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Miro76
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 150 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2024
Schneesturm
Walsh, Tríona

Schneesturm


sehr gut

Cara freut sich sehr, endlich alle ihre Jugendfreunde wiederzusehen. Zehn Jahre ist es her, dass drei von ihnen, die Insel verlassen haben, nach dem ein schreckliches Unglück über sie hereingebrochen ist. Nach Cillians Tod sind nur Maura und Daithi mit Cara auf der Insel geblieben.

Aus Seamus ist inzwischen ein halbwegs berühmter Drehbuchautor in Hollywood geworden und Ferdy und Sorcha leben relativ erfolgreich in London. Obwohl eigentlich niemand genau sagen kann, womit Ferdy sein Geld verdient. Irgendwas mit Gigs und Bands oder so.

Der Abend startet vielversprechend. Es wird getrunken und gelacht und an früher gedacht. Nur Maura taucht nicht auf. Erst wundert sich niemand, denn sie war immer schon chaotisch, doch dann treibt eine Leiche in einem natürlichen Becken im Meer und Cara, die Inselpolizistin wird verständigt.

Der Schneesturm tobt mittlerweile mit voller Kraft und so ist die irische Insel vom Festland völlig abgeschnitten. Keine Fähre und kein Hubschrauber kann Inishmore erreichen. Cara ist auf sich gestellt und versucht zu ermitteln, denn ihr ist klar, dass auch der Mörder die Insel nicht verlassen kann. Schnell ist zu erkennen, dass Cara keine Professionalistin ist. Als "Streifenpolizistin" auf einer Insel, wo jeder jeden kennt, hat sie es eher mit Lausbubenstreichen zu tun, denn mit Kapitalverbrechen. Sie versucht ihr Bestes und folgt den Brotkrumen, die für sie hinterlassen wurden. Sie stolpert durch ihren ganz persönlichen Albtraum. Sie hat ihre beste Freundin verloren, wird ebenfalls verfolgt und kann ihren Freunden nicht mehr trauen. Schritt für Schritt nähert sich sich einer Wahrheit, die für sie schwer zu verkraften ist.

Mir hat das Setting und der Plot dieser Geschichte ausgezeichnet gefallen. Mir gefällt die Idee des Treffens nach zehn Jahren und der Feststellung, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist. Die Freunde sind nicht mehr die Menschen, die sie damals waren und es ist nicht sicher, dass man auch diese Menschen mag. Der Schneesturm hätte vielleicht ein bisschen mehr ins Licht gerückt werden können. Die Wetterkapriolen beeinflussen das Leben auf der Insel eigentlich nur insofern, dass niemand kommen und gehen kann. So wird das ganz zu einem gelungenem Kammerspiel, wo niemand mehr weiß, wem er trauen kann und sich alle irgendwie anfeinden oder nervös beäugen.

Nur den großen Showdown hätte ich nicht gebraucht. Die Auflösung war spannend, manches konnte man erahnen, manches war wirklich überraschend und ich fühlte mich bei der Lektüre durchwegs gut unterhalten. Ich fand die laienhaften Ermittlungen von Cara erfrischend sympathisch und schlußendlich hat sie ihr Ziel erreicht. Ein professioneller Ermittler hätte mir hier im gälischen Inishmore gar nicht so gut gefallen.

Guten Gewissens empfehle ich dieses Buch allen, die nur hin und wieder einen Krimi lesen. Wer einen echten Kommissar erwartet, sollte vielleicht besser zu einer Reihe greifen.

Bewertung vom 16.02.2024
Notizen zu einer Hinrichtung
Kukafka, Danya

Notizen zu einer Hinrichtung


ausgezeichnet

Ansel Packer wird sterben. In 12 Stunden wird dieses Leben ausgelöscht. Für manche wäre es besser gewesen, er hätte nie gelebt, den Ansel hat mehrere Frauen ermordet.

Wir begeleiten Ansel auf seinem letzen Weg und lernen ihn in diesen letzten Stunden kennen. Fast bis zum Schluss hofft er, seinem Schicksal entgehen zu können. Er schmiedet immer noch Pläne, obwohl er nur noch wenige Stunden hat, weil er nicht sterben möchte. Er möchte verstanden werden.

Doch die Frauen, deren Leben er genommen hat, wollten auch nicht sterben.

Dieses Szenario ist beklemmend, doch viel schwieriger fand ich die erste Rückschau. Wir lesen von Ansels Mutter und ihrem Leben auf einer abgeschiedenen Farm. In äußerst prekären Verhältnissen hat sie versucht Ansel großzuziehen. Doch mit den Jahren verschlimmert sich alles. Das Geld wird knapper, der Mann wird brutaler, der Hunger größer und es kommt ein zweites Kind. Die immer noch sehr junge Mutter sieht keinen Ausweg. Sie verlässt ihre Kinder und überlässt sie der Fürsorge.

Die nächste Rückschau kommt aus einer Pflegefamilie und ein Mädchen, das sich mit Ansel anfreunden möchte erzählt uns Episoden aus seiner Kindheit. Diese Mädchen wird ihn später verhaften, denn sie schafft den Absprung und wird Kommissarin.

Die dritte Rückschau kommt von der Zwillingsschwester seines letzten Opfers. Jenny lebte mehrere Jahre mit Ansel zusammen. Dass dies nicht die beste Entscheidung ihres Lebens war, wird schnell klar, denn Ansel ist manipulativ und völlig frei von Empathie. An seiner Seite verkümmert man. Es soll Jahre dauern, bis sie sich von ihm befreit.

Danya Kulkolka zeichnet mit diesem Roman ein Psychogramm eines Serienmörders. Das Bild setzt sich zusammen aus den Gedanken, die ihn in seinen letzten Stunden beschäftigen und den Erinnerungen von Frauen, die ihn auf seinem Weg begleiteten. Der Roman ist nicht ganz einfach zu verdauen. Gerade die ersten Kapitel fand ich extrem berührend, denn von Liebe und Luft kann man eben keine Kinder ernähren. Vom Trailerpark abgesprungen auf eine heruntergekommene Farm in der Einöde hat die Mutter keinen großen Sprung gemacht. Sie ist ganz klassisch vom Regen in die Traufe gefallen, musste das allerdings erst erkennen. Sie versucht Ansel eine gute Mutter zu sein und versucht, die guten Stunden hervorzuheben, doch sie muss sich irgendwann eingestehen, dass die rosarote Brille nicht hilft.

Mit Lavender kann ich nur Mitleid haben, denn ihr Leben ist von Anfang an verwirkt. Doch die anderen Frauen sind stark und gehen ihre Wege trotz Schwierigkeiten und Hemmnissen.

Diese Buch hat nicht richtig beeindruckt. Es ist beklemmend, wirkt lange nach und gibt wirklich zu denken. Es spielt mit Gut und Böse, verwischt die Grenzen und hält uns weinen Spiegel vor, was die Neugierde auf Sensationen anbelangt. Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Bewertung vom 04.02.2024
Glänzende Aussicht
Fang, Fang

Glänzende Aussicht


ausgezeichnet

Fang Fang nimmt uns mit nach Wuhan in der nachkaiserlichen Zeit. Wir lesen uns in eine vielköpfige Familie, die auf engstem Raum in einer Baracke haust. Als allwissender Ich-Erzähler fungiert Bruder Acht, der mit 2 Wochen im Kindbett verstarb und nun vor der Baracke begraben liegt.

Bruder Acht erzählt uns, er hätte es am Besten getroffen, denn er liegt sicher und warm, während beispielsweise Bruder Sieben nur noch unter dem Bett der Eltern Platz findet und der älteste Bruder nur noch Nachtschichten schiebt, damit er tagsüber im Bett schlafen kann.

Der Vater ist ein Trinker und neigt zu extremer Brutalität. Er prügelt sich regelmäßig an seinem Arbeitsplatz, lässt seine Wut aber auch unkontrolliert an den Kindern aus. Vor allem Bruder Sieben hat unter den Schlägen zu leiden, denn er hat niemanden, der für ihn eintritt. Schon früh muss auch er zum Familieneinkommen beitragen; erst als Müllsammler, später als Gemüsesammler. Doch so erstaunlich es klingt, auch er geht seinen Weg und schafft es sogar am weitesten raus aus der Armut.

Fang Fang's schonungslose Sprache kannte ich schon aus einem anderen Roman, aber auch hier musste ich mich erst wieder daran gewöhnen. Die ersten Kapitel sind etwas verwirrend. Man weiß nicht, wer hier erzählt und warum sich Sieben so verhält. Doch dann wird die Geschichte von hinten aufgerollt und wir bekommen einen genauen Einblick in die prekären Verhältnisse dieser Großfamilie, die nur eine von vielen ist. Vor der Ein-Kind-Politik war man überzeugt, sich nur mit vielen Kindern ein Auskommen im Alter sichern zu können. Ob und wie man die alle Durchbringen soll, darüber hat sich wohl niemand Gedanken gemacht. Hauptsache es gibt Söhne.

Die Landflucht hat sich als problematisch erwiesen und mit Landverschickung wir ihr entgegengesteuert. Das ist Bruder Sieben Chance und die weiß er geschickt zu nützen. Er arbeitet sich hoch, wird Funktionär und dadurch Teil des Staates. Die Anerkennung ist ihm nun sicher.

Mit dem Blick in diese Familie vermittelt uns die Autorin ein kritisches Bild vom Staat China in der Nachkaiserzeit. Sie hat bereits eine Vielzahl an Romanen verfasst, in denen die Armen und Entrechteten eine Stimme bekommen und ich hoffe, dieser Roman findet viele Leser*innen, die sich für das uns so fremde China interessieren.

Bewertung vom 01.02.2024
Klarkommen
Hartmann, Ilona

Klarkommen


ausgezeichnet

In Gedankensplittern lässt und die Ich-Erzählerin an ihrem Leben teilhaben. Gemeinsam mit ihrer Freunden Mounia und Leon hadert die Erzählerin mit ihrem Schicksal, denn wenn man im Dorf aufwächst, zieht das Leben an einem vorbei, weil immer nur woanders was los ist.

Die Drei träumen vom Ende der Langeweile; von großen Konzerten, schrillen Partys und aufregenden Bekanntschaften. Und doch scheint auch in der großen Stadt das Leben an ihnen vorbeizuziehen und die coolen Leute sind immer Freunde der anderen, denn die eigene Haut können sie nicht wechseln. Sich selbst neu erfinden ist nicht so einfach und passiert nicht von selbst.

Ilona Hartmanns Buch klarkommen hat mir sehr gut gefallen. Ich mag die kurzen Kapitel, die meist mit einem Wort übertitelt sind und hauptsächlich Erinnerungen oder Erlebnisse der Erzählerin preisgeben. Es liest sich wie eine spezielle Form eines Tagebuchs, bei dem ein Wort der Aufhänger zu einer kleinen Abhandlung ist. Mal ist sind es nur ein paar Zeilen, mal mehrere Seiten. Mal sind es Träume und Wünsche, mal Erinnerungen und Erlebnisse.

Als Leser*innen lernen wir die Erzählerin stückchenweise kennen. Sie ist ein ganz normales Mädchen, das ihre Erfahrungen sammeln möchte. Sie sucht ihren Weg genauso, wie ihre Persönlichkeit. Sie will sich ausprobieren, um sich irgendwann selbst zu finden. Es hat mir Spaß gemacht, die Erzählerin auf ihrem Weg zu begleiten, den ich selbst vor mittlerweile ganz schön vielen Jahren gegangen bin.

Bewertung vom 13.01.2024
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


sehr gut

Als Junge musste Lev mehrere Wochen, gar Monate das Bett hüten. Sein bester Freund hat sich schnell nicht mehr blicken lassen, aber eine andere Mitschülerin hat ihn regelmäßig besucht, damit er nicht den ganzen Stoff versäumt. So kam es, dass aus dem kranken Jungen Lev und der Außenseiterin Kato beste Freunde wurden.

Doch so beginnt das Buch nicht. Erst lesen wir, dass Lev zurück nach Rumänien muss und Kato ihn begleiten wird. Sie ist viele Jahre durch Europa gereist, hat in den verschiedensten Städten gemalt und endlich hat Lev sie in Zürich besucht. Am Anfang schließt sich der Kreis für Kato. Sie fährt wieder nach Hause und wir folgen ihren Spuren rückwärts und erfahren so, wie Lev's Reise in die Schweiz verlief. Wie ihm sein Zwischenstopp in Wien bei Onkel Ferry gefallen hat, der irgendwie mit dem mysteriösen Unfall zusammenhängt.

Schritt für Schritt bzw. Kapitel für Kapitel führt uns die Autorin in der Zeit zurück und setzt somit einen Spannungsbogen in einen Roman, der eigentlich keinen braucht. Es ist eine Geschichte über Freundschaft und eine Geschichte über Aufbruch, die mir auch wirklich gut gefallen hat. Die Autorin beherrscht ihr Handwerk und beschreibt in schönen Sätzen das Leben in dem kleinen Dorf in Rumänien in der Zeit des Sozialismus und in der Zeit des Aufbruchs.

Nur des Stilmittel des Rückwärts-erzählens passt irgendwie nicht so ganz zu der Geschichte. Das baut bei den Leser*innen eine Erwartungshaltung auf, die dann nicht wirklich erfüllt wird. Außerdem machen die Kapitel zu große Sprünge und somit hat die Geschichte immer wieder große Lücken. Deshalb vergebe ich hier nur 4 Sterne.

Bewertung vom 03.01.2024
Zero Days
Ware, Ruth

Zero Days


sehr gut

Jack und Gabe sind das perfekte Paar. Sie lieben sich und ergänzen sich optimal in ihrem spannenden Job, denn sie dringen in gesicherte Zonen ein. Während Gabe sich durch das Internet ackert, bricht seine Frau tatsächlich in Firmengebäude ein und testet so Alarmanlagen, den Sicherheitsdienst oder ob alle Vorschriften diesbezüglich eingehalten werden.

Als Jack nach einem etwas schief gelaufenen Job spät nachts nach Hause kommt, entdeckt sie das Schlimmste, was sie sich vorstellen könnte. Ihr Mann wurde zuhause auf seinem Computersessel ermordet. Im Schock reagiert sie vielleicht nicht ideal, aber sie konnte einfach nicht anders. Dadurch hat sie sich leider verdächtig gemacht und so bleibt ihr nur die Flucht nach vorne. Sie war schon immer eher vom Handeln getrieben.

Mit ihrer Notfallausrüstung taucht sie unter und sucht Hilfe bei ihrer Schwestern und Gabe's besten Freund Cole. Doch wem kann sie wirklich trauen und welche Möglichkeiten bleiben ihr, um wirklich zu klären, wer ihren Mann ermordet hat?

Ich habe diesen Thriller gerne gelesen. Es ist eine rasante Verfolgungsjagd mit unkonventionellen Mitteln. Gut gefallen haben mir auch die technischen Details der Geschichte. Cybersecurity ist ein Thema, das uns alle interessieren sollte. Leider hat sich bei mir relativ früh ein Verdacht breit gemacht, der sich dann auch bestätigt hat. So war die Geschichte doch irgendwie vorhersehbar.

Mit dem Vorgängerroman "Das College" konnte mich die Autorin mehr begeistern. Dennoch hat mich das Buch gut unterhalten und mir zwei schlaflose Nächte beschert. Also Vorsicht, man legt es ungern wieder aus der Hand!

Bewertung vom 29.12.2023
Sinkende Sterne
Hettche, Thomas

Sinkende Sterne


gut

Thomas Hettche begibt sich mit diesem "Roman" in die Schweiz seiner Kindheit und versetzt sie gleichzeitig in eine dystopisch anmutende Zeit ohne rechten Rahmen. Manches ist einfach eigenartig, wirkt wirr und unpassend, wird aber nicht näher erläutert.

Ich würde dieses Buch nicht als Roman bezeichnen. Dafür ist die Rahmenhandlung einfach zu wenig. Der Autor lässt sein Alter Ego manchmal in Erinnerungen schwelgen und manchmal lässt er seinen Gedanken einfach freien Lauf. Dabei schreibt er über Literatur und das Schreiben im Allgemeinen und zwischendurch erläutert er uns die Odyssee und lässt uns eine Abhandlung über Rilke lesen.

Für mich war das alles nicht ganz stimmig. Es wirkt sehr belehrend und gleichzeitig ziemlich zusammenhanglos und obwohl der Autor sein Handwerk beherrscht, konnten mich diese Zeilen nicht erreichen. Immer wenn sich etwas Lesefluss eingestellt hat, schweift die Geschichte in eine andere Ecke und ich quälte mich von Neuem.

Zweifelsohne kann Herr Hettche meisterhaft schreiben und das blitzt auch aus diesem Buch immer wieder heraus, weswegen ich mich doch für 3 Sterne entschieden habe. Aus der Geschichte mit dem abgeschnitten Wallis hätte auch was entstehen können, aber indem der Autor seine autofiktionale Figur am Ende im Fieberwahn schwafeln lässt, bleibt sowieso offen, wie viel davon Bedeutung hat.

Bewertung vom 17.12.2023
Das späte Leben
Schlink, Bernhard

Das späte Leben


ausgezeichnet

Martin ist 71 als er von seinem Arzt erfährt, dass er nur noch wenige Wochen zu leben hat. Einige davon werden auch noch gut sein, bevor er immer schwächer wird und die Schmerzen kommen.

Gemeinsam mit seiner deutlich jüngeren Frau überlegt er, was er seinem kleinen Sohn noch mitgeben möchte, denn er wird nicht erleben, wie dieser erwachsen wird. Er leidet sehr darunter und versucht ihm noch ein paar schöne Erinnerungen zu bescheren. Gleichzeit weiß er, dass er vielleicht keine bleibenden Eindrücke hinterlassen wird, denn sein Sohn ist noch nicht mal sechs. Also schreibt er einen Brief.

Auch für seine Frau möchte er noch etwas tun und kommt so auf die Idee, ihren verschwundenen Vater für sie zu suchen. Diese letzte Abenteuer führt ihn zu einer letzten Erkenntnis und so verbringt er die letzten guten Wochen mit seiner Familie am Meer, ruht viel, genießt die Zeit die ihm bleibt und beginnt sich zu verabschieden.

Ein schwieriges Thema, dem sich Bernhard Schlink hier widmet. Einerseits ist es ein Geschenk, wenn man den Tod kommen sieht und seine Angelegenheiten noch regeln kann, andererseits ist es eine Aufgabe, der sich kaum einer gewachsen fühlt. Zum Glück gibt es hier diesen großen Altersunterschied, denn auch Martin hat sein Leben geführt und wird nicht all zu früh daraus entrissen. Das hat der Autor sehr geschickt eingefädelt. Er ist nicht mehr jung, hat aber trotzdem viel zu verlieren, weil sein Sohn noch so klein ist. So ist das Buch sehr traurig, aber es ist nicht so brutal. Der Fokus liegt dadurch mehr darauf, was man noch alles tun kann und welche Erkenntnisse man weitergeben kann und nicht auf dem Schmerz des frühen Verlustes.

Für mich als Leserin macht das einen großen Unterschied. So konnte ich die Zeilen, die Martin für seinen Sohn hinterlässt wesentlich mehr genießen. Die philosophischen Gedanken, die er an den Jungen weitergeben möchte, sind wirklich schön zu lesen. Menschen haben etwas zu sagen, am Ende ihrer Tage!

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.12.2023
A Breath of Winter / Rabenwinter Saga Bd.1
Schnell, Carina

A Breath of Winter / Rabenwinter Saga Bd.1


ausgezeichnet

Middangard im hohen Norden ist ein Land, das die Menschen mit Magischen und Kreaturen teilen. Tolle treiben in den Wäldern ihr Unwesen und Walküren beherrschen die Lüfte. Doch obwohl so gefährliche Kreaturen umgehen, sitzt die Angst vor Hexen tief in den Köpfen der Menschen. Hexen leben meist abgeschieden in den Wäldern oder der wilden Natur und üben ihre Knochenmagie zu ihrem Schutz aus oder um anderen zu helfen.

Nun geht ein weiteres Monster um, bekannt als der Hexenschlächter, denn er kennt keine Gnade und es scheint, als wolle er sie alle ausrotten. Smillas Hexenzirkel wurde ebenfalls grausam von ihm hingerichtet und so hat sie sich nur einem Ziel verschrieben: Rache. Eine Seherin hat ihr prophezeit, dass die Wilde Jagd sie zum Schlächter führen wird.

So kommt es, dass sich Smilla der gefürchtetsten Söldnertruppe Middangards anschließt, um unter der Führung von Gent, dem Fürst der Unterwelt, zu kämpfen und zu töten. Kein leichtes Unterfangen für Smilla, denn so einfach nimmt die Wilde Jagd nicht neue Mitglieder auf. Sie wird sich beweisen müssen.

Smilla und Gent verbergen beide ihre dunklen Geheimnisse und ihre Wunden doch die Anziehungskraft zwischen ihnen lässt sich ebenfalls nicht leugnen. Werden sie sich ihren Dämonen stellen können und ihre Herzen wieder öffnen können? Und welche Wahrheit wird dann ans Licht kommen?

Carina Schnell hat mit Middangard ein spannende Welt voller Mythen und Legenden, Götter und Magie entworfen. Das Worldbuiling geht ganz nebenbei und wir bekommen im Laufe der Lektüre einen guten Einblick in die Strukturen dieser Wirklichkeit. Die Autorin hält sich nicht lange auf mit Erläuterungen und steigt sofort in die Handlung ein. Somit ist das Buch von der ersten Seite weg fesselnd. Die Kapitel werden wechselweise aus Smillas und Gents Sicht erzählt, was die Spannung enorm erhöht und uns Einsichten erlaubt, die die Protagonisten nicht immer kennen.

Die Figuren entwickeln sich, müssen Mut und Kreativität beweisen und sich ihren schwärzesten Seiten stellen.

Zum Schluss überrascht uns die Autorin nochmal ordentlich und ich bin sehr gespannt, wie sie diese Dilogie zum Abschluss bringen wird. Jetzt heißt es geduldig warten bis September - dann erscheint der 2. Teil.

Bewertung vom 03.11.2023
ZAP. Für die einen ist es Vergnügen. Für ihn ein Albtraum. (eBook, ePUB)
Eschbach, Andreas

ZAP. Für die einen ist es Vergnügen. Für ihn ein Albtraum. (eBook, ePUB)


sehr gut

Finn musste mit seinen Eltern übersiedeln, weil der Vater einen neuen Job antreten durfte. Er ist noch nicht richtig heimisch, fühlt sich in der Schule nicht wohl und seinen besten Freund Navid vermisst er sehr. In seiner Freizeit flüchtet er sich in Bücher, was den Eltern gar nicht behagt, denn ihre Leben spielen sich in den sozialen Netzwerken und am Fernseher ab. Finn scheint hier etwas aus der Zeit gefallen zu sein.

Als er an einem Freitag aus der Schule kommt, erwartet ihn eine böse Überraschung. Er sperrt die Wohnung auf, die er am Morgen verlassen hatte und findet darin nichts wieder. Die Wände sind anders gestrichen, völlig andere Möbel und es leben andere Leute darin. Auch die Nachbarin scheint ihn nicht wiederzukennen.

Finn ist völlig verwirrt und lässt sich tatsächlich einreden, sich verlaufen zu haben, denn in dieser tristen Vorstadt sehen alle Straßen irgendwie gleich aus.

Ein perfides Spiel beginnt, das Finn komplett um den Verstand bringen soll, während sich die Zuschauer im Fernsehstudio und vor den Glotzen zuhause köstlich amüsieren sollten.

Doch der Sender hat die Rechnung ohne Lea gemacht, die versehentlich von diesem Projekt erfahren hat und Finn unter erheblichem Aufwand zu Hilfe eilt. Gemeinsam versuchen sie den Spieß umzudrehen und die Verantwortlichen in eine Falle zu locken, denn dieses Spiel will Finn auf keinen Fall mitspielen.

Andreas Eschbach hat mir ZAP ein Gedankenexperiment erschaffen, dass diesen ganzen Irrsinn Reality-TV persifliert und treibt es auf die Spitze. Wir bekommen anfangs einen guten Einblick in die Gesellschaft, die den Nährboden für diesen Wahnsinn bietet. Mit der Absurdität, die der Fernsehsender hier veranstaltet, will uns der Autor vielleicht zeigen, wie weit die digitale Welt uns alle treiben kann.

Stilistisch ist es einfach gehalten. Rückblenden werden und mit "Rewind" angezeigt und genauso gibt es ein "Fast Vorward" . So lässt sich das Buch schnell weglesen, ist nicht all zu anspruchsvoll und unterhält hervorragend. Es ist rasant und spannend und ganz im Sinne von Jugendliteratur passiert nicht wirklich was Schreckliches und der Held findet seinen Weg.

Außerdem ist es irgendwie auch eine Ode an die analoge Welt!

Mir hat's gefallen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.