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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 1028 Bewertungen
Bewertung vom 23.08.2024
Muschelkäfer morden nicht
Wilkes, Johannes

Muschelkäfer morden nicht


sehr gut

»Das schätzte Mütze an dem Inselpolizisten. Wie allen Ostfriesen fehlte ihm jede Aufgeregtheit. Mütze war überzeugt, würde eine schwere Sturmflut angekündigt, der Sturm schon an allen Giebeln rütteln und die ersten Schindeln Richtung Festland fliegen, die Insulaner würden zunächst eine Kanne Tee aufsetzen.«

Ein Urlaub ohne Leiche sollte es diesmal werden, zwei Wochen einfach nur Entspannung auf der wunderschönen Insel Spiekeroog für Kommissar Mütze und seinen Freund Karl-Dieter. Es geht auch gut los, mit strahlendem Sommerwetter und guter Laune. Doch schon am ersten Tag wird ein Vogelkundler und Fotograf tot angespült, vermutlich bei einem Badeunfall ertrunken. Doch Mütze hat mal wieder so ein Bauchgefühl, dass irgendetwas mit dem vermeintlichen Unfall nicht stimmt.
Tatsächlich finden sich in Kürze Anhaltspunkte, die seinen Verdacht bestätigen und gemeinsam mit Inselpolizist Ahsen macht er sich an die Arbeit.

Währenddessen hat Karl-Dieter ebenfalls alle Hände voll zu tun. Er springt als Babysitter für eine junge Mutter in Nöten ein und hofft inständig, dass er Mütze dadurch endlich für ein Leben mit Kind begeistern kann.

Ich habe mich sehr gefreut, den nächsten Fall für Mütze und Karl-Dieter zu lesen. Umso mehr, als dieser Fall auch auf Spiekeroog spielt. Bei meinen Besuchen dort habe ich die Insel stets als Ort des Friedens empfunden, aber offenbar tobt das Verbrechen auch hier ;-)

Wie immer habe ich es genossen, bekannte Straßen, Orte, Cafés usw. im Buch anzutreffen. Der Autor muss die Insel sehr mögen, so liebevoll, wir er sie (völlig zutreffend) beschreibt.

Wie immer ist der Krimi cosy und die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten spielt eine große Rolle. Der Fall selbst ist ungewöhnlich und kreativ, das hat mir gefallen. Der Showdown wirkt ein bisschen zu dramatisch, aber aufgrund des Unterhaltungswerts kann ich darüber hinwegsehen.

Fazit: Inselfeeling, ein Baby und ein ungewöhnlicher Fall. Auch dieser Band gefiel mir sehr und gern verfolge ich die Reihe weiter.

Bewertung vom 23.08.2024
Strandkorb 513
Wilkes, Johannes

Strandkorb 513


sehr gut

»War nicht alles bloß reiner Zufall? Hatte der Strandkorbmann tatsächlich nur ein Nickerchen gehalten und Frau Nordersiel sich eigenhändig vom Acker gemacht? Oder gab es ein geheimes Band, eine Verbindung zwischen den beiden für Spiekeroog so untypischen Ereignissen?«

Eigentlich wollten Mütze und Karl-Dieter diesmal nur zwei Wochen Urlaub auf Spiekeroog verbringen. Während Karl-Dieter hofft, seinen Freund in dieser entspannten Situation endlich für seinen Kinderwunsch begeistern zu können, fängt der urlaubende Kommissar schon noch wenigen Tagen an, sich zu langweilen.
Bei dem Toten, den Karl-Dieter an einem stürmischen Tag im Strandkorb 513 entdeckt zu haben glaubt, konnte er sich noch zurückhalten. Schließlich war der Korb leer und ordnungsgemäß verschlossen, als er ihn sich ansehen wollte. Doch als kurz danach eine weitere Tote am Strand gefunden wird, meldet sich Mützes Bauchgefühl. Etwas ist nicht in Ordnung auf dieser malerischen Insel. Und da Inselpolizist Ahrens größte Leistung die Aufklärung eines Bollerwagen-Diebstahls gewesen ist, stürzt sich Mütze in die Arbeit. Natürlich und zu seinem Leidwesen unterstützt von seinem Freund und einigen rüstigen Seniorinnen aus Bottrop…

Ich mag diese Reihe, obwohl sie mehr Privates bringt, als ich normalerweise bei einem Krimi gern lese. Der Krimi ist wie erwartet cosy, aber trotzdem wird Spannung aufgebaut und der Fall gut gelöst. Den Schauplatz Spiekeroog liebe ich und freute mich über die häufigen detaillierten Beschreibungen der Örtlichkeiten, Lokale und Sehenswürdigkeiten. Und was die beiden Protagonisten angeht: die haben sich einfach in mein Herz geschlichen und obwohl Mütze gern den Coolen gibt, glaube ich, dass sich Karl-Dieter irgendwann durchsetzen wird. Vielleicht im nächsten Band? Ich lese weiter.

Fazit: Viel Privates, trotzdem ist der Krimi gelungen und die Spiekeroog-Atmosphäre einfach großartig!

P.S. Ich las diesen Krimi übrigens auf Spiekeroog. Natürlich habe ich auch Strandkorb 513 einer genauen Inspektion unterzogen ;-)

Bewertung vom 23.08.2024
Ein Zesel zieht ein / Grimm und Möhrchen Bd.1
Schneider, Stephanie

Ein Zesel zieht ein / Grimm und Möhrchen Bd.1


ausgezeichnet

»Ich bin ein Zesel. Ein bisschen Esel und ein bisschen Zebra. Von jedem etwas und von beiden das Beste.«

Buchhändler Grimm staunt nicht schlecht, als eines Tages plötzlich ein kleiner Zesel namens Möhrchen in seinem Laden steht. Der kleine Kerl wirbelt das Leben von Grimm gründlich durcheinander, aber der ist einfach nur glücklich, denn nun ist er nicht mehr allein. Und mit ansteckender Lebensfreude sorgt das gestreifte Grautierchen dafür, dass auch Grimms Lebens wieder wunderschön wird.

Was für ein wundervolles, warmherziges und lustiges Buch ist das! Jede einzelne Seite sprudelt nur so von zuckersüßen Einfällen, witzigen Wortspielen und liebevollen, farbenfrohen Illustrationen.

Die 13 Kapitel erzählen jeweils eine kleine Geschichte, da geht es mal um Freundschaft, mal um vergessene Worte, mal fliegen Grimm und Möhrchen mit einer selbstgebauten Rakete ins All oder sie erleben die verschiedenen Jahreszeiten.

Jedes Kapitel umfasst ca. 7-10 Seiten und eignet sich perfekt als Gutenachtgeschichte, zum Vor- und Selberlesen. Sehr süß fand ich auch die beiden Lesebändchen, eins weiß und eins schwarz, perfekt für ein Zeselbuch.

Fazit: Warmherzig, lustig und voller Wortwitz – ein wunderbares Buch. Ich möchte gern noch mehr darüber lesen, wie Grimm und Möhrchen Hand in Huf durchs Leben gehen.

Bewertung vom 02.08.2024
Schottensterben / Hebriden Krimi Bd.2
Tyrie, Gordon

Schottensterben / Hebriden Krimi Bd.2


sehr gut

»Heißt das, du hältst dicht? Keine Bullen?«
»Die haben hier nichts zu suchen. Außerdem wissen wir ja noch gar nicht, wie McKechnie überhaupt zu Tode kam. … Irgendwie finden wir das schon noch heraus.«

Gigha, eine kleine Hebrideninsel, nach einer stürmischen Nacht im Februar. Eine am Strand angespülte Leiche sorgt für Unruhe. Der Tote war keiner von ihnen, das ist den Inselbewohnern schnell klar, und ebenso klar ist, dass niemand die Polizei einschalten will. So etwas klärt man auf Gigha allein, die Polizei würde sonst nur merken, dass der ein oder andere der 160 Insulaner so seine Geheimnisse hat…

Zu Beginn tat ich mich mit dem Buch etwas schwer. Der Stil ist leicht und angenehm zu lesen, daran lag es nicht, aber ich bin eine recht konservative Krimi-Leserin und bevorzuge es normalerweise, wenn sich Ermittler (Profis oder Amateure) um eine ordentliche Aufklärung eines Verbrechens bemühen. Das ist hier aber eindeutig nicht der Fall.

Die Protagonisten haben alle etwas zu verbergen und jedem ist in erster Linie daran gelegen, dass sein jeweiliges Geheimnis nicht ans Licht kommt. Manche wirken dabei reichlich skurril, die meisten von ihnen machten auf mich trotzdem einen sympathischen Eindruck. Als Antagonistin kommt eine englische Touristin daher, wie ihr im Laufe der Handlung mitgespielt wird, verursachte bei mir mächtig Schadenfreude. Überhaupt ist das Buch reichlich schwarz, da gibt es keinen pietätvollen Umgang mit Toten und ein Auftragskiller im Ruhestand erfreute mich mit seiner selbstverfassten Typologie von Leichen.

Und dann ist da noch Thin Lizzy. Die schottische Hochlandkuh mag fast niemanden, ist eigentlich ein Eigenbrötler, im Lauf der Handlung jedoch schwer verliebt. Ihre Gedanken, die sich außer mit den eigenen Befindlichkeiten mit dem eigenartigen Benehmen der Menschen befassen, sind sehr unterhaltsam und einige ihrer Aktionen urkomisch.

Fazit: Nach kleinen Startschwierigkeiten entwickelte sich das Buch überraschend positiv. Mich hat dieser unkonventionelle, reichlich schwarze Krimi gut unterhalten. Und natürlich liebe ich Lizzy!

»Wer wollte dem Schicksal in Gestalt eines Hochlandrinds im Wege stehen?«

Bewertung vom 31.07.2024
Mord im Revue-Palast
Heuvel, Dick van den; Waal, Simon de

Mord im Revue-Palast


gut

»Van Ledden Hulsebosch dachte nach. Eigentlich bekamen sie eine ganz besondere Chance: in aller Ruhe an einem echten Mordfall zu arbeiten. In aller Ruhe, weil niemand wusste, womit sie sich gerade beschäftigten. Die ultimative Gelegenheit zu demonstrieren, wie eine kriminalistische Untersuchung eigentlich ablaufen musste.«

Amsterdam, 1928. Nur widerwillig begleitet Apotheker Van Ledden Hulsebosch seine Haushälterin zu einer Revue, viel lieber würde der selbsternannte Kriminalist seinen Forschungen zu modernen Ermittlungsmethoden nachgehen. Als jedoch während der Vorführung der Conférencier von einem plötzlich herabstürzenden Gerüst erschlagen wird, bedauert er seine Anwesenheit nicht mehr. Eindeutig hat jemand den Absturz herbeigeführt, eindeutig war das hier Mord, da ist sich der Hobby-Detektiv sicher! Und als die Polizei den Vorfall als bedauerlichen Unfall abtun will, sieht Van Ledden Hulsebosch seine große Chance zu beweisen, was mit fortschrittlichen Methoden erreicht werden kann. Gemeinsam mit dem jungen Inspektor Jonathan Saltet, der sich ebenfalls stetig über die Rückständigkeit seiner Vorgesetzten ärgert, macht er sich an die Arbeit…

An diesem Krimi reizten mich zwei Dinge besonders. Zum einen ist einer der Autoren vom Fach, selbst Kriminalkommissar in Amsterdam und bei niederländischen Film- und Fernsehproduktionen gern konsultierter Experte und zum anderen gab es den Protagonisten wirklich, C. J. van Ledden Hulsebosch war der erste forensische Spurenuntersucher der Niederlande, entwickelte moderne Techniken und wurde als Berater und Ausbilder der Polizei hinzugezogen. In der Presse nannte man ihn damals den „Sherlock Holmes von Amsterdam“.

Der Start ins Buch gefiel mir auch sehr, der eigenwillige Charakter des Van Ledden Hulsebosch entlockte mir mehr als einmal ein Schmunzeln und erinnerte auch mehrfach an den berühmtesten aller Detektive. Zudem finde ich es reizvoll zu lesen, wie man sich damals bemühte, neue Untersuchungsmethoden zu entwickeln, selbst Tatortfotos waren noch keine Selbstverständlichkeit.

Der Fall wird ebenfalls interessant aufgebaut, Spuren in verschiedene Richtungen verfolgt. Bis kurz vor Schluss fühlte ich mich sehr gut unterhalten, leider wirkte die Auflösung dann aber für mein Empfinden zu konstruiert. Könnte ich halbe Punkte vergeben, würde dieser Krimi von mir 3,5 Sterne erhalten.

Fazit: Der Start war klasse und sehr unterhaltsam, leider jedoch wirkte die Auflösung konstruiert.

Bewertung vom 26.07.2024
Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1


sehr gut

»Wir haben also alle miteinander einem Mord beigewohnt. Was an sich schon mal fabelhaft ist.«

Sie sind wahrlich nicht mehr die Jüngsten, die Mitglieder des Donnerstagsmordclubs, aber zum alten Eisen gehören sie noch lange nicht. Und auch wenn das Leben in der Luxus-Seniorenresidenz einen angenehm ruhigen Lebensabend verspricht, kann man diesen noch mit Nützlichem füllen, wie zum Beispiel der Aufklärung von Morden.

Ganz ehrlich, als ich diesen ersten Band der Reihe um einen speziellen Ermittlerclub im Alter zwischen 75 und 80 Jahren begann, hatte ich mit einem eher gemütlichen Buch gerechnet. Tatsächlich sind die Senioren aber mächtig auf Zack und das schlägt sich auch im Stil nieder. Ich hatte schon nach wenigen Seiten Elizabeth, Joyce, Ron und Ibrahim in mein Herz geschlossen und freute mich über ihr selbstbewusstes und cleveres Auftreten.

Sie haben auch ordentlich was zu tun. Eigentlich waren sie noch dabei, einen heimlich entwendeten Cold Case der Polizei durchzuarbeiten, als in ihrer unmittelbaren Umgebung ein Mord geschieht. Schwer begeistert machen sich die vier an die Arbeit, nicht immer zur Freude der Profis von der Polizei. Wobei ich sehr angenehm fand, dass diese hier nicht so minderbegabt rüberkommen, wie das bei anderen Büchern oft der Fall ist. Gewissermaßen liefern sich die Ermittlerteams einen Wettstreit, bei dem zwischendurch sogar ein Austausch stattfindet. Vor allem Elizabeth, die dank ihrer früheren Tätigkeit als Geheimagentin immer jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, hat regelmäßig einen Wissensvorsprung.

Die Morde (es bleibt natürlich nicht bei einem) sind verzwickt, werden aber ordentlich aufgelöst. Es gab falsche Fährten, Bezüge zur Vergangenheit, Potential zum Mitermitteln und zusätzlich zu den Clubmitgliedern weitere interessante Charaktere. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten und werde die Reihe weiterverfolgen.

Fazit: Diese Senioren haben es wirklich drauf. Sehr cool, sehr britisch und ein großes Krimivergnügen.

Bewertung vom 22.07.2024
Mord auf hoher See / Miss Merkel Bd.3
Safier, David

Mord auf hoher See / Miss Merkel Bd.3


gut

»Angela hatte in den ersten Monaten in Klein-Freudenstadt die Morde an dem Freiherrn von Baugenwitz, dessen Ehefrau, einem Friedhofsgärtner und einer Pole-Dancerin aufgeklärt. Doch seit über einem Jahr hatte es in dem kleinen Örtchen keine weiteren ungeklärten Todesfälle mehr gegeben. Eine Tatsache, die alle Bewohner des Dorfs erleichterte, nur Angela nicht.«

Nach ihren erfolgreichen Missionen als Detektivin ist bei Angela wieder Langeweile eingekehrt. Von der Krimi-Kreuzfahrt mit erfolgreichen Autoren, die sie zusammen mit ihrem Achim, Mops Pupsi, Bodyguard Mike und ihrer Freundin Marie samt Söhnchen angetreten hat, erhofft sie sich Abwechslung und Inspiration, denn im Geheimen hat sie begonnen, ebenfalls einen Kriminalroman zu schreiben.
Tatsächlich bringt die Kreuzfahrt wieder Schwung in ihr Leben, zum Leidwesen allerdings des Starautoren Florian Watzek, der bereits am ersten Abend ermordet wird. Und da der ebenfalls anwesende, Miss Merkel dank seiner Unfähigkeit gut im Gedächtnis gebliebene Chefermittler der Polizei, den Todesfall gleich wieder als Unfall abtun will, ist es mal wieder an Angela, den Täter zu ermitteln.

Die ersten beiden Bände der Reihe gefielen mir sehr, daher griff ich auch zu diesem hier. Die Story fand ich gelungen und die zahlreichen Bezüge zu den Klassikern des Krimigenres gefielen mir ebenfalls sehr. Auch an der sehr speziellen Ermittlerin hatte ich wieder meine Freude und amüsierte mich, wenn sie irgendwelche kniffligen Situationen meisterte, indem sie auf Erfahrungen aus ihrer Amtszeit zurückgriff.
Leider jedoch wurde der Unterhaltungswert diesmal durch ein für mein Empfinden Übermaß an Kalauern beeinträchtigt. Falls es eine weitere Fortsetzung gibt, hoffe ich sehr, dass das Witzelevel wieder auf das Niveau der ersten beiden Bände zurückgefahren wird.

Fazit: Schöne Idee und erneut unterhaltsam, die Menge der Kalauer war mir aber über weite Strecken zu hoch.

»Wenn die Deutschen das gewusst hätten, hätten Sie bei den Bundestagswahlen entweder zehn Prozent weniger bekommen, weil man Sie nicht ernst genommen hätte, oder zehn Prozent mehr, weil Sie menschlicher erschienen wären.«

Bewertung vom 18.07.2024
Totenstille im Watt / Dr. Sommerfeldt Bd.1
Wolf, Klaus-Peter

Totenstille im Watt / Dr. Sommerfeldt Bd.1


sehr gut

»Können Sie nicht mal mit ihm reden, Herr Doktor? (Keine Sorge, das werde ich!) Mein Mann, der ist gar nicht so. Der kann ein ganz herzensguter Mensch sein. Aber er hatte eine wirklich schwere Kindheit. Da sind ganz schreckliche Dinge passiert. Und er verträgt keinen klaren Schnaps…«

Jeder hat schon von solchen Fällen gehört oder kennt sie sogar aus dem Bekanntenkreis, der Nachbarschaft oder im schlimmsten Fall aus eigener Erfahrung. Diese toxischen Beziehungen, bei denen nicht selten einer der Partner und/oder die Kinder krankenhausreif geprügelt werden, gerne unter dem Einfluss von Alkohol, sich dies mit unschöner Regelmäßigkeit wiederholt und die Leidtragenden trotzdem nicht in der Lage sind, den Schläger zu verlassen, ihn sogar in Schutz nehmen und vor einer Strafverfolgung schützen.

Dr. Bernhard Sommerfeld, praktizierender Hausarzt in Norden, ist noch näher dran an den Opfern. Muss er sie doch regelmäßig verarzten, wenn sie mal wieder „die Treppe runtergestürzt“ sind. Doch Dr. Sommerfeld, der in Wirklichkeit nicht so heißt und trotz guter medizinischer Kenntnisse auch kein Arzt ist, hat seine eigene Art, mit solchen nicht vom Gesetz zur Rechenschaft gezogenen Übeltätern umzugehen…

Nachdem ich den guten Doktor kürzlich mit „Ein mörderisches Paar“ kennengelernt hatte, wollte ich nun seine Geschichte von Anfang an lesen. Das Interessante an dem Buch ist die Perspektive, denn alles wird komplett aus der Sicht des Killers erzählt. Die Bezeichnung Tagebuch passt auch, denn er schreibt all seine Erlebnisse nieder und reflektiert sie dabei. So erfährt man hier genau, wie er zu dem wurde, der er ist und auch, was vor und während der Taten in seinem Kopf vor sich geht. Die aufgrund der Morde natürlich aktiven Ermittler, Ann Kathrin Klaasen und ihr Team, treten nur am Rand auf und stets weiß man über sie und ihr Tun nicht mehr als das, was Sommerfeld weiß.
Bei aller Sympathie, die ich zu meinem Erstaunen für den charismatischen Charakter entwickelt habe, ist doch ganz klar, dass er ein Psychopath ist, geplagt von fürchterlichem Lärm in seinem Kopf, sobald er mit miesen Typen konfrontiert wird. Ein unerträglicher Lärm, der nur nachlässt, wenn er für Ordnung sorgt. Er selbst empfindet sich als guten Menschen, als Retter und Interessenvertreter der Schwachen und bei seinen Aktivitäten hält er sich strikt an selbstauferlegte Regeln. Ein wirklich faszinierender Charakter, dessen Werdegang ich weiterfolgen werde.

Fazit: Dieser Killer ist ein wirklich faszinierender und charismatischer Charakter, ich werde weiterlesen.

»Es muss Regeln geben. Selbst für Rachefeldzüge oder Mord. Man möchte doch ein zivilisierter Mensch bleiben.«

Bewertung vom 11.07.2024
Der Fall Rückert
Wilkes, Johannes

Der Fall Rückert


gut

»Was gibt’s wieder über die Heteros zu meckern?«
»Na hör mal!« Karl-Dieter wunderte sich wieder einmal, wie Mütze manche Dinge entgehen konnten. Als Kommissar!
»Kein Schwuler würde sich doch zu einem ersten Rendezvous mit den Worten „Ich liebe den Geruch von Büchern“ verabreden.«

Sein erster Mordfall an neuer Wirkungsstätte! Kommissar Mütze, gerade frisch aus Dortmund nach Erlangen versetzt, hatte sich gerade noch über die wenige Arbeit beschwert, da kommt wie auf Bestellung die erste Leiche. Und beschäftigt ihn und sein Team enorm!

Zuerst sah alles recht simpel aus. Eine erdrosselte Angestellte der Universitätsbibliothek, die sich zuvor wohl zu einem Date verabredet hatte – das ist dann wohl aus dem Ruder gelaufen. Doch als kurz darauf der Diebstahl einiger wertvoller Originalhandschriften Friedrich Rückerts gemeldet wird und zudem weitere Morde an ehemaligen Wirkungsstätten des Dichters geschehen, müssen sich die Ermittler in eine neue Richtung orientieren.

Der sehr belesene Karl-Dieter, der sich ohnehin stets mehr gemeinsame Aktivitäten mit Mütze wünscht, mischt sich gern und engagiert ein. Auch wenn das Mütze oft gar nicht recht ist…

Der zweite Band der Reihe konnte mich ebenfalls gut unterhalten. Wie schon im ersten Band nimmt das Beziehungsgeplänkel der beiden Protagonisten viel Raum ein, aber das ist so nett geschrieben, dass es mich nicht wie sonst stört. Beide lieben sich heiß und innig, sind aber im Wesen grundverschieden. Ungeklärt ist aber immer noch, wie Mütze eigentlich mit Vornamen heißt ;-)
Der Fall läuft praktisch nebenher, ist von der Thematik her interessant, wirkte auf mich aber nicht immer ganz rund. Dazu, im Gegensatz zum ersten Band, fehlte mir der besondere Reiz, den der Schauplatz Spiekeroog ausmachte. Der nächste Band wird aber wieder dort spielen, daher lese ich gerne weiter.

Fazit: Mehr Beziehungsgeplänkel als Krimi, aber unterhaltsam geschrieben und mit liebenswerten Protagonisten.

Bewertung vom 28.06.2024
Das Versprechen / Ein mörderisches Paar Bd.1
Wolf, Klaus-Peter

Das Versprechen / Ein mörderisches Paar Bd.1


sehr gut

»Warum du? Es gibt Leute, die werden dafür bezahlt, diesen Typen das Handwerk zu legen.«
»Ja. Aber sie haben versagt.«
»Ich weiß. Er hat den Heroinverkauf auf den Schulhöfen im ganzen Land organisiert.«
»Und man kann ihm mal wieder nichts nachweisen, weil alle Zeugen umkippen und Polizisten sich plötzlich nicht mehr so richtig erinnern. Stell dir vor, unser Kind würde auf dem Schulhof angefixt.«
»Also gut. Den noch.«

Eigentlich wollte Frauke ihre Hochzeit planen. Eine richtige Hochzeit, mit allem Drum und Dran. Wie man das eben so macht, im angestrebten bürgerlichen Leben. Doch der Mann ihres Herzens, Dr. Bernhard Sommerfeldt, alias Dr. Ernest Simmel, angesehener Leiter der Kurklinik in Norden, hat Zeitung gelesen und dadurch erfahren, dass das Rechtssystem bei der eigentlich fälligen Verurteilung eines üblen Drogenhändlers mal wieder versagt hat. Zeit für einen Hausbesuch…

Eigentlich bin ich eine recht spießige Krimileserin. Ich mag weder Rachefeldzüge noch Selbstjustiz und finde unser Rechtssystem, trotz natürlich vorhandener Schwächen, im Wesentlichen gut. Kein Wunder also, dass Dr. Sommerfeldt eine Weile auf meinem SuB warten musste, bis ich ihm eine Chance gab. Und dann passierte etwas höchst Unerwartetes, ich empfand Sympathie für den Killer mit den guten Motiven. Das irritierte mich ziemlich.

Er und seine Zukünftige wollen die Welt besser machen und agieren mit einem selbstgeschaffenen Ehrenkodex. So wird jeder Übeltäter zunächst ermahnt, bekommt also eine Chance, sich zu bessern. Versagt er dabei, wird er getötet. Die Ermahnung hat es aber in sich, da wird übel gefoltert. Erneut, während ich das hier schreibe, wundere ich mich, dass Klaus-Peter Wolf es geschafft hat, mir diesen Menschen sympathisch zu machen. Der lockere Stil sagte mir ebenfalls zu, ich werde hier weiterlesen.

Fazit: Hier agieren zwei Großmeister der Selbstjustiz. Zu meiner eigenen Überraschung waren sie mir sympathisch.