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Hamburg

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Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2023
SOL. Das Spiel der Zehn
Thomas, Aiden

SOL. Das Spiel der Zehn


sehr gut

Spannend und divers erzählte Fantasygeschichte mit tollem Worldbuilding

Bislang haben mich alle Bücher von Aiden Thomas wegen ihrer spannenden, einfühlsamen und diversen Erzählweise begeistert. Und auch SOL steht dem in nichts nach…

Ich hatte etwas Schwierigkeiten in die Geschichte zu kommen. Es werden im Prolog sowie in den ersten Kapiteln viele Götter, deren Kinder und ihre jeweiligen Charakteristika benannt. Es war schwer, hier den Überblick zu behalten. Ein Personenverzeichnis/Glossar hätte mir sehr geholfen. Sobald sich die Handlung auf weniger Personen konzentrierte, wurde es besser. Aber es hat dennoch eine Weile gedauert, bis ich die zehn Spieler ihrer Gottheit und ihren Fähigkeiten zuordnen konnte.

Sehr gefallen hat mir das Worldbuilding. Die Geschichte spielt in Reino del Sol - eine Welt, in der Menschen und Götter nebeneinander existieren. Ich mochte die Kontraste, mit denen die Welt skizziert wurde - Traditionen, Götterrituale und Magie auf der einen, eine moderne Welt mit Fernsehen, Jugendslang und Social Media auf der anderen Seite. Wie der Name schon andeutet, ist Reino del Sol nach lateinamerikanischem Vorbild gestaltet. Es werden daher viele spanische Namen und Begriffe verwendet. Ich konnte zwar damit leben, das meiste erschloss sich aus dem Zusammenhang, aber auch hier wäre ein Glossar eine gute Ergänzung gewesen.
Insgesamt fand ich es schön, wie selbstverständlich die Gesellschaft von Reino del Sol bzgl. der Themen Geschlecht bzw. Genderidentität eingestellt ist. Das Personen trans oder nicht-binär sind wird als etwas völlig Normales angesehen. An die im Buch genutzten gender-neutralen Pronomen habe mich schnell gewöhnt.

Hauptprotagonist Teo, von seiner Mutter liebevoll „Unruhestifter“ genannt, empfand ich als sehr sympathische Figur. Er ist rebellisch, dickköpfig und vorlaut. Anfänglich hatte ich Schwierigkeiten, Teo als 17-jährigen, also fast erwachsenen jungen Mann zu sehen. Sein Verhalten wirkte oft kindisch auf mich. Im Laufe der Handlung wurde das zwar besser, aber seine Starrköpfigkeit war dennoch manchmal anstrengend. Nichtsdestotrotz fand ich seinen Charakter nachvollziehbar und vor allem mit seinem Sinn für Gerechtigkeit hat er bei mir einen Nerv getroffen.

Die Beschreibung der Sonnenspiele, insgesamt sind es fünf Wettkampfrunden, fand ich gelungen und spannend erzählt. Eine schöne Idee war, dass die Platzierung der Teilnehmer nach jeder Runde mit einer kleinen Illustration am Seitenrand visualisiert wurde (leider waren die Symbole ein bisschen unscharf). Interessant waren auch die Charakterentwicklungen, die sich im Laufe dieser Wettkampfzeit ereignet haben. Das Verhältnis zwischen Teo und Aurelio fand ich hier besonders schön.

Die Geschichte endet dramatisch und mit einem ordentlichen Plottwist, der an sich gut vorbereitet war. Nur ein Punkt kam für mich völlig überraschend und habe ich als ein bisschen unpassend empfunden. Hier hätte ich mir ein, zwei subtile Andeutungen gewünscht (vielleicht habe ich die aber auch überlesen). Ich bin sehr gespannt, wie die Geschichte weitergeht und freue mich auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 22.05.2023
M.O.M.: Mother of Madness
Clarke, Emilia;Bennett, Marguerite

M.O.M.: Mother of Madness


gut

Skurrile feministische Superhelden-Story

Emilia Clarke ist mir als Schauspielerin ein Begriff, gehörte ihre Figur Daenerys doch zu meinen liebsten in der Serie Game of Thrones (selbst mit der Finalstaffel konnte ich leben). Buchprojekten von Promis stehe ich aber grds. eher misstrauisch gegenüber, wird doch häufig versucht mit dem Namen zu verkaufen. Das Vorwort von Clarke zu Beginn des Comics hat mich aber überzeugt, dass hier jemand wirklich mit Herzblut dabei ist.

Die Grundprämisse von M.O.M. ist so originell wie skurril. Maya, eine 29-jährige alleinerziehende Mutter hat seit ihrer Pubertät Superkräfte. Deren Intensität ist von ihrem Hormonhaushalt abhängig und während Mayas Menstruation am stärksten. Steht sie diesen Kräften lange Zeit hilflos gegenüber, lernt Maya schließlich, sie zu kontrollieren und für den Kampf gegen das Böse einzusetzen. In der ersten Hälfte des Buches gibt es viele Rückblenden in Mayas Leben. Mir hat insgesamt sehr gefallen, wie gut und nachvollziehbar ihr Charakter ausgearbeitet war.
Die Geschichte spielt gut 20 Jahre in der Zukunft und die Gesellschaft ist mehr denn je von sozialer Ungerechtigkeit und einer ausgeprägte patriarchalen Denkweise geprägt. Letzteres wird im Laufe der Handlung immer wieder aufgegriffen bzw. teilweise überspitzt dargestellt, was aber im Rahmen des Mediums Comic aber in Ordnung ist.

Leider fiel es mir teilweise schwer der Handlung zu folgen. Gerade bei Szenen, in denen Bilder und Sprechblasen ineinander übergehen, war ich häufig unsicher, was nun in welcher Reihenfolge gedacht ist. Ich habe mit dem Medium Comic/Graphic Novel allerdings bislang auch wenig Erfahrung gemacht. Ich denke mit der Zeit, kriegt man ein Gefühl dafür.
Ein bisschen schwach fand ich leider auch die Antagonistin der Geschichte. Ich habe weder ihre Ziele noch ihre Motivation so richtig nachvollziehen können. Dementsprechend hat mich der Showdown am Ende nur mäßig mitreißen können. Sehr gefallen hat mir wiederrum, wie das Thema „chosen family“ in die Story verwebt wurde.
Dickes Lob noch für die „letzten Seiten“, auf denen verschiedene Telefonnummern/Anlaufstellen aufgelistet wurden, z.B. für Oper häuslicher Gewalt.

Fazit. M.O.M. punktet mit einer originellen Grundstory, einer nahbaren Superheldin und einer interessanten Ausgangslage. Für mich als Comic-Neuling war es allerdings nicht immer leicht, der Handlung zu folgen. Die fortwährend durchschimmernde Kritik an gesellschaftlichen Rollenbildern und dem Patriachart war gut in die Handlung eingebunden. Trotz einiger Schwächen ein toller Auftakt!

Bewertung vom 05.04.2023
Die letzte Erzählerin
Barba Higuera, Donna

Die letzte Erzählerin


sehr gut

Eine bewegende Geschichte… nicht nur für Kinder

Hand aufs Herz… ist das Buchcover nicht wunderschön? Tatsächlich verbirgt sich hinter diesem poetisch aussehendem Titelbild eine Mischung ist aus Science-Fiction, Dystopie und mexikanischen Märchen/Fabeln. Letztere - „Cuentos“ genannt - sind das zentrale Element dieser ganz besonderen und bewegenden Geschichte.

Aber worum geht es? Als sich ein Komet auf Kollisionskurs mit der Erde befindet, muss die 13jährige Petra mit ihren Eltern und ihrem Bruder die Erde an Bord eines Raumschiffs verlassen. In Schlaf versetzt sollen sie rund 300 Jahre später wieder erwachen und auf dem Planeten Sagan ein neues Leben beginnen. Doch als Petra schließlich aufwacht, ist nichts so, wie es geplant war…

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Petra erzählt. Der Schreibstil ist wunderbar bildhaft und sehr intensiv. Zusammen mit Petra erlebt man als Leser das Geschehen, hin und her gerissen zwischen Trauer, Entsetzen aber auch immer wieder Hoffnung. Petra war ein nachvollziehbar beschriebener Charakter und besonders ihre enge Beziehung zu ihrem Bruder Javier und ihrer Großmutter Lita, die sich als roter Faden durch das Buch ziehen, hat mich sehr bewegt.

Auf die Handlung mag ich inhaltlich gar nicht weiter eingehen, da es zu viel spoilern würde. Nur so viel, die Geschichte von ‚Die letzte Erzählerin‘ zeigt, wie eine eigentlich utopische Idee einer Gesellschaft ohne Kriege, Konflikte und Ungleichheit zu einer furchtbaren Dystopie werden kann. Denn gerade unsere Individualität, Kreativität und Fantasie machen uns menschlich und lassen sich auch nicht unterdrücken.

Schön fand ich, dass am Ende des Buches die Übersetzung aller im Text verwendeten spanischen Begriffe aufgelistete waren. Zwar habe ich das in anderen Bücher, die fremdsprachige Begriffe enthielten nicht vermisst, dennoch habe ich alles nachgeschlagen. Ich fand es vor allem schön die Floskeln, die für Cuentos typisch sind, zu verstehen.

Fazit. ‚Die letzte Erzählerin‘ ist ein hochemotionaler und bewegender Roman. Die Geschichte von Petra ist zwar von Verlusten geprägt aber dennoch auch voller Hoffnung. Der bildhafte Schreibstil der Autorin ist mitreißend. Die Handlung ist bis zum Ende spannend erzählt und enthält den ein oder anderen emotionalen Twist.
Als kleine Einschränkung möchte ich noch zu bedenken geben, dass es sich nicht um eine lustige Abenteuergeschichte handelt, sondern die Themen Trauer und Verlust omnipräsent sind. Für eher sensible Kinder würde ich das Buch daher nicht oder nur mit erwachsener Begleitung empfehlen.

Bewertung vom 29.03.2023
Magische Tinte / Die Geschichtenwandler Bd.1
Perrin, Kristen

Magische Tinte / Die Geschichtenwandler Bd.1


sehr gut

Eine Abenteuergeschichte voller Büchermagie…

Ich mag Bücher, die Bücher zum Thema haben. In ‚Die Geschichtenwandler‘ geht es um die Geheimgesellschaft Emerald Ink Society und um eine spezielle Art von Magie, durch die mit grüner Zaubertinte der Inhalt von Büchern verändern werden kann.
Die Ausgangsidee fand ich sehr gelungen. Besonders gut gefallen hat mir der Gedanke, wie sehr Bücher unser Leben und Denken beeinflussen. Denn die Veränderungen, die im Lauf der Handlung in den Büchern passieren, haben auch erheblichen Einfluss auf die reale Welt. Das war spannend und emotional beschrieben, denn diese Veränderungen waren zum Teil ziemlich gruselig.
Überhaupt ist die Handlung von Beginn an spannend und kommt schnell ins Rollen. Der Spannungsbogen bleibt die ganze Zeit oben und es kommen nie Längen oder Langeweile auf. Vielmehr hat die Handlung gerade zum Ende hin einige überraschende Wendung zu bieten, die ich so nicht habe kommen sehen, mir aber sehr gefallen haben. Gut fand ich auch, dass das Ende kein klassischer Cliffhanger war. Zwar bleibt einiges offen und ich bin gespannt, wie die Geschichte der Emerald Ink Society weitergeht. Aber ein Teil der Handlung ist erstmal abgeschlossen.

Die Handlung wird aus der Ich-Perspektive der Hauptprotagonistin Enna erzählt, ein toughes Mädchen, dass sich nicht unterkriegen lässt. Ich mochte Ennas Neugierde und ihr Gespür dafür, was richtig ist. Hier war sie in ihrem Handeln sehr konsequent und ich konnte gut mir ihr mitfühlen. Neben Enna spielt vor allem Ennas Großmutter eine entscheidende Rolle in der Geschichte. Auch diese Figur hat mir gefallen, denn sie war schrullig-skurril und geheimnisvoll. Die enge Beziehung zwischen Enna und ihrer „Grams“ war schön ausgearbeitet.
Herausheben möchte ich noch Ennas beste Freundin Delia, die m.M.n. vor allem für Ennas Entwicklung in dem Buch wichtig war. Enna und Delia stehen auf der Schwelle von Kind zu Teenager und ich fand es schön, dass die Unsicherheit, die mit dieser persönlichen Entwicklung einher geht, thematisiert wurde. Ich hoffe, dass Delia in den kommenden Teilen eine größere Rolle spielt. Denn ich mochte die Dynamik zwischen den beiden Mädchen sehr.

Ein paar Worte noch zur Optik des Buches: Ich gebe zu, dass ich das Cover nicht so schön finde. Mir gefällt das Design der Figuren nicht und ich hätte mir eher was Verschnörkelteres gewünscht. Aber das ist sicher Geschmackssache und aus meiner „Erwachsenen-Sicht“ gesprochen. Sehr gelungen fand ich hingegen die Innengestaltung des Buches, z.B. die Karte im Einband. Eine nette Idee war, dass die Schrift im Buch dunkelgrün war und damit genau zum Thema passte. Das war am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, hat mich beim Lesen aber nicht gestört.

Fazit. Der erste Band von ‚Die Geschichtenwandler‘ hat mich überzeugt. Es handelt sich um eine spannende Abenteuergeschichte voller Magie und überraschender Wendungen. Die Hauptprotagonistin ist sympathisch und auch die anderen Figuren sind nachvollziehbar und interessant gezeichnet. Die Reihe richtet sich zwar an jüngere Leser, aber ich hatte auch als Erwachsene viel Freude an der Geschichte und freue mich auf den nächsten Band.

Bewertung vom 20.03.2023
Die Prinzregentenmorde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.1
Aicher, Petra

Die Prinzregentenmorde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.1


ausgezeichnet

Anna und Fritz - ein ungewöhnliches Duo

Mit diesem ersten Band der Reihe ‚Fräulein Anna“ habe ich mich mal wieder aus meiner Fantasy-Komfortzone herausgewagt. Und was soll ich sagen, es hat sich gelohnt! Ich entdecke immer mehr meine Freude an historischen Stoffen.

Die Handlung spielt in den Jahr 1912 bis 1914. Im Fokus stehen die beiden Protagonisten Anna Zech und Fritz von Weynand. Anna stammt aus einfachen kleinbürgerlichen Verhältnissen und tritt zu Beginn des Romans ihre Stelle als Assistentin in der Gerichtsmedizin an. Sie ist zunächst recht naiv und lässt sich daher leicht von Fritz aushorchen. Mir hat Annas Entwicklung sehr gefallen. Denn ihre Arbeit gibt ihr viel Selbstvertrauen und so dauert es nicht lange, bis sie Fritz ordentlich contra gibt. Insgesamt hat es viel Spaß gemacht, die beiden ungleichen Figuren miteinander zu erleben. Der Adlige Fritz ist auf dem erst Blick ein Luftikus, mit Charme, Geld und ohne Moral. Im Laufe der Handlung erfahren wir aber, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Denn Fritz verabscheut die Dünkel seines Standes und hat einen scharfen Blick für die verlogenen Verhältnisse der adligen Gesellschaft.

Anhand das Klappentextes hatte ich einen Krimi im historischen Setting erwartet. Das stimmte zwar nicht ganz, was ich bekommen habe, hat mir aber umso besser gefallen. Vielmehr bietet der Roman einen Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse und vor allem Standesunterschiede dieser Zeit. Und auch wenn der Tod der Schauspielerin Adele Röckl, mit dem die Geschichte beginnt, zunächst in den Hintergrund tritt, war mir die Handlung nie langweilig. Mir hat gefallen, wie die verschieden Themen miteinander verknüpft wurden und letztendlich eine runde Gesamtgeschichte wurden.

Begeistert hat mich vor allem auch das Ende des Romans, nicht nur, weil der Kriminalfall noch die ein oder andere spannende Wendung erfährt. Vielmehr endet das Buch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die (An)Spannung dieser Zeit hat die Autorin sehr greifbar rübergebracht. Als Fritz zu Anna sagt, dass ihrer beider Welten nun in Flammen aufgehen, hatte ich Gänsehaut.

Fazit. Der erste Band von „Fräulein Anna“ hat mir nicht nur rundum gefallen, das Buch hat Potential zum Jahreshighlight. Die beiden Protagonisten sind nachvollziehbar ausgearbeitete Charaktere. Die Handlung bietet neben einem interessanten Kriminalfall auch Einblicke in die gesellschaftlichen Zustände und Klassenunterschiede der Zeit. Ich warte sehnsüchtig auf Band 2, der im Juli erscheint.

Bewertung vom 08.03.2023
Anti-Girlboss
Shehadeh, Nadia

Anti-Girlboss


sehr gut

Ein Manifest gegen Leistungsdruck und für gechillten Feminismus

Schon mal vorab… mir hat das Buch gefallen. Ich konnte mich mit vielen Aussagen bzw. Thesen der Autorin identifizieren und ich hatte insgesamt viel Freude beim Lesen.
Nichtsdestotrotz fehlte mir ein bisschen der rote Faden, der die einzelnen Kapitel zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügt. Vielmehr hatte ich eher das Gefühl einzelne Essays zu lesen, deren Themenspektrum das moderne Arbeitsleben in Zusammenspiel mit Feminismus, der Diskriminierung durch das Patriarchat sowie allgemeiner Kapitalismuskritik umfassten. Dies’ alles eingebettet in die persönlichen Erfahrungen und der Biografie der Autorin.
Insbesondere letzteres hat mir aber sehr gefallen. Es hat mich beeindruckt, wie offen Nadia Shehadeh ihre Lebens- und Familiengeschichte teilt und darüber ihren eigenen Werdegang reflektiert. Da ich nur unwesentlich älter bin, als die Autorin konnte ich hier einige Parallelen zu meinem eigenen Leben herstellen, insbesondere was das Aufwachsen in „klassischen“ Rollenbildern angeht.

Nadia Shehadeh vermittelt eine wichtige Botschaft, die aber keineswegs neu ist: Wir Frauen sollten uns nicht länger den Zwängen der patriarchalen Gesellschaft unterwerfen und mehr hinterfragen, warum wir wie agieren. Denn letztendlich sind auch Konzept wie „Girlboss“ dem allgemeinen Leistungsdruck geschuldet.
Darüber hinaus geht es aber auch um Selbstakzeptanz und dem Ausbruch aus dem ständigen „müssen“. Ich fand es herrlich erfrischend, wie die Autorin ganz unverblümt von ihren Gammeltagen auf der Couch und dem „sinnlosen“ Müßiggang (Social Media, Zocken oder einfach Nichtstun) spricht und dass das vollkommen ok ist. Die Autorin zeigt uns IHREN Weg heraus aus dem Hustle. Und es hat mich beeindruck, wie sehr sie dabei mit sich im Reinen ist.
Ja, allgemeine Lösungsansätze fehlen, aber das ist m.M.n. auch nicht der Anspruch des Buches.

Durch en Essay-artigen Aufbau kam es zu gelegentlichen Wiederholungen. Anderseits können gerade Aussagen á la „Du bist OK, so wie Du bist.“ m.M.n. gar nicht oft genug wiederholt zu werden. Insgesamt ist der Schreibstil der Autorin sehr angenehm zu lesen, manchmal umgangssprachlich, dabei aber nie unpassend. Das handliche Format trug zusätzlich dazu bei, dass das Buch schnell gelesen ist. Und das Cover mit der dicken faulen Katze ist natürlich ein Hingucker, der direkt aufmerksam macht (wobei mir persönlich das pink ein bisschen zu „heftig“ war, aber das ist natürlich Geschmackssache).

Bewertung vom 01.03.2023
Equilon
Raich, Sarah

Equilon


gut

Interessante Dystopie, die aber gerne komplexer hätte sein dürfen…

Der Roman spielt in einer nicht näher benannten Zukunft. Die Erde ist durch den Klimawandel zu einem lebensfeindlichen Ort geworden. Ganze Regionen sind unbewohnbar, es herrscht Mangel an Wasser und Nahrung. Die Regierungssysteme sind zusammengebrochen, so dass die MegaGoods, fortschrittliche Technologiefirmen, mit Hilfe der KI Equilon die Herrschaft übernommen haben. Dessen Algorithmus bestimmt, wer für diese Welt einen Wert hat und wer nicht…

Großer Pluspunkt des Romans ist das Worldbuilding. Die Ausgangslage wird sehr eindrücklich beschrieben, sowohl das paradiesisch anmutende New Valley als auch das trostlose und entbehrungsreiche Leben in den Grenzlanden. Im Laufe der Geschichte erfährt man auch mehr über die Entstehung von Equilon, dennoch hatte ich häufig das Gefühl, dass ein paar mehr Hintergrundinfos der Geschichte gutgetan hätten.
Außerdem hat mich die Nutzung vieler englischer Wörter gestört. Wahrscheinlich sollte damit ein modern-hipper Eindruck von New Valley geschaffen werden. Ich fand es zu viel und teilweise unnötig.

Der krasse Unterschied zwischen den Gesellschaftsschichten wird durch die beiden Hauptfiguren verdeutlicht, aus deren Ich-Perspektive die Geschichte erzählt wird. Die Autorin nimmt sich Zeit, die beiden Figuren ausführlich zu charakterisieren und zu entwickeln.
Da ist zum einen Jenna, deren Traum sich vermeintlich erfüllt als sie von Equilon für das Leben in New Valley ausgewählt wird. Schnell merkt sie aber, dass dieses Leben überhaupt nicht so ist, wie sie es sich vorgestellt hat. Jenna bei ihrer Abwärtsspirale zu beobachten war erschreckend. Und auch wenn sie mir nicht immer sympathisch war, konnte ich ihr Handeln doch jederzeit nachvollziehen.
Auf der anderen Seite ist da Dorian, ein sensibler junger Mann mit künstlerischen Ader, der keine Chance hat, dem trostlosen Leben in den Grenzlanden zu entkommen. Denn in Equilons Algorithmus ist kein Platz für Kunst. Dorians Abschnitte habe ich sehr gerne gelesen, seine Talent, Momente in wenigen poetischen Worten einzufangen, war toll herausgearbeitet. Trotz aller Angst, wächst Dorian im Laufe der Geschichte immer wieder über sich hinaus und das war glaubhaft erzählt.
So nachvollziehbar Jenna und Dorian charakterisiert sind, bei den Nebenfiguren ist das m.M.n. nicht ganz so gut gelungen. Vor allem die Widerstandsgruppe Vanya hat, mit Ausnahme ihrer Anführerin Eryn leider kaum Profil erhalten. Was die Gruppe ausmacht, wie sie entstanden ist, wie sie sich organisieren etc. wurde nur angerissen. Das fand ich sehr schade, hier hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht.

Die Folgen des Klimawandels auf die Menschheit bildet die Basis der Handlung, darüber hinaus werden aber auch Themen wie Rassismus, Homophobie, Transfeindlichkeit, Ableismus angesprochen und die Figuren sind entsprechend divers gestaltet. Einerseits hat mir das gefallen, andererseits hatte ich das Gefühl, hier wird zu viel auf einmal gewollt. Die Themen werden halt nur angerissen, es wirkte auf mich fast wie ein Abhaken… Transperson "check", Person im Rollstuhl "check", People of Color "check". Mir wäre hier ein bisschen mehr Fokussierung lieber gewesen.

Fazit. Im Großen und Ganzen hat mir ‚Equilon‘ gefallen. M.M.n. hätten mehr Komplexität und das Setzen von Themenschwerpunkten der Geschichte aber gutgetan. 100 Seiten mehr hätten sicher nicht geschadet. Vor allem das Ende wirkte sehr gehetzt. Nichtsdestotrotz punktet der Roman mit einem tollen Worldbuildung und nachvollziehbar charakterisierten Protagonisten.

Bewertung vom 23.02.2023
Tatort Schrottplatz / Inspektor Salamander Bd.1
Grolik, Markus

Tatort Schrottplatz / Inspektor Salamander Bd.1


sehr gut

Charmante Detektivgeschichte für die Kleinen (und Großen)

Mein Patenkind liebt Detektivgeschichten und Inspektor Salamander hat seinen Geschmack gut getroffen. Das Buch handelt vom titelgebenden Inspektor Salamander und seinem Assistenten, der Spinne Spider Manni, die im Auftrag des Krötentenors Luigi Crötelli dessen verschwundene Familie finden sollen.
Alleine die Benennung der Figuren und auch ihre Charakterisierung macht nicht nur Kindern, sondern auch deren Eltern (oder Patentanten ;-) ) viel Spaß beim Vorlesen.

Der kleine Kriminalfall ist kindgerecht aufgearbeitet. Inspektor Salamander und Manni erhalten Unterstützung von der Maus-Journalisten Hazel. Die drei gehen verschiedenen Hinweisen auf dem Schrottplatz nach und wir lernen gemeinsam seine interessanten und skurrile Bewohner kennen. Für einen Erwachsenen mag sich die Geschichte zwar ein bisschen ziehen, aber Kinder haben an dieser „Schnitzeljagd“ ihre Freude.
Zudem punktet das Buch hier durch seine tollen Illustrationen, die farbenfroh und detailreich sind, aber nie überladen wirken.
Gelungen fand ich auch die Mischung aus Comic und Textblöcken. Letztere waren nie zu lang, so dass auch Leseanfänger damit zurechtkommen. Lediglich bei der Aussprache der Namen werden sie vermutlich noch etwas Hilfe brauchen.

Fazit. Inspektor Salamander ist ein gelungener Kinderkrimi, der durch seine Mischung aus Comic und Fließtext und den charmanten Tierfiguren heraussticht. Die Handlung ist kindgerecht und der feine Humor macht auch Erwachsenen Vorlesern Spaß.

Bewertung vom 09.02.2023
Die Chroniken von Lunis - Wächterin des Lichts (Die Chroniken von Lunis 1)
McCurdy, Janelle

Die Chroniken von Lunis - Wächterin des Lichts (Die Chroniken von Lunis 1)


sehr gut

Ein Fantasybuch für Kinder, dass auch Erwachsene begeistert

Das Cover ist schon mal ein Hingucker. Es wirkt düster und geheimnisvoll. Ich wollte direkt wissen, welche Geschichte sich hinter diesem Cover verbirgt.
Man muss beim Lesen im Hinterkopf behalten, dass das Buch für eine jüngere Zielgruppe geschrieben ist. Ich denke, so ab 10-12 Jahren, ist die Geschichte geeignet. Daher muss man ein paar Abstriche in Sachen Detailgenauigkeit und Realismus machen.

Das Worldbuilding ist gelungen. Wir befinden uns in einer Welt, die der unsrigen nicht ganz unähnlich ist (z.B. gibt es so etwas wie Fernsehen und Handys), die aber von einer geheimnisvollen Finsternis bedroht wird. Einzig die Umbra, gezähmte magische Fabelwesen, helfen den Menschen, sich gegen diese Finsternis zu behaupten. Mir hat gut gefallen, wie in den ersten Kapiteln die Ausgangslage der Geschichte präsentiert wird. Alles ist bildlich und atmosphärisch beschrieben.

Die Hauptfigur Mia ist sehr schön charakterisiert und gut ausgearbeitet und macht im Lauf der Geschichte eine schöne Entwicklung durch. Anfänglich ist sie ängstlich und aufgrund eines Kindheitserlebnisses sehr skeptisch ggü. den Umbra. Da die Geschichte, bis auf ein paar Zwischenkapitel, aus Mias Ich-Perspektive erzählt ist, erlebt man ihre Emotionen mit und kann sich gut in sie hineinversetzen.
Mias Freunde TJ und Jada sind auch interessante Figuren, die zwar nicht ganz so viel Tiefe in der Geschichte erhalten, aber einen guten Gegenpol zu Mia bilden und ihr immer wieder aus ihren Selbstzweifeln heraushelfen. TJs Unbekümmertheit fand ich manchmal allerdings ein bisschen viel. Schließlich sind auch seine Eltern in Gefahr. Mias Bruder Lucas ist schon sehr niedlich, wobei sein Verhalten und seine sprachliche Ausdrucksweise nicht unbedingt zu einem vierjährigen passt. Dennoch habe ich den „Krümel“ sehr gemocht. Übrigens, wie auf dem Cover zu sehen, sind die Hauptfiguren allesamt People of Color.

Sehr fasziniert haben mich auch die Umbra. Die Idee dieser magischen Schattenwesen war toll umgesetzt und Ruby, Lux und Nox waren ganz eigenen Charakter, was mir sehr gefallen hat. Ich konnte Mias Vorsicht zu Beginn der Geschichte gut nachvollziehen, denn die Umbra können ganz schön furchterregend sein.

Die Geschichte wird rasant erzählt, denn die Kinder müssen aus ihrer Heimatstadt fliehen um Hilfe in der Hauptstadt zu finden. Dabei sind ihre Verfolger ihnen dicht auf den Fersen. Die Gruppe gerät in allerlei brenzliche Situationen, aus denen sie aber immer wieder entkommen kann. Einerseits brachte dieses „eine Bedrohung jagt die nächste“ viel Spannung in die Geschichte, andererseits war es mir manchmal etwas zu viel und ich hätte mir noch ein paar ruhige Momente zwischen den Figuren gewünscht. Für eine Abenteuergeschichte war es aber schon in Ordnung.

Es hat mir übrigens sehr gefallen, dass die Handlung erstmal abgeschlossen war. Am Ende des Buches sind zwar nicht alle Fragen beantwortet und die Fortsetzung deute sich an, es ist aber auch kein typischer Cliffhanger. Ein Ende, wie ich es für ein Kinderbuch passend finde.

Fazit. ‚Die Chroniken von Lunis‘ ist ein spannender Fantasy-Roman für Kinder, der mit einem schönen Worldbuilding und einer nahbaren Protagonistin punktet. Es handelt sich um eine klassische „Gut-gegen-Böse“ Abenteuergeschichte, die neben einer spannenden Handlung auch den Wert von Freundschaft und Familie vermittelt.

Bewertung vom 01.02.2023
Julian und Anisa und das Wunder vom Wacholderpark
Lebert, Benjamin

Julian und Anisa und das Wunder vom Wacholderpark


ausgezeichnet

Gelungenes Kinderbuch über den Wert der Freundschaft

Von Anfang an gefallen hat mir der Schreibstil. Er ist, zielgruppengerecht, einfach gehalten mit kurzen Sätzen, so dass auch Kinder, die noch nicht so lange lesen können, damit zurechtkommen sollten. Aber auch mich als Erwachsene hat dieser Stil angesprochen. Der Autor schafft es trotz der Einfachheit viel Gefühl und Tiefe in die Geschichte zu bringen.

Überhaupt ist die Geschichte toll erzählt. Die Kapitel sind in der Ich-Perspektive geschrieben, mal aus Julians und mal aus Anisas Sicht. Hierdurch lernt man die Figuren gut kennen und es spannend zu sehen, was sie jeweils voneinander denken und wie es wirklich in den Kindern aussieht.
Julian ist ein schüchterner und zurückhaltender Junge, der auch aufgrund seiner Krankheit (Epilepsie) ein Außenseiter ist. Julians Liebe zu Wörtern ist sehr schön herausgearbeitet und seine Gedankenwelt hat mich berührt.
Anisa ist auf den ersten Blick cool, selbstbewusst und lässt sich nicht „die Butter vom Brot nehmen“. Ich fand es schön, in den Kapiteln aus ihrer Sicht, hinter diese Fassade zu blicken. Denn ein schwerwiegendes Ereignis aus ihrer Kindheit hat sie geprägt und so fühlt sich auch Anisa manchmal unsicher.
Beide Kinder machen im Laufe der Geschichte eine schöne Entwicklung durch.

Das Cover mag es suggerieren, aber dies ist kein Fußballbuch. Zwar spielt ein Fußballspiel in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt, aber ist eben „nur“ ein erzählerisches Element. Vielmehr geht es um Freundschaft und darum für sich und andere einzustehen. Mobbing und Rassismus sind Themen die behandelt und m.M.n. kindgerecht aufgearbeitet werden.
Im Übrigen ist das besagte Fußballspiel am Ende sehr spannend beschrieben und enthält die Portion Heldenerzählung, an denen Kinder sicher ihre Freude haben werden.

Fazit. ‚Julian und Anisa und das Wunder vom Wacholderpark‘ ist ein rundum gelungenes Kinderbuch, welches wichtige Werte vermittelt und mit einer spannenden Handlung aufwartet. Die beiden Hauptfiguren sind schön ausgearbeitet und bieten Identifikationspotenzial für Jungen und Mädchen abseits gängiger Geschlechterklischees. Der Schreibstil ist angenehm und für Kinder leicht zu verstehen. Ergänzt wird die Geschichte zudem durch passende Illustrationen, die die Kapitel immer wieder auflockern.