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Sophia

Bewertungen

Insgesamt 78 Bewertungen
Bewertung vom 20.03.2025
The Family Guest
Lamarr, Nelle

The Family Guest


sehr gut

Natalie Merritt und ihre Familie haben vor zwei Jahren ihre geliebte Tochter Anabel verloren. Gemeinsam mit ihren beiden Kindern Paige und Will haben sie den Tod Anabels mehr schlecht als recht verarbeitet, denn Anabel wir immer Natalies Lieblingskind. In dieser Situation nehmen die Merritts eine Austauschschülerin aus Großbritannien auf: Tanya Blackstone ist scheinbar perfekt und gerade Mutter Natalie schließt sie sofort ins Herz. Anders als Paige, der Tanya sofort seltsam vorkommt und die sie vom ersten Moment an verabscheut. Paige stellt zusammen mit ihrem Bruder Will Nachforschungen zu Tanyas Leben und ihrer Vergangenheit an. Was sie dabei herausfinden, ist nur die Spitze des Eisbergs und bald schwebt die Familie in Lebensgefahr.

Mich hat das Cover direkt angesprochen, der Gegensatz vom pinken Barbiehaus zum düsteren Hintergrund ist sehr gut umgesetzt und passt perfekt zur Geschichte. Als Leser ist man direkt zu Beginn mitten in der Geschichte als die Merritts Tanya am Flughafen abholen. Mir gefällt sehr die abwechselnde Kapitel aus der Sicht von Paige und Natalie. Der Leser erfährt so sowohl von der Ablehnung Paiges als auch von der wachsenden Mutterliebe Natalies zu Tanya. Bei mir sind sofort Fragen aufgetaucht, sowohl die Familie betreffend als auch Tanya. Die Autorin serviert häppchenweise Hinweise und Erklärungen, die mich als Leserin immer zum Weiterlesen quasi gezwungen haben.
Es herrscht stets eine unterschwellige bedrohliche Atmosphäre, die sich im Laufe der Handlung immer mehr verdichtet und die die Autorin gekonnt beschreibt. Die Familie Merritt ist das typische Vorzeigemodell einer amerikanischen Familie: eine große Villa, ein Pool, entzückende Kinder und ein hart arbeitender Vater sowie eine Mutter, die die Organisation von Wohltätigkeitsveranstaltungen übernimmt. Die meisten Charaktere im Buch waren mir eher weniger sympathisch, allen voran Tanya, deren Verhalten sowohl Fragen aufwirft als mich auch immer mehr genervt hat. Auch Mutter Natalie kommt nicht besser weg. Einzig der 12-jährige Will verliert nie seinen Optimismus und hält sich, so gut es geht, gerade am Anfang, aus den Streitigkeiten heraus.
Mein Kritikpunkt sind vor allem die oft vorhersehbaren Wendungen und Aufschlüsselungen, die man im Verlauf der Geschichte zu lesen bekommt. Meist wusste man, oder ahnte viel mehr schon, was passieren wird und da die Rolle der "guten" und "bösen" Charaktere schnell zugewiesen waren, ist an einigen Stellen der Überraschungseffekt verpufft.

"The Family Guest" ist trotz allem ein fesselnder und spannender Thriller, der das Leben einer amerikanischen Vorzeigefamilie auseinander nimmt und mit den Klischees und Erwartungen daran spielt. Von mir gibt es eine Empfehlung für alle Thriller-Fans!

Bewertung vom 17.03.2025
One Perfect Couple
Ware, Ruth

One Perfect Couple


sehr gut

Dr. Lyla Santiago arbeitet in London als Wissenschaftlerin und wohnt mit ihrem Partner Nico zusammen. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein: Lyla hat einen festen Job, ihr Leben im Griff und plant eine Zukunft, Nico hingegen hangelt sich von einem Schauspiel- und Moderationsjob zum Anderen und nimmt das Leben leicht. Nicos Manager Ari bietet Nico allerdings ein verlockendes Angebot an: Nico und Lyla könnten Teilnehmer einer neuen Reality-Show werden und als Paar gegen vier andere Paare auf einer einsamen Insel antreten. Nico erhofft sich durch eine Teilnehme einen großen Karrieresprung und nach einigem Zögern stimmt auch Lyla zu. Nach einem digitalen Casting geht die Reise auf die einsame Insel auch schon los. Auch wenn Lyla von Beginn an Zweifel an der ganzen Show hatte, freut sie sich - nichtsahnend, dass mit dem Ankommen der Albtraum für alle Beteiligten beginnt...

Ich hatte von Ruth Ware zuvor "Woman in Cabin 10" gelesen und war somit gespannt auf ihren neuesten Roman. Das Cover fällt auch direkt auf und verspricht neben perfekter Südsee-Idylle auch Geheimnisvolles und Düsternis.
Das Buch ist aus Lylas Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben, somit erfährt man hautnah alles mit, sie erzählt viel von ihren Gefühlen, aber auch der Umgebung und in einen Rückblenden z.B. auch das Kennenlernen von ihr und Nico. Auch ich hatte zu Beginn bereits ein mulmiges Gefühl sowohl beim Casting als auch beim Kennenlernen der Paare und der Filmcrew. Ruth Ware baut hier sehr gekonnt einen Spannungsbogen auf, der die aufsteigende Panik gut wiedergibt und eine spannende Atmosphäre schafft.
Es dauert etwas, bis die Geschichte an Fahrt aufnimmt, dann jedoch ist man als Leser auf einen Schlag mittendrin und der Kampf ums Überleben beginnt. Auch hier zeigt Ruth Ware sehr gut die menschlichen Abgründe auf und was passiert, wenn man ohne Regeln und fernab der Zivilisation auf sich gestellt ist und mit anderen, fremden Menschen auskommen und vor allem überleben muss. Vor allem die Knappheit von Essen und Wasser auf der Insel wird sehr beklemmend und eindrücklich beschrieben. Wirkt Lyla zu Beginn der Handlung noch recht unscheinbar und unspektakulär, wird auch sie immer wichtiger für die Handlung und wächst an der scheinbar ausweglosen Situation.
Den Kapiteln werden in der ersten Hälfte des Buches Aufzeichnungen von Notrufen vorausgestellt, die die Überlebenden absetzen. In der zweiten Hälfte werden Tagebucheinträge vorausgestellt, die immer mehr Fragen aufwerfen und die sich geschickt in die Handlung einfügen. Sowohl die Notrufe als auch die Tagebucheinträge unterstreichen die beklemmende Situation auf der Insel. Das Ende kam für mich überraschend und wurde etwas zu schnell abgehandelt.

Ruth Ware hat hier einen tollen und gut konstruierten Thriller geschaffen, der mit einer überschaubaren Anzahl an Charakteren und einem vielversprechenden Setting punktet. Von mir gibt es eine Empfehlung für alle Ruth Ware- und Thriller-Fans.

4,5/5 Sternen

Bewertung vom 14.03.2025
Die Außergewöhnlichen / The Extraordinaries Bd.1
Klune, T. J.

Die Außergewöhnlichen / The Extraordinaries Bd.1


gut

Nick Bell ist 17 Jahre Jahre alt und eigentlich ein ganz normaler Teenager - wenn er nicht in einer Stadt mit Superhelden wohnen würde. Er ist besessen von Shadow Star, einem der "guten" Superhelden, demgegenüber steht Pyro Storm als der Böse. Nick schreibt begeistert Fanfiction rund um die beiden Superhelden. Um Shadow Star noch näher zu kommen, beschließt Nick, ebenfalls ein Superheld zu werden. Er hat zwar keine Ahnung, ob und wie das funktioniert, aber gemeinsam mit seinen Freunden Seth, Gibby und Jazz arbeitet er an seinem Superhelden-Plan. Irgendwann eskaliert jedoch die Rivalität von Shadow Star und Pyro Storm und Nick gerät selbst in Gefahr.

Das Buch ist etwas anderes als ich vom Autor gewohnt bin. Nachdem mich "Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte" und "Aus Sternen und Staub" begeistert hatte, habe ich mich gefreut, mir auch die Extraordninaries-Reihe vorzunehmen. Die Geschichte spricht für mich eine jüngere Zielgruppe an, was sowohl an den jungen Protagonisten als auch an der Sprache und dem Erzählstil liegt, ich hatte mir etwas anderes von der Geschichte erhofft.
Die Thematik der Superhelden bringt viel Humor mit sich und auch Nick als Protagonist hat mich oft zum Lachen gebracht. Die Sprache der Jugendlichen ist ihrem Alter angepasst, oft ziehen sich die Dialoge aber auch in Länge und auch die Sprache erschwert einen Lesefluss, weil unwichtige Themen ausgedehnt werden.
Die Handlung ist meist recht vorhersehbar, was an sich nicht schlimm ist, aber die Geschichte bedient sich einiger Klischees wie das Verlieben in den besten Freund, sodass es wenige Überraschungen in der Handlung gibt. Der Autor greift wichtige Themen auf wie Freundschaft, das Erwachsenwerden und Selbstfindung und verwebt sie wie immer sehr gut in die Handlung.

Mir hat das Buch eher weniger zugesagt, was auch an der jüngeren Zielgruppe liegen mag. Nichtsdestotrotz hat T. J. Klune wieder einen Roman mit vielen wichtigen Themen geschrieben, der Mut macht, zu sich selbst zu stehen.

3,5/5 Sternen

Bewertung vom 13.03.2025
Unser Buch der seltsamen Dinge
Godfrey, Jennie

Unser Buch der seltsamen Dinge


ausgezeichnet

Die jugendliche Protagonistin Miv lebt im England der 70er Jahre. Sie soll mit ihrer Familie umziehen, aber Miv möchte unter keinen Umständen ihre Freundin Sharon verlieren, die beiden sind unzertrennlich. Ein Grund des Umzugs ist die Mordserie des Yorkshire Rippers, der in unmittelbarer Umgebung von Mivs Wohnort die Menschen in Angst versetzt. Miv und Sharon fassen den Plan, den Täter zu finden, damit ein Umzug verhindert werden kann - denn die Polizei tappt bisher komplett im Dunklen. Die beiden beginnen ihre Suche in ihrem Umfeld, irgendjemand wird sicherlich verdächtig sein. Die beiden decken während ihrer Ermittlungen einiges auf, was die kleine Stadt aufwühlen wird.

Ich kann zu dem Buch nur eins sagen: Wow! Der Klappentext verrät nicht annähernd, in welche Richtung die Geschichte gehen wird. Die Protagonistin Miv und ihre Freunde sind alle sehr viel jünger als das Zielpublikum, aber gerade das macht den Charme der Geschichte aus. Miv erzählt aus der Ich-Perspektive mit einer jugendlichen Naivität und trotzdem sehr reif für ihr Alter, was auch an ihrer Familiensituation liegen mag. Jennie Godfrey hat einen unglaublich tollen Erzählstil, der den Leser fesselt und eine Sogwirkung erzielt, mit der ich nicht gerechnet habe. Man schaut Miv und Sharon gerne bei ihren eher schlecht laufenden Ermittlungen über die Schulter.
Das Besondere am Buch, was ich vom Klappentext her nie erwartet hätte, ist die Vielfalt an Themen und auch Genres, die Godfrey hier aufgreift: im Zentrum stehen vor allem Freundschaft und Familie, aber auch Rassismus, Ausgrenzung, häusliche Gewalt und Trauer finden einen Platz, was das Buch absolut grandios vereint. Vor allem Mivs Entwicklung im Verlauf der Geschichte hat mich gerührt und auch die Entwicklung ihrer Freundschaft zu Sharon. Steht zu Beginn noch die Suche nach dem Yorkshire Ripper im Vordergrund, wird sie mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt und andere Geheimnisse und Geschehnisse in der Kleinstadt kommen ans Licht.

Ich hatte zuvor noch nichts von dem Yorkshire Ripper gehört, umso spannender war für mich die Tatsache, dass sich die Mordserie genau so zugetragen hat und der damalige Täter Peter Sutcliffe ebenfalls ein ganz unscheinbarer Mensch war.
Vor allem gegen Ende hat mich das Buch nochmal richtig aufgewühlt. Es wird traurig, sehr traurig, aber gibt auch Hoffnung und zeigt, wie wichtig gerade Freundschaft, Familie, Zusammenhalt und Nachbarschaftshilfe in schwierigen Zeiten sind.

Für mich ein absolut grandioser Roman, der viele Themen vereint und aus einer ungewöhnlichen Perspektive erzählt wird. Das Buch wühlt einen auf, ist aber dennoch so fesselnd, dass es von mir volle fünf Sterne gibt und eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 12.03.2025
Wenn sie wüsste / The Housemaid Bd.1
McFadden, Freida

Wenn sie wüsste / The Housemaid Bd.1


sehr gut

Millie braucht dringend einen Job, überraschend erhält sie nach einem Vorstellungsgespräch in einer reichen Familie einen Job als Hausmädchen. Nina und Andrew Winchester sowie die Tochter Ceclila wohnen in einem großen Haus in Long Island. Millie wird in einer kleinen Kammer im Haus wohnen, doch bereits zu Beginn kommen ihr erste Zweifel sowohl an ihrem Zimmer als auch an dem Job selbst. War das Haus zu Beginn noch in tadellosem Zustand, gleicht es an Millies erstem Tag einem Schlachtfeld und auch die verwöhnte Cecilia macht ihr das Leben schwer. Es scheint, als hätte Nina zwei Gesichter, doch das ist erst der Anfang eines Albtraums...

Da das Buch so gehypt wurde, war ich zunächst erst skeptisch ob das Buch halten kann, was es verspricht - und ich wurde nicht enttäuscht!
Bereits zu Beginn wird man in die Geschichte gesogen als die Polizei im Haus ist und gerade wegen eines Leichenfunds ermittelt. Da keine Namen genannt werden, ist es direkt spannend, weil man nicht weiß, wer Täter und Opfer ist. Danach beginnt die Geschichte drei Monate zuvor. Es wird zum großen Teil aus Millies Sicht erzählt, was einem als Leser die Geschichte noch näher bringt. Wie Millie lernen wir als Leser zunächst die Winchesters und deren Eigenarten kennen. Der Schreibstil ist locker und gut zu lesen, man fliegt durch die Seiten. Dadurch, dass auch Millie komplett unwissend ist, was sich in der Familie abspielt, baut sich ein guter Spannungsbogen auf, der auch lange gehalten wird. Eine tolle Nebenfigur war für mich auch Enzo, der die Geschichte von Anfang an begleitet. Er unterstreicht das Unheimliche, das die Familie umgibt, nochmals.

"Wenn sie wüsste" ist ein spannungsreicher Pageturner und mit seinem lockeren Schreibstil und einem guten Spannungsbogen überzeugt. Einziger kleiner Kritikpunkt ist für mich, dass es irgendwann recht vorhersehbar war, was passiert und passieren wird. Nichtsdestotrotz ist Freida McFadden ein spannender Auftakt gelungen und ich bin auf die weiteren Teile gespannt!

4,5/5 Sternen

Bewertung vom 04.03.2025
Der Tod, der am Dienstag kommt / Das Mörderarchiv Bd.2
Perrin, Kristen

Der Tod, der am Dienstag kommt / Das Mörderarchiv Bd.2


weniger gut

Annie lebt mittlerweile in Castle Knoll auf Gravesdown Hall. Sie hat sich mehr oder weniger in die Dorfgemeinschaft eingelebt, trotzdem fühlt sie sich oft alleine auf dem riesigen Anwesen. Zu Beginn der Handlung begegnet sie Peony Lane, der Wahrsagerin, die auch einst Frances vorausgesagt hat, dass sie ermordet wird. Auch Annie bekommt einige kryptische Andeutungen, mit denen sie nichts anfangen kann. Kurz darauf wird Peony auf dem Anwesen in der Orangerie tot aufgefunden - mit einem Messer im Rücken, auf dem mehr als genug Fingerabdrücke von Annie sind. Annie ermittelt erneut und noch immer gibt es einige ungeklärte und nicht aufgedeckte Geheimnisse in Castle Knoll...

Ich wollte zunächst den zweiten Band in einer Leserunde lesen, konnte mich aber aufgrund der Vielzahl an Personen und Nebenhandlungen überhaupt nicht orientieren. Ein Personenverzeichnis oder Familienstammbaum fehlt auch im zweiten Band, was das Verständnis erheblich stört und für viel Verwirrung sorgt. Deshalb habe ich mir den ersten Band vorgenommen und fand die Geschichte gut - dementsprechend gespannt war ich auf den zweiten Band.
Ich musste mich beim Lesen noch mehr konzentrieren als im ersten Band um den Überblick zu behalten. Annie wirkt noch unstrukturierter, zerstreuter und verkopfter als im ersten Band. Es gibt so unzählig viele lose Enden in den Mordermittlungen, dass nur wenige davon aufgegriffen werden und man als Leser kaum noch hinterher kommt. Die Freude am Miträtseln und Kombinieren wurde mir beim Lesen immer mehr genommen und ich bin recht lustlos durch die Seiten geflogen.
Frances' Tagebucheinträge sind wieder mal recht spannend und geben Hinweise auf frühere Verstrickungen der Figuren und heutige Ermittlungen. Annie in der Gegenwart kann mich jedoch als Ermittlerin nicht überzeugen. Vor allem ihre Beziehung zu Detektive Crane ist mir irgendwann auf die Nerven gegangen, da Annies Freundin Jenny auch immer wieder darüber gekichert hat und Annie mit vielsagenden Blicken bedacht hat.

Für mich kann der zweite Band nicht mit dem ersten mithalten, es werden so viele falsche Fährten gelegt und lose Enden eingeflochten, dass für mich die Handlung zu verwirrend blieb. Schade!

2,5/5 Sternen

Bewertung vom 28.02.2025
Das Mörderarchiv Bd.1
Perrin, Kristen

Das Mörderarchiv Bd.1


gut

Annie Adams bekommt einen Brief ihrer Großtante Frances: sie soll das Gesamtvermögen und Anwesen erben statt ihrer Mutter Laura. Annie fährt nach Castle Knoll, wo Tante Frances wohnt. Als sie ankommt, liegt diese jedoch tot in ihrer Bibliothek - und zwar ermordet! Frances bekam vor sechzig Jahren eine Weissagung, dass sie ermordet wird und das ist nun eingetreten. Laut Testament soll derjenige das Vermögen und Anwesen erben, der innerhalb einer Woche den Mord an Frances aufklärt. Neben Annie ist auch Saxon zugegen, der Neffe Frances'. Da Frances von ihrer Weissagung wie besessen war, hat sie in ihrem Haus ein Archiv angelegt, in dem sie jede Straftat wirklich jedes Einwohners dokumentiert hat. Gelingt es Annie, den Mord aufzuklären?

Das Cover ist sehr schön gestaltet, typisch britisch und mit hohem Wiedererkennungswert. Auch die Geschichte geht direkt gut los: mit der Weissagung, die Frances auf einem Jahrmarkt bekommt im Jahr 1965. Die Kapitel sind aus der Ich-Perspektive Annies geschrieben. Sie wirkt oft naiv und blauäugig, erkennt Zusammenhänge manchmal schwer und oft hatte ich das Gefühl, dass sie uns als Leser nicht an allen Geschehnissen teilhaben lässt. Sie erzählt nur das, was sie uns wissen lassen möchte. Durchbrochen werden die Kapitel mit Tagebucheinträgen, die Frances in der Zeit nach der Weissagung verfasst hat. Sie geben immer Hinweise auf die Zusammenhänge, die auch für die Mordermittlungen von Bedeutung sind. Außerdem gewinnt man als Leser so natürlich einige Eindrücke mehr, die Annie bei ihren Ermittlungen meist noch nicht hat.
Die Figuren bleiben jedoch oberflächlich und ohne Tiefe, was auch an der subjektiven Erzählweise liegt. Auch auf das angepriesene Mörderarchiv wird wenig eingegangen. Oft verzettelt sich Annie bei ihren Ermittlungen, sie geht meist unstrukturiert und vor allem unvorsichtig vor, was sie selbst in Gefahr bringt. Auch die gewöhnungsbedürftige Erzählzeit im Präsens wirkt oft langatmig und langweilig.
Ein großer Minuspunkt sind die vielen Figuren und Nebenfiguren, die sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart auftauchen. Ich musste mich beim Lesen sehr konzentrieren, alle Zusammenhänge und Beziehungen zu verfolgen und den Überblick zu behalten.

"Das Mörderarchiv" ist ein typischer Cozy Crime, der typisch britisch daher kommt und Fans von unblutigen Krimis vermutlich begeistern wird. Trotz einiger Schwächen lässt sich die Geschichte gut lesen und die beiden unterschiedlichen Erzählweisen und Zeiträume sind spannend verknüpft.

3,5/5 Sternen

Bewertung vom 17.02.2025
Quallen haben keine Ohren
Rosenfeld, Adèle

Quallen haben keine Ohren


gut

Louise hört so gut wie nichts mehr, nur noch Rauschen und einzelne Wortfetzen dringen in ihr Gehör. Bisher konnte sie ganz gut unter dem Radar bleiben und durch das Lernen und Verbessern von Lippenlesen kommt sie halbwegs im Leben zurecht. Nun droht aber ihr Gehör ganz zu verschwinden, die Ärzte raten ihr dringend zu einem Cochlea-Implantat. Louise ist hin und her gerissen, ihr Leben lang schon schwebt sie in einer Art Zwischenwelt: sie gehört weder zu den Gehörlosen und kann Gebärdensprache noch zählt sie zur Welt der Hörenden. Wird sie sich für das Implantat entscheiden und was sagt ihr Umfeld dazu?

Mich hat die Thematik des Buches sehr interessiert und ich habe gehofft, mehr über ein mir unbekanntes Thema zu erfahren.
Das Buch ist aus der Ich-Perspektive Louises geschrieben. Dadurch erfährt man alles hautnah und kann sich gut in sie hinein fühlen. Als hörende Person konnte ich mir bis dahin nicht wirklich vorstellen, wie es ist, Menschen nicht zu verstehen, sich deshalb ausgeschlossen zu fühlen und nirgends zugehörig. Es sind die kleinen Dinge, die Louise beschreibt und die trotzdem so viel aus ihrem Leben erzählen: der Einkauf im Supermarkt oder der Besuch beim Arzt. Das alles wird gut aus ihrer Sicht beschrieben, jedoch ist die Sprache und der Erzählstil allgemein sehr bildhaft und poetisch. Es werden verschiedene Metaphern benutzt für verschiedene Gefühlszustände, die meinen Lesefluss öfters gestört haben. Wahrscheinlich ist es von der Autorin so gewollt, aber oft musste ich mich beim Lesen sehr konzentrieren um den Ganzen zu folgen. Man kann das Buch nicht einfach "weg lesen", es erfordert volle Konzentration und ist anspruchsvoll.
Ich habe nach dem Lesen ein Interview mit Adèle Rosenfeld gesehen, in dem sie von ihren eigenen Erfahrungen als Schwerhörige erzählt. Das macht einem das Buch nochmals begreiflicher, lebt es doch von den detaillierten Beschreibungen und der Geschichte Louises.

Für mich ist "Quallen haben keine Ohren" ein interessantes und ungewöhnliches Buch, das ein schwieriges Thema aufgreift, jedoch hat mich die Sprache nicht vollends überzeugen können.

3,5/5 Sternen

Bewertung vom 13.02.2025
The Trap. Wie weit würdest du gehen, um deine Schwester zu retten?
Howard, Catherine Ryan

The Trap. Wie weit würdest du gehen, um deine Schwester zu retten?


sehr gut

Lucys Schwester Nicki ist seit über einem Jahr spurlos verschwunden. Sie verfolgt daher einen äußerst gefährlichen Plan: sie steigt absichtlich auf einsamen Straßen bei fremden Männern ins Auto um auf den Entführer zu treffen und so ihr Schwester Nicki zu finden. Lucy hat keinen Erfolg damit, ihre Schwester bleibt verschwunden. Gemeinsam mit Nickis Partner wohnt sie in dem Haus ihrer verstorbenen Eltern. Als sich die Meldungen von vermissten Frauen in der Region häufen, ruft die Polizei eine Ermittlungskommission ins Leben: Operation Tide. Es wird nun mit noch mehr Druck nach den vermissten Frauen, darunter auch Nicki, gesucht. Lucy indes ist mit der Ermittlungsarbeit nicht zufrieden und überlegt sich erneut einen Plan, mit dem sie dem Täter gefährlich nahe kommen möchte...

Mir hat das Cover sehr gut gefallen, die Farben lenken den Blick darauf und das nur schemenhaft erkennbare Auto mit den weißen Scheinwerfern spielt perfekt auf den Inhalt an.
Auch der Beginn des Buches zieht den Leser sofort in den Bann: eine junge Frau steigt in ein Auto um sich freiwillig entführen zu lassen und so den Entführer ihrer Schwester zu finden. Was zunächst wahnsinnig und lebensmüde klingt, zeigt die Verzweiflung, nicht zu wissen, was der Schwester zugestoßen ist und seit einem Jahr keine Fortschritte in der Ermittlung zu sehen.
Insgesamt wird das Buch aus vier unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Den Großteil nimmt Lucy ein, die man dabei begleitet, wie sie verzweifelt ihre Schwester sucht. Daneben gibt es noch Denise und Angela, zwei Ermittlerinnen der Polizei, die möglichen Spuren und Verdächtigen nachgehen. Außerdem, wie ich finde, die interessanteste Perspektive, erzählt der Entführer selbst aus der Ich-Perspektive in einer Art Monolog über seine Motive, Taten und Opfer. Auch eine Frau kommt zu Wort, die in einer Art Hütte gefangen halten wird, diese Sicht nimmt jedoch sehr wenig Platz ein.
Die vielen Perspektiven und Schauplätze geben einen guten Gesamtüberblick über das Geschehen und man weiß als Leser einiges mehr als die Protagonisten. Jedoch ist das auch ein großer Minuspunkt für mich, da es sehr verwirrend ist, der Handlung zu folgen, es tauchen auch zahlreiche Angehörige der vermissten Frauen auf, die mehr oder weniger wichtig für die Handlung sind. Nach dem sehr spannenden Prolog flacht die Handlung für mich zunehmend ab, ungefähr zwei Drittel des Buches plätschern nur so dahin. Auf den letzten knapp einhundert Seiten nimmt die Spannung jedoch an Fahrt auf und es gibt einen Plot-Twist nach dem Anderen, mit denen ich überhaupt nicht mehr gerechnet habe. Die Auflösung, oder das, was die Autorin uns davon wissen lässt, ist für mich nicht wirklich schlüssig und es bleiben viele Fragen offen. Das Buch endet abrupt, nachdem etwas Spannung aufgebaut wurde, ist es auch schon wieder vorbei. Auch die "Falle", von der im Klappentext die Rede ist, wird nicht wirklich gut umgesetzt. Ich hatte mir aufgrund der Leseprobe und des Klappentextes eine andere Geschichte erhofft.

Die Idee und Ausgangslage finde ich sehr gelungen, für mich ist die Umsetzung jedoch noch ausbaufähig. Die Figuren bleiben durchgängig nicht wirklich greifbar und undurchsichtig. Auch die sich aufbauende Spannung bleibt größtenteils aus. Trotzdem ist das Buch mit seiner interessanten Ausgangslage lesenswert und ungewöhnlich.

3,5/5 Sternen

Bewertung vom 12.02.2025
Das Laute im Leisen
Beck, Michaela

Das Laute im Leisen


ausgezeichnet

Renée hat ihr Abitur in der Tasche und wird 1979 in Weimar zum Architekturstudium zugelassen. Voller Vorfreude macht sie sich auf den Weg in die fremde Stadt auch wenn es im Wohnheim beengt ist und das Geld oft knapp, fühlt sie sich mit der Zeit immer wohler. Vor Beginn des ersten Semesters ist Renée oft in einer Studentenkneipe mit Livemusik unterwegs. Einmal bemerkt sie eine hübsche junge Frau, um die sich viele Studenten scharen und die sehr beliebt scheint. Es stellt sich heraus, dass sie die Tochter eines bekannten Rostocker Stadtarchitekten ist und Uta heißt. Renée und sie freunden sich an, da beide im Erstsemester Architektur studieren und die meisten Kurse gemeinsam belegen. Mit der Zeit benimmt sich Uta immer seltsamer und ein immer größer werdender Schatten legt sich über Uta und die Freundschaft der beiden.

Das Cover finde ich wunderschön und nach dem Lesen auch passend gestaltet. Der Einstieg ins Buch fällt leicht, man begleitet Renée in ihren ersten Tagen an der Universität und erfährt auch etwa über ihr Leben und ihre Vergangenheit. Michaela Beck gelingt es unglaublich gut, eine lebendige Atmosphäre zu schaffen, sodass man sich immer in jeden Charakter hinein fühlen kann und man einen guten Eindruck der Umgebung bekommt.
Renée ist einem sympathisch auch wenn sie oft etwas naiv und blauäugig durchs Leben läuft. Uta blieb für mich die meiste Zeit undurchsichtig, was sehr gut Renées Zwiespalt verdeutlicht, den sie in der Freundschaft zu Uta spürt. Als Leser wird einem beim Lesen immer klarer, was mit Uta los ist, was auch der heutigen Zeit geschuldet ist. Vor über vierzig Jahren waren psychische Probleme und damit verbundene Störungen und Krankheiten noch ein Tabuthema.
Das Buch macht deutlich, was sich in der Psychologie und der Akzeptanz in der Gesellschaft bis heute getan hat: auch wenn man offener mit psychischen Problemen umgeht, gibt es noch einige Baustellen um auch einerseits die Hemmschwelle verringern, sich Hilfe zu suchen, andererseits auch die Gesellschaft für solche Themen zu sensibilisieren.
Auch viele andere wichtige und aktuelle Themen werden im Buch aufgegriffen: das Leben in Weimar zur damaligen Zeit, Selbstakzeptanz, die Grenzen einer Freundschaft aber auch Abtreibung und Misogynie.
Ein kleiner Kritikpunkt sind für mich die Längen, die das Buch hat, was den Lesefluss an einigen Stellen etwas gestört hat.

Nichtsdestotrotz hat Michaela Beck einen tollen Roman geschrieben, der immer noch aktuelle und wichtige Themen aufgreift und eine ungleiche Freundschaft beleuchtet. Von mir gibt es eine klare Empfehlung!
4,5/5 Sternen