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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1369 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2021
Im Schatten des roten Stieres (eBook, ePUB)
Klinzmann, Sylvia

Im Schatten des roten Stieres (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Im Bann der Borgias
1497 Rom. Die 15-jährige Alessia Bertorelli de Salvatierra und ihre Familie mussten vor der Inquisition aus Spanien fliehen und haben sich ein neues Zuhause in Rom aufgebaut. Sie genießen ein Leben als angesehene Bürger, denn Alessias Vater Alvaro ist ein bekannter Anwalt. Alessia hat sich in den Maler Giacomo verliebt, dem sie Modell sitzt. Die beiden fühlen sich stark zueinander hingezogen und planen ein zu heiraten. Doch dann erhält Alvaro mit einem Brief aus Spanien von seiner verstorbenen Mutter Informationen, die das beschauliche Leben der Familie stark ins Wanken bringen. Alvaro ist der uneheliche Sohn von Papst Alexander VI. und somit ein Spross der Borgia-Familie. Eine Verbindung zwischen Giacomo und Alessia scheint somit unmöglich. Auch die neue Verwandtschaft ist so gar nicht begeistert von den neuen Voraussetzungen. Schon bald findet sich Alessia im Vatikan wieder, und die junge Frau steht bösen Intrigen und Ränken gegenüber, die sie bald in höchste Gefahr bringen. Wem kann sie vertrauen? Wird es doch noch eine Zukunft mit Giacomo geben?
Sylvia Klinzmann hat mit ihrem Roman „Im Schatten des roten Stieres“ ein opulentes und spannendes historisches Sittengemälde der Borgia im 15. Jahrhundert vorgelegt. Der Schreibstil ist schön flüssig und nimmt den Leser mit auf eine Reise ins mittelalterliche Italien, wo er Zeuge von heimlicher Liebe, Ränkeschmiede, Machtgier, Eifersucht, heimtückischem Mord und Racheplänen wird. Die Methoden der Intriganten der damaligen Zeit waren nicht gerade zimperlich und wurden sehr bildhaft dargestellt, so dass der Leser eine gute Vorstellung bekommt. Die Autorin hat sehr viel Wert auf eine akribische historische Recherche gelegt, die ihr ausgezeichnet gelungen ist. Die politischen und religiösen Ansichten der vergangenen Zeit werden ebenso mit der Handlung verwebt, wie die damaligen Lebensumstände und die getragenen Gewänder. Auch die örtlichen Gegebenheiten sind so detailliert, dass der Leser eine gute Vorstellung bekommt, wie es dort damals ausgesehen haben muss.
Die Charaktere sind sehr vielschichtig und detailliert gezeichnet, einige geben erst nach und nach ihr wahres Gesicht preis, was einen sehr authentischen und lebensechten Eindruck hinterlässt. Alessia ist eine sehr junge sympathische Frau, die wohlbehütet aufwuchs und noch etwas naiv wirkt. Sie erlebt gerade ihre erste große Liebe, doch von einem Tag auf den anderen ändert sich ihr ganzes Leben nur aufgrund ihrer Familienverhältnisse. Durch ihre Jugend ist sie noch nicht in der Lage, den Unterschied zwischen Freund und Feind zu erkennen und begibt sich dadurch leicht in die Hände derer, die ihr Böses wollen. Giacomo ist ein junger sympathischer Mann, der als Maler noch in den Anfängen seiner Karriere steckt. Er ist Alessia in Liebe verbunden und sieht sich nun der Tatsache gegenüber, dass er seine Liebe durch Standesdünkel und Intrigen verlieren wird. Er lässt sich auf ein gefährliches Spiel ein. Piero ist ein gutmütiger Kerl mit einem Geheimnis, dass möglichst immer eines bleiben möge. Cesare ist der erstgeborene Borgia-Sohn und ein cleverer, aber ebenso grausamer Mensch, der seine Mitmenschen manipuliert und sich selbst die Hände nicht schmutzig macht. Catalina de Mendoza ist eine missgünstige Frau, die ihrem Umfeld ein ganz anderes falsches Gesicht zeigt, während sie sich insgeheim mit Cesare verbündet und eigene Rachepläne verfolgt. Auch die anderen Protagonisten untermauern mit ihren eigenen kleinen Episoden und Geschichten dieses farbenfrohe gezeichnete Sittengemälde der Renaissance im alten Italien.
„Im Schatten des roten Stiers“ ist ein sehr spannender und farbenfroher historischer Roman über eine der schillerndsten italienischen Familien im mittelalterlichen Italien. Aufgrund der sehr guten Recherchearbeit der Autorin bekommt man hier eine Geschichtsstunde par excellence, der es keineswegs an Spannung fehlt. Absolute Leseempfehlung für diese Reise zu den Borgias!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.01.2021
Elbleuchten / Eine hanseatische Familiensaga Bd.1
Georg, Miriam

Elbleuchten / Eine hanseatische Familiensaga Bd.1


ausgezeichnet

Genial geschnürtes Paket Hamburger Geschichte
1886 Hamburg. Als Tochter einer Hamburger Reederfamilie wächst Lily gemeinsam mit ihren Brüdern Franz und Michel wohlbehütet und privilegiert auf. Sie träumt davon, als Schriftstellerin Karriere zu machen und besucht ein Lehrerinnenseminar. Als ihr bei einer Schiffstaufe der Wind den Hut vom Kopf reist, versucht ein Arbeiter, diesen für sie zurückzuholen und hat einen schweren Unfall, der in Lily schwere Schuldgefühle hervorruft, zumal niemand sich um den Verunglückten und dessen Familie kümmert. Die Begegnung mit Johannes Bolten, der mit dem Verletzten befreundet ist und aus dem ärmlichen Gängeviertel stammt, eröffnet Lily schnell eine für sie unbekannte Welt. Johannes nimmt sie nicht nur mit auf heimliche Streifzüge durch die Arbeiterviertel der Stadt, wo Lily mit eigenen Augen die Not und das Elend der Menschen zu sehen bekommt. Je mehr Zeit sie mit Johannes verbringt, umso mehr wächst er ihr ans Herz, dabei hat sie in dem adligen Henry von Cappeln doch einen standesgemäßen Verlobten. Wird sich ihre Beziehung zu Johannes vertiefen und was wird Lily in Bezug auf die ihr vor Augen geführte reale Arbeiterwelt unternehmen?
Miriam Georg hat mit „Elbleuchten“ einen wunderbaren Auftakt für ihre historische Hamburger Reedersaga vorgelegt, der von Beginn an zu fesseln weiß. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schnell in der Zeit zurückreisen, um in die Hamburger Reedervilla an der Bellevue einzuziehen und dort hautnah die Geschehnisse mitzuverfolgen, die Lily und Johann im Verlauf der Handlung erleben. Dabei arbeitet die Autorin die markant unterschiedlichen Welten zwischen reichen und armen Gesellschaftsschichten sehr gut heraus, staffiert sie mit akribisch recherchiertem historischem Hintergrund aus, wobei sie ebenfalls den Kampf für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie die Rolle der Frau in der damaligen Gesellschaft herausstellt, die als Staffage der männlichen Eitelkeit, als Hausfrau und Mutter ihre Aufgaben hatte, jedoch nicht als fähig angesehen wurde, einen eigenen Beruf zu ergreifen oder ein Geschäft zu führen. Während der Leser die Handlung gespannt verfolgt, darf er sich im alten Hamburg umsehen, denn die farbenfrohen Beschreibungen der Autorin lassen die Stadt lebendig werden. Da wird das nahe Gänsemarkt gelegene Gängeviertel zur Armenhochburg, während das Winterhuder Bellevue an der Außenalster auch heute noch mit zu den ersten Adressen der Stadt gehört. Die Diskrepanz zwischen Arm und Reich tritt während der Lektüre deutlich zutage und lässt auch eine glaubhafte Entwicklung der Hauptprotagonistin zu, die sich von ihrem engen gesellschaftlichen und familiären Korsett zu befreien sucht.
Die liebevoll erschaffenen Charaktere überzeugen auf ganzer Linie mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften, einige davon wachsen einem regelrecht ans Herz. Lily entstammt einem liebevollen Elternhaus, jedoch wurde vieles von ihr ferngehalten, so dass sie etwas weltfremd wirkt. Doch einmal die Augen geöffnet, entfaltet sie ihr eigentliches Potential. Sie wird aufmüpfig, offen und kämpferisch, zeigt Mut und Stärke, hat ihren eigenen Kopf. Johann kennt Armut sowie harte Arbeit. Er ist hilfsbereit, mitfühlend und besitzt einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, der sich wohltuend auf Lily auswirkt. Die Schweizer Ärztin Emma wird Lily eine gute Freundin, besitzt Selbstvertrauen und kämpft für Frauenrechte. Lilys Mutter Sylta steht indirekt auf Lilys Seite, doch ihre Erziehung und die Gesellschaft verbieten es ihr, Partei zu ergreifen. Bruder Franz ist ein Ekelpaket erster Klasse.
„Elbleuchten“ ist ein facettenreiches, spannendes Leseerlebnis, dass neben ausgezeichneter historischer Recherche die Entwicklung der Hamburger Gesellschaft sowie der Arbeiterklasse gegenüberstellt und mit einer abwechslungsreichen Geschichte punkten kann. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

9 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.01.2021
Career Suicide
Kaulitz, Bill

Career Suicide


schlecht

„Wenn nichts mehr geht“ (Tokio Hotel)…
…dann schreibt man mit 31 Jahren halt seine Biografie.
Offen gestanden war ich neugierig, was ein doch noch recht junger Mensch wie Bill Kaulitz zu sagen hat, der mit seiner Band in der Jugend meines Nachwuchses eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat, zumal er das Gros des Lebens noch vor sich hat. Wahrscheinlich ist die Vermutung nicht falsch, dass das Geld für den ausgefallenen Lebensstil ja irgendwie hereinkommen muss, wenn man schon mit der Musik nicht mehr punkten kann und da mittlerweile von der Bildfläche gewischt wurde.
Schon der Titel „Career Suicide“ lässt einiges erahnen. Dementsprechend war dann auch das Buch, das sich hauptsächlich um seine ach so furchtbare Kindheit dreht und wie schrecklich es doch war, berühmt-berüchtigt zu sein und sehr viel Geld mit Musik zu verdienen. Die Schilderungen seiner Kindheit und Jugend vermitteln eher ein Bild aus den 50er/60er Jahren als aus der Zeit nach der Wende, die Kaulitz ja gar nicht bewusst miterlebt hat, da 1989 geboren. Auch wenn der Schreibstil locker-flockig daher kommt, kann er nicht wirklich überzeugen. Jeder, der mal länger in der Musikszene gearbeitet hat, wird einige seiner Aussagen bestätigen können, einiges aber auch mit Kopfschütteln beantworten.
Sicher haben er und seine Bandkollegen schon in jungen Jahren mit einem harten Geschäft Bekanntschaft geschlossen, wo es darum geht, entweder an der Spitze mitzuwirken oder aber in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Und da er und seine Mitstreiter berühmt werden wollten, sollten sie sich auch mit den Tatsachen anfreunden, dass z. B. das Privatleben nur geschützt bleibt, wenn man es nicht immer wieder an die große Glocke hängt und damit spielt. Ihr Abschied aus Deutschland war aus ihrer Sicht vielleicht richtig, doch die Konsequenz ist halt, dass heute kaum noch ein Hahn nach ihnen kräht. Die Jugend von damals ist erwachsen geworden und erinnert sich vielleicht ab und an noch gern an sie. Mehr ist allerdings nicht übrig geblieben, da nützt auch eine Biografie nichts, die kaum etwas Neues zu berichten weiß. Das Offenlegen seines Seelenlebens und der Schrei nach Liebe lässt einen kurzfristig Mitleid empfinden, doch inzwischen ist er alt genug, um seinem Leben eine Richtung zu geben, die ihm dies ermöglicht. Dafür braucht man keine Öffentlichkeit, die man auf der Höhe des Ruhms als so vereinnahmend und störend empfunden hat.
Diese Geschichte ist ohne Tiefgang und Mehrwert. Für eingefleischte Fans vielleicht, für mich heißt es ab in die Tonne damit!

14 von 19 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.01.2021
Das Haus der Frauen
Colombani, Laëtitia

Das Haus der Frauen


sehr gut

Wie Blanches Lebenswerk Solènes Zukunft verändert
Der Selbstmord eines Mandanten nach einer verlorenen Verhandlung lässt die Anwältin Solène zusammenbrechen. Nach einer stationären Behandlung in der Psychiatrie folgt sie der Empfehlung ihres Arztes und nimmt ehrenamtlich eine Tätigkeit als Schreiberin im Pariser „Palast der Frauen“ an. Nach und nach lernt sie die unterschiedlichsten Schicksale der dort Zuflucht suchenden Frauen kennen, während sie diese bei ihrer anfallenden Korrespondenz unterstützt. Nebenbei erfährt sie viel über die Geschichte des „Palastes“, der 1925 von der lungenkranken 58-jährigen Blanche Peyron ins Leben gerufen wurde. Peyron fühlt sich als Tochter eines Pfarrers schon bald dazu berufen, den schwächsten Gliedern der Gesellschaft Hilfestellung zu bieten und richtet ihr ganzes Leben darauf aus. Auch Solène erkennt bald, wie befriedigend und heilend die Kraft der Hilfeleistung und Unterstützung sich auf ihr eigenes Leben auswirkt…
Laetitia Colombani hat mit „Das Haus der Frauen“ einen unterhaltsamen Roman mit historischem Anstrich vorgelegt, der auf wahren Begebenheiten fußt. Der flüssige und farbenfrohe Erzählstil umgarnt den Leser und erlaubt ihm, durch wechselnde Perspektive mal an der Seite von Solène in der Gegenwart, mal an der Seite von Blanche Peyron in der Vergangenheit zu verweilen und sich in das Schicksal der beiden Frauen näher zu vertiefen. Die sehr gute Recherche der Autorin lässt die Vergangenheit um Blanche und die Gründung des „Palais de la Femme“ sehr bildhaft vor dem Auge des Lesers entstehen, der noch heute in der Rue de Charonne auf der Ile-de-France in Paris ansässig ist. Dabei lässt sie eine starke unkonventionelle Frau wieder lebendig werden, die ihr Leben der Unterstützung Hilfesuchender gewidmet hat und für diese selbstlos kämpft. Die Einzelschicksale der Frauen, die das Haus in der Gegenwart bewohnen, sowie das von Solène lassen den Leser ebenfalls nicht kalt, geht es doch um Flucht, Einwanderung, zurückgelassene Kinder, Missbrauch und vieles mehr. Auch heute bieten Häuser wie der „Palais de la Femme“ Frauen weltweit Unterschlupf, um sich sicher zu fühlen und in Ruhe ihr zukünftiges Leben in Angriff nehmen zu können. Gegenwart und Vergangenheit sind wohlgefällig miteinander verknüpft, zeigen die Veränderungen im Leben der einen Frau, die in dem Wirken der anderen ihren Ursprung haben. Einzig die mangelnde Emotionalität macht diesen Roman eher zu einer Handlung, die den Leser auf Distanz hält und nicht so sehr mitfühlen lässt.
Die gezeichneten Charaktere sind facettenreich gestaltet und überzeugen glaubwürdig mit ihren menschlichen Eigenschaften. Der Leser erlebt die unterschiedlichsten Protagonistinnen, die ihr Schicksal auf ganz eigene Art meistern, jedoch bleibt ihm nur der Posten eines Beobachters. Solène war bis zu einem Schicksalsschlag eher vom Leben begünstigt, was ihr trotzdem kein Glück bescherte. Zu Anfang etwas zurückhaltend entwickelt sich Solène mit den täglichen Begegnungen im Frauenhaus immer mehr als eine hilfsbereite Person, die für andere einsteht und sie unterstützt. Obwohl selbst krank, unterdrückt Blanche ihre Schwäche mit dem Tatendrang und dem Kampf für Bedürftige und Hilfesuchende. Sie ist eine starke, unkonventionelle und selbstlose Frau. In ihrem Ehemann Albin hat sie das perfekte Gegenstück gefunden, ist er doch fortschrittlich und vor allem entgegenkommend, wenn es um die Bedürfnisse seiner Frau geht. Aber auch die Binta, Renée, Salma, Iris oder Cynthia bringen einiges an Farbe in die Handlung.
„Das Haus der Frauen“ ist ein gelungener Mix aus gut recherchierter Historie verknüpft mit der Gegenwart. Die Thematik ist auch heute aktueller denn je und gerade deshalb sollte man dieses Buch lesen. Obwohl unterhaltsam erzählt, regt es zum Nachdenken an. Verdiente Leseempfehlung!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.01.2021
Die Buchhandlung zum Glück
Wiggs, Susan

Die Buchhandlung zum Glück


gut

Lückenfüller für zwischendurch
Gleich zwei Todesfälle erschüttern das bisher recht unkomplizierte Leben von Natalie Harper. Gerade, weil die Beziehung zu ihrer Mutter nie so eng und vertraut war, trifft sie deren Verlust doch bis ins tiefste Innere. Da ihr Großvater Andrew nun ihre Hilfe und Unterstützung benötigt, wagt Natalie den einschneidenden Schritt und zieht nach San Francisco, um sich dort in dem Apartment über dessen Buchhandlung einzunisten. Schon bald muss sie feststellen, dass das Buchgeschäft mehr schlecht als recht läuft. Ihr Großvater ist selbst gesundheitlich nicht mehr ganz auf der Höhe und zudem in der Vergangenheit stehengeblieben, doch der kurz vor dem Ruin stehende Laden, liegt nicht nur ihm am Herzen, sondern auch den Kunden. Natalie hat alle Hände voll zu tun, das Geschäft wieder auf Kurs zu bringen, doch je mehr Zeit sie dort verbringt, umso mehr kann sie die Gefühle ihres Großvaters verstehen. Aber auch ihre eigene Seele beginnt langsam zu heilen…
Susan Wiggs hat mit „Die Buchhandlung zum Glück“ wieder tief in die Trickkiste gegriffen, um eine recht durchschaubare Handlung unterhaltsam zu verpacken. Ihr flüssiger, gefühlsbetonter Erzählstil ist meist schon ein Garant für unterhaltsame Lesestunden, der Leser erhält Eintritt in Natalies und vor allem Andrews Welt, denn bildhafte Schilderungen des alten Ladens lassen schnell eine nostalgische Stimmung sowie vergangene Erinnerungen an ähnliche Geschäfte aufkommen, in denen die Zeit stehengeblieben ist und man sich aufgehoben, wohl und sicher fühlte. So ist es kein Wunder, dass man sich schon bald in der von Wiggs mit Buchstaben errichteten Welt heimisch fühlt und einem die Protagonisten mit ihren Sorgen ans Herz wachsen. Die Problematik von Buchhandlungen wird thematisiert, aber auch schwerwiegendere Dinge wie Trauerbewältigung, Verlustängste oder Demenz wurden spielerisch in die Handlung eingearbeitet, wobei sie nicht darüber hinwegtäuschen können, dass es hier nur um eine Geschichte geht und nicht um die Wirklichkeit. In einem Roman ist alles möglich, so liegen hier auch überraschend schnell Lösungen parat, die mit der realen Welt leider nicht viel zu tun haben, aber für einige Augenblicke der Lektüre der Seele einfach guttun. Die Handlung ist fast durchweg vorauszuahnen, der „Retter in der Not“ ist diesmal als Handwerker getarnt und soll der Geschichte den romantischen Kick verabreichen.
Die Ausarbeitung der Protagonisten ist eher oberflächlich zu nennen, sie besitzen zwar einige Ecken und Kanten, doch bleiben sie nicht lange im Gedächtnis aufgrund fehlender Persönlichkeit. Der Leser wird somit eher zum Zuschauer verdammt, der die Szenerie beobachtet, anstatt sich mit ihnen zu verbrüdern. Natalie entpuppt sich als Frau mit Verantwortungsbewusstsein, die ihren Opa zur Hand geht. Der Verlust ihrer Mutter nagt an ihr, aber auch die immer größer werdenden Erinnerungslücken ihres Großvaters machen ihr zu schaffen. Opa Andrew lebt mehr und mehr in der Vergangenheit, das Führen eines Ladens wird für ihn zur Herausforderung, die er allerdings nicht wahrnimmt. Einzig der Austausch mit seinen Kunden lässt ihn lebendig werden.
„Die Buchhandlung zum Glück“ birgt weder Tiefgründigkeit noch Überraschungen, doch mit seiner flüssigen Erzählweise und der recht unkomplizierten Geschichte hält er einige unterhaltsame Lesestunden bereit. Schnell gelesen und für zwischendurch ganz nett.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.01.2021
Die Frauen vom Jungfernstieg - Gerdas Entscheidung / Jungfernstieg-Saga Bd.1
Johannson, Lena

Die Frauen vom Jungfernstieg - Gerdas Entscheidung / Jungfernstieg-Saga Bd.1


ausgezeichnet

"Innovation beginnt im Kopf mit einer kühnen Idee und dem Mut zum Risiko." (Björn Engholm)
19. Jh. Hamburg. Mit dem Kauf des Labors von Paul Carl Beiersdorf ist der Neuanfang von Oscar und Gerda Troplowitz besiegelt. Die beiden verlassen ihre schlesische Heimat, um in Hamburg heimisch zu werden und Oscar als Apotheker anhand der Entwicklung einer eigenen Produktpalette seine innovativen Ideen in die Tat umzusetzen kann. Den Namen Beierdorf hat Oscar für sein Unternehmen beibehalten und nach dem Erwerb neuer Maschinen und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen stellen sich schon bald die ersten Erfolge sowohl im In- als auch im Ausland ein. Doch Erfolg hat auch seine Schattenseiten und lässt die Neider sich das Maul über Oscar und Gerda zerreißen, weil sie Neuzugereiste sind und zudem noch Juden. Um den Widersachern den Wind aus den Segeln zu nehmen, lädt die kunstbegeisterte Gerda die Haute Volee der Hamburger Gesellschaft zu abendlichen Soireen ein, damit der Name Beiersdorf mehr Aufwind bekommt…
Lena Johannson hat mit „Die Frauen vom Jungfernstieg – Gerdas Entscheidung“ den Grundstein für ihre historische Jungfernstieg-Trilogie gelegt und präsentiert eine Geschichte, die auf wahren Tatsachen beruht und die Entwicklung eines Unternehmens und seiner Eigentümer aufzeichnet, dessen Name nicht nur in Deutschland kaum wegzudenken ist, dem vor allem die 1911 entwickelte Niveacreme Weltruhm verlieh. Mit flüssig-leichtem und bildhaftem Erzählstil lädt die Autorin den Leser zu einer Zeitreise ein, um nicht nur durch Gerda das Unternehmerpaar Troplowitz kennenzulernen, sondern auch den Aufbau und beginnenden Triumphzug einer Dynastie mitzuerleben. Wechselnde Perspektiven geben nicht nur einen tiefen Einblick in das Leben und Wirken des Ehepaares Troplowitz, sondern auch in das Dasein einer einfachen Arbeiterin sowie einer jungen Künstlerin. Obwohl so unterschiedlich in ihren gesellschaftlichen Positionen, verbindet sich das Schicksal der Frauen nach und nach miteinander. Der Aufbau des Beiersdorf-Unternehmens sowie der Innovationsreichtum unterschiedlichster Produkte wird von der Autorin spannend mit in die Handlung eingewebt. Vorausschauende Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, die nicht nur die Messlatte für andere Unternehmen höher gelegt hat, sondern auch für Missgunst und Neid sorgten, sowie die gesellschaftlichen und politischen Zustände sind ebenfalls interessant mit der Geschichte verbunden, so dass der Leser während der Lektüre einen facettenreichen Rundumblick erhält. Die damalige Judenfeindlichkeit stößt einem dabei sauer auf, hat man doch vor Augen, was sich Jahre später daraus entwickelte.
Ihren Charakteren hat die Autorin facettenreiche Gesichter verliehen, die den Leser mit ihren glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten sofort einfangen und mit sich ziehen. Gerda ist eine warmherzige und vielseitig interessierte Frau. Mit Hilfsbereitschaft, Engagement und viel Liebe stärkt sie ihrem Mann den Rücken und lässt sich nicht so schnell aus der Bahn werfen. Oskar ist ein Mann mit innovativen und zukunftsorientierten Ideen, ein Tüftler und Erfinder für das Wohl der Menschen. Toni hat das Schicksal schon böse mitgespielt, doch sie lässt sich als Kämpfernatur nicht unterkriegen und besitzt ein helles Köpfchen. Irma hadert mit den gesellschaftlichen Frauenbild ihrer Zeit, dem fehlenden Respekt und der abschätzigen Behandlung. Als Künstlerin fühlt sie sich den Männern ebenbürtig, ist mutig und entschlossen, will sich beweisen.
„Die Frauen vom Jungfernstieg – Gerdas Entscheidung“ ist ein rundum gelungener historischer Roman, der nicht nur die Anfänge eines Weltkonzerns Revue passieren lässt, sondern zusätzlich mit drei interessanten Frauentypen punkten kann. Unterhaltsame Lektüre, die einen regelrechten Sog entwickelt. Absolute Leseempfehlung!

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.01.2021
Wo wir Kinder waren
Naumann, Kati

Wo wir Kinder waren


ausgezeichnet

"Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen." (Aurelius Augustinus)
2019. Die entfremdeten Familienmitglieder Eva, Jan und Iris sind die Erben der 1898 im thüringischen Sonneberg von Albert Langbein gegründeten Spielzeugfabrik, die in den vergangenen knapp 120 Jahren die Weimarer Republik sowie zwei Weltkriege und den Mauerbau in Deutschland überstanden und vielen Ortsbewohnern Arbeit gegeben hat, nur um jetzt nach der Wiedervereinigung Konkurs anzumelden und die Pforten schließen zu müssen. Der aus Cousin und Cousinen bestehenden Erbengemeinschaft bleibt nur, die alten Räumlichkeiten des Stammhauses zu räumen und entrümpeln. Dabei kommen ihnen immer wieder alte Bilder und Erinnerungen hoch, die sie mit der alten Spielzeugfabrik verbinden. Eine Internetauktion lässt in Eva, Iris und Jan die Idee heranreifen, die Fabrik doch noch einmal zum Leben zu erwecken. Werden sie als Familie wieder zusammenwachsen und hat die Spielzeugfabrik noch eine Zukunft?
Kati Naumann hat mit „Wo wir Kinder waren“ einen unterhaltsamen und anrührenden historischen Roman vorgelegt, in dessen Seiten sich das Schicksal der Familie Langbein und ihres Traditionsunternehmens von der Vergangenheit bis hin zur Gegenwart verbirgt. Gekonnt stellt die Autorin dem Leser mit bildhaftem, flüssigem und gefühlvollem Erzählstil zuerst die drei seit längerer Zeit im Clinch liegenden Urenkel des Firmengründers in der Gegenwart vor, die sich bei Internetauktion für eine alte Puppe des Langbeinimperiums gegenseitig in die Quere kommen. Bei der anstehenden Räumaktion des Familienstammsitzes müssen Iris, Jan und Eva allerdings an einem Strang ziehen, um alles zu bewältigen. Während sie bei der Entrümpelung ihren alten Erinnerungen nachhängen, verwandelt sich die Spielzeugfabrik von einem Schwarz-Weiß-Bild in ein Farbfotografie, wird lebendig und greifbar, fast vergleichbar mit einem Daumenkino. Über unterschiedliche Perspektiven taucht der Leser immer mehr in das über vier Generationen bestehende Familienunternehmen ein, dass nicht nur einige gesellschaftliche und politische Höhen und Tiefen hat meistern müssen. Auch die Beschäftigung vieler ortsansässiger Arbeiter, die sich in Heimarbeit mit der Herstellung von Puppen, Spielzeugautos und allerlei Kinderträumen ihren Lebensunterhalt verdienten, wird durch die Rückblenden bis ins Jahr 1910 von der Autorin sehr plastisch geschildert. Der Leser verfolgt die Handlung mit leuchtenden Augen und einem herrlichen Kopfkino, das dem wunderbar in ihrer Geschichte eingewebten geschichtlichen Hintergrund ebenso geschuldet ist wie den spannend erzählten alten Erinnerungen der drei Urenkel und deren zwischenmenschlicher Beziehung.
Lebendig und facettenreich gestaltete Charaktere mit menschlichen Ecken und Kanten nehmen den Leser von Beginn an mit in die Handlung hinein, wo er gemeinsam mit ihnen im alten Stammhaus wandeln darf, während er ihre alten Geschichten hautnah miterleben darf. Eva, Jan und Iris schleichen sich erst nach und nach ins Leserherz, denn ihre Zwistigkeiten müssen vorher ausgeräumt werden, um der Sympathie Platz zu machen. Die älteren Generationen allerdings, bestehend aus Albert, Mina, Otto, Flora und vielen anderen erobern den Leser im Sturm und lassen vor allem die Verbundenheit innerhalb der Familie ganz deutlich hervortreten.
Mit „Wo wir Kinder waren“ gewährt Kati Naumann dem Leser nicht nur Eintritt in Teile ihrer eigenen Familiengeschichte, sondern lenkt ihn wunderbar durch deutsche Historie und lässt neben einer interessanten und spannenden Handlung auch den Kindertraum wahr werden, einmal in einer Spielzeugfabrik zu sein. Herrlich authentisch und berührend erzählt, so dass das Buch kaum aus der Hand zu legen ist. Absolute Leseempfehlung für diesen Genuss! Chapeau – besser geht es nicht!

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2021
Verrat mir deine Träume
Giuletti, Subina

Verrat mir deine Träume


gut

"Die Zukunft gehört denen, die an die Wahrhaftigkeit ihrer Träume glauben."(Eleanor Roosevelt)
Juliet hat immer noch die rosarote Brille des Verliebtseins auf der Nase und träumt von einem Heiratsantrag ihres Liebsten Lorenz. Doch der hat ganz andere Pläne, in denen Julie keinen Platz hat. Lorenz gibt ihr den Laufpass und versetzt ihr damit einen herben Schlag. Enttäuscht und unglücklich trinkt sich Julie ihren Frust von der Seele und meldet sich alkoholisiert in einem Datingportal an. Prompt meldet sich mit David auch schon ein potentieller Kandidat, auch wenn sie eigentlich gar nichts mit ihm gemeinsam hat und er das komplette Gegenteil von Lorenz widerspiegelt. Aber das ist Julie jetzt auch egal, Hauptsache, sie kommt so bald wie möglich über den Schmerz hinweg. Und David wäre genau der Richtige, um sich abzulenken, denn der kommt ihr schon nicht zu nahe. Glaubt Julie….
Subina Giuletti hat mit „Verrat mir Deine Träume“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Leser nicht nur eine Geschichte mit Herz präsentiert, sondern ihn dabei auch auf eine Reise der Erkenntnis schicken möchte. Der locker-flüssige und bildhafte Erzählstil umgarnt den Leser und lässt ihn an Juliets Seite gleiten, um ihr bei gleich zu Beginn bei ihrem ganz persönlichen Unglück beizustehen. Juliets Versuche, sich durch Alkohol ins Land des Vergessens zu katapultieren sind zwar fragwürdig, doch lässt es sie auch aktiv werden, um nicht im Sumpf aus Selbstmitleid und Verzweiflung zu versinken. „Aber in der Einsamkeit frisst der Teufel fliegen“ heißt es ja so schön. So erlebt der Leser mit, wie sich Juliet und David kennenlernen, aber auch, wie Juliet von ihrer sonstigen Handlungsweise abweicht und sich auf Dinge einlässt, die sie vorher vielleicht nicht in Betracht gezogen hätte. Die Ablenkung von ihrem eigentlichen Dilemma wird von der Autorin gut umgesetzt und bietet so manche Überraschung nicht nur für Juliet, sondern auch für den Leser. Die Zeit mit Juliet und David ist nicht langweilig, während man als Leser selbst so einige Dinge zum Nachdenken serviert bekommt.
Die Charaktere sind sympathisch ausstaffiert und überzeugen mit glaubhaften menschlichen Eigenschaften, kommen dem Leser jedoch nicht wirklich nah. Der Leser heftet sich an ihre Fersen und fungiert mehr als Beobachter. Juliet ist eine Träumerin, die sich ihre Zukunft an Lorenz‘ Seite schon in den buntesten Farben ausgemalt hat. Der Tiefschlag stürzt sie zwar in Verzweiflung, doch hat man bei ihr immer das Gefühl von verdecktem Optimismus. Juliet unternimmt etwas gegen ihre Enttäuschung, mögen manche Wege auch zweifelhaft sein, doch lässt sie sich nicht hängen und versucht, sich abzulenken. David ist auf den ersten Blick vielleicht nicht der Richtige für Juliets momentane Verfassung, aber er gibt nicht schnell auf, ist hartnäckig, ein bisschen stur, aber irgendwie liebenswert.
„Verrat mir Deine Träume“ ist eine unterhaltsame Geschichte für kurzweilige Lesestunden, unter die so manche Lebensweisheit untergemischt ist. Angenehm zu lesen, für zwischendurch ganz nett, mehr leider nicht!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.01.2021
Wo der Himmel die Prärie berührt (eBook, ePUB)
Maly, Rebecca

Wo der Himmel die Prärie berührt (eBook, ePUB)


sehr gut

"Alles ist möglich, wenn du nur genug Mut dazu hast." (J.K. Rowling)
1871. Seit dem Tod ihrer Mutter musste 15-jährige Mary Jerobe auf ein gesichertes Zuhause verzichten und mit ihrem Vater Joshua per Planwagen durchs Land ziehen, wo er sich als Wunderheiler betätigte und den Lebensunterhalt sicherte. Das harte Leben ging auch an Mary nicht vorbei, denn sie war den Züchtigungen ihres harten Vaters ausgesetzt. Erst eine Verletzung und ein unangenehmer Vorfall lassen Joshua sich in Ulyssus’ Rest niederlassen, um dort für indianische Waisenkinder als Lehrer zu arbeiten. Endlich kann Mary einen Ort ihr festes Zuhause nennen. Die Begegnung mit dem Halbblutindianern lässt Marys Herz bald höher schlagen, und schon bald verlieben sich die beiden, müssen jedoch Vorsicht walten lassen, weil ihre Beziehung gesellschaftlich nicht akzeptabel ist. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse, und Mary muss eine Wahl treffen…
Rebecca Maly hat mit „Wo der Himmel die Prärie berührt“ einen kurzweiligen historischen Roman vorgelegt, der neben einen Hintergrund in Westernmanier und kulturellen Unterschieden auch eine Liebesgeschichte präsentiert. Der flüssige und bildhafte Schreibstil entführt den Leser in die Prärie des 19. Jahrhunderts, wo es noch Bisons, wilde Pferde und Wanderheiler gab, die von Ort zu Ort zogen, um mit allerlei dubiosen Arzneimittelchen aus Eigenherstellung die Heilung allerlei Krankheiten zu versprechen oder auch mal einen kranken Backenzahn mit der Zange zu entfernten. Aufgrund der farbenfrohen Erzählweise der Autorin erlebt der Leser durch wechselnde Perspektiven einmal die junge Mary, die ihrem strengen Vater alles recht machen will, nur um dann doch von ihm geschlagen und misshandelt zu werden, was dem Leser die verzweifelte Lage des Mädchens nur noch deutlicher macht. Zum anderen lernt er das Leben von Cree Timothy kennen, der ebenfalls schon so einiges erlebt hat als Sohn einer Prostituierten und eines indianischen Walfängers. Das Leben in dem kleinen Ort, in dem die Gemeinschaft eng ist, jedoch auch die Fehde zwischen Siedlern und Indianer deutlich hervortritt, ist nicht einfach. Die kulturellen Unterschiede treten deutlich zutage und fördern so manchen Disput sowie grausame Maßnahmen gegenüber den Minderheiten zutage, die dem Leser Gänsehaut über den Rücken laufen lassen.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und überzeugen den Leser mit ihren glaubhaften menschlichen Eigenschaften, so dass dieser ihrem Schicksal gerne folgt und mit ihnen fiebert. Mary musste in ihrem jungen Leben schon einiges durchmachen, vor allem der harte Umgang ihres Vaters verletzt immer wieder ihre junge Seele. Sie sehnt sich nach festen Wurzeln und träumt von einem glücklichen Leben. Dafür entwickelt sie eine unbändige Kraft und genügend Mut, um dafür zu kämpfen. Cree Timothy lebt als Halbblut in einer Zwischenwelt, muss sich das Vertrauen der Indianer sowie der Weißen immer wieder erarbeiten, was zudem viel Fingerspitzengefühl verlangt. Joshua Jerobe ist ein unerbittlicher und harter Mann, der nur mit seinen Fäusten erziehen kann und dies seine Tochter immer wieder spüren lässt. Seine Grausamkeiten lässt er oftmals auch als Lehrer durchscheinen.
„Wo der Himmel die Prärie berührt“ ist eine unterhaltsame und gefühlvolle Geschichte, die den Leser nicht nur in eine vergangene Zeit entführt, wo rauhe Sitten und Rassenkonflikte an der Tagesordnung waren, sondern auch Einblick in das Leben zweier junger Menschen erhält, die noch Träume haben. Verdiente Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.01.2021
Helenes Versprechen
Rösler, Beate

Helenes Versprechen


ausgezeichnet

Der fremde Sohn
1947 New York. Die jüdische Kinderärztin Helene Bornstein hat Deutschland den Rücken gekehrt und ist nach Amerika emigriert, um dort endlich ihren Sohn Moritz wieder in ihre Arme zu schließen, den sie knapp 10 Jahre zuvor mit einem Kindertransport von Frankfurt in die USA geschickt hat, um sein Leben zu retten. Eigentlich wollte sie ihm schon kurz nach dem Abschied folgen, doch dann blieb ihr der Weg aufgrund des Zweiten Weltkrieges versperrt. Nun steht sie ihm nach all den Jahren wieder gegenüber, doch ihr Sohn erkennt sie nicht und behandelt sie wie eine Fremde. Helene kommt bei ihrer Schwester Marlis unter, die Moritz damals aufgenommen hat. Marlis hat mit dem Amerikaner John eine eigene Familie gegründet und sich in den USA eingelebt. Für Moritz sind Marlis und John seine Familie, was soll er da mit einer fremden Mutter? Helene fällt nicht nur das Einleben in Amerika schwer, vor allem aber verfolgen sie die Kriegserlebnisse und die Sehnsucht nach ihrem Sohn, den sie so schmerzlich vermisst hat. Wird es für Helene einen Neuanfang geben und vor allem, wird sich Moritz ihr doch noch zuwenden?
Beate Rösler hat mit „Helenes Versprechen“ einen sehr eindringlichen, emotionalen historischen Roman basierend auf wahren Begebenheiten vorgelegt, in dem sie die Schicksale mehrerer Personen auf Papier gebannt hat, die stellvertretend für so viele andere der damaligen Zeit stehen und erzählt werden wollen. Mit flüssigem, empathischem und bildreichem Erzählstil lockt die Autorin den Leser in ihre Geschichte und hat ihn sofort am Haken, so sehr versinkt man in das Leben von Helene. Die wechselnden Perspektiven, die einmal Helenes Vergangenheit reflektieren und zum anderen ihren Neustart in Amerika begleiten, lassen unterschwellig die Spannung steigen, zumal auch die zwischenmenschlichen Beziehungen eine große Rolle spielen. Die perfide Diskrepanz von der amerikanischen Familienidylle ihrer Schwester Marlis mit Tupperpartys und ausgeprägtem Rassismus gegenüber dem Grauen, das Helene als Jüdin während des Zweiten Weltkrieges erlebt hat, könnte nicht größer sein und ruft auch Erschrecken und Unverständnis hervor. Ihre gute Recherchearbeit beweist die Autorin durch das Verweben des historischen Hintergrunds, der nicht nur deutsche Geschichte beinhaltet, sondern auch jüdische Traditionen sowie den Glauben genauer beleuchtet. Die Lektüre wird durch ein lebhaftes Kopfkino begleitet, denn der Leser geht nicht nur mit Helene durch Kriegszeiten, sondern auch auf Überfahrt nach Amerika und hinein in den American Way of Life. Dabei schafft die Autorin durchweg, ihre Handlungsfäden gut zu verfolgen und fest zusammenzuknoten. Auch der kurze Einblick in Helenes Zukunft ist gelungen und lässt den Leser zufrieden zurück.
Die Charaktere sind facettenreich und lebendig inszeniert, sie überzeugen durch menschliche Stärken und Schwächen sowie durch realistische Handlungszüge. Helene ist eine liebende Mutter, die ihr Leben für ihr Kind geben würde. Sie ist hilfsbereit, engagiert und setzt sich Gefahren aus, um andere zu retten. Die seelischen Narben hat sie in sich verschlossen, doch die Alpträume ihrer Erlebnisse holen sie immer wieder ein. Trotzdem besitzt sie den Mut und die Stärke, in einem völlig fremden Land einen Neustart zu wagen. Moritz ist ein Junge, der sich erst wieder erinnern muss, um zu verzeihen. Marlis wirkt oftmals egoistisch und selbstbezogen. Sie hat ihre alte Haut trotzdem nicht abstreifen können, egal wie lange sie schon dort ist. Aber auch Leon, Viktor, John, Sam und weitere Protagonisten spielen in diesem Epos eine Rolle.
„Helenes Versprechen“ ist ein lebendiges Zeitzeugnis, das man so schnell nicht vergisst. Der historische Roman begeistert mit interessanten Verflechtungen, einer Familiengeschichte, Kriegserlebnissen und mit einer eindrucksvollen Frau, die das Liebste, was sie besitzt, endlich wieder in die Arme nehmen will. Wunderbar erzählt und absolut zu empfehlen! Chapeau!!!

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