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Raumzeitreisender
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Ahaus
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 763 Bewertungen
Bewertung vom 23.08.2016
Der Meister des Jüngsten Tages
Perutz, Leo

Der Meister des Jüngsten Tages


ausgezeichnet

Perutz ist immer für eine Überraschung gut

Wer Bücher von Leo Perutz kennt, weiß, dass diese perfekt konstruiert sind und die Lösung bis zum Schluss offen lassen. Seine Plots sind ausgefallen, mehrdeutig und erstklassig. „Der Meister des Jüngsten Tages“ ist ein psychologischer Krimi mit mystischem Einschlag. Er enthält reale und fantastische Anteile. Um das Werk besser zu verstehen, empfiehlt es sich, die Geschichte, nachdem man die Hintergründe kennt, ein zweites mal zu lesen.

Das Buch beginnt mit einem „Vorwort statt eines Nachworts“ und endet mit „Schlussbemerkungen des Herausgebers“, womit eine fiktiver Bekannter von Freiherr von Yosch, dem Ich-Erzähler des Romans, gemeint ist. Das Vorwort stammt von Freiherr von Yosch. Der Herausgeber kennt nach eigener Aussage die wahren Zusammenhänge und veröffentlicht die Erinnerungen von Freiherr von Yosch, die dieser zu Papier gebracht hat. Damit ist neben der Erzählebene eine Metaebene definiert.

Wenngleich mein persönlicher Favorit von Perutz „Der schwedische Reiter“ ist und bleibt, handelt es sich bei „Der Meister des Jüngsten Tages“ um einen exzellenten Roman. Daran ändert auch die etwas antiquierte Sprache nichts. Perutz eignet sich als Orientierung für junge Literaten und sollte aufgrund seiner Originalität, Kreativität und Stringenz nicht in Vergessenheit geraten.

Bewertung vom 22.08.2016
Luhmann leicht gemacht
Berghaus, Margot

Luhmann leicht gemacht


ausgezeichnet

Eine strukturierte Einführung in Luhmanns Systemtheorie

Luhmanns Systemtheorie ist keine leichte Kost. Sie ist selbstreferentiell, was bedeutet, dass sie auch auf sich selbst angewendet werden kann. Die Soziologie als Teil der Gesellschaft liefert eine Beschreibung der Gesellschaft, zu der sie selbst gehört. Es entsteht eine zirkuläre, paradoxe Situation, die Maturana und Varela in „Der Baum der Erkenntnis“ (für die Biologie, aber letztlich allgemeingültig) treffend illustriert haben.

Um Luhmanns Systemtheorie verstehen zu können, ist eine intensive Auseinandersetzung mit seiner Begriffswelt erforderlich. Hierzu gehören Definitionen für System, Organisation, Kommunikation, Ego und Alter, Interaktion und Autopoiesis, um nur Beispiele zu nennen. So bestehen Systeme nicht aus Dingen, sondern aus Operationen. Diese folgen den Prinzipien „System/Umwelt-Differenz“ und „Autopoiesis“. Ein autopoietisches System produziert und reproduziert sich selbst und ist damit operativ geschlossen.

Das Buch ist wohl strukturiert. Erläuterungen der Autorin Margot Berghaus, Einschübe von Zitaten Luhmanns und zahlreiche Karikaturen wechseln sich ab. Das Buch ist in 21 Kapitel untergliedert, was dazu führt, dass den Lesern neue Begrifflichkeiten in überschaubaren Portionen serviert werden. Für die Vertiefung gibt es die (zahlreichen) Originalwerke von Niklas Luhmann, der die Systemtheorie für sich selbst zur Lebensaufgabe erklärt hat. Seine Theorie ist in der Wissenschaft etabliert; die Systemtheorie erhebt den Anspruch, universell zu sein.

Luhmann ist gleichzeitig Systemtheoretiker und Konstruktivist. Wenn man bislang verschiedene Werke über Konstruktivismus gelesen hat, wirken seine Ausführungen zum Thema erhellend. Er war überzeugt davon, dass Systeme real in der Wirklichkeit existieren und dass man die Welt nur durch beobachten erkennen kann. Da nichts in der Welt der direkten Erkenntnis zugänglich ist, entsteht eine Beobachterabhängigkeit und damit eine Konstruktion der Wirklichkeit. Dabei bleibt immer ein „blinder Fleck“, etwas was der Beobachter nicht sieht, weil er selbst in das zu Beobachtende eingeschlossen ist. Maturana und Varela haben das Phänomen in „Der Baum der Erkenntnis“ am Beispiel des Auges verdeutlicht. Luhmann stellt, ebenso wie Heinz von Foerster, die Abbildbeziehung zwischen Welt und Erkenntnis in Frage. Es können immer nur von Beobachtern konstruierte Realitäten verglichen werden. Ob es im Zuge der Evolution eine Annäherung an die wirkliche Welt gibt, also an das „Ding an sich“ (im Sinne von Kant), wie in der evolutionären Erkenntnistheorie angenommen und von Hoimar von Ditfurth beschrieben, ist für die Systemtheorie irrelevant.

Margot Berghaus vermittelt einen verständlichen Einblick in Luhmanns Systemtheorie. Auf den letzten Seiten erläutert sie weitergehende Zusammenhänge und beschreibt das Verhältnis zwischen Gesellschaft, Kommunikation und Evolution. Das Buch beinhaltet mehr Erläuterungen zur Theorie und weniger kritische Auseinandersetzung. Letztere setzt voraus, dass die Grundzüge der Theorie verstanden wurden, wozu das Buch einen wichtigen Beitrag leistet.

Bewertung vom 21.08.2016
Kosmos und Psyche
Grof, Stanislav

Kosmos und Psyche


ausgezeichnet

Kartographie der Psyche

Nach eigener Aussage versucht Stanislav Grof seine philosophischen und spirituellen Einsichten aus vierzig Jahren beruflicher und persönlicher Erfahrung in diesem Buch zusammenzufassen. Er hat sich insbesondere mit außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen beschäftigt.

Nach seinen Ausführungen sind nicht bei allen Bewusstseinsveränderungen geistige Störungen zu diagnostizieren. Er klammert eine besondere Art veränderter Bewusstseinszustände aus. Diese bezeichnet er als holotrop („auf Ganzheit ausgerichtet“). Diese Zustände sind verbunden mit Veränderungen aller sinnlichen Wahrnehmungen, heftigen und ungewöhnlichen Emotionen sowie tiefgehenden Änderungen in den Denkprozessen. Die Beschreibungen erinnern stark an mystische Erfahrungen, die es zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte und in allen Teilen der Welt gegeben hat. Wie entstehen holotrope Zustände? Sie können spontan auftreten oder durch rituelle Handlungen hervorgerufen werden. Gezielt eingesetzte Techniken gehören in die Hände erfahrener Therapeuten, da die Wirkungen auf die Psyche nicht zu unterschätzen sind. Menschen, die holotrope Erfahrungen gemacht haben, werden spirituell. Dies ist zur Sinnstiftung im Leben unentbehrlich. Die Naturwissenschaft kann genau dies nicht leisten. Grof sieht in einer einseitigen Weltsicht, dem materialistischen Monismus, die Ursache für die derzeitigen globalen Probleme der Menschheit begründet. Grofs Erfahrungen stehen im Widerspruch zu fundamentalen Thesen der materialistischen Wissenschaft. Danach ist Bewusstsein ein Produkt des Gehirns und kein primäres Seinsprinzip. Aus wissenschaftlicher Sicht ist der Dualismus tot, da dieser gegen das Prinzip des universellen Wirkungszusammenhangs aller Dinge und Zustände verstößt. Wie kann der immaterielle Geist auf die physikalische Welt einwirken? Die Auffassung der Wissenschaft ist Stanislav Grof bekannt. Er bewegt sich mit seinen Erklärungsansätzen nicht nur in einer Grauzone zwischen Wissenschaft und Religion, sondern er weicht auch von der modernen Psychiatrie ab, die mystische Erfahrungen eher der Kategorie Geisteskrankheit zuordnet. Im Kern beruft er sich nicht auf im wissenschaftlichen Sinne verifizierbare Erkenntnisse, sondern auf Erfahrungen. Diese dienen neben der wissenschaftlichen Forschung als alternativer Weg der Erkenntnis und sie überzeugen jeden, so Grof, der entsprechende Erfahrungen gemacht hat.

Das Buch ist leicht verständlich und eröffnet interessante Perspektiven. Nicht behandelt wurden mögliche Nebenwirkungen ganzheitlicher Erfahrungen. Sehr aufschlussreich sind die Ausführungen zu den Begriffen „Wissenschaft“, „Spiritualität“ und „Religion“. Es wird deutlich, dass der Autor über ein umfangreiches Wissen verfügt und das auch vermitteln kann.

Bewertung vom 21.08.2016
Kosmos und Materie
Asimov, Isaac; Asimov, Janet

Kosmos und Materie


sehr gut

Wunder der Natur

Der Universalgelehrte Isaac Asimov war einer der bedeutendsten Wissenschaftsautoren des 20. Jahrhunderts. Er veröffentlichte über 300 Bücher, darunter zahlreiche Science-Fiction-Werke. „Kosmos und Materie“ ist nach seinem Tod 1992 von seiner Frau, die auch seine engste Mitarbeiterin war, fertiggestellt worden.

Die Motivation ergibt sich aus dem Vorwort. „In diesem Buch werden wissenschaftliche Entdeckungen von heute in der Hoffnung präsentiert, die Phantasie anzuregen und unsere Welt gleichzeitig ein wenig durchschaubarer zu machen.“ (9) Diesem Anspruch werden die Autoren gerecht.

„Kosmos und Materie“ besteht aus mehr als 120 Essays zu den Themen Evolution, Zukunft, Astronomie,Technik und Physik. Die Beiträge umfassen jeweils nur wenige Seiten und sind allgemeinverständlich verfasst. Sie bauen nicht aufeinander auf und so kann der Einstieg in jedem beliebigen Kapitel erfolgen.

In „Unentbehrliche Kooperation“ (95) geht es um altruistisches Verhalten in der Natur zum Zweck der Erhaltung der Art, in „Mantel und Kern“ (117) steht der Geodynamo der Erde im Fokus und in „Entfernungsmessung“ (363) erläutern die Autoren, wie interstellare Entfernungsmessungen durchgeführt werden.

Asimov geht in seinen Essays nicht so in die Tiefe, wie Hoimar von Ditfurth in seinem Essayband „Zusammenhänge“. Dennoch handelt es sich um ein lesenswertes und auch heute noch zu empfehlendes Buch.

Bewertung vom 21.08.2016
Der Gefangene des Himmels / Barcelona Bd.3
Ruiz Zafón, Carlos

Der Gefangene des Himmels / Barcelona Bd.3


sehr gut

Weniger verzaubernde Magie, mehr harte Realität

„Der Gefangene des Himmels“ ist der dritte Band aus dem Zyklus „Der Friedhof der vergessenen Bücher“ von Carlos Ruiz Zafón. Im Fokus steht die Lebensgeschichte von Fermin Romero de Torres. Das ist ein falscher Name, den er aus Sicherheitsgründen angenommen hat. Fermin, der in „Der Schatten des Windes“ als väterlicher Freund von Daniel Sempere eingeführt wurde, erweist sich mit Weisheit und feiner Ironie als Sympathieträger und schillernde Figur dieses Romans.

Fermins Vergangenheit, die teilweise in dem Roman erzählt wird, ist bemerkenswert. Es war die Zeit nach dem Spanischen Bürgerkrieg und Fermin saß in dem Kastell auf dem Montjuïc ein. Die Behandlung der Gefangenen durch Direktor Mauricio Valls erinnert an den Vorhof zur Hölle. Im Gefängnis lernt Fermin den Schriftsteller David Martin, Autor von „Die Stadt der Verdammten“ und Protagonisten aus „Das Spiel des Engels“, kennen. Bei dessen psychischer Situation und seinen einschneidenden Erlebnissen ist es kein Zufall, dass dieser Selbstgespräche mit Corelli, einer unheimlichen Gestalt aus „Das Spiel des Engels“, führt.

Querverbindungen zu den beiden früheren Bänden aus diesem Zyklus sind erkennbar. Diese bestehen nicht nur im Friedhof der vergessenen Bücher, sondern auch in einigen Protagonisten, wie z.B. Daniel Sempere, seine Mutter Isabella und David Martin. Entsprechend der Vorbemerkungen zum Roman können die Bände auch unabhängig voneinander bzw. jeder für sich allein gelesen werden. Das sehe ich nicht so. Um sich dem Geheimnis der Erzählungen nähern zu können, sollten alle drei Bände gelesen werden. In dem noch fehlenden vierten Band laufen hoffentlich die Fäden zusammen und werden letzte Geheimnisse gelüftet. Bei der Struktur der Bücher ist das aber nicht zwingend zu erwarten.

Natürlich vergleicht man Bücher von Zafón mit „Der Schatten des Windes“, einem Werk, in dem Zafón Realismus und Magie auf unnachahmliche Weise miteinander vermischt und eine Atmosphäre schafft, die verzaubert. „Der Gefangene des Himmels“ ist realistischer als die beiden Vorgängerbücher und weniger Jugendbuch als „Der Schatten des Windes“. Wenngleich die Qualität des letztgenannten Buches nicht erreicht wird, ist „Der Gefangene des Himmels“ lesenswert. Zafón gehört zu den großartigen Autoren der Neuzeit.

Bewertung vom 21.08.2016
Vorsorge für den Erbfall durch Testament, Erbvertrag und Schenkung
Bayerischen Staatsministerium der Justiz (Hrsg.)

Vorsorge für den Erbfall durch Testament, Erbvertrag und Schenkung


sehr gut

Eine übersichtliche Info zum Erbrecht

In dieser Broschüre werden die Prinzipien des deutschen Erbrechts auf verständliche Art und Weise für jedermann erläutert. Die Autoren verzichten durchgängig auf Bezüge zu gesetzlichen Grundlagen; Schaubilder visualisieren die Zusammenhänge. Es sind sowohl Beispiele für Erbfälle als auch Muster für Testamente vorhanden. Steuerliche Aspekte werden behandelt.

Als Info erfüllt das Heft seinen Zweck, die Leser werden sachkundig über das Erbrecht aufgeklärt Ein Stichwortverzeichnis und eine Übersicht über die gesetzlichen Grundlagen habe ich vermisst. Wenngleich die Beispiele anschaulich sind, werden auch die Grenzen einer solchen Broschüre deutlich. Reale Erbfälle weichen meist von theoretischen Schulbeispielen ab. Das Heft dient als Hilfsmittel, abzugrenzen, in welchen Fällen eine Rechtsberatung durch einen Fachmann sinnvoll und notwendig ist.

Fazit: Für den Preis kann man nichts verkehrt machen.

Bewertung vom 20.08.2016
Evolution für Dummies
Krukonis, Greg; Barr, Tracy

Evolution für Dummies


ausgezeichnet

Ein Leitfaden zur Evolution für jeden, den es interessiert

Das Buch besteht aus fünf Teilen und ist übersichtlich gestaltet. Zu Beginn werden auf wenigen Seiten zentrale Fachbegriffe erläutert, die für das Verständnis der nachfolgenden Ausführungen zwingend erforderlich sind. Evolutionsbiologische Prinzipien und sonstige besondere Arten der Information werden im Text durch Symbole gekennzeichnet. Im letzten Kapitel erläutern die Autoren häufige Argumente gegen die Evolution und zeigen deren Schwachstellen auf. Je nach Vorwissen ist der Einstieg in jedem Kapitel möglich.

Die Autoren erläutern, was Evolution ist, wie sie funktioniert und was sie bewirkt. Dass es sich nicht um ein abstraktes Thema handelt, wird spätestens im vierten Teil des Buches deutlich. Hier geht es um die evolutionsbiologische Geschichte der Menschheit. Die Prinzipien Artbildung, genetische Drift, natürliche Selektion etc. gelten auch für den Homo sapiens. Somit ist die Frage „Woher stammen wir?“ nicht nur spannend für Philosophen und Theologen, sondern insbesondere auch für Evolutionsbiologen. Im Gegensatz zu Erstgenannten stützen diese sich auf empirische Untersuchungen (Fakten, Hypothesen, Theorien). Hypothesen und Theorien sind nicht in Stein gemeißelt, sondern können falsifiziert oder erweitert werden.

Die Autoren erklären Darwins Konzeption und ergänzen diese durch die Erkenntnisse späterer Entwicklungen. Hierzu gehört insbesondere die Genetik. Diese wird in einem Kapitel behandelt, mit dem Ziel, den Lesern zu vermitteln, worum es in der Genetik überhaupt geht und wo die Berührungspunkte mit der Evolutionstheorie liegen. Unter anderem wird ein Experiment beschrieben, wie aus wenigen Zutaten ein „Erdbeer-Cocktail“ gemixt wird, dessen DNA isoliert werden kann. Eine ausführliche Beschreibung zur Genetik, in ähnlichem Stil wie die Beschreibungen zur Evolution in diesem Buch, befindet sich in „Genetik für Dummies“.

Die Leser erfahren, was die Unterschiede zwischen phänotypischer und genotypischer Variation sind, wie phylogenetische Bäume erstellt werden, wie Gruppenselektion wirkt und was reziproker Altruismus ist. Mit den beiden letztgenannten Themen hat sich auch recht anschaulich Stefan Klein in „Der Sinn des Gebens“ auseinandergesetzt. Medizinische Aspekte werden in den Kapiteln 17-19 behandelt. Die Leser erfahren, wie Antibiotika wirken, warum der HI-Virus so tückisch ist und wie der Körper mit Virenattacken umgeht.

„Evolution für Dummies“ ist kein typisches in Prosa verfasstes populärwissenschaftliches Buch, aber auch kein in die Tiefe gehendes Fachbuch. Es ist ein Buch, dass Wissenschaft in anschaulicher Form vermittelt. Wer sich für das Thema Evolution interessiert, wird durch dieses gut strukturierte Buch einen fundierten Überblick bekommen. Die Prinzipien der Evolution werden nachvollziehbar beschrieben, wobei die Entwicklungsgeschichte der Evolutionstheorien zu kurz kommt. Wer sich dafür interessiert, ist mit zum Beispiel „Evolutionsbiologie“ von Ulrich Kutschera besser bedient.

Bewertung vom 20.08.2016
Wege zum philosophischen Denken. Einführung in die Grundbegriffe.
Bochenski Joseph, Martin

Wege zum philosophischen Denken. Einführung in die Grundbegriffe.


sehr gut

Aufforderung zum philosophischen Denken

Das Buch beruht auf zehn Vorträgen, die der Autor 1958 im Bayerischen Rundfunk gehalten hat. Ziel ist die Vermittlung von Grundproblemen der Philosophie, sodass das Alter der Vorträge keine Rolle spielt und Leser nicht abschrecken sollte. Joseph Bocheński verbindet mit der Veröffentlichung die Hoffnung, dass einigen Lesern der Zugang zum philosophischen Denken erleichtert wird.

Die Themen sind lt. Vorwort populär gehalten. Dabei ist populär nicht gleichbedeutend mit leicht verständlich. Zumindest gilt das für Bocheńskis Reflexionen über ontologische Fragen. „Wie stehen das ideale Seiende und das reale zueinander?“ und „Soll man das Ideale als ein Abbild des Realen oder, umgekehrt, das Reale als ein Abbild des Idealen sich denken?“ sind solche Fragen. (102)

Daneben gibt es Fragen, die einfach klingen, aber bei genauer Analyse enorm an Tiefe gewinnen. Das gilt für die Untersuchung von Begriffen wie „Gesetz“, „Denken“ oder „Wahrheit“. „Denn in den philosophischen Fragen … ist nichts einfach.“ (45) Das liegt auch daran, weil in der Philosophie erkenntnistheoretisch untersucht wird, was wir überhaupt sicher wissen können. Bei der Analyse der Begriffe „Mensch“ und „Gesellschaft“ habe ich am ehesten aktuelle Bezüge vermisst.

Es handelt sich zwar um ein populärwissenschaftliches Buch, dennoch merkt man den Fragestellungen, den präzisen Ausführungen und auch dem Respekt des Autors vor den Themen an, das Bocheński ein Fachmann ist. Er stellt unterschiedliche Sichtweisen gegenüber und erläutert seine persönliche Auffassung. Seine religiöse Grundhaltung wird in „Das Absolute“ deutlich. Hier geht Bocheński auch auf das Verhältnis von Philosophie und Religion ein. „Wege zum philosophischen Denken“ ist kein Buch über die Geschichte der Philosophie oder über bekannte Philosophen der Menschheitsgeschichte, sondern eine Aufforderung zum Philosophieren.