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Raumzeitreisender
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Ahaus
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 764 Bewertungen
Bewertung vom 13.08.2016
Frag mich was. Ein Quizbuch.

Frag mich was. Ein Quizbuch.


sehr gut

Ein zeitloses Quizbuch

„Frag mich was!“ ist ein Quizbuch, welches ca. 1500 Fragen und Antworten enthält. Die Fragen sind eher kurz („Wer war der Vater Hannibals?“), entsprechendes gilt für die Antworten („Hamilkar Barkas“). Es handelt sich überwiegend um reine Wissensfragen, für die keine langen Erläuterungen oder Begründungen erforderlich sind.

Im Zeitalter von „Wer wird Millionär?“ dürften Bücher dieser Art aktuell sein. Die Themen sind vielfältig (Geografie, Astronomie, Literatur, Geschichte, …) und der Schwierigkeitsgrad unterschiedlich („Wer war Saladin?“, „Was sind Protuberanzen?“, „Wo lag das Königreich Saba?“, „Was ist Sabotage?“).

Das Buch ist in die Jahre gekommen. Das ist aber kein Problem, da die Fragen nicht vom Zeitgeist geprägt sind. Das Buch kann ich als Quizbuch empfehlen, zumal es gebraucht für 0,01 Euro zu haben ist.

Bewertung vom 13.08.2016
Düstermühle / Hauptkommissar Hambrock Bd.5
Holtkötter, Stefan

Düstermühle / Hauptkommissar Hambrock Bd.5


gut

Krimi, Charakter- und Milieustudie aus dem Münsterland

Brandanschläge auf Bauernhöfen, mehrere Tote, im Münsterland ist die Hölle los. Kommissar Hambrock steht vor einem kniffligen Fall, dessen Wurzeln weit in die Vergangenheit bis in die NS-Zeit zurückreichen. Unklar ist, wer welches Fass in Düstermühle aufgemacht hat, nach Jahrzehnten relativer Ruhe. Die Dorfgemeinschaft ist gespalten und verschlossen, die Gerüchteküche brodelt.

Autor Stefan Holtkötter ist auf einem Bauernhof im Münsterland aufgewachsen und kennt Land und Leute. Seine Beschreibungen klingen plausibel, er schafft Atmosphäre, aber für einen Krimi mit den o.g. Rahmendaten nicht genügend Spannung. Handlungsort Düstermühle ist ein fiktives Dorf; der aussagekräftige Name passt zur Geschichte.

Es handelt sich um einen Krimi mit zahlreichen Verstrickungen und gleichzeitig um eine Milieu- und Charakterstudie. Nicht nur das Leben der Dorfbewohner, sondern auch das Privatleben der Kripobeamten steht im Fokus. Insofern erzählt Holtkötter gleich mehrere Geschichten. Ich habe es ein wenig bedauert, dass (wie im richtigen Leben) nicht alle Rätsel gelöst werden konnten und das Privatleben der Kripobeamten Hambrock und Keller war mir zu dominant.

Bewertung vom 13.08.2016
Meinungsmacht
Krüger, Uwe

Meinungsmacht


ausgezeichnet

Gratwanderung zwischen Koinzidenz und Kausalität

Bei diesem Fachbuch zur Medienwissenschaft handelt es sich um die für eine breitere Leserschaft aufgearbeitete Dissertation von Uwe Krüger zum Thema Meinungsmacht aus dem Jahr 2011. Krüger analysiert den Einfluss von Eliten aus Politik und Wirtschaft auf Leitmedien und führende deutsche Journalisten. Die Ergebnisse kratzen am Selbstverständnis freier unabhängiger Medien und sind insbesondere für die Nutzer der Medien bedeutend.

Wie ausgeprägt sind die Verflechtungen zwischen Politik, Wirtschaft und Medien? Haben sich Journalisten in politische Elitezirkel einbinden lassen? Werden politisch erwünschte Denkweisen medial durchgesetzt? Ist der notwendige Sicherheitsabstand zwischen Journalisten und Eliten unterschritten?

Autor Krüger benennt im Vorwort Beispiele für Verbindungen zwischen Politik und Medien und nimmt das zum Anlass, das Thema mit wissenschaftlichen Methoden aufzuarbeiten. Er wendet die Methode „Soziale Netzwerkanalyse“ an, um das Beziehungsgeflecht der Akteure zu untersuchen. Bei fast jedem dritten leitenden Journalisten stellt er bedenkliche Verflechtungen zu Eliten fest.

Für seine weiteren Untersuchungen pickt sich Krüger vier Journalisten heraus, die sich beruflich mit Fragen von Sicherheit, Verteidigung und Auslandseinsätzen der Bundeswehr beschäftigen. Er resümiert, dass die Argumentationen dieser (mit Eliten vernetzten) Journalisten unkritisch sind bzw. dem offiziellen Diskurs der Regierung entsprechen. (220) Aber es gilt, dass ein kausaler Zusammenhang nicht nachgewiesen werden kann.

Bei seinen weiteren Recherchen stellt Krüger fest, dass unsere Leitmedien, also unsere großen Zeitungen, über alternative Veranstaltungen (z.B. Friedenskonferenz als Alternative zur Münchener Sicherheitskonferenz) wenig bis gar nicht berichten. Insbesondere werden die Inhalte alternativer Konzepte unterschlagen. Eine kritische Reflexion der offiziellen Linie der Regierung findet in den Leitmedien nicht statt.

Wo liegen die Grenzen der Analysemöglichkeiten? Eine Koinzidenz zwischen Journalistenmeinung und Umgebungsmeinung kann unterschiedliche Gründe haben (ähnliche Interessen, ähnliche Biographie etc.); eine Kausalität kann nicht festgestellt werden. (145) Es dürfte auch schwierig sein, diese nachzuweisen. Dennoch liegen eklatante Verstöße gegen den ehernen Grundsatz vor: „Immer dabei sein – nie dazugehören“. (147)

Das Buch ist wohl strukturiert, gründlich recherchiert und sehr anspruchsvoll. Die beschriebenen Zusammenhänge bestätigen Ahnungen, die bei vielen Menschen seit längerer Zeit vorhanden sind und liefern die Grundlage für den Einheitsbrei unserer großen Medien. Eine wirksame Kontrolle der Politik durch die Leitmedien findet nicht statt. Das Buch ist sachlich aufbereitet und recht informativ. Es liefert wichtige Erkenntnisse über unserer Medienwelt und sollte von vielen Menschen gelesen werden.

Bewertung vom 12.08.2016
Die Rolling Stones Die härteste Rockgruppe der Welt
Prost Röckl

Die Rolling Stones Die härteste Rockgruppe der Welt


sehr gut

Sympathy For The Devil

Das Buch stammt aus dem Jahr 1978 und genau das macht es wertvoll. Es ist keine Hochglanz-Kollektion über die Stones, sondern ursprünglich wie der Blues in den Anfangsjahren.

Alexis Korner, zu dessen Band damals Brian Jones gehörte, beschreibt auf 11 Seiten seine ersten (musikalischen) Begegnungen mit Mick Jagger. Es fallen Begriffe wie „unglaubliche Energie“, „Ruhelosigkeit“, „Art von latenter Gewalttätigkeit“. Der erste Zeitungsbericht über Mick Jagger, noch vor der Zeit bei den Stones, wird erwähnt. Später hätte Korner nach eigener Aussage gern ein paar Jahre mit den Stones gespielt.

Es folgen ausführliche Biographien über die Mitglieder der Stones, wobei die Ausführungen zu Mick Taylor, Bill Wyman, Charlie Watts und Ron Wood deutlich kürzer ausfallen, als die zu Mick Jagger, Keith Richard(s) und Brian Jones. Im Mittelteil des Buches wird die Geschichte der Stones erzählt. Hierzu gehören Ian Stewart, der Crawdaddy Club, unzählige Konzerte und eben Sex, Drugs and Rock'n' Roll.

Das Buch enthält zahlreiche Fotos, die Chronologie der Musik von 1963-1977, Tourneen, Filme, wichtige Stationen, Diskographie und Songregister. Aufschlussreich war für mich das Personenregister „Who's Who in der Welt der Stones“. Der Name des großartigen russischen Schriftstellers Michael Bulgakow stach mir ins Auge. Mick Jagger entlieh aus Bulgakows Buch „Der Meister und Margarita“ das Thema für den Song „Sympathy For The Devil“. Bulgakow beschreibt in seinem vielschichtigen Klassiker u.a. das Walten, Wirken und Wüten des Bösen in Moskau zu Stalins Zeit.

Auf die Frage, gestellt in den 1970er Jahren, ob ein Rocksänger über 30 nicht paradox ist, antwortete Mick Jagger: „Überhaupt nicht. … Trotzdem will ich natürlich nicht mein Leben lang Rock'n' Roll singen.“

Bewertung vom 12.08.2016
Raumordnung und Raumplanung
Langhagen-Rohrbach, Christian

Raumordnung und Raumplanung


sehr gut

Grundlagen der Raumplanung

Ziel dieses Fachbuches ist es, Grundlagen der Raumplanung zu vermitteln und wesentliche Begriffe in formaler und inhaltlicher Sicht zu definieren. Diesem Anspruch wird Autor Christian Langhagen-Rohrbach gerecht. Er ist promovierter Geograph und Mitglied der Akademie für Raumforschung und Landesplanung.

Das Buch ist aus einer Vorlesung zum Thema „Raumordnung und Raumplanung“ entstanden und befasst sich primär mit den Grundbegriffen, den rechtlichen Grundlagen und der historischen Entwicklung der Raumplanung.

Es ist kein Arbeitsbuch, aus dem hervorgeht, wie man Planungen praktisch durchführt. Das betrifft Fragen zur Organisation, zu Bürgerbeteiligungen, zur Datenermittlung- und aufbereitung in technischer Hinsicht, zur Einleitung und Umsetzung der einzelnen Verfahrensschritte, zur Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange und der Politik und zur Präsentation von Planungsergebnissen. Diese Dinge lernt man in einer Planungsabteilung. Das Buch liefert das Basiswissen, das erforderlich ist, um die Arbeiten einer Planungsabteilung verstehen und einordnen zu können.

Zum Inhalt gehören theoretische Grundlagen der Raumplanung, der planerische Rahmen (EU-Recht, Bundesraumordnung etc.), die Landes- und Regionalplanung, Fachplanungen, Bauleitplanung und Planungswerkzeuge in europäischen Staaten. Im letzten Kapitel setzt sich der Autor kritisch mit der Raumplanung auseinander. Er insistiert, dass es in Deutschland zwar ein ausgefeiltes System an Planungsinstrumenten und -prozessen gibt, die Landes- und Regionalplanung aber deutlich mehr in der Öffentlichkeit agieren sollte.

Das Buch ist wohl strukturiert, mit einigen Grafiken versehen und enthält in den Randstreifen übergeordnete Stichworte zur Orientierung. Verwendete Abkürzungen sind erläutert, aber ein Stichwortverzeichnis fehlt. Zielgruppe sind geowissenschaftlich Interessierte. Die Ausführungen sind trocken aber verständlich.

Bewertung vom 12.08.2016
Der Stoff, aus dem der Kosmos ist
Greene, Brian

Der Stoff, aus dem der Kosmos ist


sehr gut

Raum und Zeit im Fokus der empirischen Forschung

Das Buch erhebt den Anspruch, Wissenschaft in ihrer Entstehung zu vermitteln. Um das zu erreichen, bezieht Autor Brian Greene die historische Entwicklung der Physik in seine Ausführungen mit ein. Er thematisiert, wie Fragen, die längst für endgültig beantwortet erklärt worden sind, von späteren Generationen immer wieder neu aufgegriffen und in einen neuen Kontext gestellt werden. Hierzu gehören zweifelsohne die Fragen nach Raum und Zeit.

Das Buch gliedert sich in 5 Teile. Im ersten Teil geht es um die Grundlagen der Physik. Greenes Erklärungen zu den Relativitätstheorien faszinieren. Die Abhängigkeiten von Raum und Zeit erläutert er plastisch anhand von unterschiedlichen Schnitten eines Brotlaibs. Die Kuriositäten der Quantenmechanik werden deutlich, ebenso wie Einsteins Konflikt mit den Folgerungen aus der Quantenmechanik.

Im zweiten Teil liegt der Fokus auf dem Begriff der Zeit. Unsere Erfahrung sagt uns, dass wir in der Gegenwart leben, dass die Zeit fließt und dass sie eine Richtung hat. Trotzdem ist das „Jetzt“ physikalisch nicht greifbar. Jeder Teil der Raumzeit ist gleichwertig mit jedem anderen Teil. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und das Fließen der Zeit entpuppen sich, wie Einstein es sah, als hartnäckige Illusionen.

Die Geschichte des Kosmos erläutert Greene in „Raumzeit und Kosmologie“. Hier geht es um Symmetrien, um Entstehungsmodelle für den Kosmos und um die großräumige Struktur der Raumzeit. Hinsichtlich der Ausführungen zum Higgs-Feld ist das Buch nicht mehr aktuell. Vieles ist bis heute unklar. Das gilt z.B. für die dunkle Materie und die dunkle Energie.

Seinem Lieblingsthema, der Stringtheorie, widmet sich Greene im vierten Teil des Buches. Da die schwingenden Energiefäden so klein sind, dass sie nicht direkt empirisch untersucht werden können, ruht die Hoffnung auf indirekten Beweisen. Einige Forscher sind der Meinung, dass eine Theorie, die sich jedem direkten empirischen Test verschließt, nicht in den Bereich der Physik gehöre.

Im letzten Teil des Buches spekuliert Greene über Sciencefiction-Themen wie Teleportation und Zeitreisen. Er erläutert die theoretischen Möglichkeiten auf Basis unseres heutigen Kenntnisstandes. Da wird noch viel Wasser den Rhein entlang fließen, bevor wir wie Perry Rhodan rückwärts durch die Zeit reisen.

Es handelt sich um ein recht ausführliches populärwissenschaftliches Werk. Die Leser sind gefordert, wenn sie sich auf 640 Seiten bei kleiner Schrift und wenigen Bildern mit der Grundstruktur des Kosmos beschäftigen. Die Informationsdichte ist hoch im Vergleich zu sonstigen populärwissenschaftlichen Büchern. Wer lediglich einen kleinen Einstieg sucht, könnte mit dieser Lektüre überfordert sein.

Positiv fällt auf, dass Brian Greene Hinweise gibt, wann Kapitel übersprungen werden können, ohne dass der rote Faden verloren geht. Umstrittene Themen benennt Greene als solche und abweichende Auffassungen verpackt er in den Anmerkungen. Auf 50 Seiten Anmerkungen finden die Leser in kleiner Schrift tiefer gehende Erläuterungen. Damit werden unterschiedliche Leserkreise angesprochen. Das Glossar hätte ausführlicher sein können. Begriffe wie Dekohärenz, Komplementarität, Nichtlokalität oder Hologramm werden darin nicht erläutert.

Sind Raum und Zeit fundamentale Konzepte? Es gelingt uns nicht, außerhalb von Raum und Zeit auch nur zu denken. Trotzdem gehen führende Physiker heute davon aus, dass Raum und Zeit aus fundamentaleren Bestandteilen abgeleitet sind. Dies liegt außerhalb unserer Erfahrungs- und auch Vorstellungswelt. Die Naturwissenschaften behandeln längst Fragen, die einst den Philosophen vorbehalten waren. Brian Greene vermittelt den Lesern, wie tief die theoretische Physik in die Grundstrukturen von Raum und Zeit eingedrungen ist, bei der Suche nach den „Atomen“ der Raumzeit.

Bewertung vom 12.08.2016
Aufstand des Individuums
Sprenger, Reinhard K.

Aufstand des Individuums


ausgezeichnet

Wie viele Querdenker kann sich ein Unternehmen leisten?

Reinhard Sprenger analysiert in diesem Buch weit verbreitete Managementmethoden. Nach seiner Einschätzung scheitern diese an nicht akzeptierter Individualität. Das Problem besteht darin, dass Organisationen verabsolutiert und Mitarbeiter gleich gemacht werden. Vorgesetzte beurteilen ihre Mitarbeiter immer noch danach, ob sie fleißig sind und Überstunden machen und nicht danach, ob sie Initiative ergreifen und selbständig Projekte abwickeln können. Praktiziertes Führungsverhalten erinnert sehr an Kindererziehung.

Personalentwicklung ist Teil des Problems, als dessen Lösung sie sich ausgibt, weil die Entwicklung in aller Regel in Anpassung besteht. Die Folge davon ist, dass soziale Ähnlichkeit befördert wird. Von Teams hält Autor Sprenger nichts, weil diese ohne klare Kompetenzen quer zur Hierarchie angesiedelt sind und eine Tendenz zur Mitte haben. Die Kreativität geht unter und der Einzelne verliert seine Identität. Zielvereinbarungen sind aus Misstrauen geboren und verleiten zu kurzfristigem Aktionismus. Identifikation mit dem Unternehmen führt zu Selbstverneinung.

Im zweiten Teil des Buches beschreibt Sprenger das individualisierende Unternehmen. Rezepte bietet er nicht an. Die Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen, wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Bereits heute ist ein Kampf um Talente erkennbar, auf den sich Unternehmen einstellen müssen. Gute Führungskräfte sind nicht angepasst, sondern unverwechselbar. Führende haben Folgende. Kompetenz hat man nur, wenn diese von Mitarbeitern anerkannt wird.

Vorgesetzte müssen Mitarbeiter stören, damit diese nicht in die Erfolgsfalle tappen, nach dem Motto „Einmal gut, immer gut“. Talente müssen richtig eingesetzt werden, im Zweifel zu Lasten der Organisation. Da es künftig zu wenig hochqualifizierte Fachkräfte geben wird, müssen Fachkarrieren mit Freiräumen und angemessener Bezahlung geschaffen werden. Hierbei ist zu beachten, dass nicht Geld allein, sondern insbesondere Vertrauen bindet. Wenn die Meinung des Einzelnen zählt, führt das zu verantwortlichem Verhalten und zu einer Qualitätsverbesserung.

Führung erfordert Klarheit und Konsequenz. Klärende Gespräche müssen geführt werden. Beschäftigungsgarantie ist unternehmerischer Selbstmord. Entscheidungen sind nur dann erforderlich, wenn es Zweifel hinsichtlich der richtigen Handlungsalternativen gibt. Widersprüchliche Situationen und Entscheidungszwänge sind Existenzvoraussetzungen für die Führungskraft. Zielvereinbarungen dürfen nicht an Belohnungen gekoppelt werden, weil sie sonst demotivierend wirken.

Reinhard Sprengers Perspektive ist die des Individuums. Sein Schreibstil ist verständlich, seine Argumentationen provokativ und unterhaltsam. Er entwickelt zahlreiche interessante Überlegungen für ein breites Publikum. Was ich vermisse, sind Grenzen. Wie viel Individualität ist wirtschaftlich vertretbar? Bedenkt man, dass Individualität in Eigensinn ausarten kann, muss die Frage erlaubt sein: Wie viele Querdenker kann sich ein Unternehmen leisten?

Bewertung vom 11.08.2016
Denkspiele der Welt
Delft, Pieter van; Botermans, Jack

Denkspiele der Welt


sehr gut

Herausforderungen für kreative Menschen

„Denkspiele der Welt“ ist ein Klassiker unter den Rätselbüchern. Zeitlos wie Fragestellungen der Logik sind auch die beschriebenen Knobeleien. Die Autoren Pieter van Delft und Jack Botermans haben historische Denksportaufgaben aus verschiedenen Teilen der Welt gesammelt und übersichtlich zusammengestellt. Die Aufgaben wurden wie folgt strukturiert:

Legespiele
Teilungsprobleme
Polyformen
Streichholz Puzzles
Domino-Probleme
Zusammensetzspiele
Packprobleme
Magische Quadrate
Ring-Kordel-Kugel-Vexiere
Schnur- und Seiltricks
Irrgärten und Labyrinthe
Drahtvexiere
Zahlen- und Logikprobleme
Das Binäre System
Positionspuzzles

An dieser Übersicht wird deutlich, dass Kopfnüsse, die sich mit Papier und Bleistift lösen lassen (z.B. Magische Quadrate), nur einen kleinen Teil des Buches ausmachen. Der Schwerpunkt liegt bei mechanischen Geduld- und Geschicklichkeitsspielen (z.B. Ring-Kordel-Kugel-Vexiere), die anhand vorhandener Bauanleitungen auch selbst erstellt werden können.

Das Buch enthält zahlreiche Bilder und Grafiken sowie historische Hintergrundinformationen zu den Themen. Die Anleitungen sind verständlich. Auf den letzten Seiten sind Lösungen angegeben. Mich hat am meisten das Verwandlungsproblem „Fall von der Welt“ fasziniert, wo aus dreizehn in einem Kreis fechtenden Chinesen nach einer Drehung zwölf werden. (35)

Die Auseinandersetzung mit den Aufgaben schult die Problemlösungskompetenz. Es versteht sich von selbst, dass eine Neigung zu Denksportaufgaben vorhanden sein muss. Rätselfreunden kann ich das Buch empfehlen.

Bewertung vom 11.08.2016
Der Fürst des Parnass
Ruiz Zafón, Carlos

Der Fürst des Parnass


sehr gut

Ein Geschenk an die Leser

„Der Fürst des Parnass“ erfüllt (mindestens) drei Funktionen: Es ist ein Roman über den großen spanischen Schriftsteller Miguel de Cervantes Saavedra, gleichzeitig ein wichtiger Schlüssel zum „Friedhof der Vergessenen Bücher“ und zu guter Letzt eine Lektion hinsichtlich der Versuchung Eitelkeit. Wer die Barcelona-Romane kennt, kommt an diesem kleinen Büchlein nicht vorbei; als eigenständiges Werk ist es nicht gedacht. Nach Aussage des Autors ist es ein Zusatz, eine Art Geschenk an die Leser.

Carlos Ruiz Zafón nutzt seine Fantasie, um Lücken im Lebenslauf von Miguel de Cervantes Saavedra, dem Autor des Don Quijote, zu schließen. Er integriert diese Figur in seine Barcelona-Trilogie und verarbeitet literarisch die Tatsache, dass Miguel de Cervantes Saavedra erst in späteren Jahren seines Lebens Erfolg hatte.

Der Roman spielt in Barcelona und ergänzt die Barcelona-Romane. Manche Geheimnisse werden gelüftet, andere Rätsel bleiben im Nebel verborgen. Es ist ein Merkmal großer Literatur, dass die Erzählungen sich auf verschiedenen Ebenen bewegen und Interpretationen zulassen. Diesem Anspruch wird „Der Fürst des Parnass“ gerecht. Bei der Struktur der Barcelona-Romane, einer Mischung aus Mystik, Fantasie, Historie und Abenteuer, erwarte ich keine einfache Lösung. Es werden auch im vierten Band Geheimnisse bestehen bleiben.

Alles im Leben hat seinen Preis. Der Fürst der Finsternis ist ein Verführer. „Sie [Cervantes] werden ein Meisterwerk schreiben, doch um das zu tun, werden Sie verlieren, was Sie am meisten lieben.“ (55) Aber wir haben Wahlfreiheit und so hat Corelli recht. „Die Wahl lag immer bei Ihnen, mein Freund [Cervantes]. Und Sie wissen es.“ (76) Parallelen zu dem imposanten Film „Im Auftrag des Teufels“ mit Al Pacino und Keano Reeves drängen sich auf. Es geht um die Verführung des Menschen.

Die Geschichte bewegt sich auf verschiedenen Erzählebenen. Bezüge zur Literatur sind erkennbar. Aufschlussreich in diesem Sinne ist z.B. die Rede von Sancho am Grab von Cervantes. (80) Hier wird deutlich, dass Sancho den Fürst der Finsternis, ähnlich wie Sancho, der Stallmeister von Don Quijote, seinen Herrn, durchschaut hat.

Das Buch ist dünn und die Schrift groß. Der dürftige Umfang ändert aber nichts an der Qualität des vielschichtigen Inhalts. Auch entspricht der Inhalt der im Klappentext beschriebenen Zielsetzung. Es stellt sich eher die Frage, ob zentrale Themen wie „Der Friedhof der Vergessenen Bücher“ und „Andreas Corelli“ auf so wenigen Seiten abgehandelt werden sollten. Antworten wird vermutlich der zu erwartende (dicke) vierte Band liefern. „Der Fürst des Parnass“ ist Pflichtlektüre für die Kenner der Barcelona-Romane. Wer diese Reihe kennen lernen möchte, sollte nicht mit diesem Buch starten.