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smartie11
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In Niedersachsen
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 919 Bewertungen
Bewertung vom 20.09.2019
Cold Storage
Koepp, David

Cold Storage


sehr gut

Packend, stellenweise regelrecht rasant und echt erschreckend – Hollywood zum Lesen

„Öffne nie eine Tür, wenn du nicht weißt, was auf der anderen Seite ist.“ (S.118)

Meine Meinung:
Schon der kurze Prolog, in dem der Autor über den größten lebenden Einzelorganismus der Welt (ein gemeiner Hallimasch mit etwa 9,5 Quadratkilometer Ausdehnung) schreibt, sorgt für eine Gänsehaut und ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Perfekte Startbedingungen für eine Geschichte, die es wirklich in sich hat…

Die eigentliche Story beginnt in Jahr 1987, als eine kleine, aber sehr effektive Einheit von Spezialisten den Ausbruch eines im Weltall mutierten „Killerpilzes“ mitten im Australischen Outback sozusagen im Keim erstickt. Es ist schon dramatisch und zutiefst Besorgnis erregend, was dort in der Wüste passiert. Eine einzige, kleine Probe der todbringenden Gefahr wird mitten in den USA in einer Einrichtung eingelagert, die angeblich höchsten Sicherheitsstandards entspricht…

Das ist fürwahr ein Auftakt ganz nach meinem Geschmack: extrem bedrohlich, action- und temporeich. Dazu mit Roberto Diaz und Trini Romano noch zwei sympathische und fähige Protagonisten. Extrem gebannt habe ich die Geschehnisse verfolgt, die Seiten flogen beim Lesen regelrecht dahin. Doch als die Handlung dann 32 Jahre weiter in die Gegenwart springt, hat der Autor erst einmal gehörig auf die Tempo- und Spannungsbremse getreten und sich Zeit genommen, seine weiteren Protagonisten einzuführen. Allen voran den sympathischen „Loser“ Travis „Teacake“ Meacham, der leicht auf die schiefe Bahn geraten und dadurch sogar im Knast gelandet war und nun seinen eher schlecht bezahlten und langweiligen Job bei Atchinson Storage verrichtet. Ein klassischer Underdog, der genau deshalb doch im Verlauf der Story irgendwie sympathisch rüberkommt. Im Gegensatz zu „Teacake“ war mir die junge, tuoghe Naomi, der eine ungeplante Schwangerschaft einen Strich durch die eigene Lebensplanung gemacht hat, von Anfang an sympathisch. So war es durchaus unterhaltsam zu lesen, wie die beiden Lebensgeschichten sie letztendlich in dem unterirdischen Lagerhaus zusammengeführt haben und wie sie gemeinsam einem merkwürdigen Alarmton auf die Spur kommen, doch hätte es für meinen Geschmack im Mittelteil des Buches etwas mehr Spannung und Tempo sein dürfen.

Als hätte der Autor dies selbst bemerkt, dreht er im letzten Drittel diesbezüglich noch mal so richtig auf: 34 Minuten Handlung auf 100 Seiten hört sich erstmal langatmig an, aber genau das Gegenteil ist der Fall: Hier merkt man dem Autor seine Hollywood-Wurzeln an. Wie im besten Action-Blockbuster überschlagen sich die Ereignisse und das Buch hat mich ab hier dermaßen gefesselt, dass ich es in einem Rutsch zu Ende gelesen habe. Dieses „Finale“ hat mich für den eher ruhigeren Mittelteil mehr als entschädigt!

David Koepps Schreibstil ist souverän und unterhaltsam. Seine Story würzt er geschickt mit einem Schuss Horror („Das über die Betonwände und den Bodenverteilte Jackson-Pollock-Gemälde, das einst Mike Snyder gewesen war“ – S. 288) und einer immer wieder durchschimmernden Prise Humor („Es lebt sich einfach nicht so gut auf Land, das in die Luft gesprengt werden soll. Das ist gar nicht gesund.“ - S. 16). Dabei mutet die Situationskomik manchmal schon recht skurril an, was oftmals den etwas unterbelichteten (und zugegebener Maßen sehr stereotypen) Charakteren (insbesondere Mooney & Griffin) geschuldet ist.

FAZIT:
Ein Action-Blockbuster zum Lesen – trotz schwächerem Mittelteil eine insgesamt mitreißende Story.

Bewertung vom 10.09.2019
Messer / Harry Hole Bd.12
Nesbø, Jo

Messer / Harry Hole Bd.12


ausgezeichnet

Harry Holes wahrscheinlich persönlichster Fall – immer wieder überraschend & mit tiefen seelischen Abgründen

„Wir sind alle notorische Schürzenjäger, Diebe, Säufer, Mörder. Wir wiederholen unsere Sünden und hoffen auf Vergebung. Von Gott, von anderen und auf jeden Fall von uns selbst.“ (S. 374)

Meine Meinung:
„Messer“ ist tatsächlich mein erster „Harry Hole“, den ich lese. Daher habe ich leider keine Vergleichsmöglichkeiten zu den 11 Vorgängern, hatte aber dennoch keinerlei Schwierigkeiten, in den Fall hineinzufinden und mit den Charakteren „warm“ zu werden.

Bereits der kurze Prolog hat mir ein sehr mulmiges Gefühl in den Magen gepflanzt, den Keim einer bösen Vorahnung. Schnell nimmt die Geschichte an Fahrt auf, und bereits auf S. 62 passiert etwas, das Harry Hole (der ja auch sonst nicht für seine psychische Stabilität bekannt zu sein scheint) in seinen Grundfesten erschüttert, ihn bricht und von einem Tag auf den anderen zu einem Schatten seiner selbst werden lässt. Von da an durchlebt er seine ganz eigene Hölle…

Es scheint wohl Holes persönlichster Fall zu sein, der ihn nun antreibt wie ein Duracell-Männchen bis an seine Grenzen – und noch ein gutes Stück darüber hinaus. Immer wieder bringt Nesbo dabei neue Charaktere und Informationsdetails ins Spiel, die dafür sorgen, dass ich mein Bild des Falls und meine Vermutungen zum Täter mehr als einmal radikal revidieren musste. So oft war ich mir sicher, nun den Täter zu erahnen (und Harry ging es dabei ganz genauso). Doch zum Schluss führte mich Nesbo so dermaßen aufs Glatteis, dass seine tatsächliche Auflösung mich genauso wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen hat wie auch Hole selbst. Eine Lösung, die ich keine Sekunde vorhergeahnt habe, für die es doch im Nachhinein betrachtet aber immer mal wieder ein Indiz gegeben hat. Hier merkt man ganz deutlich, dass Jo Neso zu Recht einer der erfolgreichsten Krimiautoren der Gegenwart ist. Dies ist wirklich ein Verwirrspiel par excellence!

Was mir an diesem Krimi ebenfalls sehr gut gefallen hat, sind die vielen tragischen Schicksale, die hier nach und nach ans Licht kommen. Dabei offenbaren sich menschliche und seelische Abgründe, die eine Spur Dunkelheit und Bitterkeit mit hineinbringen in diesen Krimi. Zwischendurch war ich zugegebener Maßen etwas enttäuscht von den vielen losen Handlungssträngen (und es drückte zeitweise auch etwas auf die Spannung), die scheinbar vor sich hinmäanderten. Doch am Ende hat Nesbo sie alle geschickt zusammengebracht und für sein großes Finale genutzt.

FAZIT:
Spannung, Tragik, Schicksale und Dramen – und dazu immer wieder überraschende Wendungen und ein schockierendes Finale. Mir hat´s gefallen!

Bewertung vom 10.09.2019
Schnell und einfach zum Suppenglück
Heisch, Annette

Schnell und einfach zum Suppenglück


ausgezeichnet

Quadratisch, praktisch, gut – Für Suppen-Fans genau das Richtige!

Meine Meinung:
Für alle Liebhaber von Suppen & Eintöpfen hat der Readers Digest-Verlag ein neues Kochbuch im praktischen Flexcover mit über 80 sehr abwechslungsreichen Rezepten herausgebracht, die sich alle mit einem geringen Zeitaufwand von maximal 30 Minuten zubereiten lassen. Von Klassikern wie „Minestrone“ (S. 118) und „Französische Zwiebelsuppe“ (S. 116 – original mit Käsetoast!) bis hin zu ausgefalleneren Rezepten (wie z.B. Maronen-Cappuccino / S. 40) dürfte hier für jeden Geschmack etwas dabei sein. Auch finden sich bei den einzelnen Rezepten verschiedene, sehr leckere Einlagen wie z.B. Biskuitherzen oder Kräuterpfannkuchen. Aufgeteilt sind die Rezepte in die vier Hauptkategorien „Klare Suppen mit Einlagen“, „Cremige Suppen“, „Hauptgerichte aus dem Suppentopf“ und „Internationale Suppen und Eintöpfe“. Dazu gibt es noch 6 Rezepte für „feine Klößchen“ (auch gut auf Vorrat zu produzieren), 4 „süße Suppen“, 6 „Eintöpfe mit Bohnen“ und 4 „Suppen pikant und eiskalt“. Praktischer Weise findet sich vorweg auch noch eine Doppelseite zu Brühen inkl. Rezepten für selbst gekochte Rinder-, Hühner- und Gemüsebrühe (nebst Tipps zur Aufbewahrung im Tiefkühlschrank oder in Gläsern).

Bis jetzt habe ich drei verschiedene Rezepte aus dem Buch nachgekocht (die „Fruchtige Tomatensuppe“, die „Kürbiscremesuppe“ und den „Hackfleischeintopf mit Tomaten und Ravioli“) und war von dem Ergebnis jeweils voll und ganz überzeugt. Schnell zubereitet & super lecker, selbst den Kindern (8 & 11) hat es geschmeckt (und das will schon etwas heißen!).

Kurzbewertung:
(+) umfangreich und sehr abwechslungsreich
(+) alle Rezepte haben eine schnelle Zubereitungszeit (max. 30 Minuten)
(+) von Klassikern bis hin zu ausgefalleneren Rezepten
(+) inkl. Angaben über die Nährwerte
(+) leicht verständliche Schritt-für-Schritt-Zubereitungsanweisungen
(0) teilweise werden Fertig-(Vor-)Produkte verwendet (wie z.B. Pasta), was mich nicht stört, aber sicherlich nicht jedermanns Sache ist
(-) (für meinen Geschmack keine)

FAZIT:
Schnell zuzubereitende und sehr leckere Suppen & Eintöpfe für jeden Geschmack – eine klare Empfehlung von mir.

Bewertung vom 03.09.2019
Wetten, ich kann lauter furzen?
Abidi, Heike;Breidenbach, Ursi

Wetten, ich kann lauter furzen?


ausgezeichnet

Humorvolle Berichte über das Zusammenleben mit Jungs – nicht nur für Jungsmütter!

„Jungs sind wunderbar liebevoll, herrlich direkt, unglaublich lustig und einfach nur fantastisch.“ (S. 301)

Meine Meinung:
Meiner Erfahrung nach gibt es eine klar definierte „Verständnis-Kette“ in Sachen Familienleben. Erwachsene ohne Kinder haben oft keine Vorstellung darüber, was es heißt, Eltern heranwachsender Kinder zu sein. Eltern von Einzelkindern haben fast immer keine Idee davon wie es ist, zwei oder mehr der kleinen Racker zu Hause bändigen zu müssen. Und reine Mädchen-Eltern sind oft irritiert davon, wie sich Jungs verhalten. Von daher ist es schon eine Herausforderung, zwei oder mehr Jungs für die Nerven aller unbeschadet groß zu ziehen. Die einzigen, die einen in dieser Situation verstehen, sind meist selbst Jungs-Mehrfach-Eltern…

Dank Heike Abidi & Ursi Breidenbach kann nun jeder „Nichtkenner“ dieser ganz besonderen Erziehungsherausforderung seine Bildungslücke schließen und bekommt exklusive Einblicke in die Welt von Jungs-Müttern. Schon an dieser Stelle möchte ich den beiden Autorinnen für ihre Aufklärungsarbeit danken! ;-)

Was erwartet die Leser*innen nun also konkret in diesem Buch? Vor allem erst mal sehr viele, oft persönliche Anekdoten rund um das Elternsein mit Jungs. Vieles davon habe ich ganz ähnlich selbst erlebt – und das Meiste brachte mich beim Lesen zum Schmunzeln, Grinsen bis hin zu spontanem Lachen. Denn auf der gesamten Länge ist dieses Buch einfach wunderbar unterhaltsam! Meist geht es dabei um die irrwitzigen Ideen und die latent chaotische und tiefenentspannte Organisationsfähigkeit der Nachwuchs-Männer. Oder können Sie sich etwa vorstellen, dass Mädchen auf die Idee kommen könnten, einen Furz in einem Einmachglas konservieren zu wollen? So reflektieren die beiden Autorinnen den gesamten Zeitraum – von der Schwangerschaft („Herzlichen Glückwunsch, es wird ein Junge!“) bis hin zu den (ggf. wieder eingezogenen) erwachsenen Nesthockern. Zwischendurch werden dabei immer wieder interessante Fakten aus diversen Untersuchungen und Studien rund ums Thema zitiert. So war mir z.B. bislang nicht bewusst, dass in der Pubertät das Schlafhormon Melatonin ca. zwei Stunden später als bei Kindern oder Erwachsenen ausgeschüttet wird, sodass die Teenies später müde werden (S. 235). Und laut einer Studie der Wayne State University werden Jungs mit guter Bindung zur Mutter später seltener straffällig (S. 249).

Das Buch schließt ab mit „Zehn Gründen, warum es das Schönste auf der Welt ist, eine Jungsmutter zu sein“ - und ich kann jeden einzelnen nur bestätigen! (allerdings aus Jungsvater-Sicht). Danke, liebe Heike und liebe Ursi für diese wunderbare Liebeserklärung an die Jungs dieser Welt!

FAZIT:
Humorvolle Leseunterhaltung über die Herausforderung, Jungs großzuziehen. Sehr zu empfehlen, auch für Väter!

Bewertung vom 03.09.2019
Geblendet / Jenny Aaron Bd.3
Pflüger, Andreas

Geblendet / Jenny Aaron Bd.3


ausgezeichnet

Nachtschatten - Ein moderner, packender und äußerst überzeugender Polit-Thriller

„Wir müssen alle den Menschen überwinden, der wir gestern waren.“ (S. 45)

Meine Meinung:
Schon vom ersten Band der „Jenny Aaron“-Reihe („Endgültig“) war ich total begeistert. Leider habe ich Band 2 („Niemals“) verpasst und bin nun mit dem dritten Band wieder eingestiegen. Da sehr viel Bezug auf die beiden vorangegangenen Fälle genommen wird, würde ich jedem empfehlen, diese zuerst zu lesen. Dennoch kann man „Geblendet“ auch einzeln lesen (wenn man möchte), denn die Hauptstory ist in sich abgeschlossen.

Autor Andreas Pflüger hat in meinen Augen ein ganz besonderes Talent für fesselnde, actionreiche und sehr gut geschriebene Thriller. Dies wird hier erneut von der ersten Seite an deutlich. Im Prolog lernen wir das bedrückende Schicksal eines 11jährigen Mädchens kennen, das Unglaubliches über sich ergehen lassen muss – und über Nacht ihre Kindheit verliert. Geschickt spielt Andreas Pflüger dabei mit der Anonymität dieses Mädchens. Im Folgenden kehrt Pfüger dann zu seiner sehr außergewöhnlichen Protagonistin Jenny Aaron zurück, der erblindeten Top-Agentin der „Abteilung“, einer streng geheimen und legendenumwobenen Eliteeinheit für Sondereinsätze. Wie schon in Band eins kämpft Aaron weiterhin mit ihrem Schicksal und gegen ihre inneren Dämonen. Doch als ein verheerender Anschlag ihr eh schon komplexes Leben komplett auf den Kopf stellt, wird sie aus ihren eigenen Selbstzweifeln herausgerissen und muss sich einem sehr persönlichen Kampf stellen. Einmal mehr ist es Andreas Pflüger gelungen, seiner Ausnahme-Ermittlerin eine genauso brandgefährliche und exzeptionelle Protagonistin gegenüber zu stellen. Dies sorgt für Spannung, Tempo, Action und immer wieder überraschende Momente. So entfesselt der Autor etwa auf S. 194 ein wahres Inferno und nach nur 40% des Buches hat er einfach meinen Hauptverdächtigen aus dem Spiel genommen. So muss ein moderner Thriller sein!

Neben den Ausnahmecharakteren, unter denen sich gleich mehrere sehr starke Frauen finden, und der fesselnden Politthriller-Story hat mich der Autor einmal mehr mit seinem intelligenten Schreibstil überzeugt. Er benutzt viele „unabgenutzte“ Worte, wie etwa „Tapisserie“ und „manieriert“, zitiert Baudelaire und Weisheiten der Tuareg, lässt seine Charaktere über Mirandola und Machiavellismus schwadronieren. Darüber hinaus blitzen immer wieder Humor und Sarkasmus durch, oft völlig überraschend, manchmal fast zaghaft und dezent, teilweise auch überfallartig und direkt. Aber stets zur Situation und zum Gefühlsleben der Charaktere passend („Wie war´s im Kanzleramt? – Wie bei einem Hundekampf in Thailand. Nur weniger kultiviert.“ - S. 288). An anderen Stellen wird sein Schreibstil regelrecht bildgewaltig und poetisch, was oft einen überraschenden Kontrapunkt zur aufreibenden Realität seiner Charaktere und der Härte der Story bildet:

„Gaudis Schöpfung faltete die Welt zu einer neuen Dimension, in der Barcelona sich auflöste, bis es nichts mehr gab, was den Blick anzog, außer diesem steingewordenen Kniefall vor der Unendlichkeit.“ (S. 380)

FAZIT:
Ein überraschender, fesselnder und moderner Politthriller – meisterhaft erzählt. Jenny Aaron gehört auf die Kinoleinwand!

Bewertung vom 21.08.2019
Die letzte Witwe / Georgia Bd.9
Slaughter, Karin

Die letzte Witwe / Georgia Bd.9


weniger gut

Langatmig und mit wenigen richtig spannenden Stellen - leider enttäuschend!

„Man tut, was richtig ist, und nicht, was leicht ist.“ (S. 483)

Meine Meinung:
Die US-Bestseller-Autorin Karin Slaughter ist ja normalerweise eine Garantin für extrem spannenden Lesestoff. Mit entsprechen hohen Erwartungen bin ich an das Buch herangegangen. Zu Beginn hat mich die Story auch absolut gefesselt. Die Situation, in der Sara direkt in „eine Falle läuft“ (so viel verrät ja schon der Klappentext), war wirklich sehr spannend und actionreich geschrieben, insbesondere durch die sich zunächst erst diffus aufbauende, unterschwellige Bedrohung und die leicht zeitversetzte Betrachtung dieser Szene aus verschiedenen Blickwinkeln. Doch nach dieser Szene fällt der Spannungsbogen leider erstmal komplett in sich zusammen. Auf den folgenden ca. 300 Seiten blitzt die Spannung nur stellenweise durch, immer wieder unterbrochen durch langatmige Beschreibungen der Ermittlungsarbeit und / oder der Gefühls-, Gedanken-und Erlebenswelt einzelner Protagonisten. Erst auf den letzten 100 Seiten gelingt es der Autorin, die Spannung wieder kontinuierlich aufzubauen und ihre Geschichte in einem dramatischen, action- und temporeichen Finale gipfeln zu lassen. Wenn man also dieses Buch um ca. 200 Seiten kürzen würde, könnte man daraus tatsächlich einen spannenden Thriller machen.

Ein weiteres „Problem“ hatte ich in diesem Buch mit den Antagonisten. Der Klappentext versprach hier eine „mächtige Neonazi-Gruppierung“ (und damit für mein Erwarten eine gut organisierte und vernetzte, ernsthafte Bedrohung). Für meinen Geschmack war das aber eher eine Gruppe von Versagern, Hohlbirnen, Möchtegern-Soldaten und Vergewaltigern, die sich um einen Anführer geschart hat, der zwar ein schockierend widerlicher Mensch ist, der für mich als Leser aber in seiner Funktion als Antagonist doch sehr blass und konturlos geblieben ist. Ich konnte in ihm einfach nicht das „brandgefährliche kriminelle Mastermind“ erkennen, das ich hier erwartet hätte. An einer Stelle im Buch heißt es „Die IPA war so erschreckend, dass sie sogar die Frau, die für ihre Überwachung zuständig war, um den Schlaf brachte.“ (S. 489) – das konnte ich so leider überhaupt nicht nachvollziehen.

Gut gefallen haben mir lediglich die teilweise humorvollen und wortgewitzten Dialoge der Charaktere („Es geht um das Pilzgeflecht, das in deinem Gesicht wächst. – Das ist meine Tarnung, Babe.“ S. 477).

FAZIT:
200 Seiten weniger und es hätte ein solider Thriller werden können. So leider mit viel zu viel Längen und wenig Spannung. Schade!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.08.2019
Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast / Die Spiegelreisende Bd.2
Dabos, Christelle

Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast / Die Spiegelreisende Bd.2


ausgezeichnet

„Gott will Euch hier nicht!“ - Eine im wahrsten Sinne des Wortes fantastische Fortsetzung

„Je voller ihr Herz war, desto leerer war ihr Kopf.“ (S. 222)

Meine Meinung:
Nachdem ich im ersten Band (den man unbedingt zuvor gelesen haben sollte!) noch so meine Schwierigkeiten hatte, in die Geschichte hineinzufinden und mit den Charakteren vertraut zu werden, war ich hier von der ersten Seite an wieder mitten im Geschehen, auch dank des voran gestellten „was bisher geschah“ und des kleinen Personenregisters auf dem Lesezeichen.

Ich bin weiterhin vollkommen fasziniert von dieser irrwitzigen Welt mit ihren verschrobenen, undurchsichtigen Charakteren und den vielen, kleinen und skurrilen Details. Dieses eigenartige Universum, das sich Christelle Dabos erdacht hat, sucht wirklich seinesgleichen. Die Ränkespiele, Intrigen und undurchsichtigen Machenschaften der einzelnen Familienclans gehen hier munter weiter – und Ophelia ist unverändert der unfreiwillige Spielball, der nicht wirklich weiß, wie ihm geschieht. Doch langsam findet sie ihren ganz eigenen Platz in diesem verzerrten Spektakel und wächst an den neuen Aufgaben, die sich ihr fast täglich stellen. Sie ist dabei eine Protagonistin, wie man sie sich nur wünschen kann: bodenständig, liebenswert, mutig, hilfsbereit, neugierig und sehr pfiffig. Dazu noch immer (aber immer weniger) ein bisschen tollpatschig und naiv. Wenn man ein Vorbild für eine starke junge Frau braucht – hier bekommt man es! Besonders interessant ist dabei immer wieder ihr Wechselspiel mit den anderen Bewohnern von Pol. Sei es ihr paragrafenverliebter, stets überkorrekter und doch eher eisig wirkender Verlobter Thorn (und ich mag ihn trotzdem!), der Charmeur und Unterstützer Archibald (der dem Ganzen oft eine wunderbar humorige Note gibt), die zu Beginn noch undurchsichtige, aber auf ihre eigene Art doch herzliche Favoritin Berenilde (die für eine Sensation am Hof sorgt), der furcht- und ehrfurchteinflößende, oftmals lethargische Familiengeist Faruk oder auch der treue Freund und Bedienstete Reinecke, auf den sich Ophelia stets verlassen kann. Es ist ein wahrhaft bunter Reigen einzigartiger Charaktere, dem wir hier begegnen!

Erstaunlich ist es, wie mich diese Geschichte mittlerweile gepackt hat, ohne dass ich irgendeine Ahnung hätte, in welche Richtung sich das alles bewegt, auf was für eine Art von großem Finale diese Tetralogie hinstrebt. Genießen wir einfach den Augenblick und widmen uns den sehr merkwürdigen Vorkommnissen, die sich auf der Arche Pol ereignen. Denn in diesem Buch wird es so richtig spannend, und bedrohlich, ein bisschen unheimlich, ein wenig romantisch, wahrlich dramatisch und auf jeden Fall immer wieder vollkommen überraschend. Diese Geschichte entwickelt einen Sog, dem man sich nur noch ganz schwer entziehen kann!

In Sachen Schreibstil bleibt sich Christelle Dabos treu und weiß erneut voll und ganz zu überzeugen: Modern, locker, stellenweise aufmüpfig, immer wieder humorvoll („Das Gespräch fiel in sich zusammen wie ein Soufflé.“ – S. 322) und wunderbar bildlich („Sobald die Sonne einmal durch die Wolken brach und ihre goldenen Klingen aufs Wasser trafen, veränderten sich die Farben der Umgebung sofort von zartem Pastell zu leuchtender Gouache.“ - S. 271). So macht das Lesen einfach Spaß!

FAZIT:
Die Fortsetzung einer unglaublichen Geschichte mit einzigartigen Charakteren. Diese Geschichte entwickelt einen Sog, dem man sich nur noch ganz schwer entziehen kann!

Bewertung vom 16.08.2019
Chasing Bloody Mary
Trenker, Sarah

Chasing Bloody Mary


sehr gut

Eine unterhaltsame Art, Englisch zu lernen

Meine Meinung:
Eine Fremdsprache zu lernen ist für die meisten Menschen mit viel Mühe und Arbeit verbunden – und oft macht das Büffeln nicht wirklich Spaß. Das Team des Circon-Verlags hat sich nun eine neue Idee ausgedacht, mit der man auf eine unterhaltsame Art und Weise die eigenen Englisch-Kenntnisse auffrischen und / oder vertiefen kann: die Lernkrimi-Comics!

„Chasing Bloody Mary“ präsentiert drei unterschiedliche Kriminalfälle für das ungleiche Ermittlertram DI Emma Charles und Raj Jaffrey. Obgleich jede Story nur 16 Seiten hat, gelingt es doch, jeweils einen spannenden Fall mit einer gehörigen Portion Krimi-Atmosphäre unterzubringen. Hier macht das Lesen wirklich Spaß und pro Seite werden auch gleich die passenden Vokabeln mit dazu geliefert. Im Anschluss an jeden der drei Fälle gibt es einen 4/5-seitigen Test mit sehr abwechslungsreichen Aufgaben rund um den vorangegangen Fall und ganz am Ende des Buches noch einen „großen“ Abschlusstest. Diese Aufgaben zu lösen macht wirklich Spaß und hat tatsächlich mehr „Rätsel-Charakter“ als „Büffel-Atmosphäre“. Natürlich gibt es im Anhang auch eine Auflösung sowie eine Übersicht aller „Lern-Vokabeln“. Insofern ist dieser Lernkrimi eine wirklich unterhaltsame und kurzweile Art, an den eigenen Englisch-Kenntnissen zu arbeiten!

Da es sich um Kriminalfälle handelt und auch die ein oder andere Leiche vorkommt, würde ich dieses Buch ab einem Alter von ca. 14 Jahren empfehlen. Auch sollte man meiner Meinung nach schon über gewisse Kenntnisse in Englisch verfügen, denn ein Grundvokabular wird vorausgesetzt, ebenso wie ein grammatikalisches Grundwissen in den Tests (z.B. den Unterschied zwischen simple und present progressive). Das Buch wird nach dem „gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen“ in „A1“ (Anfänger) eingeordnet, ich würde es aber eher ab „A2“ (Grundlegende Kenntnisse) empfehlen.

FAZIT:
Eine tolle Bereicherung, spannend und unterhaltsam. So macht Englisch lernen Spaß!

Bewertung vom 09.08.2019
Der krass katastrophale Anfang der ganzen Sache / Die Legende von Greg Bd.1 (4 Audio-CDs)
Rylander, Chris

Der krass katastrophale Anfang der ganzen Sache / Die Legende von Greg Bd.1 (4 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Spannung, Abenteuer und Action – gepaart mit jeder Menge Humor

„Wir sin ein uraltes Volk, Greg. Geboren aus der Erde selbst, in der Morgendämmerung ihres Werdens. Geschaffen aus Steinen und Lehm, und Pflanzen und Wasser. (Hörbuch Track 21)

Meine Meinung:
Greg ist etwas pummelig und tollpatschig, aber ansonsten ein ganz normaler Teenager. Das glaubte er zumindest selbst immer, bis zu dem Tag, an dem er erfährt, dass er eigentlich ein Zwerg ist…

Schob von Beginn an startet diese extrem fantasievolle Geschichte um den etwas trotteligen, aber umso liebenswerteren Greg temporeich, außergewöhnlich und mit sehr viel Humor. Denn Greg wird unerklärlicher Weise nicht nur von Vögeln im Park, sondern gleich auch noch von einem wildgewordenen Eisbären im Zoo attackiert. Was ist hier bloß los – fragt sich nicht nur Greg, sondern auch der Leser. Als dann noch sein Vater spurlos verschwindet und ihm offenbart wird, dass er der Sprössling des uralten Zwergenclans der Sturmbauchs ist, hatte mich die Geschichte vollends in ihren Bann gezogen. Hier wimmelt es nicht nur vor Zwergen, Elfen und anderen Sagengestalten, sondern vor allem auch vor skurrilen und humorigen Situationen, die manchmal schon etwas Slapstick-artiges an sich haben. Beispielsweise wenn das Kampftraining bei dem etwas lethargischen Lehrer „Buck“ damit beginnt, Bäume zu umarmen, oder wenn die legendäre Zwergenaxt „Aderlass“ Greg offenbart, dass sie sich selbst lieber „Karl“ nennt. So gibt es immer wieder überraschende Szenen und sehr viel zu kichern und zu lachen! Da es sich um den ersten Band einer Trilogie handelt, verwundert es auch nicht, dass das Ende relativ offen gehalten ist und sehr neugierig auf den zweiten Band macht (der hoffentlich alsbald folgt!).

Die Hörbuchproduktion hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Sprecher Marius Clarén, der unter anderem auch Percy Jackson, Tobey Maguire und Jake Gyllenhaal seine Stimme geliehen hat, macht hier mal wieder einen ganz wunderbaren Job. Er spielt mit seiner Stimme, variiert im Tempo und in der Tonlage und verleiht einigen Charakteren eine ganz besondere Unverwechselbarkeit, wie z.B. bei den Lehrern Fenmir Nebelmoosmann & „Buck“. Hier macht das Zuhören einfach nur Spaß!

FAZIT:
„Gregs Tagebuch” meets „Percy Jackson” – ein spannender wie spaßiger Auftakt zu einer sehr vielversprechenden Trilogie.

Bewertung vom 08.08.2019
Hexenlied
Michaelis, Antonia

Hexenlied


ausgezeichnet

La Bruja - ein Meisterstück an Spannung, Verwirrung und Dramatik


"Aber Gerüchte sind wie Quecksilbertropfen. Wenn sie den Boden berühren, teilen sie sich, rollen und fließen in Lücken und Spalten, vermehren sich, winzig, beinahe unsichtbar... giftig." (s. 36)

Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch gerade ausgelesen - und bin noch immer vollkommen geflasht! Für mich ist es eines der besten YA-Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe! Obwohl, "Young Adult" trifft es nicht ganz, denn in diesem Buch verschwimmen nicht nur die Grenzen zwischen Illusion und Realität, es verwischen auch die Grenzen vieler gängiger Buchgenres: "Hexenlied" hat Gene von YA, Coming of Age, Psychothriller, Mystery, Abenteuer, Drama und leichte Anklänge von Horror (in sehr verträglicher Dosis und geschickt gemacht). Genau wie Tim und die anderen Schüler in dieser Story immer mehr in ihr Theaterstück über die mexikanische Hexe "la bruja" hineingesogen werden, hat diese Story auch mich Seite für Seite immer mehr in ihren Bann gezogen. Es beginnt recht harmlos mit den Proben in der Schule, doch schon bald ereignen sich immer merkwürdigere Dinge. Als die kleine Schülergruppe dann zur Theaterfreizeit in eine einsam gelegene Berghütte fährt, beginnt die Situation zu eskalieren - bis aus Spiel tödlicher Ernst wird.

Im Mittelpunkt steht dabei die 16jährige Außenseiterin Lilith, die von allen gemieden wird ("Ich, Lilith, bin die Nacht, ein uralter vorbabylonischer Dämon." - S. 186). Ausgerechnet sie soll die Hexe "la bruja" spielen - und es dauert nicht lange, bis sie genau diesen Spitznamen trägt und ihre Mitschüler in ihr selbst eine Hexe zu sehen meinen. Mir persönlich war Lilith von Beginn an sehr sympathisch. Ja, sie ist ein wenig verschroben, geheimnisvoll und anders - aber es blitzt immer wieder ihre Liebenswürdigkeit durch. Lilith ist einer dieser ganz besonderen Menschen, deren Herz viel zu groß ist für diese Welt - die das nicht erkennt. Einer dieser Menschen, der alle anderen sieht, sie versteht. Und doch selbst von niemandem gesehen, gar verstanden wird. Und ich bin mir sicher: gäbe es mehr Menschen wie Lilith, wäre die Welt ein besserer Ort.

Zu dieser außergewöhnlichen Geschichte um eine genauso außergewöhnliche Protagonistin kommt noch ein eindringlicher, bildhafter und stellenweise schon poetischer Schreibstil, der die Atmosphäre der Situationen und die Gefühle der Charaktere ganz wunderbar transportiert, und mir sehr gut gefallen hat. Kostprobe? Bitte sehr: "Das Fenster stand offen, es roch nach Grün und Werden und Sein, nach unfertigen Gedichten und Frühlingsverrücktheit." (S. 80) oder auch: "Der Ort war schwer vor Melancholie, ein Friedhof der Kindheiten." (S. 171)

Am Ende schließt sich der Kreis mit einem Finale, dass mich bis zur letzten Seite hat bangen lassen - und das für mein Empfinden perfekt zu dieser Geschichte passt. Danke, Antonia Michaelis!

FAZIT:
Eine faszinierende wie fesselnde Geschichte. Eine Mixtur aus YA, Mystery, Psychothriller und Drama. Und eine ganz besondere Protagonistin. Ein absolutes Highlight!