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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 955 Bewertungen
Bewertung vom 03.08.2021
Die Kinder von Teheran
Dekel, Mikhal

Die Kinder von Teheran


ausgezeichnet

Mikhal Dekel ist die Tochter Hannans, einem jungen Polen, der aus seinem Heimatland fliehen musste. Ganz alleine, ohne Eltern machte er sich mit zwei weiteren Kindern auf den langen und beschwerlichen Weg von Polen aus nach Palästina. Und ihr Schicksal war keineswegs einzigartig. Etwa 900 Kinder und Jugendliche waren ebenfalls auf der Flucht vor Tod und Dahinvegetieren in einem Konzentrationslager. Und die wiederum waren ein geringer Teil von etwa 250 000 polnischen Juden, die ihre Heimat verlassen mussten.

Nein, dass Juden in Polen eine Minderheit waren, das stimmt nicht. Im Jahr 1897 gehörten von
100 % der Einwohner immerhin 75 % zu dieser Religionsgemeinschaft. Und trotzdem wurden sie später verfolgt. Hannan, also der Vater von Frau Dekel, war einer von ihnen und seine Familie gehört zu den „Ureinwohnern“ der Stadt. Hier lebten sie seit Generationen und betrieben eine Brauerei. Dass sie als Vertriebene endeten und ihre Heimat niemals wiedersehen sollten, das ist heute unvorstellbar. Und nicht nur das. Sie mussten Haus und Hof samt Inventar zurücklassen. Wer denkt, dass sie entschädigt wurden, der irrt. Der Versuch scheiterte im Jahr 1992 kläglich.

In dem Buch berichtet Frau Dekel einmal davon, wie sie auf den Wunsch kam, es zu schreiben. Zum anderen schreibt sie über die Flucht des Vaters und besuchte sämtliche Stationen seiner weiten Reise. Dabei kam sie mit vielen Menschen ins Gespräch und nicht alle waren ihr gegenüber freundlich eingestellt. Die Berichte über die Flucht sind zum Teil unvorstellbar grausam. Was mussten die Menschen damals nur erleben und selbst Kinder so leiden. Hunger war allgegenwärtig und bis zum Tod litt Dekels Vater an den Auswirkungen. Er stand häufig in der Nacht auf und wühlte im Abfall nach Resten von Nahrungsmitteln. Für das Kind Mikhal damals nicht verständlich aber heute nachvollziehbar.

Unendlich schwer waren die Reisen zur Recherche. Aber sie haben den großen Gewinn, dass Frau Dekel nach Jahren das Verhalten ihres Vaters verstehen kann. Die Flucht dauerte immerhin von 1939 bis 1943 und dass diese Erlebnisse niemals vergessen werden können, ist wohl jedem klar. Für mich war das Buch ein völlig unbekanntes Kapitel zum Thema Zweiter Weltkrieg. Ich bin dem Verlag sehr dankbar, dass dieses Buch hier in deutscher Sprache veröffentlicht wurde. Nein, es ist kein trockenes Sachbuch sondern ein emotional geschriebenes Stück Zeitgeschichte, die nie vergessen werden darf.

Bewertung vom 02.08.2021
Geflochtenes Süßgras (eBook, ePUB)
Kimmerer, Robin Wall

Geflochtenes Süßgras (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein Zopf besteht aus verschiedenen Strängen, die zu einer Einheit verwoben werden.
„Geflochtenes Süßgras“ ist so ein Zopf und der besteht aus Geschichten. Die werden aus wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Wissen der Urbevölkerung geknüpft. Nein, das Buch handelt nicht ausschließlich von Süßgras. Hier werden Eindrücke geschildert, die dem Autoren in der Natur begegnen und die er zum Glück niederschrieb.

Es ist nicht verwunderlich, dass #GeflochtenesSüßgras zu einem Bestseller wurde. Geht doch der Trend immer mehr zur Natur. Damit meine ich nicht das „Waldbaden oder Klettern im Gebirge“. Nein, Menschen suchen den Kontakt zu Tieren und Pflanzen und wollen, dass die ihnen erhalten bleiben. Sie machen sich Gedanken um das Artensterben. Auch fragen sie sich, was sie selbst dazu beitragen können, dass die Erde auch von Enkeln und Urenkeln noch bevölkert werden kann. Sicher, der Klimaschutz mit all seinen Maßnahmen ist wichtig. Aber zunächst gilt doch, dass wir achtsam durch die Natur gehen.

Wie duftet eine wilde Erdbeere und wie groß ist hier alleine der Unterschied zu den Früchten aus Fernost. Oder gehen Sie einmal durch den Wald, wenn es regnete. Der Nebel, der aufsteigt und der Geruch von Moos und feuchter Erde, unbeschreiblich. All das lernt der bewusste Leser, wenn er sich das Buch zu Gemüte führt. Für mich ein äußerst wertvolles Stück, welches sich zum Begleiter für Naturliebhaber entwickeln kann. Die Sprache ist sehr angenehm und zwar nicht hochtrabend wissenschaftlich sondern zwar gehoben aber gut verständlich. Und das Cover passt perfekt zum Inhalt des Buches. Unbedingt lesen!

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.08.2021
Der Nachtwächter (eBook, ePUB)
Erdrich, Louise

Der Nachtwächter (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Louise Erdrich schreibt in ihrem neuen Roman über den Großvater. Der setzte sich für seine Leute ein und wehrte sich gegen die Enteignung der Ureinwohner Amerikas. Was Einzelne damals zuwege brachten und wie schwer ihr Kampf für Gerechtigkeit war, das kommt in
„Der Nachtwächter“ eindrücklich zum Vorschein.

Die Autorin lebt mit der Natur und für sie. Sie beschreibt den Glauben an eine Himmelsfrau und in welcher Weise Pflanzen miteinander kommunizieren. Das Buch ist ein beeindruckendes Zeugnis einer Frau, die ihre Wurzeln bei den Ureinwohnern Amerikas hat. Nein, das bedarf für mich keines Beweises durch wissenschaftlichen Studien, dass Bäume, in welcher Weise auch immer, „Gespräche“ führen. Ihre Weisheit ist legendär und nicht nur bei diesem Thema kann ich viel von den „Indianern“ lernen.

Welchen Einfluss hat die durch Menschenhand arg ausgenutzte Umwelt auf das Klima und das Wachstum der lebenswichtigen Pflanzen? Auch das beschreibt Frau Erdrich sehr deutlich. Das Buch faszinierte mich und das lag nicht nur an den Ausführungen. Die Sprache gefiel mir nämlich ebenfalls sehr gut und hier hat die Übersetzerin Gesine Schröder wirklich ganze Arbeit geleistet. Einzig Ruhe und Konzentration aufs Lesen sollten Interessierte mitbringen. Dann erleben sie nämlich kostbare und lehrreiche Stunden, wobei am Ende des Buches viele Themen zum Nachdenken übrig sind.

Bewertung vom 27.07.2021
Der Himmel über Amerika - Rebekkas Weg / Die Amish-Saga Bd.1 (eBook, ePUB)
Seemayer, Karin

Der Himmel über Amerika - Rebekkas Weg / Die Amish-Saga Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Im Jahr 1816 ging als „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichte ein. Menschen hungerten und viele wollten nur noch weg. So auch die Eheleute Rebekka und Daniel. Gemeinsam mit etlichen Angehörigen wanderte sie aus. Es zog sie nach Amerika, dem Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“. Hier können sie sich eine Existenz aufbauen und ein glückliches Leben führen. Bis durch Zufall herauskam, wer Daniel wirklich ist.

In dem Roman „Der Himmel über Amerika“ schreibt die Autorin viel über die Glaubensgemeinschaft der Amischen. Wie sie leben, welche Einstellung sie gegenüber Andersgläubigen und Fremden haben und wie sie ihre Kinder erziehen. Es ist schon erstaunlich, dass es bis heute etliche weitere ebenso strenge Glaubensgemeinschaften gibt. Zum Glück werden sie kaum noch angefeindet und können in Ruhe ihres Glaubens leben.

Die Hauptperson Rebekka ist keine stille Dulderin. Sie wagt es sogar, sich den Wünschen ihrer Eltern zu widersetzen und folgt ihrem Herzen. Das war mutig und keineswegs normal für damalige Verhältnisse. Es existierten Regeln und diese mussten streng befolgt werden. Wer nicht gehorchte, der musste damit rechnen, dass er ausgeschlossen wurde. Und das nicht nur in Situationen, wo Kinder nicht ihren Eltern gehorchen wollten. So war zum Beispiel Homosexualität etwas Widernatürliches und eine Todsünde. Menschen, die sich „outeten“ wurden verstoßen und mussten in die Ferne ziehen.

Bisher las ich alle Bücher von Karin Seemayer und auch dieses gefiel mir sehr gut. Neben vielen historischen Fakten gibt es zwar ebenfalls eine Liebesgeschichte, aber die ist ohne Pathos und übertriebene Sentimentalitäten erzählt. Was mir nicht so gut gefiel, das ist der Klappentext. Hier hätte der Verlag darauf achten sollen, dass nicht so viel vom Inhalt verraten wird.

Bewertung vom 26.07.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1 (eBook, ePUB)
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

In Wien treibt ein Mörder sein Unwesen. Er hat es auf junge Frauen abgesehen und seine Methoden sind abscheulich. August Rothmayer ist Totengräber auf dem Zentralfriedhof. Hier arbeitet er und auch seine Wohnung befindet sich mitten unter den Verblichenen. Dass er sich bestens mit der Materie im Bereich Tod und Verwesung auskennt, sieht jeder, der sich mit seinem neuesten Werk befasst. Dem „Almanach für Totengräber“. Das erkennt auch der junge Inspektor Leopold von Herzfeldt sehr schnell. Leopold ist nämlich gerade erst in Wien bei der neuen Arbeitsstelle angekommen und wird von den Kollegen keineswegs mit offenen Armen empfangen. Das liegt nicht alleine daran, dass er ein „Piefke“ ist. Auch seine Methoden der Ermittlung treffen auf Unverständnis.

Der Autor Oliver Pötzsch beschreibt die Stadtteile Wiens sehr genau. Er kennt sich aus in dieser Stadt und auch die Situation der Dienstmädchen wird zuweilen erschreckend realistisch geschildert. Diese Schere zwischen Armen und Reichen war damals auf keine Fall breiter als heute. Leider ist es vielen Menschen nicht bewusst und es gibt einige, die sich nach der „guten alten Zeit“ zurücksehnen. Schon dieses Schubladendenken auf den Friedhöfen ist zum Glück vorbei. Wie war es noch? Selbstmörder dürfen nicht in „geweihte Erde“? Wir erbärmlich. Und auch diese Vorgehensweise, dass Arme, die sich die Kosten eines vernünftigen Grabes nicht leisten konnten, mit vielen weiteren Leichen in einer Gruft verschwanden… All diese Dinge sind in dem Roman „Das Buch des Totengräbers“ anschaulich geschildert.

Die Furcht vor Neuerungen bei Ermittlungen war damals mit Sicherheit vorhanden. Nicht nur Polizeifotografen wurden skeptisch betrachtet, zumal die Fotografie ja noch in den Kinderschuhen steckte. Niemals kann es mit den heutigen Formaten verglichen werden. Das gilt wohl auch für den Studiengang „Kriminalistik“. Man mag sich nur mal vor Augen führen, dass es weder Fingerabdrücke noch die Möglichkeit der Analyse von DNA gab. Herr Pötzsch schreibt schlicht und ich konnte seinen Ausführungen gut folgen. Zuweilen war es für mich zu ausführlich, was die Methoden der Ermittlung betrifft. Eine Leseempfehlung gibt es aber auch von mir.

Bewertung vom 13.07.2021
Verrat in Colonia (eBook, ePUB)
Peter, Maria W.

Verrat in Colonia (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Immer wieder gerät die Sklavin Invita in Situationen, die nicht nur ihr eigenes Leben sondern auch das ihrer Freunde, gefährdet. Gemeinsam mit ihrer Herrin Marcella reist sie nach Köln und wohnt dort bei dem Cäsaren Licinus Salonius. Während des Aufenthaltes kommt es zum Mord an einem hohen Beamten, welcher gleichzeitig der künftige Schwiegervater Marcellas sein soll. Und da der Sklave Flavus beim Auffinden des Opfers in seiner Nähe weilte, ist der Tatverdächtige rasch ausgemacht. Flavus soll es sein. Invita weiß, was ihrem Liebsten widerfahren wird, wenn, ja wenn sie seine Unschuld nicht beweisen kann.

Es ist der vierte Band in dem es um die Mordermittlungen der Sklavin Invita geht. Jedes Buch kann unabhängig von den anderen gelesen werden, jedoch das Verständnis für die Entwicklung der Charaktere ist klarer, wenn auch die vorherigen Bücher gelesen werden.

Es ist mal wieder ein Buch, welches mich bestens unterhielt. Das liegt alleine an der Autorin
Maria W. Peter. Sie zeichnet sich nicht nur durch genaue Recherche aus. Auch ihre bildhaften Erläuterungen zu Plätzen und Personen ist einzigartig. Dazu kommt auch, dass die Lebenssituation im damaligen „Coeln“ so genau beschrieben sind, dass ich sowohl die Gerüche als auch das sanfte Plätschern des „Rhins“ wahrnehmen konnte.

Schon damals gab es diese „typischen Kölschen“ also die Leichtigkeit des Seins, welches bis heute echte Kölner ausmacht. Spannend ist das Buch ebenfalls. Der Spannungsbogen baut sich langsam auf und hält bis zum Schluss. Nein, ich wusste absolut nicht, wer für den Mord verantwortlich war und in welcher Weise die Geschichte endet. Nach dem Roman schrieb Frau Peter nochmals sehr ausführlich, welche Fakten „Verrat in Colonia“ zugrunde lagen. Schade, dass es nur fünf Sterne für eine Bewertung gibt.

Bewertung vom 13.07.2021
Das Damengambit (eBook, ePUB)
Tevis, Walter

Das Damengambit (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Elizabeth Harmon ist acht Jahre alt als ihre Mutter stirbt. Sie muss in ein Waisenhaus umziehen. Dort werden die Kinder mit grünen Pillen ruhig gestellt und wer aufmuckt, der bekommt den Riemen zu spüren. Wie gut, dass Beth weiß, wie sie die Aufseher täuschen kann. Sie hat nämlich für sich entdeckt, wie sie dem tristen Alltag für eine Weile entfliehen kann: Schach. Es stellt sich schnell heraus, dass sie ein Naturtalent ist. Schach wird ihre Leidenschaft und mit dem Spiel kann sie mehr als „nur“ ihren Lebensunterhalt verdienen.

Dass „Das Damengambit“ schon vor so vielen Jahren veröffentlicht wurde, ist kaum zu glauben. Das Buch zeigt so viele aktuelle Probleme, mit denen nicht nur junge Menschen auch heute kämpfen. Sei es die Gefahr einer Tablettensucht, wenn man sich das Leben leichter machen möchte. Sei es vor Prüfungen oder als Hausfrau und Mutter, wenn Ruhe und Besonnenheit erforderlich sind. Gibt es keine Tabletten mehr, dann greift man halt zur Flasche, sprich dem „Seelentröster“ Alkohol. Ja, es gibt Menschen, die das verurteilen. Das ist aber zu einfach. Wer sich anmaßt, die Betroffenen in eine Ecke zu stellen und den Stab über sie bricht, der sollte sich zunächst ihre Beweggründe anhören. Das hat der Autor Walter Tevis wirklich sehr deutlich kommuniziert.

Das Buch erschien 1983 in USA und wurde jetzt erst ins Deutsche übersetzt. Es ist wohl der Tatsache geschuldet, dass eine Serie den Bekanntheitsgrad von „Das Damengambit“ sprunghaft in die Höhe schnellen ließ. Der Titel ist übrigens eine Eröffnung im Schachspiel und alle, die sich gerne damit befassen, werden in dem Buch viele Anregungen für Spielzüge finden. Aber nein, es bietet keineswegs nur für Freunde vom Schach unterhaltsame Stunden. Die Sprache ist gehoben und so lebendig, dass ich in die Story eintauchen konnte. Fünf Sterne und eine absolute Empfehlung für alle, die gehobene Literatur mögen.

Bewertung vom 13.07.2021
Was uns durch die Zeiten trägt
Johanning, Marion

Was uns durch die Zeiten trägt


ausgezeichnet

Im Jahr 1943 gehörte Schlesien noch zu Deutschland. Hier lebte Luise Reich mit ihren Eltern und Geschwistern auf einem jahrhundertealten Hof. Luise ist verliebt in den Sohn ihrer Nachbarn. Wolfgang, so lautet sein Name und es sieht so aus als würde er ihre Liebe erwidern. Dann muss er an die Front. Und nicht nur er. Viele Männer aus dem Dorf werden kurz vor Kriegsende noch einberufen. Wie gut, dass es noch die Zwangsarbeiter gibt. Einer von ihnen, der Pole Marian, wohnt und arbeitet auf dem Hof der Reichs und Luise freundet sich mit ihm an.

Marion Johanning war mir bereits von ihren vorherigen Büchern als sehr gute Autorin bekannt. Daher freute ich mich auch auf „Was uns durch die Zeiten trägt“ und ich wurde nicht enttäuscht. Sie schildert den Schrecken der Vertreibung in einer Art und Weise, die ich vorher so noch nie las. Zumal nicht nur die Situation der Vertriebenen ein Thema ist. Auch jene, die selbst ihre Heimat verloren und in die Häuser der Deutschen einzogen, waren keine Unmenschen. Sie mussten ebenfalls den Befehlen der Herrschenden gehorchen. Es gab berührende Schicksale, von denen Frau Johanning mit viel Herzenswärme schreibt.

Mir gefiel das Buch ausgesprochen gut. Nein, niemals kann ich mich in das Leid der Menschen von damals hineinversetzen. Aber ich verstehe immer besser warum es so schwer war, dass Polen und Deutsche sich die Hand gaben. Ja, dass zuweilen bis heute noch nicht alles Taten vergeben wurden, das kann ich nachvollziehen. Das Schicksal von Luise und ihren Lieben geht bald weiter und ich bin sehr gespannt, ob die junge Frau dauerhaftes Glück findet. Der zweite Band erscheint hoffentlich recht bald.

Bewertung vom 08.07.2021
Nelkenblatt (eBook, ePUB)
Yesilöz, Yusuf

Nelkenblatt (eBook, ePUB)


sehr gut

Elsa hatte einen Infarkt und musste eine Operation über sich ergehen lassen. Alleine leben, das war vorbei. Zu schwach war sie und es galt zu entscheiden, welches Heim das geeignete für sie ist. Das wollte sie allerdings überhaupt nicht und ihre Tochter Luzia ließ sich zu einem Kompromiss überreden. Sie engagierte die junge Pia. Eine Migrantin, die künftig an der Seite Luzias in deren Wohnung leben sollte. Die wiederum war sofort mit Pia einverstanden und die beiden fanden schnell zueinander. Ihre Unterhaltungen drehen sich um ihre Erlebnisse mit Männern, der Flucht und dem älter werden. Elsa ist eine starke Persönlichkeit und beharrt stets auf ihrem Willen. Sie möchte nicht mehr normal essen und spazieren gehen schon gar nicht.

Ein erfrischendes Buch, welches so ganz anders war als ich es vom Klappentext her erwartete. Es ging nicht um Flucht und Ankommen. Nein, hier wird viel mehr herausgearbeitet, welche Gemeinsamkeiten Seniorin und Studentin haben. Luzia ist dabei erstaunlich liberal in ihren Ansichten. Sie weiß genau, dass ihre Uhr bald abgelaufen ist und teilt das ihrer Umgebung recht deutlich mit. Pia erinnert sich an ihre Verluste und das bring viel Stoff für Fragen von beiden Seiten.

"Nelkenblatt" zeigt, wie normal doch eigentlich der Tod im Alter ist. Dass niemand Angst davor haben muss und es auch niemand leugnen sollte, wenn bei schweren Erkrankungen der Tod als Erlösung angenommen wird. Nicht immer empfand ich die Erzählungen als schlüssig aber die Sprache gefiel mir gut. Ihr Ausdruck ist abwechslungsreich und illustrativ. Und dann muss auch das tolle Cover erwähnt werden. Es gibt ja heute viele Einheitscover, die sich (fast) nicht unterscheiden. Dieses hier ist allerdings eine sehr gute Ausnahme.