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TochterAlice
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 1457 Bewertungen
Bewertung vom 01.04.2025
Vor hundert Sommern
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


sehr gut

Genau hundert Jahre lang haben hier die Leser*innen die Möglichkeit, eine Familie, bzw. deren Frauen zu begleiten. Man spürt das Engagement der Autorin Katharina Fuchs auf jeder einzelnen Seite, es scheint, als hätte sie ihr Herzblut in diesen Roman gesteckt. Es geht um drei Generationen einer Familie, die jeweils aus einer Perspektive erzählt werden, nämlich aus der von Urgroßtante Clara, Großmutter Mathilde, Mutter Anja und Tochter Lena. Die letzten beiden stoßen beim Ausräumen von Mathildes Wohnung auf interessante, ja skandalöse Schätze sowie auf Fotografien und Briefe. Warum ist so wenig über Clara bekannt?

Noch kann Mathilde, die inzwischen in einer Hamburger Seniorenresidenz untergebracht ist, sprechen und endlich ist sie auch bereit dazu!

Ein vielschichtiger Roman mit viel Gegenwarts- wie auch Vergangenheitskolorit, in dem herzzerreißende ebenso wie dramatische Familiengeheimnisse zutage gefördert werden.

Mir haben die Schilderungen aus der Vergangenheit am besten gefallen, aus meiner Sicht wäre der Roman runder geworden, wenn die Autorin sich mehr auf diese konzentriert hätte. Vor allem die Belange der jungen Lena erscheinen mir immer wieder nicht ganz passend und deutlich "too much", was Logik und auch die Relevanz im Vergleich zu den Themen früherer Generationen angeht. Ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 18.03.2025
Stromlinien
Frank, Rebekka

Stromlinien


sehr gut

Töchter einer Delinquentin zu sein, die im Gefängnis sitzt, ist nicht gerade einfach. Die zweieiigen Zwillinge Enna und Jale haben nie etwas anderes gekannt, denn sie sind in diesem Gefängnis geboren und wachsen bei der Großmutter, einer mehr als introvertierten Wissenschaftlerin auf.

Die Handlung ist auf mehreren Zeitebenen angesiedelt: wir lernen genauso ihre Mutter kennen, die früh den Vater verloren hat - es gibt wieder und wieder Hinweise, aber erst spät wird in Gänze klar, warum sie eingelocht wurde.

Wir erfahren weiteres über die Gefängnisinsel in den 1920er Jahren, teilweise Ungeheuerliches, das mit ihr in Zusammenhang steht und ebenso mit der Familie der Zwillinge.

Ein atmosphärischer und ungewöhnlicher Roman der ganz besonderen Art, den ich als ausgesprochen lesenswert empfehlen kann. Definitiv eine Lektüre, die man nicht so schnell vergisst!

Bewertung vom 17.03.2025
Der Nachtgänger / Kommissar Linna Bd.10
Kepler, Lars

Der Nachtgänger / Kommissar Linna Bd.10


sehr gut

Ausgesprochen brutal und blutig ist Joona Linnas neuester Fall, in den der Meister allerdings vergleichsweise spät einsteigt, zudem leider ohne Saga Bauer - natürlich gegen seinen Willen, er hätte sie zu gerne dabei gehabt und insistiert auch immer wieder diesbezüglich erfolglos beim Vorgesetzten

Die Schilderung des aktuellen Falles gestaltet sich diesmal sehr rund und übersichtlich - nach und nach werden ganz unterschiedliche Menschen auf die brutalste Art und Weise umgebracht. Bis eine Gemeinsamkeit ersichtlich wird, braucht es eine ganze Weile, die aber weder langatmig noch langweilig ist.

Immer wieder geschehen die Morde im Umfeld des somnambulen Jugendlichen Hugo - Zufall oder Absicht?

Lars Kepler, bzw. das Team, das hinter diesem Pseudonym steht, verfährt nach seinem üblichen Schema: Gewalt und viel Aktion, aber auf die originelle Art. Trotz der allgegenwärtigen Brutalität - einem Umstand, mit dem ich mich generell schwer tue - hat mir der Fall diesmal besonders gut gefallen, weil vieles Dennoch macht es immer wieder Spaß, einen Fall mit Joona zu lesen, wobei Saga diesmal sehr fehlte. Schade!.

Eine runde, klare Sache - ein absolutes Plus.

Ein Fall ohne Saga Bauer - ein kleines Minus. Hoffentlich bleibt es nun nicht dabei!

Bewertung vom 17.03.2025
Es geht mir gut
Anthony, Jessica

Es geht mir gut


sehr gut

Nicht das erstbeste, sondern das beste Mädchen
... und später die beste Frau. Das könnte Kathleen Beckett sein, die sich so sehr von den anderen Frauen, denen der Freunde von Virgil, ihrem Ehemann, unterscheidet. Eine ehemalige in Maßen erfolreiche Tennisspielerin und gute Studentin, eine Frau, die ihren eigenen Weg gehen könnte. Aber auch in ihrer Ehe lebt sie nicht das klassische amerikanische Hausfrauenleben der 1950er Jahre, in denen dieser Roman angesiedelt ist.

Und sie ist ihm in vielerlei Hinsicht haushoch überlegen in zahllosen Angelegenheiten. Auch wenn das den beiden in dieser Deutlichkeit gar nicht bewusst ist, verunsichert das Virgil so sehr, dass er ein Netz aus Lügen aufbaut, in das er sich mehr und mehr verstrickt. Frauen, Geldangelegenheiten, falsche Angaben über seine Arbeit - er sieht keinen anderen Weg und macht dadurch vor allem sich selbst etwas vor, wodurch er die Familie - sie sind Eltern zweier Jungen - in eine Sackgasse bringt.

Doch auch Kathleen ist nicht die, die sie zu sein scheint, auch wenn das andere Ursachen und Gründe hat. Eines Sonntags geht sie ins Wasser - in den Swimmingpool ihres Wohnkomplexes und kommt nicht mehr raus - bis zum Abend nicht. In dieser Zeit lässt sie ihr Leben Revue passieren, nein, auch in Virgil geht etwas vor. Wie wird dieser Tag für die beiden enden? Als Zäsur, als Abschluss oder als etwas ganz anderes?

Ein ungewöhnlicher Roman, der allerdings auch mich als Leserin etwas verunsicherte, da ich Kathleen nicht in allen ihren Gedanken und Überlegungen folgen konnte. Der Stil der Autorin allerdings hat mir sehr zugesagt - schon allein deswegen hat es sich gelohnt, ihn zu lesen. 3,5 Sterne von mir!

Bewertung vom 17.03.2025
Schwebende Lasten
Gröschner, Annett

Schwebende Lasten


ausgezeichnet

Hanna Krause ist Magdeburgerin, 1913 geboren und hat fast ihr ganzes Leben in der Stadt verbracht. Früh zur Waisen geworden wurde sie von ihren deutlich älteren Halbschwestern groß gezogen - ihre Kindheit und Jugend spielte sich vor allem in einem Blumenladen, den die in Magdeburg verbliebene Schwester bewirtschaftete, ab.

Später heiratete sie Karl, der ihretwegen nach Berlin fuhr und ihr einen Heiratsantrag machte - und einen Blumenladen in Magdeburg versprach. Sie wurde Mutter von fünf Kindern, musste bald erkennen, dass sie mit einem Trinker verheiratet war, liebte aber ihr Leben inmitten von Blumen. Sie erlebte den Zweiten Weltkrieg, die gesamte DDR-Zeit und noch ein paar Jahre mehr.

Ich konnte diesen faszinierenden Roman von Annett Gröschner nicht aus der Hand legen - auf weniger als 300 Seiten vermag sie vor uns Leser*innen nicht nur das Schicksal von Hanna Krause, sondern auch das der Stadt Magdeburg im 20. Jahrhundert auszubreiten. In wenigen Worten, doch keinesfalls lakonisch vermag sie es, ganze Leben vor uns auszubreiten. Ich habe mit Hanna gebangt, gehofft, gelacht, geweint, mich über ihren Mann geärgert und die Kinder betüddelt.

Ein solch akzentuierter Stil, eine derart lebendige Sprache sind mir lange nicht mehr begegnet und ich hoffe, dass dieser Roman entsprechend gewürdigt und mit Preisen überhäuft wird!

Bewertung vom 15.03.2025
Schmeckt!
Loose, Anke

Schmeckt!


sehr gut

Ein Buch über das Essen für Kinder - mit vielen Bildern und vielen Erklärungen: Über Farben und optischen Einfluss des Essens insgesamt über Geschmacksrichtungen und Nährstoffe zur (Ein)Wirkung des Essens insgesamt auf unseren Organismus - beziehungsweise auf unsere Stimmung und unser körperliches und seelisches Wohlbefinden. Und - was mir sehr gefällt - zu internationalen Unterschieden in der Ernährung ebenso wie zu dem Umstand, warum sich die Nahrungsmittel auf diesem unseren Planeten so unterschiedlich verteilen, dass manche viel zu viel und andere viel zu wenig haben.

Klingt gut? Ist es auch, auch wenn Kinder ab 6 Jahren möglicherweise mit einigen Aspekten überfordert sind. Die Zeichnungen ergänzen die Inhalte sehr gut, es gibt auch Grafiken der kindgerechten Art bspw. zu Nährstoffen und zur internationalen Verteilung der Nahrungsmittel, die gerade im letzteren Fall doch ein wenig unübersichtlich sind.

Am Ende des Buchs gibt es sogar noch ein paar Rezepte, die Kinder nachkochen können (Hinweis: nur unter Aufsicht Erwachsener, da sie in den meisten Fällen an den Herd und in allen Fällen elektrische Geräte benutzen müssen.) Hierbei finde ich es nicht so toll, dass alle vier Rezepte süß sind - es wäre toll gewesen, wenn die Kinder nach der Lektüre in verschiedene Geschmacksrichtungen einführt worden wären!

Insgesamt jedoch ein spannendes und lehrreiches Buch, an dem man nicht vorbeigehen sollte!

Bewertung vom 13.03.2025
Was ich von ihr weiß
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


gut

Der in Frankreich geborene, italienischstämmige Mimo wird in den 1920er Jahren von seiner Mutter zurück in die alte Heimat geschickt, zu einem Verwandten, der ihn zum Bildhauer ausbilden soll. In der Realität ist der kleinwüchsige Mimo dann ein unbezahlter Handlanger. Als seine große Begabung in diesem Bereich sichtbar wird, lässt sein "Chef", der gerne und oft dem Wein zuspricht, ihn die ganze Arbeit machen und signiert die Werke dann nur.

Ein hoffnungsloses Leben - bis Mimo Bekanntschaft mit Viola, der Tochter der lokalen Adelsfamilie Orsini macht, mit der ihn bald gegen den Willen ihrer Eltern eine innige Freundschaft verbindet. Doch Viola ist unkonventionell, schert sich - soweit es ihr möglich ist - nicht um Konventionen - ihr Traum ist das Fliegen und mit Mimo und einigen weiteren Freunden sucht sie diesen zu verwirklichen.

Die Kernhandlung ist eingebettet in die historischen Entwickungen jener Zeit - den beginnenden Faschismus, dem Zweiten Weltkrieg und diesem nachfolgenden Entwicklungen. Zweifelsohne ein großer Roman, der mich jedoch nicht in Gänze erreichen konnte - dafür war mir die Darstellung zu kleinteilig und zu langatmig.

Bewertung vom 11.03.2025
Portrait meiner Mutter mit Geistern
Edel, Rabea

Portrait meiner Mutter mit Geistern


sehr gut

1980er Jahre in Norddeutschland: Raisa wächst recht isoliert bei ihrer Mutter auf, die sie zwar mit Liebe umgibt, aber keineswegs mit Informationen. Ihre Herkunft, weitere Verwandte, mögliche Tanten und Onkel - all das bleibt im Ungewissen. Zumindest für Raisa - denn uns Leser*innen bleibt ja zumindest die Funktion der zwar nicht all- aber doch vielwissenden Erzählerin, durch die wir in die vorherigen Generationen der Familie Einblick erhalten, vor allem in die Geschicke der Frauen, die es - wollen wir es mal zusammenfassend bewerten - allesamt nicht leicht hatten. Und ebensowenig haben.

Doch irgendwann findet Mutter Martha einen Ausweg in der sprechenden Zettelwand, an der sie häppchenweise alles befestigt, was nicht ausgesprochen werden kann und sagen wir es gleich: wenig ist das nicht.

Ein Roman, dessen Stil und Sprache mich begeisterten, der mir aber doch so einiges abverlangte: ich mag die klare Sprache ohne Geheimnisse und Aussparungen, die auch die Rezipient*innen des Romans treffen. Längst nicht in dem Maße wie Raisa, aber einiges mehr hätte ich zu gern gewusst!

Bewertung vom 10.03.2025
Das artgerecht Gespräche-Buch: Zehn wirklich wichtige Gespräche, die Kinder und Eltern wachsen lassen
Schmidt, Nicola

Das artgerecht Gespräche-Buch: Zehn wirklich wichtige Gespräche, die Kinder und Eltern wachsen lassen


ausgezeichnet

Wichtige Themen - eine Gesprächshilfe! Und zwar längst nicht nur für junge Eltern, sondern für alle, die gelegentlich Umgang mit Kindern unterschiedlichen Alters haben. Die Autorin zeigt kompetent auf, welche Themen - und auch, welche Wortwahl - in jedem Alter passend ist und zwar zu den verschiedensten Themen wie Freundschaft, Mut, aber auch Liebe und Tod und geht dabei intensiv auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen unterschiedlichen Alters ein.

Auch die Besinnung auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse kommt nicht zu kurz: Wer bin ich? Was mag ich? sind ebenso Themen wie die zuvor genannten. Auf sachliche, dabei (an passender Stelle) durchaus warmherzige Art und Weise greift die Autorin uns unter die Arme und zeigt auch schon mal absolute No Go's auf! Dabei gefällt mir ihr achtungsvoller und wertschätzender Umgang sowohl mit den Rezipienten des Buch als auch mit denen, um die es geht, also mit den Kindern!

Bewertung vom 06.03.2025
Hinters Licht
Avdic, Åsa

Hinters Licht


gut

Anfang des 20. Jahrhunderts: Ruth Doran ist eine von vielen klugen Frauen, die sich mehr für die Wissenschaft als für den Haushalt interessieren - und sie darf sogar studieren, allerdings nur, bis ihr Vater einen Heiratsantrag für sie erhält und sie zwingt Hausfrau und Mutter zu werden. Nach dem Tod ihres Mannes - inzwischen ist der Große Krieg beendet - findet sie eine Stelle bei Thomas Bradford einem Wissenschaftler, der sich mit ihrer Hilfe dem Spiritismus zuwenden will. Ruth verliebt sich in ihre neue Tätigkeit, aber mehr noch in ihren Vorgesetzten: Sie fühlt sich von ihm als Wissenschaftlerin, aber auch als Frau ernst genommen und lebt mehr für die Zeit am Arbeitsplatz als für ihr Familienleben mit den drei Töchtern.

Für mich eine merkwürdige Leseerfahrung: den Stil der Autorin, ihren recht unkonventionellen Umgang mit Zeit und Raum habe ich sehr genossen, inhaltlich jedoch blieb für mich einiges auf der Strecke. Der Weg von der Wissenschaft zum Spiritismus wurde aus meiner Sicht unzureichend dargestellt, die dargestellten Seancen wirkten im Vergleich zur Präsentation inhaltilich eher hölzern und nicht ausreichend recherchiert. Darin war von der Wissenschaft, aus der sich das Interesse von Thomas Bradford, der im Übrigen eine reale Gestalt ist, am Übernatürlichen erst herausbildete, nichts zu spüren. Ich bin auch davon überzeugt, dass Åsa Avdic die Recherchen nicht vernachlässigt hat, eher war mein Eindruck, dass sie mit Aufbau und Darstellung ihr Pulver bereits verschossen hatte - leider, muss man sagen.