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gaby2707

Bewertungen

Insgesamt 2030 Bewertungen
Bewertung vom 27.09.2023
Acht Wölfe
Scheler, Ulla

Acht Wölfe


ausgezeichnet

Einfach grandios

Acht junge Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, haben einen Abenteuerurlaub gebucht, der sie in den Wood-Buffalo-Nationalpark in Alberta, Kanada, führt um dort die unberührte Natur zu erleben und die Nordlichter zu sehen. So treffen am Flughafen, wo sie von ihrem Guide Nick in Empfang genommen werden, die Schwestern Kristina und Valentina, Ole und Alexander, alle aus Deutschland; Tonya aus Chicago, Alice und Peter aus Vancouver und Jacob aus Boston aufeinander. Sympathisch sind sie sich anfangs noch nicht. Auf ihrem Trip lernen sie Feuer machen, sich vor Bären zu schützen und Nick bringt ihnen bei, wie man Essbares findet. Sie treffen auf Bisons und die größten Kraniche der Welt. Als sie bemerken, dass Nick absolut nicht der ist, für den er sich ausgibt, dass er sogar gefährlich ist, schweben sie in allerhöchster Gefahr. Ohne Ausrüstung, ohne Orientierung und nur auf sich allein gestellt, versuchen sie der grünen Hölle und Nick mit seinen Kumpanen zu entkommen.

Aber es geht hier nicht primär um die Jagd auf die jungen Leute, sondern um deren Flucht, wie sie sich zusammenraufen müssen, zusammenhalten und sich gemeinsam durchschlagen. Wie aus 8 Individuen eine stabile, verlässliche Gruppe wird.
Für mich ist es das erste Buch, das ich von Autorin Ulla Scheler gelesen habe. Aber es wird ganz sicher nicht das letzte gewesen sein. Sie hat mich mit ihren vielschichtig angelegten Figuren, die mir anfangs alle nicht sonderlich sympathisch waren, sich aber nach und nach in eine für mich sehr positive Richtung entwickeln, sofort in den Bann der Geschichte gezogen. Da die einzelnen Abschnitte immer von einem anderen der Gruppe erzählt werden, komme ich sowohl der Geschichte in ihren verschiedenen Facetten als auch den Gedanken, Empfindungen und Gefühlen der jungen Leute sehr nahe. Dadurch lerne ich sie auch immer besser kennen und finde gerade den wachsenden Zusammenhalt sehr interessant und intensiv.
Das Setting, den Wood-Buffalo-Nationalpark in Kanada, finde ich einfach genial. Ich hatte Gänsehaut, wenn irgendwo ein Ast geknackt hat und konnte mir den Blick auf eine Bisonherde sehr gut vorstellen. Die Beschreibungen der Natur dort kommen so eindringlich und greifbar rüber, genau so wie die Angstgefühle und die Beklemmung der Gruppe. Genau so gut beschrieben finde ich auch die Zeit nach dem Dschungel, als die jungen Leute feststellen, dass sie nicht mehr in die Form ihres früheren Lebens passen. Die innere Zerrissenheit gerade von Tonya hat mir richtig weh getan.
Ich habe mit der Gruppe gefroren und der Winterkälte getrotzt, gehungert und mich vor manchem Getier geekelt, gebangt, gelitten und die Hoffnung nie aufgegeben. Aber auch mal geschmunzelt und mich mit ihnen gefreut. Sie sind mir in diesen 410 Seiten so richtig ans Herz gewachsen.

Eine Geschichte, die mich berührt hat, mit jungen Menschen, die eine tolle Wandlung hingelegt haben, mit einer atemberaubenden Kulisse von einer Autorin, deren Erzählstil ich einfach wunderbar finde.
„Acht Wölfe“ ist eines meiner Lesehighlights in diesem Jahr.

Bewertung vom 25.09.2023
Die kleine Finca am Mittelmeer 02. Orangenduft und das große Abenteuer
Micus, Andrea

Die kleine Finca am Mittelmeer 02. Orangenduft und das große Abenteuer


ausgezeichnet

Es müssen nicht immer die großen Abenteuer sein

Nachdem ihr Mann Paul sie für eine andere, jüngere Frau verlassen hat, nimmt Vera ihr Leben nach einem kurzen Tief wieder selbst in die Hand. Als sie dann auch noch ihren Job verliert, verkauft sie das gemeinsame Haus und erwirbt ein Wohnmobil. Sie hatte sich immer eine Tour im Wohnmobil gewünscht, aber der Alltag mit Pflichten statt Träumen kam immer dazwischen. Von Bamberg aus macht sie sich auf den Weg nach Andalusien – da will sie hin. Leider kommt sie vorerst nur bis Gandia Playa an der spanischen Küste zwischen Valencia und Alicante. Dort macht ihr Wohnmobil schlapp und sie ist froh, dass Ina, eine Frau in ihrem Alter, sie mit zu sich bzw. ihren Eltern in die Finca nimmt.
Zwischen Orangen und Oliven beginnt hier für sie hier das Abenteuer Leben und Liebe ganz neu.

„Orangenduft und das große Abenteuer“ ist der 2. Band aus der „Die kleine Finca am Mittelmeer"-Reihe. Obwohl ich Band 1 nicht kenne, hatte ich keine Probleme der Geschichte zu folgen.
Der Schreib- und Erzählstil von Andrea Micus ist so locker-leicht und bildhaft, dass sich mein Kopfkino nach den ersten Seiten schon eingeschaltet hat. Sie beschreibt die Gefühlswelt in der sich Vera bewegt sehr anschaulich und ich kann mich gut in sie hinein versetzen. Auch die anderen Menschen, die ich hier kennenlerne sind, bis auf ganz wenige Ausnahmen, so herzlich und zugewandt, dass ich gerne mit ihnen befreundet wäre. Ich habe mich so für Vera gefreut, dass sie gerade hier, inmitten einer so bezaubernden Landschaft und solch tollen Menschen, gestrandet ist. Und vor allem auch dem Abenteuer Liebe begegnet.
Ich hatte beim Lesen den Duft von Meersalz, Orangen, Jasmin und Bougainvillea in der Nase, den Geschmack von Paella und Rotwein auf der Zunge und das Rauschen des Meeres im Ohr. Die Umgebung in der sich Vera aufhält, beschreibt die Autorin so anschaulich, dass ich Fernweh bekomme und dort unbedingt mal hin möchte.
Am Ende der Geschichte bekomme ich noch drei Rezepte. Die Fideua, Paellapfanne nur mit Nudeln anstatt Reis, werde ich bestimmt mal ausprobieren.

Ein tolles Buch, das zeigt, dass man auch mit 50 noch mal neu durchstarten kann um das Leben in vollen Zügen zu genießen. Eine Wohlfühlgeschichte, die mir bezaubernde und unterhaltsame Lesestunden geschenkt hat. Ich komme bestimmt wieder zur kleinen Finca am Mittelmeer.

Bewertung vom 24.09.2023
Der geheime Garten
Brill, Calista

Der geheime Garten


ausgezeichnet

„Es ist wie Magie“

„Der geheime Garten“ von Frances Hodgson Burnett aus dem Jahr 1911 ist ein echter Klassiker, der nun von Calista Brill überarbeitet und von Adelina Lirius mit wunderschönen Illustrationen ausgestattet neu aufgelegt wurde.

Als die kleine Mary Lennox bei dem großen, alten Misselthwaite Manor, ein Haus mit Hunderten von Zimmern, ankommt, ist es kalt und unwirtlich. Durch Gärtner Ben stößt sie auf ein Geheimnis. Und ein kleines Rotkehlchen wird ihr Freund. So langsam gewöhnt sich Mary an das triste Haus. Als der Frühling kommt findet sie im Garten einen Schlüssel, der sie durch eine Tür in einen verwilderten Garten bringt. Mit Hilfe von Dickson kümmert sie sich um diesen Garten und erfüllt ihn mit neuem Leben. Außerdem enthüllt sich ihr noch ein weiteres Geheimnis. Sie hatte ein Weinen gehört und findet nun den Sohn des Hauses, Colin, ein krankes, einsames, trauriges und wütendes Kind in einem Zimmer, das er nie verlässt. Zusammen mit Dickson nimmt sie ihn im Rollstuhl mit in ihren Garten. Hier wird Colin langsam stärker und fröhlicher und steht eines Tages aus dem Rollstuhl auf. Auch Mary hat sich durch den Garten und die neuen Freunde sehr verändert.

Ich kannte die Geschichte der kleinen Mary und ihrer neuen Freunde noch nicht. Es ist so schön mit zu erleben, wie aus dem traurigen Mädchen durch die Magie des Gartens und der Freundschaft zu einem Rotkehlchen ein fröhliches, aufgewecktes, ausgeglichenes Kind wird. Genau so wie Colin, dem es im Grunde genau so geht. Da sieht man mal wieder, was die Natur mit uns Menschen machen kann. Wie sie uns ins Leben zurück holt.
Hier und da hätte ich mir zwar etwas mehr Text gewünscht. Aber ich finde, die umfangreiche Geschichte in dieses Bilderbuch zu packen, ist der Autorin sehr gut gelungen.
Die wundervollen, teilweise ganzseitigen Illustrationen schaffen es mit ihrem Farbenspiel die Stimmungen und die Gefühle von Mary, die sich mit jeder Seite verändern, sehr gut zu transportieren. Es gibt auf jeder Seite so viel zu entdecken, dass es großen Spaß macht sich nur die Bilder anzuschauen.

Ein wundervolles, zauberhaftes Bilderbuch über Freundschaft, Hilfsbereitschaft und die Wunder, die die Natur aus sich hervorbringen kann, wenn man sich auf sie einlässt.
Ich finde es auf alle Fälle lesenswert.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.09.2023
Wilma Wolkenkopf
Niechzial, Saskia

Wilma Wolkenkopf


ausgezeichnet

Ein wundervolles Buch

Kennt ihr schon die kleine Wilma Wolkenkopf? Das Mädchen mit den Zippelzappel-Händen und den Sausegedanken im Kopf, das grünen Wackelpudding liebt und 1000 und mehr Fragen im Kopf hat?

Wilma ist ein kleines bisschen anders als andere Kinder. Vielleicht hat sie ADHS. Mit ihren Gedanken bleibt sie in den Wolken hängen, in der Schule vergisst sie ihren Rucksack auf dem Rücken, auf dem Schulweg entdeckt sie hinter jeder Ecke etwas neues, spannendes und sie möchte ganz viele Sachen gleichzeitig machen. Mit ihren Freunden Noa und Elif verbringt sie ihre Schulpausen und mit ihr wird es nie langweilig. Sie hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, setzt sich für andere ein und ist sofort zur Stelle, wenn ein anderes Kind geärgert wird. Immer verständnisvoll an ihrer Seite ihre Lehrerin Frau Kieferngrün.
Sie möchte aber auch genau so sein wie andere Kinder, aufmerksam, leise und ruhig. Dafür hat sie ihre Therapeutin Frau König, die ihre Stärken heraus bringt und ihr beibringt, dass sie so wie sie ist, genau richtig ist. Dazu ihr Papa, der alleinerziehend scheint, für den Wilma das Allerliebste ist.
Das Buch ist durch seine so ganz andere Haptik schon etwas besonderes. Die einzelnen Buchseiten sind auch nicht weiß, sondern in einem ganz zarten beige gehalten. Dazu die in Reimen erzählte Geschichte von Saskia Niechzial bei der die Kleinen ganz gebannt zuhören. Die aussagekräftigen, dezenten Bilder, die die Geschichte bereichern, kommen von Illustratorin Lara Hacker.
Am Ende des Buches gibt es noch Tipps für Eltern aus den Bereichen Mögliche Entwicklungsfelder; Stärken und Schwächen; Diagnostik; Therapiewege; Alltagshilfen; Lernhilfen (für die Hausaufgaben) und 4 Webseiten zum Thema ADHS, die man sich mal anschauen kann.

Eine wundervolle Geschichte über ein kleines Zippelzappel-Mädchen, das anderen Kindern, denen es ähnlich geht und deren Eltern Mut machen kann.

Bewertung vom 22.09.2023
Muschelträume / Küstenliebe Bd.1
Lassen, Svenja

Muschelträume / Küstenliebe Bd.1


ausgezeichnet

Die Liebe siegt

Nora Köhler, 29, packt gerade die letzten Kisten für den Umzug zu ihrem Freund Markus, der in München schon seine neue Arbeitsstelle angetreten hat, als er anruft und fragt, ob sie den Brief, den er ihr geschrieben hat, schon bekommen hat. Als sie den aus dem Briefkasten holt und öffnet, zieht es ihr den Boden unter den Füßen weg. Markus will eine Auszeit um herauszufinden, ob ihre Liebe für eine gemeinsame Zukunft noch ausreicht.
Nachdem sie sich beruhigt hat, beschließt Nora in dieser Liebespause mal wieder etwas für sich selbst zu tun und erinnert sich an die wunderschöne Zeit, die sie während ihrer Ausbildung an der Ostsee verbracht hat. Sie will den Gendarmenpfad dort oben abwandern. Hätte sie doch nur vorher ihre Wanderschuhe eingelaufen, die ihr schon nach der ersten Etappe einen Strich durch die Rechnung machen. In dem kleinen Gasthaus, wo sie übernachten wollte, trifft sie auf Bent, der sie zurück nach Flensburg mitnimmt. Wenn dieser attraktive Mann nur nicht so unsympathisch wäre.

In ihrer neuen Küstenliebe-Reihe nimmt mich Autorin Svenja Lassen, die ich mit diesem Buch erst kennenlerne, mit nach Flensburg, an die Ostsee und auf die idyllische Halbinsel Holnis. Hier gibt es so viele Momente, wo ich gedacht habe: Hach, da möchte ich auch mal hin. Mein Kopfkino hatte allein mit den Landschaftsbildern, die mir die Autorin in den Kopf pflanzt, sehr viel zu tun.
Auf der vorderen Coverinnenseite bekomme ich eine Skizze vom Norden Deutschlands, wo die Orte, die ich im Buch kennenlerne, eingezeichnet sind.

Nora hat sich mit ihrer natürlichen, sympathischen und auch mutigen Art sofort einen Platz in meinem Herzen erobert. Ich fand es toll, dass sie sich dem Schmerz, den der Brief verursacht hat, nicht hingegeben, sondern für sich positiv wenn auch sehr spontan gehandelt hat. Einen Menschen wie sie als Freundin an der Seite zu haben ist eine echte Bereicherung. Da kann ich auch ihre Freundin Janine verstehen, die den Umzug an die Ostsee zuerst gar nicht verdauen kann. Und Lara hat ihre Freundin nun ganz nah bei sich.
Ihr Freund Markus dagegen wurde mir in der kurzen Zeit des Kennenlernens immer unsympathischer. Egoistischer geht’s ja fast nicht. Und auch noch lügen...
Auch bei Bent hat es eine Zeit gedauert, bis ich hinter seine Fassade schauen durfte um zu erkennen, was sich hinter dem vorscheinlichen Lebemann verbirgt. Dass er ein „Geheimnis“ hütet, hatte ich mir schon gedacht. Aber er hat sich in meinem Herzen dann doch noch an die Seite von Nora gesellt.

Auch wenn mir sehr schnell klar war, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln würde, war ich durch den bildhaften Erzählstil von Svenja Lassen dauerhaft gefesselt. Sie greift hier nicht nur zu einer Liebesgeschichte sondern nimmt mich auch mit auf einen Selbstfindungstrip, stellt die Unabhängigkeit der Frau in den Fokus und stellt hintergründig Fragen zum Beziehungsstatus, die auch ich mir manchmal stelle. Aber alles so locker und leicht, dass es Spaß macht, sich sogar über solch eher ernste Themen Gedanken zu machen.
Was es mit dem Muschelträumen auf sich hat, erfährt man auch beim Lesen der Geschichte. Eine wunderschöne Idee.

Ein absolut gelungener Wohlfühlroman in einer traumhaft schönen Kulisse mit ganz viel Liebe, Freundschaft, Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft, der zwar zum Nachdenken anregt, mich vor allem sehr gut unterhalten hat.

Bewertung vom 21.09.2023
Sommerküsse auf Fehmarn
Grauer, Sandra

Sommerküsse auf Fehmarn


sehr gut

Einfach nur schön

Evie Marie Sommer kann es fast nicht fassen – sie kennt die Antwort zur Millionenfrage, die Quizmaster Detlef Straub gerade gestellt hat. Und nun ist sie um 1.000.000,00 € reicher. Aber neben Glück ist auch Schatten. Nicht nur die Menschen in ihrer Umgebung im kleinen schwäbischen Ort Bad Buchau brauchen plötzlich alle etwas. Auch wissen alle ganz genau, wie sie ihr Geld am besten anlegt. Auch Wildfremde wenden sich mit Bettelbriefen an sie. Sie alle gehen ihr mit der Zeit mit ihren Wünschen und Ratschlägen so auf die Nerven. Also packt Evie schnell ein paar Sachen zusammen und macht sich auf den Weg zur 900km entfernten Ostseeinsel Fehmarn. Hier genießt sie die Ruhe und findet bald einen Lieblingsplatz – ein kleines Café am Strand. Der sehr attraktive Besitzer Alexander „Alex“ Petersen ist gerade etwas genervt und braucht dringend Unterstützung. Evie hat Zeit und vor allem Lust, sich in dem kleinen Café zwischen Meeschendorf und Burgtiefe einzubringen und auszuprobieren. Ist doch ihr großer Traum selbst ein eigenes kleines Café zu leiten. Und so beginnt für sie eine turbulente Zeit, ganz anders als sie es sich ausgemalt hatte.

Ich bin sehr schnell in dieser Liebesgeschichte mit einem kleinen Touch Fehmarnflair angekommen. Von der Insel hätte ich gerne mehr erfahren. So habe ich sie ohne große Eindrücke leider wieder verlassen müssen. Die Sommerküsse hätte es auch überall anderswo geben können. Das finde ich sehr schade.
Der Schreib- und Erzählstil von Autorin Sandra Grauer liest sich locker-leicht und nimmt mich sofort gefangen. Durch die vielen Bilder, die sie mir liefert, sprang mein Kopfkino sofort an und ich habe mich beim Lesen so richtig wohl und aufgehoben gefühlt. Natürlich habe ich auch immer gebangt, ob das mit dem kleinen Café mit dem sich Evie so viel Mühe macht, auch wirklich klappt.
Mit Alexander bin ich auch schnell zurecht gekommen, auch wenn er mir anfangs zu pessimistisch war. Man merkte ihm an, dass er das Café eigentlich gar nicht will. Was sich aber im Laufe der Geschichte ändert. Er muss froh sein, dass es Menschen wie Evie und seine Schwester Carmen gibt, die immer, wenn er sie braucht, einspringen und für ihn da sind.
Sehr gut gefallen mir die 18 Kapitelüberschriften, die als Quizfragen ausgelegt sind und deren Antwort ich am Ende des Buches finde.

Ein leichter, gut zu lesender Sommerroman mit einem Quäntchen Humor, ganz viel Liebe und einer kleinen Portion Spannung bei dem mir Fehmarn ein bisserl gefehlt hat.

Bewertung vom 21.09.2023
Goldene Zeiten im Inselsalon / Norderney-Saga Bd.3
Lott, Sylvia

Goldene Zeiten im Inselsalon / Norderney-Saga Bd.3


ausgezeichnet

Im Inselsalon von 1920 bis 1929

Ich war von den beiden Vorgängerbänden schon so begeistert. Und nun war ich mit dem 3. Band endlich wieder im Inselsalon auf der wunderschönen Insel Norderney und durch die kurze Rückblende ganz schnell mittendrin in der Geschichte.

Diesmal ist die Hauptperson um die sich das meiste dreht Friedas Tochter Lissy. Sie hat ihre Schulzeit beendet und beginnt eine Ausbildung zur Damenfriseurin im Inselsalon, die sie aber nicht befriedigt. Sie fühlt sich eingeengt, will frei und unabhängig sein, sie will nach Berlin. Und diesen Wunsch lässt sie nicht aus den Augen, bis sie ihn schließlich wahr werden lässt. Ihre Mutter Frieda allerdings kostet es große Überwindung ihre Tochter gehen zu lassen.
Um den Inselsalon nach dem Tod des Vaters und ihres Mannes weiterführen zu können, heiratet Frieda den Friseurmeister Paul Merkur aus Lüneburg. Ganz langsam entwickelt sich aus dieser anfänglichen distanzierten Beziehung mit Ehevertrag und festen Regeln eine Partnerschaft auf Augenhöhe und Liebe und Lissy bekommt einen kleinen Bruder – Benno.
Grete, Friedas beste Freundin, unterstützt ihren Mann Dr. Max Lubinius in seiner Arztpraxis, hütet die drei gemeinsamen Kinder und widmet sich wohltätigen Veranstaltungen auf der Insel. Und sie bekommt langsam wieder Kontakt zu ihrer Familie in Berlin.
Auch Friedas Eltern, ihr Bruder und Schwiegermutter Jakomina, die am Rhein ihren neuen Partner gefunden hat, spielen hier wieder eine Rolle und ich begleite sie mit ihren ganz persönlichen Lebensgeschichten weiter in dieser Geschichte.
Das Flair der Goldenen Zwanziger Jahre hat Autorin Sylvia Lott sehr gut recherchiert und eingefangen. Der Mord an Walther Rathenau, der 1923 die Hyperinflation nach sich zog; die Währungsreform; die Lebenslust der Goldenen Zwanziger; der Börsencrash 1929; der Beginn der Weltwirtschaftskrise und weitere historische Begebenheiten bindet sie geschickt in die Geschichte mit ein. Auch die Entwicklungen auf der Insel und im Inselsalon mit neuen Frisuren, neuen Gerätschaften und neuen Techniken fließen gekonnt hier ein. So entsteht ein gelungenes Gesamtbild sowohl der politischen als auch der gesellschaftlichen Entwicklung über dieses Jahrzehnt.
Ich habe auch diesmal wieder mit den Familien Fisser, Merkur und Lubinius gelacht, gelitten, gebangt und gehofft und mich mit ihnen gefreut. Ich habe mich dank der ausgefeilten und bildhaften Beschreibungen der Autorin so gut in die Gedanken und Gefühle der Menschen hinein versetzen können. Ich fühle mich schon wie zuhause im Inselsalon und auf Norderney.
Zum Schluss bekomme ich noch das Rezept von Friedas Mandelkeksen, die bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung eine ganz besondere Rolle spielen und die Lissy in Berlin aus manch einem Tief heraus holen.
Auf den vorderen und hinteren Cover-Innenseiten bekomme ich eine Karte von Norderney und Bilder der Goldenen Zwanziger, was das Buch so richtig abrundet.

Ein wunderbares 3. Buch der Norderney-Saga über Freundschaft und Liebe, Glück und Verzicht, mit authentischen Menschen, einem tollen Nordsee- und Inselflair und einer Wohlfühlgeschichte, die einfach fesselt und berührt.
Ich freue mich jetzt schon sehr auf Band 4 der Norderney-Saga „Neue Träume im Inselsalon“.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.09.2023
Nur eine Lüge - Zwei Familien, eine tödliche Verbindung
Stehn, Malin

Nur eine Lüge - Zwei Familien, eine tödliche Verbindung


ausgezeichnet

Was passiert, wenn die Vergangenheit dich einholt…

… das erfahren Emily Brandt und ihr Verlobter William Nihlzén ausgerechnet am Tag ihrer Traumhochzeit, die doch das größte und schönste Erlebnis in ihrer beiden Leben werden sollte. Das große Problem an der Sache: die beiden Familien sind nach einem schwerwiegenden Vorfall von vor 8 Jahren heillos zerstritten. Auf der Feier, die die beiden Familien wieder verbinden soll, kommt es zu Spannungen, versteckten Vorwürfen, vergrabene Wahrheiten kommen langsam ans Licht. Und am Ende liegt Emilys Bruder Erik tot am Ufer des Öresunds und die Suche nach einem Schuldigen beginnt.

Autorin Malin Stehn hat mich mit ihrem fesselnden und emotionalen Schreibstil mit dieser Geschichte, die sie in zwei Zeitzonen erzählt, sofort gefesselt. Sie lässt die Mitglieder der Familie Brandt, Emily, ihren Bruder Erik, Vater Mats und Mutter Annika die Geschehnisse vom Tag der Hochzeit, von vor drei Monaten und von den Geschehnissen von vor 8 Jahren aus ihren eigenen Blickwinkeln in der Ich-Form erzählen. Hier erkennt man, dass jeder seine kleinen und größeren Geheimnisse mit sich herum trägt und sich hinter Lügen versteckt.
Lange habe ich mich gefragt, in welche Richtung die kleinen Anspielungen, die immer wieder gemacht werden, wohl führen werden. Als sich die Vergangenheit dann ganz langsam lichtet, war ich schockiert und konnte gut verstehen, warum sich die Menschen hier so verhalten, wie sie sich verhalten. Emily hat mir dabei richtig leid getan.

Zwar als Roman ausgeschrieben ist diese Geschichte für mich der reinste Psychothriller. Super spannend, hoch emotional und voller kleiner Hinweise, die meine Sicht auf die Dinge immer wieder in einen anderen Blickwinkel gerückt haben und ich dadurch immer wieder umdenken musste. Auch die ausführlich gezeichneten Protagonisten haben mir mit ihren sehr unterschiedlichen Charaktereigenschaften sehr gut gefallen. Die Hochzeitslokation konnte ich mir durch die detaillierten Beschreibungen ebenfalls sehr gut vorstellen. Einfach ein Traum. Der durch die Vergangenheit zum Albtraum wird.
Das am Ende nicht feststeht, wer nun der Täter ist, hat mich in diesem Fall absolut nicht gestört.

„Nur eine Lüge“ ist ein meisterhaftes, tiefgründiges Verwirrspiel mit, wie es der Titel schon sagt, Lügen, Täuschungen und den Blick vor der Wahrheit verschließen bis sie ungefiltert ans Licht kommt. Ein Pageturner, den ich nicht aus der Hand legen konnte.
Dies war mein erstes Buch, das ich von Malin Stehn gelesen habe. Es ist definitiv nicht mein letztes gewesen.

Bewertung vom 06.09.2023
Ablage Mord
Wasner, Simon

Ablage Mord


ausgezeichnet

Schwarzer Humor vom Feinsten

Theo Baumgartner, 35, empfindet sich selbst als den faulsten Menschen der Welt. Und in gewisser Weise gebe ich ihm da recht. Er lebt in einem Wohnwagen im Garten seiner Eltern Ernst und Gudrun in Göbelrath im Kraichgau in der Nähe von Karlsruhe. Lässt sich von Mama mit Essen verwöhnen und zockt den ganzen Tag mit Schülern und Pubertieren im Internet. Bis zu dem Tag an dem er das Testament seiner Eltern findet und nun endlich den Hintern hoch kriegen muss, denn sonst wird er enterbt. Sein Freund Dave besorgt ihm ein Vorstellungsgespräch bei der Firma Columbus Solutions und entgegen aller Voraussicht bekommt er die Stelle und steigt nach zwei Wochen sogar weiter auf. Er hat also großes Potential, das er hier dann auch auspackt.
Um was für einen Job es sich handelt und wie sich Theo da schlägt, das lest ihr in dem Buch von Simon Wasner „Ablage Mord“.

Mit diesem Buch hatte ich nicht nur sehr unterhaltsame sondern auch amüsante und mitreißende Lesestunden mit schwarzem Humor vom Allerfeinsten. Das beginnt schon mit den sehr vielseitigen Zitaten und Kalendersprüchen von Theos verstorbener Großtante Marlies, von der er anscheinend seinen Hang zum Nichtstun geerbt hat. Denn auch sie scheint sich ihr Leben lang bei Theos Eltern durch schmarotzt zu haben. Dann die verschiedensten Beschreibungen von Theos neuen Arbeitskollegen wie z.B. Michel und sein haariges Büchlein oder Kappi, der mit seinen vier verbliebenen Zähnen 3 Zigaretten auf einmal rauchen kann. In diesem Stil gibt es einiges, wo mir die Bilder nicht mehr aus dem Kopf gehen. Die Typen bzw. Arbeitskollegen mit denen Theo in Trupp C zusammen arbeiten soll, Michel, Kappi, Ali und Sven haben alle ihre Eigenheiten, die sie für den Job, den sie machen, aber auch dringend brauchen. Aber Theo wäre nicht Theo, wenn er nicht auch hier von einem Fettnapf in den anderen tritt und sogar um sein Leben fürchten muss.
Aber neben all dem „umziehen“ und „um de Ecke bringen“, geht es hier auch um Zusammenhalt und vielleicht sogar um ein Quäntchen Freundschaft.
Richtig gut gefallen haben mir neben Mama Wu Theos stockkonservative Eltern: Vater Ernst, der Vater aller Gartenzwerge und Mutter Gudrun, die zu jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit einen Kuchen backt. Einfach herrlich die Beiden. Und dazu Sohnemann Theo...
Obwohl großes Gemetzel normalerweise gar nicht mein Ding ist – hier hat es mir überhaupt nichts ausgemacht. Im Gegenteil, die Bilder habe ich zum Teil jetzt noch im Kopf. Man muss es nur so verpacken, wie es hier Autor Simon Wasner gemacht hat.

Eine Kriminalkomödie, die mit tiefschwarzem Humor glänzt, voller Wortwitz, schräger Sprüche und grotesker Gags. Die trotzdem spannend ist und voller Mord steckt. Wenn ich demnächst bei meinem Lieblings-Chinesen meine Frühlingsrollen esse, werde ich ganz bestimmt an Theo denken müssen.

Bewertung vom 06.09.2023
Papa ruft an
Bielendorfer, Bastian

Papa ruft an


sehr gut

Schon lange beim Lesen nicht mehr so gelacht

In diesem Buch mit vielen kleinen Episoden aus dem Leben des Bastian Bielendorfer geht es wie der Titel schon andeutet, ums telefonieren. Entweder ruft Mama an, ein anderes mal Papa, oder Basti meldet sich telefonisch bei seinen Eltern. Und auch Ludger, der 12-jährige Waldorf-Neffe, der immer mal zu Besuch kommt oder gehütet werden will oder eher muss, kommt zu Wort. Dazu lese ich in vier verschiedenen Aufsätzen von Bastis schlimmsten Urlaubserlebnissen und bin bei mehreren er sagt – sie sagt – Gesprächen zwischen Bastian und seiner Frau Nadja dabei. Ein Familiengeheimnis, das Papa bisher sehr gut gehütet hat, kommt auch zum Vorschein. Damit hätte auch ich nicht gerechnet.

Egal ob Papa Robert mit Straßenhündin Maja und Bastian mit seinem Mops Otto zum Tierarzt gehen; ob Bastian im Aufzug stecken bleibt; ob Mama mal wieder günstig geshoppt hat und nun ein Paket schickt; ob darüber diskutiert wird, warum anstatt der Reinigungsfrau plötzlich ein Saugroboter die Arbeit macht; wie sein Vater versucht eine Dose Ravioli in der Mikrowelle heiß zu machen oder eine Flasche Shampoo in die Waschmaschine kippt; wie Bastian Ludger und dessen Freund Gunnar beschreibt; oder wenn Papa aus Basti´s Betragensbuch vorliest. Ich habe selten so viel und laut gelacht, wie bei diesen kleinen Geschichten. Papa und auch Mama Bielendorfer haben einen so ganz eigenen Humor. Und ihr Sohn, der Thronfolger, interpretiert die Beiden so gut, dass mir die Bilder, die er mit seinen Aussagen kreiert nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Wer solche Eltern hat, wie Bastian Bielendorfer die seinen hier mit ihren Worten und Taten umschreibt, der kann gar nichts anderes werden als Comedian. Ich jedenfalls hatte mit Familie Bielendorfer und Neffe Ludger einige sehr humorvolle Lesestunden.