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SimoneF

Bewertungen

Insgesamt 529 Bewertungen
Bewertung vom 08.06.2023
Astrid Lindgren. Helle Nächte, dunkler Wald
Kaiser, Maria Regina

Astrid Lindgren. Helle Nächte, dunkler Wald


ausgezeichnet

Bereits als Kind liebte ich Astrid Lindgrens Werke, und bis heute fasziniert mich ihre große Liebe zu Kindern, die aus all ihren Geschichten spricht, und ihre Fähigkeit, sich in deren Gedanken und Bedürfnisse einzufühlen. Ich wollte daher in "Helle Nächte, dunkler Wald" gerne mehr über sie erfahren.

Hierbei handelt es sich um eine Romanbiographie, also einen Roman, bei dem sich ein Autor bzw. eine Autorin die künstlerische Freiheit nimmt, die bekannten Fakten einer Biographie mit fiktiven Elementen und emotionalen Zuschreibungen zu ergänzen. Diese aktuell beliebte Erzählform birgt das Risiko, dass man als Leser*in Gefahr läuft, Fiktion und Wirklichkeit schwer trennen zu können und die oft sehr freie Romanhandlung mit dem Leben der realen Person gleichsetzt. Ich finde es daher besonders bemerkenswert, wie verantwortungsbewusst die Autorin Maria Regina Kaiser mit diesem Punkt umgeht. In einem knapp 30seitigen Nachwort zeichnet sie ein sachliches Bild Lindgrens, gestützt auf Literatur zu ihrem Leben und Werk. Dies ermöglicht es, die Romanfigur besser einzuordnen. Gleichzeitig wird deutlich, wie wichtig es der Autorin war, im Roman so nah wie möglich an der realen Person zu bleiben. Bereits der eher nüchterne Schreibstil mit der personalen Erzählperspektive wahrt eine gewisse Distanz, zu der auch die Zeitsprünge zwischen den einzelnen Kapiteln beitragen.

Der Roman beginnt 1912, als Astrid 5 Jahre alt ist, und endet mit ihrer Beerdigung 2002. Ihre Lebensgeschichte wird chronologisch in einer Vielzahl kurzer Kapitel erzählt, die zeitlich manchmal nur wenige Wochen oder Monate, öfter auch einige Jahre auseinanderliegen. Es gelingt der Autorin sehr gut, die unterschiedlichen Lebenswelten in Vimmerby und Stockholm einzufangen, und ein feinfühliges Portrait einer vielschichtigen Frau zu entwerfen, der trotz ihrer kraftvollen Art depressive Phasen nicht fremd waren. Auch die Einflüsse, die Astrids glückliche Kindheit, ihre traumatischen Erlebnisse um ihre frühe Schwangerschaft und der zweite Weltkrieg auf ihr späteres schriftstellerisches Werk hatten, werden deutlich.

Ich habe durch den Roman und das ausführliche Nachwort sowie den zusätzlichen 20seitigen Anhang viel Neues und für mich Überraschendes über Astrid Lindgren erfahren, durch das ich auch manches ihrer Bücher mit neuen Augen sehe. Ich kann das Buch allen, die mehr über die wohl bekannteste Kinderbuchautorin unserer Zeit erfahren möchten, nur weiterempfehlen.

Bewertung vom 08.06.2023
Die Revanche des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.2 (9 Audio-CDs)
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Die Revanche des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.2 (9 Audio-CDs)


ausgezeichnet

​"Die Unverbesserlichen - Die Rache des Monsieur Lipaire" ist der zweite Band der Reihe "Die Unverbesserlichen". Ich kannte den ersten Teil nicht, und brauchte zunächst ein bisschen, um mich zurechtzufinden. Der zweite Band referenziert häufig auf den ersten Teil, so dass es vorteilhaft ist, diesen zuerst zu hören. Da im Laufe der Geschichte die zum Verständnis nötigen Informationen eingestreut werden, ist es aber möglich, mit Band 2 einzusteigen.


Die sechsköpfige Gruppe, die sich "Die Unverbesserlichen" nennt, besteht aus Guillaume Lipaire, der eigentlich Wilhelm Liebherr heißt und seinen Verdienst als Hausmeister durch illegale Vermietung leerstehender Ferienhäuser aufbessert, Paul, dem ehemaligen Fremdenlegionär, der leidenschaftlich gerne gärtnert und mit Hanf aus eigenem Anbau dealt, Karim, dem jungen und etwas begriffstutzigen Taxibootfahrer, Jacqueline, der Tochter des Bürgermeisters, die Schauspielerin werden möchte, Delphine, die einen kleinen Handyladen führt, und der hochbetagten Österreicherin Lissy mit ihrem Pudel Louis XIV, die mit Vorliebe reiche Männer anbaggert.

Mit nicht ganz legalen Mitteln, aber immer in bester Absicht versuchen die Sechs, die Pläne der Familie Vicomte zu durchkreuzen, die den normalen Bürgern von Port Grimaud an der Côte d'Azur das Leben schwer macht. Aufgrund der illustren Zusammensetzung der Gruppe sind kuriose Szenen mit viel Slapstickpotential vorprogrammiert, und nicht umsonst gibt es immer wieder Anspielungen auf Louis de Funès.

Der Anfang ist etwas langatmig, und an der ein oder anderen Stelle hätte ich mir eine etwas straffere Erzählweise und etwas mehr Spannung gewünscht. Wer einen klassischen Krimi mit Action und Nervenkitzel sucht, wird hier nicht fündig werden. Die Geschichte lebt vielmehr von ihrem speziellen Humor um die tollpatschige Gaunertruppe, und wird eher die Freunde alter Louis-de-Funès-Filme begeistern.

So wie diese Filme von der speziellen Art des Komikers leben, entfalten auch "Die Unverbesserlichen" ihre volles Potenzial erst durch den grandiosen Sprecher Axel Prahl (bekannt als Kommissar Thiel aus dem Münsteraner Tatort), der die einzelnen Figuren unglaublich genial und facettenreich verstimmlicht. Jeder Charakter erhält eine unverwechselbare Note, und allein Axel Prahls Interpretation der kapriziösen Österreicherin Lissy fand ich so überragend und urkomisch, dass sich bereits dafür das Hörbuch lohnt.

Für die Geschichte vergebe ich 3,5 Sterne, für die herrliche Hörbuchversion aber 5 Sterne, da Axel Prahl deren Komik erst richtig zur Geltung bringt.

Bewertung vom 04.06.2023
Der Fluch der magischen Pfote / Cosmo Zauberkater Bd. 1
Rosslow, Barbara

Der Fluch der magischen Pfote / Cosmo Zauberkater Bd. 1


ausgezeichnet

​Wenn man "Cosmo Zauberkater" von Barbara Rooslow in Händen hält, fällt einem sofort das farbenfroh gestaltete und silbrig glitzernde Cover auf. Der Glanzeffekt ist auf den Fotos online nicht erkennbar.


Auch das Buchinnere wurde von Dorothee Mahnkopf reichhaltig mit wunderschönen und ausdrucksstarken schwarz-weißen Illustrationen versehen. Den kleinen schwarzen tollpatschigen Straßenkater Cosmo, dessen weisse Vorderpfote immer verdächtig juckt, haben wir auf Anhieb ins Herz geschlossen. Er landet im Laufe der Geschichte auf der Zauberschule in Wickfield, wo er mit der ebenso schusseligen wie liebenswerten Zauberschülerin Aywa ein Team bildet und mit ihr von einem Schlamassel ins nächste rutscht. Die Erlebnisse der beiden sind wunderbar erzählt und spannend bis zu Schluss.

Die Geschichte ist sprachlich abwechslungsreich erzählt und perfekt für Leser und Leserinnen ab der 3. Klasse. Da der Titel den Zusatz "1" trägt, hoffen wir sehr auf eine Fortsetzung der Abenteuer von Cosmo und Aywa und können Band 1 rundum weiterempfehlen!

Bewertung vom 04.06.2023
Und sie bewegt sich doch!
Evers, Horst;Wischmeyer, Dietmar

Und sie bewegt sich doch!


sehr gut

"Und sie bewegt sich doch" enthält Geschichten rund ums Bahnfahren, die von den jeweiligen Autor*innen  eingelesen werden. Diese sind Horst Evers, Cordula Stratmann, Dietmar Wischmeyer,  Christine Prayon, Lea Streisand, Helene Bockhorst, Stefan Schwarz, Johann König, Renate Bergmann und Dennis Gastmann.

Die einzelnen Episoden erzählen mal mehr, mal weniger humorvolle, unterhaltsame, teils skurrile Geschichten vom Reisen im Kleinkindabteil, Bahnfahrten durch Usbekistan, redseligen Mitreisenden, Tücken der Ticketbuchung, den Folgen umgekehrter Wagenreihung und dem ganz normalen Wahnsinn des Zugreisens. Viele Autor*innen sind etwa aus der heute show oder anderen Comedyformaten bekannt. Wer jedoch ein lockeres Gagfeuerwerk auf Kosten der Bahn erwartet, wird eher enttäuscht sein, aber wer sich auf die fein beobachteten und durchaus komischen Geschichten einlässt, wird zweieinhalb Stunden lang sehr gut unterhalten werden. Perfekt für eine Bahnfahrt!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.06.2023
Tristan Mortalis
Hill, Melissa C.;Stapor, Anja

Tristan Mortalis


gut

Bene, Alice, Claire, Damian und Michael alias "Tristan" sind beste Freunde und der harte Kern der Theater AG der Schule. Nach dem Abitur und der letzten Aufführung von "Tristan und Isolde" feiern sie mit ihren Klassenkameraden Abschied im alten Bootshaus von Claires Familie, bevor jeder in sein neues Leben aufbricht. Einige Monate später wird eine Leiche im nahen Moor gefunden, die das Tristan-Kostüm trägt, und Bene, Alice, Claire und Damian kehren voller Sorge in ihren Heimatort zurück. Als feststeht, dass es sich bei dem Toten tatsächlich um Tristan handelt, möchten die Vier herausfinden, was in der Partynacht damals geschehen ist. Wurde Tristan ermordet oder gab es einen tragischen Unfall? Jeder der Vier hat Erinnerungen an diesen Abend, die er bisher vor den anderen verborgen hat, und die nun wieder ins Bewusstsein drängen.

Obwohl einige Wendungen der Handlung sehr vorhersehbar sind, bleibt die Geschichte dennoch bis zum Schluß spannend. Das liegt daran, dass die Verflechtungen der vier Freunde in die Geschehnisse der Partynacht geschickt konstruiert sind und nach und nach zutage treten. Hierin liegt die große Stärke des Romans. Bene, Alice, Claire und Damian sind glaubhaft gezeichnet, was auf die Nebencharaktere Eske, Nils Lehmann und Emilia Lehmann leider gar nicht zutrifft. Diese sind eindimensional und überzogen geraten, und wirken sich negativ auf den Gesamteindruck des Krimis aus. Ein weiterer Schwachpunkt ist, dass der Sprachduktus einzelner Personen nicht passend gewählt ist. Das größte Problem bei diesem Buch ist für mich, dass die Handlung zu viele Fehler in der Logik aufweist. Nur weil eine angeblich uralte Moorleiche gefunden wurde, ruft Damians Oma ihn mitten in der Nacht an? Wie kann man eine Moorleiche, die gerade mal 8 Monate dort lag und in billige Köstüme aus dem Schulfundus gekleidet ist, ernsthaft mit einem jahrhundertealten Ritter verwechseln? Sämtliche Medien berichten überregional, aber der lokale Imbissbesitzer Nika weiß nichts von Tristans Tod? Wieso zweifeln die vier noch auf der Trauerfeier daran, dass der Tote Tristan ist? Ein Abiturient sollte wissen, dass Tote per DNA-Abgleich identifiziert werden. Im Zeitalter von Internet ist es auch unglaubwürdig, dass die vier im Laufe der Geschichte immer nur einzeln und zufällig auf Neuigkeiten zum Fall in den Medien stoßen.

Wirklich nachdenklich gestimmt hat mich das Ende der Geschichte, und ich muss gestehen, daß ich das Buch mit einem sehr unguten Gefühl geschlossen habe. Da ich nicht spoilern möchte, kann ich hier nicht näher darauf eingehen.

Insgesamt ein spannender, sehr unterhaltsamer und im Kern raffiniert konstruierten Roman mit deutlichen Schwächen in der Logik und Figurenzeichnung und einem Ende, das viel Anlass zu Diskussionen bietet.

Bewertung vom 04.06.2023
Vom Zauber des Untergangs
Zuchtriegel, Gabriel

Vom Zauber des Untergangs


ausgezeichnet

Seit wir damals im Lateinunterricht Auszüge der Briefe von Plinius d. J. über den Ausbruch des Vesuv und den Untergang von Pompeji übersetzt haben, hat mich diese Stadt fasziniert und das Schicksan der Bewohner berührt, und auf der Abiturfahrt habe ich sie vor über 20 Jahren besucht. Als ich nun von Gabriel Zuchtriegels Buch "Der Zauber des Untergangs" hörte, wollte ich dieses sofort lesen.

Der sehr lebendige Schreibstil des Autors liest sich sehr angenehm und unterhaltsam. In sehr persönlichen Worten geht er auf seine eigene Motivation, Archäologe zu werden, ein und beschreibt für seine Entwicklung prägende Erlebnisse seines Studiums und seines Berufslebens.

Anhand bestimmter Fundstücke in den Häusern von Pompeji, wie der Statue des Apollo Citarista, Mythenbildern im Haus der Vettier oder dem Fries im Haus der Mysterien erklärt Zuchtriegel in den ersten beiden Kapiteln die Bedeutung griechischer Kultur für die Römer, das Verhältnis zur Sexualität in der Antike, altertümliche Statussymbole, Mysterienkulte und Riten. Hierbei geht er auch ausführlich auf die Schwierigkeiten ein, aus dem heutigen kulturellen Blickwinkel heraus die damaligen Bedeutungen zu erfassen und in den Kontext einzuordnen. Dies führt dazu, dass sich in der Deutung vieler Objekte und Bilder die Einschätzungen der Archäologen wesentlich unterscheiden. Im dritten Kapitel stehen mit einem antiken Prunkwagen und der Ausgrabung eines Sklavenzimmers neue Funde in einer Villa bei Civita Giuliana im Mittelpunkt. Besonders interessant fand ich im dritten und vierten Kapitel, welche gesamtgesellschaftlichen Schlüsse sich anhand von einzelnen Grabinschriften und Bestattungsriten ziehen ließen, etwa auf die Bevölkerungszahl im alten Pompeji, das kulturelle Leben (etwa Theateraufführungen in griechischer Sprache), soziale Aufstiegsmöglichkeiten und wirtschaftliche Probleme und Hungersnöte.

Am Ende des Buches befindet sich ein reichhaltiger Bildteil, der unter anderem Aufnahmen aller im Buch besprochener Objekte und Gemälde enthält. Hier wäre es sicherlich noch schöner gewesen, wenn die Bilder an den jeweils passenden Stellen im Text eingefügt worden wären, so dass man sie direkt vor Augen hat. Beim gedruckten Buch ist ein Nachschlagen im Bildteil parallel zum Text relativ komfortabel möglich, beim ebook wären entsprechende Links zum passenden Bild sehr hilfreich.

Fazit: Ein äußerst empfehlenswertes, sehr interessantes und aufschlussreiches Buch, über das ich viele neue Aspekte des antiken Lebens kennengelernt habe, und das durch den offenen und persönlichen Schreibstil von Gabriel Zuchtriegel besticht.

Bewertung vom 04.06.2023
Ein Schulkiosk voller Geheimnisse / Der fabelhafte Herr Blomster Bd.1
Gerhardt, Sven

Ein Schulkiosk voller Geheimnisse / Der fabelhafte Herr Blomster Bd.1


ausgezeichnet

"Der fabelhafte Herr Blomster" von Sven Gerhardt ist ein sehr gelungenes, spannendes Kinderbuch mit vielen skurrilen und kreativen Einfällen. Der Hausmeister Her Blomster ist wirklich liebenswert, und mit Meta von Magnolien hat sich der Autor eine außergewöhnliche und schillernde Person einfallen lassen.

Das Buch eignet sich perfekt für Grundschüler ab der dritten Klasse. Neben dem in Druckschrift gehaltenen Buchtext sind einzelne Passagen, die Auszüge eines Tagebuches darstellen, in Schreibschrift gedruckt. Dies ist auf den ersten Blick etwas ungewohnt, doch mein neunjährige Sohn hatte keine Probleme, diese zu lesen. Ich empfinde den Wechsel in der Schriftart als Bereicherung, da er die Lesekompetenz der Kinder im gebundener Schrift stärkt. Für Auflockerung sorgen die hübschen schwarz-weißen Illustrationen.

Besonders gut gefallen hat uns, dass ganz nebenbei auch historische Persönlichkeiten wie Pablo Picasso und Rainer Maria Rilke in die Geschichte eingewoben wurden.

Ein wirklich gelungenes, rundum empfehlenswertes Buch!

Bewertung vom 30.05.2023
Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
Ironmonger, John

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen


sehr gut

​"Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen" war mein erstes Buch von John Ironmonger, und ich war aufgrund einiger Vorbesprechungen sehr gespannt darauf.


Ironmongers Buch startet im Jetzt und bewegt sich mit den Protagonisten in mehreren Zeitsprüngen 80 Jahre in die Zukunft.

Ironmongers Schreibstil ist speziell, und ich wurde nicht richtig warm damit. Teilweise wirkte dieser sehr distanziert und auch etwas oberlehrerhaft. Hierdurch fiel es mir auch relativ schwer, eine emotionale Nähe zu den Protagonisten aufzubauen. Die Hauptfiguren Tom und Monty sind auf ihre sehr eigene Art interessante Charaktere, die mich im Laufe des Buches immer wieder überraschen konnten.

Die Klimaproblematik steht im Buch klar im Vordergrund, und Ironmonger bezieht deutlich Position. Gletscherschmelze, das Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten, Fleisch- und Fischkonsum und der Stratocumulus-Kipppunkt werden immer wieder thematisiert und deren Folgen rigoros vor Augen geführt. Allein hierfür ist das Buch bereits lesenswert, da wir immer noch die Augen verschließen und nicht wahrhaben wollen, wie ernst es um den Planeten steht.

Fazit: Ein empfehlenswertes, sehr düsteres Buch zur Klimathematik mit einer etwas gewöhnungsbedürftigen Erzählweise, die nicht ganz meinen Geschmack traf.

Bewertung vom 30.05.2023
Wenn Worte töten. Hawthorne ermittelt [Band 3] (MP3-Download)
Horowitz, Anthony

Wenn Worte töten. Hawthorne ermittelt [Band 3] (MP3-Download)


ausgezeichnet

"Wenn Worte töten" ist bereits der dritte Band der Reihe um den ehemaligen Kriminalbeamten Daniel Hawthorne, der als Berater der Polizei arbeitet und bei komplexen Fällen hinzugezogen wird. Für mich war es das erste Buch von Anthony Horowitz, und da keine Vorkenntnisse nötig sind, konnte ich mit diesem Band problemlos einsteigen.

Im Roman begleitet der Schriftsteller Anthony Horowitz als autofiktionaler Ich-Erzähler Daniel Hawthorne bei seinen Ermittlungen und schreibt darüber. Die Konstellation aus genialem, aber etwas eigenem Privatdetektiv und seinem Chronisten, der sich eher vergeblich bemüht, bei der Aufklärung zu helfen, erinnert mich stark an Hercule Poirot und seinen Hastings. Auch der Schreibstil, die wendungsreiche Geschichte und die Art des Falles, bei dessen Lösung es auf kleinste Details ankommt, lassen unwillkürlich an Agatha Christie denken. Es ist sicherlich kein Zufall, dass der Autor die Drehbücher zu den Poirot-Verfilmungen verfasst hat.

Die Figur des Daniel Hawthorne finde ich richtig spannend. Sie ist undurchsichtig und eigen, ein scharfer Beobachter, der auf der Insel Alderney den Schatten seiner Vergangenheit begegnet. Wie er hier seine eigenen Ziele verfolgt, erinnert mich fast ein wenig an Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker".

Der Fall bleibt spannend bis zum Schluß, und ist ideal für alle, die gerne selbst miträtseln und Spaß an verzwickten Details haben.

Ein besonderes Vergnügen wird die Geschichte als Hörbuch durch den brillianten Sprecher Uve Teschner. Wie er jeder Figur eine individuelle Note verleiht und sie beinahe wie in einem Hörspiel zum Leben erweckt, ist einfach große Klasse.

Eine absolute Hörempfehlung für alle, die Krimis im Stile von Agatha Christie, Dorothy L. Sayers oder Arthur Conan Doyle lieben!

Bewertung vom 30.05.2023
Josses Tal
Rehse, Angelika

Josses Tal


gut

Josef Tomulka wächst in Schlesien als uneheliches Kind bei seiner Mutter und seinen Großeltern auf, die ihn täglich spüren lassen, dass er unerwünscht ist. Wärme findet er bei der Nachbarsfamilie Reckzügel. Deren ältester Sohn Wilhelm, ein glühender Nationalsozialist der ersten Stunde, zeigt Josef gegenüber eine sonderbar große Zuwendung. Unter Wilhelms Einfluss und begünstigt durch Josefs liebloses Elternhaus, verfängt auch bei ihm das braune Gedankengut, er findet die ersehnte Anerkennung im Jungvolk und wird ein willfähriger Helfer Wilhelms.

Josefs bittere Kindheit und seine Sehnsucht nach Liebe werden eindrücklich und glaubhaft beschrieben. Relativ früh waren mir Wilhelms wahre Absichten und die Hintergründe zu Josef klar, so dass das Ende des Buches vorhersehbar war.

Der Roman zeigt, wie maipulierbar der Mensch ist, wie perfide die Propaganda der Nazis war und welch gefährliche Anziehungskraft deren Jugendorganisationen hatten. Thematisch hat mich der Roman sehr interessant, doch leider hat er mich handwerklich nicht überzeugt, und man spürt die Unerfahrenheit der Autorin. Die Charaktere sind zu eindimensional und werden häufig entweder nur positiv oder absolut negativ dargestellt; hier hätte ich mir etwas mehr Ambivalenz gewünscht. Werner und die Eltern Reckzügel sind fast zu gut, um wahr zu sein, Fritz, Frieda und Helene Tomulka sind das absolute Gegenteil. Fritz' Verhalten ist für mich kaum nachvollziehbar und sehr extrem. Sicher war ein uneheliches Kind damals eine Schande, aber sein kompletter Verhaltenswandel gegenüber allen, auch Leuten außerhalb der Familie, und die Konsequenzen, die er für sich und die ganze Familie zog, erscheinen mir unverhältnismäßig und nicht nachvollziehbar. Insbesondere sein Benehmen am neuen Wohnort gegenüber den Nachbarn konterkariert seinen Wunsch, an einem anderen Ort unbelastet anzufangen. Insgesamt wundert es mich, dass im Roman so wenig vom Krieg spürbar ist, keine Haupt- oder Nebenfigur bis auf den Lehrer Ritter wird eingezogen oder fällt. Werner Reckzügel wirkt über die gesamten 13 Jahre immer wie ein Jugendlicher, obwohl er am Ende ca. 33 Jahre alt sein dürfte. Weder ist sein Beruf bekannt noch heiratet er bzw. hat eine Freundin. Dies alles zusammen lässt die Figuren auf mich konstruiert wirken. Die Rahmenhandlung um den alten Josse und Helen erscheint künstlich, Helens Uroma Else, die eigentlich eine zentrale Rolle spielen sollte, taucht nur kurz auf. Die äußere Geschichte wirkt so unglaubwürdig und eher wie ein halbherziger schriftstellerischer Kniff.

Insgesamt ein interessanter Roman mit vielen guten Ansätzen, aber leider Schwächen in der Umsetzung.