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TochterAlice
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 1444 Bewertungen
Bewertung vom 26.02.2025
True Crime in Nature
Graßmann, Farina

True Crime in Nature


ausgezeichnet

Ein Hauen und Stechen sondergleichen: Das ist es, was sich in der Tier- und Pflanzenwelt vom menschlichen Auge weitestgehend ungesehen abspielt! Autorin Farina Graßmann vermittelt uns Lesern mal eher dramatisierend, dann wieder flapsig, wie es in Fauna, vor allem aber n der Flora so zugeht: da legt einer dem anderen ein Ei ins Nest und das ist beileibe nicht nur der Kuckuck, von dem uns allen dieses Vorgehen schon längst bekannt ist, nein, es gibt beispielsweise auch entsprechende Hummeln, die ein solches Vorgehen pflegen.

Dann gibt es noch die, die sich an anderen Lebewesen "befestigen" und diese sozusagen in lebendigen Zustand beknabbern. Dies wird besonders gerne in Gewässern von Neunaugen, die im Baltikum, der Heimat meiner Eltern, gerne selbst verspeist werden, betrieben. Ich mochte sie noch nie sonderlich gern, aber jetzt werde ich sie meiden wie der Teufel das Weihwasser - was zu viel ist, ist zu viel!

Das waren nur erste Eindrücke, es gibt auch die Gesellen, die sich Körperteile anderer Wesen schnappen und zig weitere unlautere Methoden, durch die Flora und Fauna lebendig bleiben. Das alles wird hier erfrischend unterhaltsam und garniert mit lustigen Karikaturen und anschaulichen Fotos präsentiert. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 25.02.2025
Feine Sinne, starke Seele
Sompek, Miriam

Feine Sinne, starke Seele


sehr gut

Wer hochsensibel ist, hat es nicht einfach - allerdings gibt es auch genug Menschen, die sich öffentlich dazu bekennen, ohne es zu sein. Mit denen haben es in der Regel die anderen nicht einfach, weil sie es als Entschuldigung für alles mögliche nutzen, was den wahrhaft Hochsensiblen gegenüber ganz schön unfair ist.
In diesem Buch wird in Form einer Geschichte in das Thema eingeführt, die Beschreibung von Luisas Alltag ist ein anschauliche sund gleichzeitig sensibles Format.
Autorin Miriam Sompek macht bekannt mit vier verborgenen Kräften der Hochsensibiltät - diese sind sowohl Teil der Geschichte, werden aber auch darüber hinaus noch erläutert.
Dazu gibt es Übungen und Ratschläge zum Umgang mit verschiedenen Situationen, wodurch das Buch sehr vielseitig aufgestellt ist und sicher vielen, die entweder dem Thema begegnen oder selbst hochsensibel sind, weiter helfen.

Bewertung vom 25.02.2025
Der Einfluss der Fasane
Strubel, Antje Rávik

Der Einfluss der Fasane


ausgezeichnet

Hella Karl ist eine erfolgreiche Journalistin - seit Jahren leitet sie das Feuilleton einer großen Berliner Zeitung und kann sich seit Jahren immer noch selbst in die Augen sehen: sie ist stolz darauf, sich nie zu verbiegen. Doch nun liest sie eine erschütternde Nachricht: ein ehemaliger Berliner Erfolgsregisseur hat sich das Leben genommen. Den Status des Vergangenen hatte er nicht zuletzt ihr, Hella zu verdanken, die im Zusammenhang mit ihm einen Skandal aufgedeckt hatte und ihn dabei nicht schonte, zumal es gegen die Würde einer Frau, nein: viel mehr als das, ging. Sie sieht sich nun selbst einer Hetzjagd ausgesetzt - in unterschiedlicher Art und Weise. Selbst ihr eigenes Blatt wendet sich gegen sie.
Ich bin erstaunt, wie viel Antje Rávic Strubel auf wenig mehr als 200 Seiten erzählen kann - es ist nicht eine Geschichte, es sind mehrere, die diese ausgesprochen dichte Handlung beinhaltet. Ständig fühlte ich mich hin- und hergerissen, habe mich gefragt, ob Hella Karl durchgehend im Recht ist/war? Oder sind es diejenigen - und es sind nicht wenige - die ihr die Schuld an diesem Ereignis zuweisen. Oder sind es alle zusammen? Ein sehr eindringlicher, bildreicher Roman, an dem ich fast gar nichts auszusetzen hatte. Außer dem vielen Sex, der einfach nicht meins ist - ein Sinnbild für Hahnen- und Hennenkämpfe? Wohl eher für die von Fasanen. Tolle Literatur, spannender als jeder Krimi - Hat Hella Rufmord betrieben oder ist sie selbst ein Opfer?

Ein sprachgewaltiger, intensiver, fordernder und in jeder Hinsicht lohnenswerter Roman.

Bewertung vom 25.02.2025
Survival
Atwood, Margaret

Survival


sehr gut

Ein Wagnis - und zwar eines, das Margaret Atwood vor langer Zeit eingegangen ist, nämlich 1972: da schrieb sie eine Art Überblick zur kanadischen Literatur. Die damals keinen nennenswerten Ruf hatte, genauer gesagt: gar keinen.

Inzwischen hat sich einiges getan: es gibt so manchen Autor, der aus den Reihen der First Nations kommt, daran war 1972 nicht zu denken. Diese wurden immer von Eurokanadiern beschrieben, wenn man die weiße Bevölkerung Kanadas als solche bezeichnen kann. Und Kanada kann eine Nobelpreisträgerin vorweisen, nämlich Alice Munro. Und überhaupt ist Kanada literarisch nicht mehr von der Weltkarte wegzudenken.

Hier stellte Margaret Atwood die Sicht der kanadischen Autoren auf bestimmte Themen in der Literatur vor: Natur, Tiere, First Nations und viele andere und wies spezifische Herangehensweisen auf.

Das tat sie mit viel Esprit und ein wenig Humor - die Frau kann schreiben (aber das weiß ja jeder)! Ein sehr subjektives Werk, wie sie selbst betont. Aus meiner Sicht hat gerade die Sprache dieses Sachbuch, das es ja eigentlich ist, zu etwas Lesenswertem gemacht. Wenngleich darin eine Menge alter Schinken (nein, das ist in keinster Weise negativ gemeint) erwähnt werden, die ich sicher nie lesen werde. Nicht in diesem Leben!

Bewertung vom 22.02.2025
Ein Schimmer am Horizont
Oppenlander, Annette

Ein Schimmer am Horizont


gut

Ein Ire und eine Süddeutsche suchen ihr Glück in der neuen Welt
Und zwar nicht freiwillig, denn der Ire Davin hat sein gesamtes Hab und Gut verloren und Mina muss mit ihrem lieblosen Mann, der sich einiges hat zuschulden kommen lassen, fliehen. Er ist ein Spieler und Trinker, der ihr auch noch das letzte Geld, das ihr Vater ihr überlassen hat, nimmt. Mitte des 19.Jahrhunderts begegnen beide einander durch Zufall auf dem Auswandererschiff Annabelle.

Mir ist vor allem Minas Schicksal nahegegangen, denn sie steht stellvertretend für viele Frauen, die keine Wahl hatten - hier hat sie sogar noch Glück, einer Familie zu begegnen ,die sie in Schutz nimmt, soweit es möglich ist.

Ein Thema, mit dem ich mich bereits beschäftigt habe, wobei der bisherige Höhepunkt ein Besuch des Deutschen Auswandererhauses in Bremerhaven war.

Das Buch kam mir also wie gerufen, doch leider konnte ich mich nicht in Gänze auf den Stil der Autorin und somit auch nicht auf den Roman einlassen.

Bewertung vom 20.02.2025
Coast Road
Murrin, Alan

Coast Road


sehr gut

Hingabe ist nicht gleichbedeutend mit Resignation
Alan Murrin nimmt uns in seinem ersten Roman "Coast Road" mit in eine irische Kleinstadt etwa um 1994: noch ist Scheidung in Irland verboten, die Männer haben im Hinblick auf ihre Frauen sehr viele Rechte und Freiheiten.

Dennoch hat die verhältnismäßig erfolgreiche Autorin Colette Crowley ihren Mann - und damit ihre Familie, denn ihre drei Söhne durfte sie nicht mitnehmen - verlassen, um in Dublin ein neues Leben anzufangen. Als sie damit scheitert und zurück in die Gegend zieht, verbietet ihr Mann ihr, die Kinder zu treffen.

Izzy ist auch eine, die mehr vom Leben will, aber sie ist im Ort geblieben und hat sich nicht aus ihrer unglücklichen Ehe gelöst. Nach Colettes Rückkehr entwickelt sich zwischen den beiden ein gewisser Kontakt.

Der Autor hat definitiv ein Herz für die Frauen seines Heimatlandes, er schildert eindringlich ihre ausweglose, gezwungenermaßen oft ausweglose Lebenslage, wie sie in dieser Zeit noch gang und gäbe war. Ein eindringlicher, in vieler Hinsicht erhellender Roman, der mich immer wieder geschmerzt hat. Die Charaktere der Frauen (und weniger Männer) sind kraftvoll beschrieben, ich denke, werde sie nicht so schnell vergessen.

Bewertung vom 12.02.2025
Dunkle Momente
Hoven, Elisa

Dunkle Momente


sehr gut

Dunkler geht es nicht Zumindest in einigen der hier dargestellen Fälle von Strafverteidigerin Eva Herbergen ist es der Fall. Wobei man beim Lesen durchaus manchmal den Eindruck hat, dass der Täter das eigentliche Opfer ist. Genauso gibt es aber auch das direkte Gegenteil, den Mörder, der selbst stolz auf seine Tat ist und sich vor seiner Verteidigerin sogar noch brüstet.

Tatsächlich sind es eine ganze Reihe ausgesprochen unterschiedlicher Fälle, sehr verschiedener Menschen, die hier zu einer lose zusammenhängenden Handlung aneinander gereiht werden, die vom Stil her durchaus noch ausbaufähig wäre, inhaltlich jedoch so unvorhergesehen und überraschend daher kommt, wie man es kaum erwarten könnte.

Dabei schont sich auch die fiktive Erzählerin Herbergen in ihrer Rolle als Strafverteidigerin nicht selbst, sondern zeigt durchaus auch Situationen auf, in denen sie diejenige ist, die aus unterschiedlichen Gründen dumm dasteht, wenngleich diese sich in der Minderheit befinden.

Eine durchaus spannende Lektüre, mehr Tatsachenbericht als Krimi, aber gerade deswegen etwas Besonderes!

Bewertung vom 09.02.2025
Campion. Tödliches Erbe
Allingham, Margery

Campion. Tödliches Erbe


gut

Margery Allingham erzählt hier die Geschichte eines wertvollen, traditionsbeladenen Kelches, Eigentum der Familie Gyrth, der offenbar auch von anderer Seite begehrt wird und den Gyrths auf unlautere Weise abspenstig gemacht werden soll.

Zeit, einen der besten Detektive Englands, nämlich Albert Campion, mit ins Boot zu holen - ein schmales, blasses und unscheinbares Männlein, das gleichwohl nie seine gute Laune verliert und grundsätzlich frohen Mutes in die Welt blickt, auch in Situationen, in denen es schwerfällt, dies zu verstehen. Bald wird klar, dass Campion, der Einzige ist, dem es gelingen könnte, das Unglück zu verhindern.

Ähnlich Agatha Christies Poirot kombiniert er bereits im Voraus und zieht Schlüsse, die kein anderer versteht - doch, einer schon, wie in einer besonders brenzligen Situation deutlich wird.

Margery Allingham geht deutlich abenteuerlustiger vor als wir es von Agatha Christie gewohnt sind, wobei ich jedoch die Letztere deutlich bevorzuge, möglicherweise nur aus Gewohnheit. Allerdings hatte ich hier gelegentlich Mühe, den Volten der Autorin zu folgen - sie waren nicht zu rasant, sondern vielmehr ein wenig wirr dargestellt aus meiner Sicht.

Dennoch eine lohnenswerte Lektüre, auch wenn durchgehend Männer als Teufelskerle und Macher dastehen, Frauen hingegen lediglich als Beiwerk, Wahrerinnen der Tradition und nicht zuletzt als Unruhestifterinnen wahrgenommen werden.

Bewertung vom 08.02.2025
Achtzehnter Stock
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


gut

Hoch oben über Berlin
Da wohnt Wanda mit ihrer Tochter Karlie mitten in einem der sozialen Brennpunkte der Stadt. Ihr Leben ist trist mit einem Funken Hoffnung auf etwas Glanz - Wanda hofft seit Jahren auf eine Karriere als Schauspielerin. Das Leben im Hochhaus wird durchaus authentisch geschildert, was ich als einstiges Kind aus dem elften Stock gut beurteilen kann. Sie hat ihre Leute, die hinter ihr stehen: alles Frauen. Und solche, die sie in Notlagen kontaktiert, aus meiner Sicht nutzt sie sie ganz klar aus: alles Männer. Ja, Wanda lebt in einer Blase. Sie lässt Dinge mit sich geschehen, dreht nur selten selbst an einer Schraube.

Es war seltsam, einen Roman über eine solche größtenteils passive Protagonistin zu lesen, stellenweise wurde es ziemlich oberflächlich, was ich schade fand, denn den Stil der Autorin habe ich durchaus genossen.

Aktiv wird sie vor allem, wenn es um die fünfjährige Karlie geht, weswegen mir der Beginn besonders gut gefiel - da erkrankt das Kind plötzlich ernsthaft und Wanda muss sich um Lösungen bemühen. Auch wenn diese nicht auf Überlegungen basieren, zeigt dieser Abschnitt Wandas Willen, für Karlie einzustehen.

In Bezug auf ihren Beruf wartet sie auf Anrufe der Großen der Branche - ein Roman zwischen Hoffen und Harren, wobei das Harren überwiegt. Ich hatte bei der Lektüre immer wieder den Eindruck, dass sich das Buch noch in Überarbeitung befindet und die endgültige Version noch nicht ganz gefunden ist.

Bewertung vom 02.02.2025
Frau Hempels Tochter. Roman
Berend, Alice

Frau Hempels Tochter. Roman


ausgezeichnet

Ein Roman aus dem frühen 20. Jahrhundert, in dem es um die sogenannten kleinen Leute geht: allen voran Frau Hempel, deren Beruf man heute als Hausmeisterin oder auf neudeutsch sogar -managerin bezeichnen würde. Sie sorgt dafür. dass im mehrstöckigen Mietshaus, in dem auch der Eigentümer selbst wohnt, alles seine Ordnung hat - und dafür, dass ihre Tochter, die zierliche Laura es irgendwann man besser haben wird - indem sie jeden kleinsten Nebenjob annimmt. Herr Hempel ist Schuster und ebenso maulfaul wie seine Gattin gesprächig ist. Auch ihm liegt daran, Laura eine rosige Zukunft zu bescheren.

Laura selbst ist ein braves Mädchen, das nicht zu viele Flausen im Kopf hat und in der Regel tut, was die Eltern - beziehungsweise die Mutter - sagt. So wird sie zunächst Kindermädchen beim Hausbesitzer, dann folgt sie einer Adligen, die sich verheiratet, als Dienstbotin in deren Haushalt und da die Mutter dort nicht eingreifen kann, tut sie, was sie für richtig hält, bpsw. unternimmt einen Sonntagsausflug mit dem jungen, verarmten Grafen aus dem Hinterhaus.

Das alles klingt bescheiden und sachorientiert, aber das Gegenteil ist der Fall: Alice Berend beschert uns - und das im Jahre 1913 -einen vielschichtigen Gesellschaftsroman, der für mich zum Lesespaß sondergleichen wurde. Die feine Ironie, der wohldosierte Mutterwitz und die originellen Ideen der Autorin garantieren einen Lesegenuss, bei dem nichts vorauszusehen ist. Die Figuren - auch die Nebendarsteller - sind mit wenigen Sätzen so klar gezeichnet, dass ich sie sofort vor Augen hatte. Ein Roman, der sicher auch als Schauspiel oder Film erfolgreich wäre, wenngleich man dann auf die wunderbare Sprache der Autorin verzichten müsste. Ein Lesehighlight gleich zum Jahresbeginn!
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