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Moe

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Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 12.07.2017
Swing Time
Smith, Zadie

Swing Time


sehr gut

„Hier war Schwäche von Macht ausgebeutet worden: jede Art von Schwäche von jeder Art von Macht – Ortsmacht, Rassenmacht, Stammesmacht, königliche Macht, die vor nichts anhielt, nicht einmal vor dem kleinsten Mädchen. Aber das tut Macht ja überall. Die ganze Welt ist von Blut durchtränkt.“ (S. 435)

„Swing Time“ ist das aktuelle Werk (Stand 2017) der englischen Schriftstellerin Zadie Smith.
In ihrem Roman lässt sie ihre Heldin mit ihrer Identität ringen und eine Kindheit durchleben, die Ähnlichkeiten zu der der Autorin aufweist. Als „Mischling“ (Bezeichnung aus dem Roman), das heißt Tochter einer dunklen Mutter und eines weißen Vaters, erzählt sie uns durch die Augen ihrer Heldin, von einem Gefühl der inneren Zerrissenheit und einem permanenten Zugehörigkeitsproblem.

Worum geht es genau?

Eine Geschichte von zwei tanzbegeisterten Dunkelhäutigen im weißhäutig dominierten England. Zwei Mädchen, die vieles gemeinsam haben und doch einiges trennt. Denn unsere Erzählerin steht immer im Schatten, erst in dem ihrer Mutter, dann in dem ihrer Freundin Tracy und später in dem des Popstars Aimee, für den sie als persönliche Assistentin arbeitet. Doch wenn dieser Schatten verschwindet, muss man sich selbst der Sonne stellen.

Dieser Roman legte für mich einen fulminanten Start hin. Bis etwa zur Hälfte fühlte ich mich wahnsinnig wohl mit der Geschichte, ich hatte ein Gefühl für die Protagonistin und ihre Probleme und irgendwann verlor sich dieses Gefühl, genau wie die Geschichte selbst. Sie fühlte sich für mich nicht gut weitererzählt an, als hätte die Autorin selbst die Entwicklung aus den Augen verloren und das nahm mir leider mit der Zeit die Freude und das Identifikationspotenzial mit der Protagonistin.

Doch bleiben wir beim Anfang, beim Grundgerüst. Wir haben zwei Freundinnen, eine davon hat ein ausgesprochen großes Tanztalent, die andere würde gern auch so tanzen können, verblasst aber neben ihrer Freundin, die diese Tatsache für sich zu nutzen weiß. Das Schattenmädchen lebt mit einem hellheutigen Vater und einer dunklen Mutter zusammen, er ist liebenswürdig und fast schon zu freundschaftlich, die Mutter ist eine politische Aktivistin, starrköpfig und dominant. Sie lebt ihrer Tochter vor, wie man sich zu verhalten hat und wie wichtig es ist, das „schwarz-sein“ zu verteidigen und bewusst zu leben, sich nicht unterdrücken zu lassen. Zwei wichtige weibliche Figuren in dem Leben des Mädchens, die an ihrer Stelle leuchten. Frauen sind übrigens auch die Hauptfiguren in diesem Roman, Männer sind meistens eher blasse Randerscheinungen.

Die Musik spielt eine Rolle, sie verleiht der Geschichte Rhythmus und entlockt ihr einige wundervoll beschriebene Szenen, doch auch sie ist nur Mittel zum Zweck.
Viel eher geht es doch um das Identitätsproblem von einem Mädchen, einer späteren Frau, die nie die Hauptrolle spielt und sogar als Protagonistin im Roman irgendwann leider verblasst.

Ihr späteres Leben als Assistentin des Popstars treibt dies auf die Spitze. Sie muss nach Westafrika fliegen, da Aimee, ihre Arbeitgeberin, beschlossen hat, dort eine Schule für Mädchen zu errichten. Und auch hier ist unsere Protagonistin zerrüttet, zerrüttet von dem Gefühl weder schwarz noch weiß zu sein. Für die Engländerin bzw. Amerikaner ist sie die Dunkelhäutige, für die Afrikaner jedoch nur die Amerikanerin. Ein Leben als ewig Zweite.

Die Autorin beschreibt eben diese Problematiken wunderbar und sie hat zudem eine sehr bildhafte Sprache, eine teilweise melodische Sprache.
Hätte sie die Strippen der Handlung nicht über einen längeren Zeitraum aus den Händen verloren, wäre dies ein fantastischer Roman geworden. So hat er mir zwar gefallen, mich aber eher angespornt, weitere, möglicherweise doch grandiose, Werke der Autorin zu lesen.

Bewertung vom 21.05.2017
Als wir unbesiegbar waren
Adams, Alice

Als wir unbesiegbar waren


gut

„Als wir unbesiegbar waren“ ist das literarische Debüt der englischen Autorin Alice Adams, die unter anderem umfassende Kenntnisse in Mathematik, Wirtschaft und Philosophie hat. Themen, die sich in ihrem Erstlingswerk oft niederschlagen. Anhand von vier sich dem erwachsen sein nähernden Protagonisten stellt sie die Frage, was im Leben wirklich zählt.

Worum geht es genau?

Vier Freunde, die sich nach der Uni trennen müssen und ihren jeweiligen eigenen Weg gehen. Vier Einzelschicksale, die sich unterschiedlich entwickeln.
Und vier Möglichkeiten, das Leben zu bestreiten.
Eva, um die sich die Geschichte hauptsächlich windet, widmet sich der Karriere und steigt schon bald in höhere Ränge auf, während die beiden Geschwister Lucien und Sylvie in den Tag leben und darauf vertrauen, dass irgendwann alles gut wird. Der vierte im Bunde, Benedict, investiert seine Zeit in Bildung, um später als Doktor der Physik tätig sein zu können. Diese unterschiedlichen Lebensvorstellungen sind nicht unbedingt hilfreich, um eine Freundschaft aufrecht zu erhalten. Zudem wird die Freundschaft noch von tieferen Gefühlen überschattet …

Das Buch beginnt mit einer Szene, in der die vier Freunde kurz vor ihrer Trennung gemeinsam am Strand sitzen und über das Leben philosophieren. Schaut man sich das Cover an, so bekommt man einen ziemlich guten Eindruck von der Szenerie. Zudem ist eben diese eine Schlüsselszene, von der sich die ganze Geschichte weiterspinnt, die außerdem den zentralen Ausgangspunkt bildet, vor allem für das Ende. Ab dann begleiten wir vornehmlich Eva, die sich sehr gut in einem Wirtschaftsunternehmen integriert und sich zu einer, wie oft durch andere Charaktere klargestellt wird, fiesen Kapitalistin entwickelt, die den Blick für das Wesentliche im Leben verliert. Hier glänzt die Autorin mit ihrem Wissen über Wirtschaft. Oder mit anderen Worten, hier gab es für mich ein paar Seiten, die ich nur überflog, da sie mich nicht interessierten.

Lucien und Sylvie, das Geschwisterpaar, haben ganz andere Ambitionen. Die eine versucht die Welt davon zu überzeugen, dass sie eine bedeutende Künstlerin ist, der andere hält sich für einen bedeutenden Promoter in der Partyszene und endet, wie seine Schwester, die meiste Zeit zugekokst in den Armen eines One Night Stands.
Gerade in der Anfangsszene erfahren wir, dass die Geschwister ein hartes Los hatten. Sie wuchsen ohne Vater auf und mit einer alkoholkranken Mutter, die ihre Impulse nicht im Griff hatte. Dafür, dass diese Tatsache so wichtig für die Geschichte und die Entwicklung der Charaktere war, hat die Autorin es erstaunlich wenig geschafft, einen Zusammenhang zwischen ihrer Vergangenheit und der Gegenwart herzustellen. Genau das hatte ich mir eigentlich erhofft.

Leider war mir auch die erste Hälfte des Buches viel zu belanglos. Wahrscheinlich wollte die Autorin uns hiermit vier heranwachsende Charaktere präsentieren, die blauäugig in ihre Zukunft stolpern und demnach nicht viel „von Belang“ von sich geben. Denn gerade zu Ende hin, an einem Zeitpunkt zu dem die Charaktere beinahe 40 sind, nimmt die Geschichte leicht philosophische oder erkenntnisreiche Züge an.

Ansonsten glaube ich nicht, dass mir die Geschichte lange im Gedächtnis bleiben wird. Technisch war sie nicht schlecht und auch wenn der größere Zusammenhang fehlte, so fand ich den Werdegang der einzelnen Charaktere wirklich glaubwürdig und mehr oder weniger interessant. Die Umsetzung war jedoch recht dünn und dieses zwanghafte Bestreben, auf ein Happy End zuzusteuern, nahm dieser dramatischen Entwicklungsstudie dann doch ihren Reiz.
Alles in Allem war es für mich ein Roman, der sich in die Kategorie „solide“ einteilen lässt.

Bewertung vom 29.04.2017
Der Freund der Toten
Kidd, Jess

Der Freund der Toten


sehr gut

„Der Freund der Toten“ ist ein 2017 herausgegebener Spannungsroman aus dem Dumont Verlag, der eine poetische Schreibweise, fantastische Elemente und Krimiaspekte vereint. Mittlerweile hat sich der Dumont Verlag zu einem meiner Favoriten gemausert, weil er erfahrungsgemäß ein Händchen für besondere Literatur hat. Nachdem mich die Leseprobe bereits unglaublich begeisterte, fieberte ich auf dieses Buch hin. Und auch wenn es kleine Schwächen aufweist, hat es mich insgesamt überhaupt nicht enttäuscht.

Da dieses übrigens der Debut Roman der englischen Autorin ist (und sie derzeit an einem weiteren Werk arbeitet), erwarte ich Großes!

Aber worum geht es überhaupt?
Mahony, ein 26-jähriger, sehr charmanter Waisen“junge“ muss erfahren, dass seine Vergangenheit, von der er selbst kaum etwas weiß, von Dramatik geprägt war. Anscheinend hat seine Mutter ihn doch nicht einfach abgeschoben, sondern ein dramatisches Ende genommen. Und das verschlafene irische Nest, Mahonys Geburtsort Mulderrig, scheint sich schützend vor eine grausame Wahrheit zu stellen und den in eigener Sache ermittelnden Jungen dringend loswerden zu wollen. Doch die Toten sprechen ihre eigene Sprache und scheinen ihrerseits Pläne zu schmieden…

Obwohl Mahony den Großteil des Dorfes mit seinem Charme umgarnen kann, muss er sich ständig neuen Anforderungen und Anschlägen stellen, was die Geschichte permanent spannend macht. Zumal man natürlich auch nicht weiß, wem überhaupt zu trauen ist.
Das Konstrukt ist ja kein neues, weder in der Literatur, noch in Filmen; Ermittler oder anderer Protagonist kommt in ein Dorf, um Fall xy zu lösen, wird von der Dorfgemeinschaft im besten Fall abgelehnt und muss in ein Morast des Schweigens abtauchen. Abgesehen davon, dass ich dieses Konstrukt wahnsinnig gerne mag (man lese nur bspw. den überaus gelungenen Kriminalroman „Broadchurch“!), ist die Geschichte von Jess Kidd aber zudem noch originell und von einem permanenten Mystiknebel eingehüllt.

Ich möchte noch mal ganz besonders auf den wunderschönen, poetischen und märchenhaften Schreibstil der Autorin hinweisen, der den Roman allein zu etwas sehr besonderem macht.
Es gibt aber noch weitere Besonderheiten, wie zum Beispiel die Tatsache, dass Mahony ständig von Toten umgeben ist und mit ihnen interagieren kann.
Teilweise fand ich das Zwischenspiel von Protagonist und den Toten etwas löchrig (auf ihre Plausibilität bezogen), aber darüber habe ich versucht hinwegzusehen ( Debut!)

Eine weitere Besonderheit ist die liebenswerte, aber doch ziemlich verschrobene Mrs Cauley, die Mahony in seinem Anliegen, die Wahrheit aufzudecken, unterstützt. Die alte Dame ist nicht gerade jemand, den man als umgänglich bezeichnen würde und hat zudem ziemlich eigene Ermittlungsmethoden. Sie hat der Geschichte sehr viel Witz und noch mehr Charme verliehen, irgendwie hatte sie doch auch Grundzüge von einer sehr bissigen Miss Marple.

Alles in Allem habe ich das Debut der Autorin unglaublich genossen, mich auf der ersten Seite in ihren Schreibstil verliebt und beschlossen, dass ihr nächstes Buch sofort bei mir einziehen wird. Leseempfehlung!

Bewertung vom 12.02.2017
Sein blutiges Projekt
Burnet, Graeme Macrae

Sein blutiges Projekt


ausgezeichnet

„Sein blutiges Projekt“ ist ein Roman aus dem Europa Verlag, der 2017 in Deutschland erschien. Der Autor verwebt hier historische Fakten, die auf seinen eigenen Familienstammbaum zurückgehen und spinnt einen Roman, der von der ersten Seite absolut fesselnd ist!

Worum geht es überhaupt?

Schottland 1869. Dies ist die Geschichte von Roderick Macrae, einem ärmlichen, schottischen Bauernjungen, der für ein vordergründig betrachtet abscheuliches Verbrechen im Gefängnis sitzt. Er soll 3 Menschen auf brutalste Weise ermordet haben. Im Gefängnis führt der 17-Jährige Aufzeichnungen darüber, wie es zu dem Vorfall kommen konnte. Sehr wortgewandt enthüllt Roderick Macrae seine Ansicht der Dinge und präsentiert sich somit als intelligenten und reflektierten jungen Mann, was nie so recht zu seinem damaligen Status als ungebildeter Bauernjunge passen möchte. Sämtliche Aufzeichnungen sind übrigens noch heute in gutem Zustand einsichtbar.
Zusätzlich zu Rodericks eigener Schilderung, die im Übrigen 2/3 des gesamten Buches ausmacht, erhält der Leser externe Eindrücke durch Nachbarn und andere mehr oder weniger wichtige Instanzen des schottischen Dorfes. Letztendlich ist dann noch eine Mitschrift der Gerichtsverhandlung abgedruckt, bei der, so meine ich, der Autor sich jedoch großzügig auf seine schriftstellerische Freiheit berufen hat.

Roderick Macrae wirkt, wie bereits gesagt, anhand seiner Aufzeichnungen wie ein überdurchschnittlich intelligenter und sehr sprachbegabter junger Mann, der dafür emotional eher instabil ist. Die von ihm geschilderten Begebenheiten, die oftmals in böswillige Schikane abdriften, lassen den Leser Verständnis für sein pubertäres Gefühlschaos und vielleicht sogar Sympathie für den Protagonisten, entwickeln. Sobald die Aufzeichnungen enden, geht man sehr befangen an den Fall heran.
Bemerkenswert ist vor allem, wie sehr es dem Jungen gelungen ist, das trostlose, kalte und perspektivlose Leben eines Crafter, eines Bauernjungen, zu schildern. Die erschaffene Atmosphäre war wirklich grandios! Es herrschte permanent eine sehr düstere Grundstimmung und während des Lesens fühlte ich eine aufdringliche Beklemmung.

Während der Gerichtsverhandlungen waren Rodericks Aufzeichnungen nicht zulässig, zudem gab der Angeklagte nur eine kurze Stellungnahme von sich, in der er auf nicht schuldig plädierte, ansonsten saß er teilnahmslos da.
Aufgrund der Tatsache, dass der Leser schon einen sehr subjektiven Eindruck von Roderick gewinnen konnte, der im Übrigens teilweise stark mit den externen Eindrücke der Nachbarn kollidierte, gelang es mir persönlich nicht, ein eindeutiges Fazit zu bilden.
Der Roman spielt auch stark mit den Moralvorstellungen des Lesers, mit denen er regelmäßig konfrontiert wird.

Letztendlich kann ich sagen, dass „Sein blutiges Projekt“ mich stark bewegt hat und zwar in sämtlichen emotionalen Ausprägungen. Ein absolut empfehlenswerter, schockierender und nachhaltig prägender Bericht, der den Leser sehr geschickt zu manipulieren weiß.

Bewertung vom 24.10.2016
Die Feder eines Greifs / Drachenreiter Bd.2
Funke, Cornelia

Die Feder eines Greifs / Drachenreiter Bd.2


ausgezeichnet

Fast 20 Jahre, nachdem der „Drachenreiter“ die deutschen Bücherfreunde verzauberte, geht die Geschichte rund um Ben und seine fantastischen Freunde weiter.
Mit „Die Feder eines Greifs“ gelingt der renommierten Kinder- und Jugendbuchautorin Cornelia Funke eine Fortsetzung, die mich rundum glücklich zurückließ!

Worum geht es?

Zwei Jahre nach ihrem Sieg über Nesselbrand erwartet Ben, Barnabas und Fliegenbein ein neues Abenteuer: Der Nachwuchs des letzten Pegasus ist bedroht! Nur die Sonnenfeder eines Greifs kann ihre Art noch retten. Gemeinsam mit einer fliegenden Ratte, einem Fjordtroll und einer nervösen Papageiin reisen die Gefährten nach Indonesien. Auf der Suche nach dem gefährlichsten aller Fabelwesen merken sie schnell: sie brauchen die Hilfe eines Drachens und seines Kobolds

Alles das, was den „Drachenreiter“ ausmachte, ist auch in der Fortsetzung zu finden (was nicht heißen soll, dass die Geschichte sich nicht weiterentwickelt oder gar wiederholt):
Wunderbare Illustrationen der Autorin, ganz liebevoll ausgearbeitete und sehr eigene Charaktere, eine Naturverliebtheit, die Cornelia Funke übrigens in vielen ihrer Bücher auslebt und eine spannende und herzliche Geschichte. Kurzum: Funke gelingt es trotz aller Skepsis eine Welt wiederzubeleben, die viel zu lange ins Vergessene geraten war.
Eine große Leseempfehlung an all jene, die den ersten Band liebten, alle Funke Fans, alle Fantasyverliebten und einfach alle, die sich von einem kleinen Jungen mit auf abenteuerliche Reisen nehmen lassen und dabei über unsere eigene Welt sinnieren wollen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.09.2016
Wunderbare Möglichkeiten
Mai, Manfred

Wunderbare Möglichkeiten


gut

Aufmerksam auf dieses Buch wurde ich aufgrund des wunderbaren Covers. Was für viele nun oberflächlich klingen mag, ist für mich jedoch ein Prädikat für tiefgründige Bücher, die mir wirklich etwas zu sagen haben. Denn gestaltet hat dieses Cover mein liebster Illustrator Quint Buchholz, der unter anderem die Cover für zahlreiche Bücher von Jostein Gaarder entwarf.
Alle Bilder haben ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, strahlen Melancholie und ja, tatsächlich, Tiefgründigkeit aus. Deshalb führte überhaupt kein Weg daran vorbei, dieses Büchlein auch zu lesen.

Worum geht es?

Maximilian unterscheidet sich sehr von anderen Kindern seines Alters, denn er stellt sich philosophische Fragen, die nicht einmal die Erwachsenen ihm beantworten können. Stattdessen wird er mit der Aussage abgespeist, er sei zu jung für solche Fragen und würde eh noch nichts verstehen. Doch Maximilian, der wirklich kaum eine Konfrontation scheut, gibt sich damit nicht zufrieden. Seine Schwester Leonie und seine neugewonnene Freundin Anna scheinen die einzigen zu sein, die Maximilian ernst nehmen, dabei wüsste er doch so gerne eine Antwort darauf, ob das Leben vorherbestimmt ist, oder der Mensch einen eigenen Willen hat.
Mit seinen Fragen stupst Maximilian den Leser an und bewegt ihn dazu, sich seine eigene Meinung zu bilden.

Wie oben schon beschrieben, war das, was ich mir von dem Buch erhofft habe, die Tiefgründigkeit und eine gewisse Nachhaltigkeit.
Das bekommt man in „Wunderbare Möglichkeiten“ auch. Obwohl ich sagen muss, dass die zahlreichen Querverweise und Zitate von Jostein Gaarder dem Buch erst das gewisse Etwas verliehen.
Leider ist aber die Geschichte rund um die philosophischen Ansätze sehr dünn, ich bin mir nicht sicher, ob ich das als Kind gemocht hätte. Alle Charaktere wurden in schwarz oder weiß unterteilt, was natürlich vom realen Leben gar nicht so weit entfernt ist (Ignoranten und Interessierte), allerdings ist mir das in einer Kindergeschichte zu wenig.
Das Buch fährt keine einheitliche Linie, was die Ausarbeitung des Plots angeht, ist die Geschichte doch sehr auf kindliche Bedürfnisse ausgerichtet. Der Charakter Maximilian aber stellt derart erwachsene Fragen, mit denen sich vermutlich die allerwenigsten Vor- bzw Grundschüler auseinandersetzen werden geschweige denn wollen.
Man sollte sich also wirklich überlegen, welchem Kind man dieses Buch zu lesen gibt.
Mir als Mitte 20erin konnte das Buch wenig geben außer mich darin zu bestätigen, dass Jostein Gaarder ein großartiger Autor ist.

Bewertung vom 04.05.2015
Der Sommer, in dem es zu schneien begann
Clarke, Lucy

Der Sommer, in dem es zu schneien begann


sehr gut

„Das Leben hat die Neigung, dich auf unerwartete Pfade zu führen – und dann schaust du dich plötzlich um und fragst dich, wie, zum Teufel, du dort gelandet bist.“ (S. 309)

Stell dir vor du wachst auf und nichts ist mehr, wie es einmal war.

Stell dir vor, das Leben das du glücklich geführt hast, ist nur Schein.

Stell dir vor, jeder Mensch hat Geheimnisse. Und nur das Meer kennt dein Geheimnis.

Eva und Jackson führen eine Bilderbuchehe. Es ist eine dieser Ehen, die zwar von außen kritisch beäugt werden, dafür aber unumstößlich sind. Das zumindest glaubt Eva, bis zu dem Tag, als Jackson eines Morgens von einer Klippe fällt und für Tod befunden wird. Und plötzlich ist Eva allein. Die einzige Möglichkeit, ihre Trauer bewältigen zu können, sieht sie darin, Jacksons Familie in Tasmanien zu besuchen und den Verlust gemeinsam zu betrauern. Doch Tasmanien offenbart ihr einige Dinge, die sie ihr Eheglück aus anderen Augen sehen lässt…
Und dann ist da Jacksons Bruder Saul, von dem Eva weiß, dass man ihm besser nicht trauen sollte.

Lucy Clarkes neuestes Buch hat mich nicht bloß ob des wunderschön gestalteten Covers neugierig gemacht, sondern konnte mich auch anhand des Klappentextes für sich einnehmen. Zudem sind die Leserstimmen bezüglich dieser Autorin fast ausschließlich positiv und vorweg kann ich sagen, dass mir dieses Buch gezeigt hat, warum. Es ist eines dieser Bücher, das man in die Hand nimmt und nicht so schnell wieder weglegen mag. Das liegt vordergründig an dem wirklich atmosphärischen und fesselnden Schreibstil, der einen die Zeit um sich herum vergessen lässt und einem suggeriert, man wäre tatsächlich an diesem einen ganz besonderen Ort in diesem einen ganz besonderen Moment.
Außerdem sind die Charaktere sehr ausdrucksstark und ebenso gut ausgearbeitet.
Obwohl die Autorin ihre Leser auf unterschiedliche Fährten führt, in den dieser das Geschehen und vor allem die handelnden Personen hinterfragt, hat jeder Charakter eine eigene Stimme und weiß diese zu nutzen.

Ebenso im Gedächtnis blieb mir die Fähigkeit der Autorin mit Kontrasten zu spielen. Ob Charaktere, Orte, Emotionen oder einzelne Szenen, alles ist irgendwie miteinander verwoben und ergibt ein großes Ganzen. Allein diese Stilmittel machen das Buch lesenswert!
Außerdem legt Lucy Clarke hier geschickte Fährten und Hinweise, die erst auf dem zweiten Blick wichtig erscheinen und der Leser muss sich selbst langsam an das Geschehen herantasten. Ob sie damit in Hinblick auf die Auflösung der Geheimnisse große Überraschungen schafft sei mal dahingestellt (ich denke Menschen, die viele Bücher lesen, in denen Autoren ihre Leserschaft bewusst oft an der Nase herumführen, werden dies eher verneinen), aber eine gelungene Handlung schafft sie allemal.

Wer gerne schöne Momente mit einer starken Protagonistin erlebt, wird mit diesem Buch seine Freude haben. Und wer, wie ich, zuvor niemals literarisch nach Tasmanien gereist ist und dies vorhat, wird sich vermutlich in dieser Landschaft und im Fernweh verlieren können! Ich hatte einige wunderschöne Lesestunden mit diesem Buch, die ich nicht missen möchte und werde die Autorin im Auge behalten.

Warum trotz der ausschließlich positiven Worte „nur“ 4 von 5 Sterne? Obwohl ich das Buch klar jedem blind empfehlen würde, würde ich es vermutlich nicht wieder lesen. Denn es ist sehr unterhaltend, mehr aber auch nicht. Trotzdem bin ich dankbar für die Zeit, die ich mit ihm verbringen durfte.