Juristin in einer großen, durchweg männlich besetzten Anwaltskanzlei in Köln. Allerdings ist das Arbeiten dort für sie als Frau ein täglicher Stresstest, denn die männlichen Kollegen lassen sie immer wieder spüren, dass es nur um Geld und Macht geht und Frauen dabei nichts zu suchen haben. Als Rita Maiburg sie als Anwältin konsultiert, weil sie aufgrund ihres Geschlechts bei der Lufthansa als Pilotin abgelehnt wird, sieht Katharina nicht nur die Chance, sich endlich selbstständig zu machen, sondern auch dem damals herrschenden verstaubten Rollendenken einen Denkzettel zu verpassen…
Christina Drews hat mit „Freiflug einen sehr unterhaltsamen historischen Roman basierend auf wahren Tatsachen vorgelegt, der mit einer fesselnden Geschichte durchweg überzeugen kann. Der flüssige und bildhafte Schreibstil nimmt den Leser mit in die 60er und 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, wo er in Katharina und Rita zwei aufgeschlossene und emanzipierte Frauen kennenlernt, deren Familienhintergrund zwar völlig verschieden ist, doch ihr Wunsch nach Gleichberechtigung sie eint. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und lässt das Schicksal von Rita Maiburg, die es tatsächlich gegeben hat, wieder lebendig werden, während sie die damaligen gesellschaftlichen Strukturen und das vorherrschende Rollendenken mit in ihre Geschichte hineinfließen lässt. Frauen waren damals eher dazu auserkoren, sich dem Mann unterzuordnen, für Heim und Herd zu sorgen. Studienplätze, ein eigener Beruf – all das wurde eher abschlägig beschieden und Frauen meist nicht zugetraut. Durch Frauen wie Rita Maiburg, die sich eine Ablehnung als Lufthansapilotin aufgrund ihres Geschlechts nicht gefallen ließ und mit einer Klage für ihr Recht kämpfte, den Beruf ausüben zu dürfen, hat sie vielen von uns den Weg geebnet, endlich in die Riege der Männerdomänen einzufallen, um uns dort ebenfalls zu beweisen. Auch andere damals zeitgemäße Themen lässt die Autorin neben in ihrer Handlung miteinfließen wie z.B. die Reformierung des Scheidungsrechts, technische Errungenschaften und Drogenkriminalität und lässt die Geschichte dadurch zu einem Pageturner werden. Der Leser klebt förmlich an den Seiten und kann sich kaum trennen. Die immer wieder wechselnden Perspektiven bringen Spannung in die Handlung und öffnen dem Leser gleichzeitig die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonistinnen, während er einen Abriss des damaligen Zeitgeschehens auf sehr unterhaltsame Weise miterlebt.
Mit viel Liebe zum Detail wurden die Charaktere zum Leben erweckt, menschliche Ecken und Kanten lassen sie sehr glaubwürdig und authentisch wirken, so dass der Leser sie regelrecht vor Augen hat und vor allem mit den Hauptprotagonistinnen sympathisiert. Katharina ist eine kluge und selbstsichere Frau, die in ihrer eigenen Familie für ihre Wünsche keinerlei Rückhalt bekommt. Da sie den von ihnen vorgezeichneten Weg ablehnt, gilt sie als schwarzes Schaf. Sie muss sich alles selbst erkämpfen ohne Netz und doppelten Boden. Rita ist eine Frau, die sich nichts verbieten lässt. Sie kann sich auf den Rückhalt ihrer Familie verlassen und lässt es sich nicht gefallen, nicht in ihrem erlernten Beruf zu arbeiten. Sie ist mutig und kämpferisch. Aber auch Katharinas Familie, Eva sowie Ritas Freund Frank sind interessante Weggefährten, die man kennenlernen sollte.
„Freiflug“ ist ein sehr unterhaltsamer und tiefgründiger Romanmix aus Realität und Fiktion über das Rollenbild der 60er/70er Jahre, die damalige Frauenbewegung und Ritas Kampf gegen Giganten: die Lufthansa und die BRD. Absolute Leseempfehlung für eine Geschichte, die das Kopfkino bei der Lektüre durchgängig am Laufen hält!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2021
Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1


ausgezeichnet

"Berlin schmeckt nach Zukunft, dafür nimmt man den Dreck und die Kälte gern in Kauf." (C. Zuckmayer)
1920 Berlin. Die 30-Jährige Ärztin Magda Fuchs lässt nach dem tragischen Tod ihres Mannes alles hinter sich und tauscht das eher piefige Hildesheim gegen die Spreemetropole, um dort eine Anstellung als Polizeiärztin anzutreten. Berlin bemüht sich zwar, den Regelbetrieb als schillernde Großstadt wieder aufzunehmen, doch überall sind noch die Spuren des Krieges sichtbar, vor allem bei den Menschen. Schon bald lernt Magda nicht nur die Schattenseiten Berlins kennen in Form von alltäglicher Gewalt, Hunger und Armut, sondern hat auch bei einem Mordfall ihren ersten Einsatz. Die Konfrontation mit den Schicksalen vernachlässigter und verwahrloster Kinder, die schutzlos teils missbraucht und verkauft werden sowie deren Mangelernährung und die prekären Lebensverhältnisse der armen Familien, mit denen Magda tagtäglich zu tun hat, treibt sie um. Durch ihre Arbeit lernt Magda die Fürsorgerin Ina kennen, die sich mit unermüdlichem Einsatz für die Kinder einsetzt und findet in ihr schon bald eine gute Freundin. Aber auch Frauen wie Celia von Liebenau, Doris Kaufmann und Ruth Jessen kreuzen Magdas Weg…
Das Autorenduo Helene Sommerfeld hat mit „Das Leben, ein ewiger Traum“ den Auftakt für ihre neue historische Trilogie um die Polizeiärztin Magda Fuchs vorgelegt, der mit einer akribischen Recherche und einer spannenden Handlung ausgezeichnet zu unterhalten weiß. Der flüssige, bildgewaltige, gefühlvolle und teils dialektgefärbte Erzählstil lässt den Leser schnell in die Seiten abtauchen, wo er sich im Berlin der Goldenen Zwanziger wiederfindet und nicht nur Magdas Fußstapfen folgt. Den Autoren gelingt es wunderbar, das Aufstreben der Stadt lebendig werden zu lassen und die Gegensätze zwischen Arm und Reich besonders hervorzuheben. Während die reichen Bonzen sich schon wieder herausputzen und in den Lokalen auf den Tischen tanzen, darbt die restliche Bevölkerung vor sich hin, leidet Hunger und ums Überleben kämpfen. Gerade das Schicksal der Kinder geht bei der Lektüre besonders an die Nieren und als Leser durchläuft man dabei so manche Achterbahn der Gefühle. Über wechselnde Perspektiven erhält der Leser nicht nur Einblick in die Welt von Magda, sondern darf auch Celia näher kennenlernen, die in einer arrangierten Ehe ausharren muss, während sie lieber Medizin studiert hätte. Die Autoren bilden das damalige Rollenbild der Frau der unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten sehr gut ab, wobei gerade ihre Protagonistinnen für einen neuen Zeitgeist stehen, denn sie wirken selbstbewusst, kämpferisch, mutig, stark und lassen sich nicht unterkriegen.
Eine ausgewogene Vielfalt an Charakteren macht die Handlung vielschichtig, alle sind mit glaubhaften menschlichen Eigenschaften ausgestattet, die es dem Leser leicht machen, sich an ihre Fersen zu heften. Magda lässt sich auf das Abenteuer ein, für ihren Neuanfang den Kleinstadtmief gegen die Großstadt einzutauschen. Sie ist mutig, hilfsbereit, stark und hat das Herz am rechten Fleck. Auch Ina besitzt ein mitfühlendes und fürsorgliches Herz, kümmert sich aufopfernd um die ihre Schutzbefohlenen. Celia ist noch sehr jung und naiv, doch ihre Träume musste sie schon früh begraben. Sie sitzt in einem goldenen Käfig und sehnt sich danach, diesem zu entkommen. Aber auch Doris, Ruth und Kuno Mehring haben wichtige Rollen in dieser vielseitigen Handlung.
„Das Leben, ein ewiger Traum“ ist ein gelungener Auftakt, der mit einer spannenden Geschichte, starken Frauen und deren Lebenswege sowie mit seinem verwebten farbenprächtigen historischen Hintergrund überzeugt. Absolute Leseempfehlung für einen wahren Pageturner!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.