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Leseratte
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Frankfurt

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Insgesamt 137 Bewertungen
Bewertung vom 11.10.2023
Südstern
Staffel, Tim

Südstern


ausgezeichnet

„Südstern“ ist ein höchst aktueller Großstadtroman, der in Berlin spielt. Der Autor wirft einen schonungslosen Blick auf das Leben in der Metropole, in der die meisten Menschen ihr Dasein nur durch Drogenkonsum zu ertragen scheinen. Vielleicht wirkt das aber nur so auf den / die Leser*in, denn eine der beiden Zentralfiguren ist Vanessa, die ihr Geld u.a. als Apothekenkurier verdient. Dadurch ist sie konfrontiert mit allen möglichen Menschen, die sie - illegal - mit Psychopharmaka versorgt, damit diese weiterhin am Rande der permanenten Überforderung „funktionieren“ können. Permanent überfordert ist auch Deniz. Als Streifenpolizist ist er ebenfalls mit allen möglichen Widrigkeiten und Menschen am Rande der Gesellschaft konfrontiert. Um etwas Geld dazu zu verdienen, fährt er Doppel- und Dreifachschichten und pflegt in seiner knapp bemessenen Freizeit seinen an Parkison erkrankten Vater. Vanessa und Deniz begegnen sich und zwischen beiden entspannt sich eine zarte Liebesgeschichte.

Der Roman ist in einem temporeichen Stil aus den Blickwinkeln von Vanessa und Deniz geschrieben. Er verzichtet weitestgehend auf Absätze, Anführungszeichen und ähnliche den Text gliedernde Elemente. So wirkt er auf den ersten Blick etwas abschreckend und man fragt sich, wie man durch diese Textwüste wohl durchsteigen soll. Aber schon nach ein paar Seiten entwickelt der Roman einen ungewöhnlichen Sog, was auch an der intensiven, rhythmischen Sprache des Autors liegt. Die beiden Hauptfiguren wirken absolut authentisch und ich konnte mich sehr gut mit ihnen identifizieren. Vor allem Deniz ist mir im Laufe der Lektüre sehr ans Herz gewachsen.

Im Laufe der Geschichte werden verschiedene Probleme unserer Zeit angesprochen: Häusliche Gewalt, Pflegenotstand, Drogenkonsum, prekäre Lebensumstände. Inmitten dieser Tristesse gibt es kleine hoffnungsvolle Elemente, beispielsweise die aufkeimende Liebe zwischen Deniz und Vanessa. In die Geschichte eingewoben sind einige märchenhaft-magische Elemente, mit denen der Roman einen Gegenpol zur knallharten Realität setzt.

Ich habe den Roman bis zur letzten Seite von der ersten bis zur letzten Seite mit größtem Interesse gelesen. Er schildert auf eindrucksvolle und dichte Weise die aktuelle Realität und wird bei mir noch lange nachhallen.

Bewertung vom 08.10.2023
Psyche und Eros
McNamara, Luna

Psyche und Eros


ausgezeichnet

Mit ihrem Buch „Psyche und Eros“ entführt uns Luna McNamara in die antike Welt. Eros, der Gott der Liebe, verliebt sich in Psyche, die Tochter des Königs von Mykene. Diese Liebe ist jedoch durch einen Fluch belastet, denn wenn die beiden einander im hellen Tageslicht begegnen sollten, würden sie für immer voneinander getrennt werden.

Diese reizende Geschichte erzählt die Autorin immer abwechselnd aus Psyches und Eros Perspektive. Wir erfahren eine Menge über Psyches Leben am mykenischen Königshof sowie Eros Vorgeschichte. Als die beiden schließlich zusammentreffen, scheint das Glück perfekt, wenn da nicht der Fluch wäre. Irgendwann wird Psyches Neugier, ihren Geliebten von Angesicht zu Angesicht zu sehen, zu groß...

McNamaras Neuerzählung verleiht den Figuren einen modernen Touch. Bei ihr sind die mythologischen Figuren Menschen aus Fleisch und Blut, sie schafft es ausgezeichnet, Eros und Psyche Leben einzuhauchen und den / die Leser*in in die antike Welt eintauchen zu lassen. Neben Eros und Psyche treten noch viele andere Figuren aus der Mythologie auf und es war für mich ein großes Vergnügen, Iphigenie, Achill oder Helena zu begegnen. Im Laufe der Lektüre wird deutlich, wie intensiv die Autorin sich mit der griechischen Mythologie befasst hat und dass sie über ein umfassendes Fachwissen verfügt. Dabei ist es durchaus legitim, einige Kleinigkeiten zu ändern und umzudeuten.

Fazit: Das Buch war für mich ein großes Lesevergnügen und bietet spannende Unterhaltung mit märchenhaften Elementen und griechischem Flair.

Bewertung vom 28.09.2023
Die weite Wildnis
Groff, Lauren

Die weite Wildnis


ausgezeichnet

„Die weite Wildnis“ entführt den Leser nach Nordamerika in die Zeit der ersten Siedler. Im Zentrum der Handlung steht ein namenloses Mädchen, das nach einem schrecklichen Erlebnis aus ihrer Siedlung in die Wälder flieht. Sehr eindrucksvoll schildert die Autorin den Überlebenskampf des Mädchens inmitten einer unwirtlichen Natur, ihre Anstrengungen, der unmenschliche Kälte, dem beißenden Hunger und den übermächtigen Schmerzen zu trotzen. In Rückblenden wird die Vorgeschichte geschildert und erst langsam entrollt sich das Drama, das sich in der Siedlung abgespielt hat.
Besonders bemerkenswert ist die Sprache der Autorin. Sie wirkt archaisch, manchmal fast biblisch, was dem Buch eine authentische Atmosphäre verleiht. Dabei gelingen der Autorin eindrucksvolle Beschreibungen der elenden Lebensbedingungen der frühen Siedler sowie des Leids, dem eine Frau in jener Zeit ausgesetzt war. Mich haben vor allem die wunderbaren, eindrücklichen und bildhaften Naturbeschreibungen beeindruckt, man spürt die Kälte, riecht den Duft des Waldes, schmeckt das Wasser, sieht die mit Eis überzogenen Bäume und fürchtet sich mit dem Mädchen vor den unnennbaren Schrecken sowie den ganz realen Bären und Wölfen. Im Laufe ihrer Flucht macht die Protagonistin eine eindrucksvolle Entwicklung durch und beginnt, ihr bisheriges Leben und die Werte, die ihr beigebracht wurden, infrage zu stellen. Dabei geht es auch um die Stellung des Menschen und sein Verhältnis zu Gott und der Natur. Schließlich trifft sie eine folgenschwere Entscheidung.
Das Buch ist eines der stärksten, das ich in diesem Jahr gelesen habe. Die Mischung aus Abenteuergeschichte, historischem Roman und persönlichem Entwicklungsroman sowie die poetische, starke Sprache der Autorin haben mich sehr beeindruckt. Eine ganz klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 19.09.2023
Picassos Friseur
Czernin, Monika;Müller, Melissa

Picassos Friseur


ausgezeichnet

Bei dem Buch „Picassos Friseur – Die Geschichte einer Freundschaft“ handelt es sich um eine Neuauflage des bereits im Jahr 2001 erschienen Buchs. Hierin erzählen die Autorinnen Monika Czernin und Melissa Müller von zwei Männern, dem weltberühmten Maler Pablo Picasso und seinem Friseur und Freund Eugenio Arias. In vielen Gesprächen hat Arias den beiden Autorinnen Einblicke in seine Freundschaft zu Picasso und ihrer beiden Leben gewährt. Arias ist 2008 verstorben und hat also die Neuauflage des Buchs nicht mehr erleben dürfen.

Die Autorinnen beginnen ihr Buch mit der Schilderung der Kindheit und Jugend der beiden Männer. Die Freundschaft zwischen den beiden auf den ersten Blick so ungleichen Männer begann im Jahr 1947 und währte bis zu Picassos Tod im Jahr 1973. Der spanische Bürgerkrieg nimmt eine wichtige Rolle im Leben der beiden Männer und innerhalb des Buchs ein und die Autorinnen verstehen es ausgezeichnet, die historischen Fakten in ihre Erzählung einzubinden, sodass der / die Leser*in einen guten Einblick in diese dunkle Zeit erhalten. Sie machen auch klar, wie sich Picasso und Arias als Franco-Gegner und Antifaschisten den Herausforderungen dieser Zeit stellten.

Arias hat ein gutes Gedächtnis und das Buch lebt von seinen Erzählungen und den interessanten Anekdoten. Darüber hinaus haben die Autorinnen aber auch sehr gründlich recherchiert und ein umfangreiches Literaturverzeichnis ergänzt das Buch, ebenso wie zahlreiche Illustrationen und Fotografien, die Picasso als Privatmensch zeigen.

„Picasso und sein Friseur“ ist für mich Künstlerbiographie und gleichzeitig Zeugnis für eine wunderschöne, von Achtung, Respekt und Vertrauen geprägte Männerfreundschaft. Sie schildert den Menschen Picasso, den wir als weltberühmtes Künstlergenie, aber auch als unsympathischen Macho mit enormem Frauenverschleiß kennen, als großzügigen und treuen Freund – ein neuer Blickwinkel, mit dem die Autorinnen dem Bild Picassos eine interessante Facette hinzufügen.

Bewertung vom 12.09.2023
Zeiten der Langeweile
Becker, Jenifer

Zeiten der Langeweile


sehr gut

„Zeiten der Langeweile“ ist ein flüssig geschriebener, flotter Roman, der sich mit der Welt der digitalen Welt und den Auswirkungen auf das Leben der Menschen auseinandersetzt. Die in Berlin lebende Protagonistin Mila nimmt sich eine Auszeit, indem sie alle Verbindungen zur digitalen Welt und zu den sozialen Medien kappt, weil sie plötzlich Angst vor der öffentlichen Sichtbarkeit und dem Gecancelt-Werden verspürt. Schon bald merkt sie, dass sie vereinsamt und dass ihre Freundschaften auseinanderbrechen. Aber immer stärker und paranoider wird ihr Drang, aus der (digitalen) Welt zu verschwinden.
Die Autorin versteht es sehr gut, Milas psychische Belastung von Mila und zeichnet ihren sozialen Abstieg, ihre Isolation und ihre sich ständig verstärkende Paranoia nach. Die Lektüre des Buchs hat mich über den Einfluss und die Auswirkungen der sozialen Medien auf unser tägliches Leben nachzudenken. Es zeigt die Gefahren der digitalen Abhängigkeit auf, schildert aber auch, wie unverzichtbar das Internet und die sozialen Medien im Alltag sind und welche Folgen es hat, wenn man sich aus allem ausklinkt.
Der Schreibstil der Autorin ist angenehm, sie schreibt atmosphärisch und kenntnisreich über ein bestimmtes akademisches, großstädtisches Milieu, die Menschen und ihren Lebensstil. So habe ich den Roman mit großem Interesse gelesen und kann ihn weiterempfehlen.

Bewertung vom 10.09.2023
schleich® Horse Club(TM) - Das geheimnisvolle Medaillon

schleich® Horse Club(TM) - Das geheimnisvolle Medaillon


sehr gut

Die vier Freundinnen Sarah, Lisa, Hannah und Sofia finden beim Aufräumen Tagebücher, Briefe sowie ein Foto, auf dem Hannahs Großmutter eine Kette mit einem schönen Medaillon trägt. Aber wo ist das Medaillon jetzt? Die Mädchen begeben sich auf Spurensuche und ein spannendes Abenteuer beginnt.
„Das geheimnisvolle Medaillon“ ist ein weiterer Band aus der Schleich Horse Club-Reihe. Der Einband ist stabil und fühlt sich griffig und weich an. Die Schrift ist groß genug, sodass auch Leseanfänger*innen gut damit klarkommen, das Verhältnis von Schrift zu Illustrationen ist ausgewogen und angenehm. Die Charaktere sind bis in die Nebenfiguren hinein sympathisch gezeichnet und die Handlung recht spannend. Ich kann mir vorstellen, dass sie die Kinder zum Nachspielen und Weiterspinnen der Geschichte anregt.
Ein Kritikpunkt für mich sind die Illustrationen, die mir persönlich gar nicht gefallen. Sie sind alle in Schwarz-Weiß gehalten und zeigen die Mädchen auf eine sehr klischeehafte Art. Mit ihren wallenden Haaren, ihrer überschlanken Figur und ihren langen Beinen wirken sie sehr wenig kindlich, sondern eher wie Barbiepuppen, was den pfiffigen Charakteren der Mädchen so gar nicht entspricht. Meine Enkelin hat sich aber nicht an der Darstellung gestört – besonders gefallen haben ihr die Illustrationen aber auch nicht.
Alles ist allem ein nettes Buch, das nicht nur kleinen Pferdefans gut gefallen wird.

Bewertung vom 07.09.2023
Hinter der Hecke die Welt
Molinari, Gianna

Hinter der Hecke die Welt


ausgezeichnet

„Hinter der Hecke die Welt“ ist ein faszinierendes Buch, das uns in eine surreal-realistische Welt entführt. Der Roman spielt auf zwei Ebenen: Da ist zum einen die Arktisforscherin Dora, die auf einem Forschungsschiff das Abschmelzen des Eises dokumentiert, auf der andere Seite ist da das Dorf, in dem alles im Schwinden begriffen ist . Auch die beiden verbliebenen Kinder wachsen nicht mehr, anders als eine riesige, immer weiter wuchernde Hecke, die das Dorf dominiert und sowohl Faszination als auch Bedrohung ausstrahlt.
Die Autorin versteht es meisterhaft, die beiden Erzählstränge miteinander zu verknüpfen. Eine untergründige, mit Schrecken und diffusem Horror gemischte Spannung zieht sich durch den gesamten Roman, der mich von der ersten Seite an gefesselt hat.
Besonders gut hat mir die Mischung aus magischen Elementen und Fakten gefallen. Man merkt, wie gründlich die Autorin recherchiert hat. Die eingestreuten Geschichten über die jetzt ausgestorbene Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte, die als erstes Opfer des Klimawandels identifiziert wurde, oder das Walross Freya, das sich in den Osloer Hafen verirrt hatte und schließlich getötet wurde, haben mich sehr betroffen und traurig gemacht.
Niemals gleitet die Autorin in eine belehrende oder moralisierende Tonart ab, sondern bewegt sich immer auf einer metaphorischen, poetischen Ebene. Der Klimawandel, die Verödung der Dörfer, das Verhältnis von Wachstum und Stillstand, die Frage nach der Zukunft der Menschheit – alles wird in dem Roman kunstvoll zu einem ganz außergewöhnlichen Leseerlebnis verwoben. Die Sprache der Autorin ist eindringlich und bildhaft und die Schilderungen der arktischen Landschaft sind von außergewöhnlicher Schönheit.
Fazit: Ein vielschichtiger Roman, der mit seinen starken Bildern und seiner eindringlichen Thematik noch lange nachhallt.

Bewertung vom 29.08.2023
Das eigensinnige Kind - Teil 2
Ette, Wolfram;Nungeßer, Karin

Das eigensinnige Kind - Teil 2


ausgezeichnet

Das Buch „Das eigensinnige Kind – Teil 2“ setzt sich – ausgehend von einem Märchen der Brüder Grimm – mit der dem Eigensinn und dem Umgang mit diesem, wie das Autorenpaar Wolfram Ette und Karin Nungeßer befindet, sehr deutschen Gefühl. Das Autorenpaar beleuchtet das Thema in sieben Kapiteln aus verschiedenen Blickwinkeln, vor allem aus psychoanalytischer Sicht. Es vermittelt so ein echtes Verständnis für die Bedeutung des kindlichen Eigensinns und zeigt auf, welche fatalen Folgen die Unterdrückung des kindlichen Strebens nach Selbstbestimmung und Autonomie haben kann. Diese war vor allem das Ziel der Schwarzen Pädagogik, für die beispielhaft der berüchtigte Erziehungsratgeber von Johanna Haarer steht, dem das Autorenpaar ein ausführliches Kapitel widmet. Dieser Ratgeber wurde noch bis in die 1990er Jahre in leicht abgewandelter Form aufgelegt und teilweise als Lehrbuch genutzt. Besonders interessant war für mich die Analyse der Geschichte des Zappelphilips aus dem Struwwelpeter und wieviel Interessantes in diese kurze Geschichte hinein- und herausgelesen wird. Daran anschließen folgt ein Kapitel mit (für mich) sehr bedrückenden Lebensläufen. Es handelt sich dabei um kurze Geschichten, die durch ihre Intensität und oft auch literarische Qualität beeindrucken – ihnen allen ist gemeinsam, dass sie zeigen, welche Auswirkungen eine repressive Erziehung haben kann. In dem letzten Kapitel wird ein Bogen zu aktuellen gesellschaftspolitischen Problemen geschlagen. Das Autorenpaar benennt, untersucht und analysiert Probleme wie die Klimakrise, das Erstarken des Rechtsradikalismus und Verschwörungstheorien, Konsumterror und ADHS vorwiegend aus psychoanalytischer Sicht.

Das Autorenpaar betont die Notwendigkeit eines empathischen und respektvollen Umgangs mit Kindern. Es unterstreicht, dass der Eigensinn keine störende Eigenschaft ist, sondern notwendig für die gesunde Entwicklung des Kindes.

Ich habe das Buch mit sehr viel Interesse und größtem Gewinn gelesen. Es hat mir die Augen geöffnet und mich dazu angeregt, meine eigenen Einstellungen und mein eigenes Verhalten immer wieder neu zu überdenken und zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren – immer in Hinsicht auf einen respektvollen und empathischen Umgang mit Kindern.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.08.2023
Simone
Reich, Anja

Simone


ausgezeichnet

Das Buch "Simone" ist ein berührender und sehr persönlicher Roman, dem eine existentielle Frage zugrunde liegt: Die Autorin sucht nach den Gründen für den tragischen Selbstmord ihrer Freundin Simone, die sich mit nur 27 Jahren das Leben genommen hat. Getrieben von Ratlosigkeit und wohl auch einem schlechten Gewissen, Simones Not nicht erkannt zu haben, trifft sie Angehörige und Freunde, sichtet Fotos und Dokumente, um das Leben der jungen Frau, die in der DDR geboren wurde und in der Nachwendezeit aufwuchs, nachzuzeichnen.
Der Autorin gelingt es ausgezeichnet, den widersprüchlichen Charakter von Simone einzufangen. Parallel dazu entsteht ein eindrückliches Bild der DDR sowie der Nachwendezeit in Berlin.
"Simone" ist sowohl Porträt als auch Zeitroman, es geht um Freundschaft, Schuld, um die Unauslotbarkeit der menschlichen Psyche und um den Versuch zu verstehen. Der Schreibstil der Autorin ist sehr empathisch und angenehm und ich habe das Buch mit großem Interesse und Betroffenheit gelesen. Auch wenn viele Fragen letztendlich ungeklärt bleiben: Simone hat mich berührt und ich bedauere den viel zu frühen Tod der jungen Frau sehr.

Bewertung vom 03.08.2023
Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2
Yokomizo, Seishi

Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

In „Mord auf der Insel Gokumon“ schickt uns der in Japan sehr bekannte und erfolgreich Krimiautor Seishi Yokomizo zusammen mit seinem Ermittler Kosuke Kindaichi auf die ehemalige Sträflingsinsel Gokumon. Er soll einer der hier lebenden Familien die Nachricht vom Tod eines ihrer Söhne überbringen und möchte gleichzeitig einer mysteriösen Prophezeiung auf den Grund gehen. Da nimmt das Unheil seinen Lauf….
„Mord auf der Insel Gokumon“ ist ein spannender Krimi, der mit seiner verzwickten Handlung im Stil der Krimis von Agatha Christie steht. Während der Lektüre wird der / die Leser*in in ein komplexes Netz aus Anspielungen, Verdächtigungen und Vermutungen verstrickt, sodass die Spannung steigt, je tiefer man in die Geschichte einsteigt. Gleichzeitig erhält er / sie eindrucksvolle Einblicke in die japanische Kulutr und Gesellschaft. Es geht nicht nur um Mord, sondern vor allem um die Gründe, die zu dem Verbrechen geführt haben und diese liegen tief in der japanischen Gesellschaft und ihren uns teils sehr fremden Traditionen verankert.
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und ermöglichen es uns, in ihre Gefühls- und Gedankenwelt einzutauchen. So verliert man nie den Überblick, ein Personenregister sowie ein Glossar, in dem wichtige Begriffe erläutert werden, dienen ebenfalls der guten Orientierung.
Fazit: „Mord auf der Insel Gokumon“ ist ein intelligenter, wendungsreicher, spannungsreicher Krimi mit einer überraschenden Auflösung. Neben einem sympathischen Ermittler und vielschichtigen Charakteren bietet er tiefe Einblicke in die japanische Nachkriegsgesellschaft, ihre Kultur und Traditionen – eine uneingeschränkte Leseempfehlung!