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Jedida
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Unfinden

Bewertungen

Insgesamt 48 Bewertungen
Bewertung vom 17.03.2023
Wellensommer
König, Karin

Wellensommer


ausgezeichnet

Ein klasse Debüt – nicht nur für Ostseefans
Karin Königs Debüt hält einen in Atem. Vom Kreuzfahrtschiff wird man unversehens in einen verschlafenen Küstenort an der Ostsee geworfen, um dort anschließend von einem Gefühlschaos ins nächste zu stürzen.

Die Figuren konnten mich allesamt begeistern. Allen voran Sandra Meerbach, die Tourismusmanagerin, der vor lauter Enthusiasmus gern mal die Pferde durchgehen, aber auch Phillipp mit seiner Surfschule und sowieso die ganze Dorfgemeinschaft. Aber auch der Schurke durfte in dieser Geschichte nicht fehlen und hat wunderbar für Ärger im Paradies gesorgt. Nebenbei gibt es auch noch wundervolle Geschwister-Vibes, die jeder, der mit Geschwistern aufwachsen wird, nachvollziehen und mitfühlen kann.

Der Plot ist ebenfalls klasse. Zwischendrin musst ich immer wieder mal durchatmen, weil es aussichtslos schien, wie all das Chaos noch zu einem guten Ende führen sollte. Aber keine Angst, es findet sich eine Lösung.

Abgesehen davon konnte mich das Cover wirklich begeistern. Es macht mir jedes Mal gute Laune, wenn ich es sehe. Bisher ist das mein Lieblingscover des Jahres 2023. So ein Buch hat man gerne herumliegen.

Ein Roman für alle, die bereits jetzt den Sommer herbeisehnen und vor allem Lust auf ein bisschen romantisches Drama in einem tollen Setting haben. Sommer, Sonne, Surfen – yeehaw!

Bewertung vom 15.03.2023
Agnes geht
Keweritsch, Katja

Agnes geht


ausgezeichnet

Schon als ich dieses Buch in die Hand genommen habe, war ich begeistert. Es fühlt sich gut an – irgendwie ökologisch war das Erste, was mir dazu einfiel. Das Cover ist schlicht und schnörkellos, es passt einfach perfekt zur Geschichte und zu Agnes als weiblicher Hauptfigur. Die Innenseiten haben mich total überrascht und ich finde sie wunderschön. Sie bilden optisch einen tollen Kontrast zum Außenumschlag. Und gleich mit der Einleitung auf der Innenseite hatte mich die Autorin: „Mir ist aufgefallen, dass sich meist früher als erwartet die Frage stellt, was zur Hölle eigentlich in der zweiten Hälfte des Lebens passieren soll.“ Bis hierher war die Lebensreise der meisten von uns irgendwie total voll gepackt, Ausbildung, Studium, Karriere, Kinder, Urlaube … Und dann die 40. Alles darf noch einmal neu überdacht werden. Aber was packe ich nur in die nächsten 40 Jahre? Was ist mit mir? Wo bin ich all diese Jahre abgeblieben? Genau diese Fragen stellt sich Agnes, wird förmlich hineingeworfen in ihre Suche nach sich selbst – und das von einem Moment, in dem sie noch dachte, ihre Welt sei perfekt, auf den anderen. Agnes macht es anders als viele andere. Sie wälzt keine Selbsthilfebücher und sie geht auch nicht in Selbsthilfegruppen oder zur Paartherapie, sie läuft einfach los. Ohne Equipment und zuerst sogar ohne Ziel. Agnes geht, wie es der Titel des Buches so schön sagt. Und das tut sie, ohne Wenn und Aber. Katja Keweritsch hat eine wirklich unglaublich schöne Art, sich auszudrücken. Passend dazu hat „Agnes geht“ einen ganz tollen ersten Satz: „Der Tag, an dem Agnes in die Schule einbrach, war ein Donnerstag.“ Und Donnerstage, erfahren wir, sind etwas Besonderes für Agnes. Sie heißen sogar anders als die Donnerstage gewöhnlicher Leute, nämlich Don, ne? Stag. Ein weiteres Highlight dieses Buches ist für mich – natürlich – die Elbe und die herrliche Landschaft drumherum. Man kann sagen, dass ich die Elbe noch einmal neu für mich entdecke, denn Katja Keweritschs Beschreibungen der Landschaft sind sehr bildlich und alles, was Agnes unterwegs begegnet, ist deutlich fühlbar. Was mir richtig gut gefällt, ist, dass wir im Laufe der Geschichte auch mehr von Agnes’ Mann Tom und seiner Sicht auf die Dinge erfahren. In Agnes’ Abwesenheit lernt er seine Frau erst richtig kennen, auch wenn ihm dies anfänglich nicht bewusst ist und er sich eher über sie ärgert, weil sie eben nicht da ist, um den Kühlschrank zu füllen, die Kinder herumzukutschieren, den Tisch zu decken, den Geschirrspüler einzuräumen, Kuchen zu backen und was auch immer sonst er bislang als selbstverständlich angesehen hat. Ich glaube tatsächlich, dass Männer all das, was wir Frauen so ganz nebenbei erledigen, um allen um uns herum ein schönes Leben zu ermöglichen, gar nicht wahrnehmen. Und das ist gar nicht böse gemeint, es passiert einfach, während sie ihr Männerding durchziehen. Schwierig ist nur, dass wir Frauen ja auch männlich agieren, Geld verdienen, Karriere machen oder eben nicht, und ganz nebenbei noch die Familie managen. Doch dieses Buch ist keine Anklage an altes Rollenverhalten, hier geht es vor allem um die leisen Momente, die sich zurück ins Leben schleichen, sobald das ewige Einerlei des Alltags endlich einmal durchbrochen wurde. Es geht auch darum, mit seinem Körper in Frieden zu sein, zu sich selbst zu stehen und zu dem, was einen als Mann oder als Frau ausmacht. Es geht darum, zu erkennen, wie das Bedürfnis nach Sicherheit einem dabei im Wege stehen kann, man selbst zu sein und das zu tun, wovon man einst geträumt hat. Dieser Roman ist so tiefgehend und so berührend, dass ich ihn gern meinen Freundinnen schenken werde – und vielleicht sogar einigen Männern, die ihn gern lesen würden. Dieser Roman beleuchtet nicht nur das Dasein von uns Frauen um die 40, denen das Leben und ihr Körper abhandengekommen zu sein scheinen, weil sie unbewusst Rollenbildern gefolgt sind, die längst überholt sind. Es ist in der Tat ein Buch für beide Geschlechter. Denn die Männer, die in diesem Roman eine größere Rolle spielen, sind keine egoistischen Arschlöcher – das ganze Gegenteil ist der Fall. Sie sind so willig und besonders und scheitern gerade deswegen immer wieder an dem, was für sie wichtig und stimmig ist. Ebenso wie ihre Frauen und Kinder. Das macht diese Geschichte für Frauen als auch Männer so lesenswert. Ihnen allen wünsche ich eine schöne Lesezeit, während sie mit verklärtem Blick und offenem Herzen gemeinsam mit Agnes am schönsten Fluss der Welt – der Elbe – entlangwandern und sich nach Herzenslust selbst reflektieren. Wenn es mehr als 5 Sterne zu vergeben gäbe, hier wären sie angebracht. Ein Herzensbuch, wie ich finde.

Bewertung vom 08.03.2023
Frühlingsglücksgefühle
Römer, Lotte

Frühlingsglücksgefühle


ausgezeichnet

Frühlingsglücksgefühle vom Feinsten

Das waren wahrlich Frühlingsglücksgefühle, die uns Lotte Römer da beschert hat! Alles in allem ein runder Roman, der mit einem zauberhaften Setting, liebenswerten Charakteren und einer mitreißenden Liebesgeschichte punktet.

Zur Story

Die Geschichte wird jeweils wechselseitig aus der Sicht von Timon und Leni erzählt, was tiefe Einblicke, vor allem auch in vergangenes Geschehen liefert. Es gibt also jeweils hälftig zum Jetzt-Geschehen Rückblenden aus der Sicht der beiden.

Die Geschichte ist emotional und baut sich logisch auf und wartet auch mit einigen Plottwists auf. Ich persönlich habe sogar zweimal geweint beim Lesen – immer ein Kompliment an den jeweiligen Autor, weil er es schafft, Emotionen so lebhaft zu transportieren.

Die Figuren

Hier berühren einen die Hauptfiguren, aber auch die Nebenfiguren wie Momo, der Esel, Elsa, Jeremias, Kenneth und Jasmin bleiben im Gedächtnis, das ist besonders schön, weil man dann auch den Vorgänger- bzw. den Nachfolgeroman lesen möchte. Timon ist ein Mann, wie man ihn sich als Frau wünscht, anfänglich noch in sich gefangen macht er doch eine schöne Entwicklung durch. Leni lebt mit einer Behinderung und rockt ihr Leben so, dass man spürt, dass dieser Schicksalsschlag sie entwicklungstechnisch weit voran gebracht hat.

Das Setting

Hier war ich absolut begeistert. Was für ein Setting – auf einer Almhütte, die der Protagonistin auch noch selbst gehört! Ich hatte sofort Lust, hoch zu wandern und den Heli beim Abladen der Lieferung zu beobachten, die Krokusblüte im Frühling zu bestaunen und bei Leni ein Radler zu bestellen. Im Setting war ich sofort angekommen und voller Freude zu erfahren, wie Leni so ein Projekt managt. Bewundernswert, vor allem, wenn man ihre Einschränkung bedenkt.

Ich kann sagen, dass die Geschichte als auch das Setting Lust auf mehr machen. Ich bin hoch motiviert, Band I zu lesen und freue mich auch schon auf Band III, sobald dieser denn seinen Weg in die Buchhandlungen findet.

Kleine Randbemerkung: Die Schriftgröße des Taschenbuches fand ich persönlich etwas klein, hatte beim Lesen besonders bei den kursiven Passagen der Rückblenden Probleme. Vermutlich ist dies den gestiegenen Preisen für Druckerzeugnisse geschuldet, keine Ahnung. Ich habe es mit ein paar anderen Büchern verglichen, die ich unlängst gelesen habe, da war die Schrift größer.

Ich spreche sehr gerne eine Leseempfehlung aus. Dieses Buch dürfte allen Romantikern gefallen, die Lust an einem Berghütten-Natur-Setting haben und sich für Protagonisten begeistern können, die alles andere als perfekt und dafür umso liebenswerter sind.

Bewertung vom 02.03.2023
Die Magdalenenschwestern. Das gestohlene Leben (eBook, ePUB)
Vanek, Tereza

Die Magdalenenschwestern. Das gestohlene Leben (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Roman »Die Magdalenenschwestern« widmet sich einer Thematik, die in Irland nun seit vielen Jahren aufgearbeitet wird. Bis allerdings endlich Licht ins Dunkel kam, hat es lange gedauert. Denn die katholische Kirche hat die Geldmacherei an Frauen, die wie Sklavinnen gehalten wurden, obwohl sie nichts verbrochen hatten, sondern manchmal nur schwanger waren, weil sie vergewaltigt wurden, nicht etwa selbst zugegeben. Nein, das Ganze kam heraus, als die Kirche Land verkaufte und man dort namenlos verscharrte Skelette von Frauen und Säuglingen fand. Diesem unrühmlichen Stück irische Geschichte widmet sich Tereza Vanek mit einer berührenden Geschichte, die sich eben so hätte ereignen können. Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen, einmal in der Jetzt-Zeit und einmal in den 1960er-Jahren. Demgemäß gibt es unterschiedliche agierende Personen. Im Irland heute das Au-pair-Mädchen Leah, das noch nicht weiß, wohin sie im Leben möchte. Sie lernt eine ältere Verwandte ihrer Gastfamilie kennen und spürt, dass hinter der Ausfälligkeit und der Alkoholsucht der dementen Dame mehr steckt, als ihre Verwandten vermuten. Und weil sie selbst keine Agenda hat, die sie ausfüllt, stürzt sie sich detektivisch in die Suche nach der Wahrheit hinter den Problemen der alten Frau.

Ich selbst hatte ein wenig zu tun, in das Buch hineinzukommen, was daran lag, dass ich Leah selbst als auch ihrer Gastfamilie einschließlich Shawn anfänglich wenig abgewinnen konnte. Sie blieben für mich recht blass und leblos. Anders wurde das, als die Geschichte in Rose’ und Cathys Zeitebene wechselte und ich als Leser mit einer Welt konfrontiert wurde, die das durch religiöse Diktat der katholischen Kirche geprägt war. Leah macht im Laufe der Geschichte eine nachvollziehbare Entwicklung durch und trägt durch ihre Detektivarbeit entscheidend dazu bei, die Geheimnisse der alten Dame zu lüften. Bis zum Ende baute sich die Spannung auf, sodass ich ab etwa der Mitte der Geschichte nicht mehr aufhören konnte zu lesen.

Die Geschichte punktet mit einigen interessanten Figuren und einer absolut spannungs- und emotionsgeladenen Geschichte. Mutig dargestellt fand ich persönlich die Figuren der Rose in der Jetzt-Zeit als auch die der Cathy in den 1960er-Jahren. Besondere Emotionen hat auch John Simmons in mir ausgelöst, der sich über den Roman hinweg auf einem Kreuzzug gegen die Weiblichkeit befand. Ein Mann, wie man ihn sich sehr gut in dieser Position vorstellen kann.

Das Ende des Buches fand ich überraschend, aber in jeder Weise stimmig, so dass ich mit einem befriedigenden Gefühl aus dieser Leserunde scheide.

Vielen herzlichen Dank für das E-Book und die interessante Leserunde, an der auch die Autorin aktiv teilgenommen hat, was mir wirklich gut gefallen hat.

Ich kann dieses Buch allen empfehlen, die sich gern kritisch mit Zeitgeschichte auseinandersetzen und zudem emotionale und spannende Geschichten mögen.

Bewertung vom 28.02.2023
Soldaten im Licht
Hurley, Kameron

Soldaten im Licht


ausgezeichnet

Ein Antikriegsbuch – dennoch oder gerade deswegen nichts für zartbesaitete Gemüter

Ich muss zugeben, dass dieser Roman mich hart gechallenged hat. Nach ungefähr einem Drittel wollte ich das Buch einfach nicht mehr weiterlesen. Denn der Klappentext klang wirklich vielversprechend. Nur konnte ich nach jenem Drittel einfach nichts mehr über Krieg, Schießen, Befehle, Auslöschung, Folter, Wunden, etc. mehr hören. Und nein, das hat nicht nur etwas mit dem Weltgeschehen zu tun, was aktuell zu beobachten ist, sondern auch mit dem, was ich seit meiner Kindheit als Tagesgeschehen erlebe: Gerede vom Kalten Krieg, Krieg hier, Krieg dort, Angst vor Krieg da und Trauma nach dem Krieg anderswo. Und das allezeit präsent in Zeitung, Fernsehen und Handy-Benachrichtigungen.
Aber letztlich ist es genau das, was Kameron Hurley in diesem Hard-Sci-Fi-Zeitreiseroman auf die Spitze treibt: die Sinnlosigkeit aller Kriege, die letztlich nur dem Machtgerangel weniger dienen. Und immer wieder lässt sie die Helden dieses Buches, wenn auch heimlich, die gleiche Frage stellen: Warum machen wir da mit? Ohne das Kanonenfutter, ohne die Soldaten gäbe es keinen Krieg. Warum also, nach allem, was passiert, wird überhaupt noch jemand Soldat? Warum bleibt er es, befolgt weiter Befehle, auch wenn er beginnt, das böse Spiel zu durchschauen? Und Kameron Hurley findet Antworten darauf bzw. lässt ihre Protagonisten die Antworten suchen und letztendlich finden.
Es ist ein versöhnliches Gefühl, mit dem ich dieses Buch beende und doch bin ich zwiegespalten. Dieser Roman hat alles, was ein guter Roman dieses Genres bieten sollte: jede Menge Sci-Fi, eine spannende Story, einen funktionierenden Plot und Charaktere, die im Gedächtnis bleiben. Und zwar so sehr, dass ich dieses Buch nicht noch einmal lesen möchte. Und das es mich hart ankam, all diese Kriegserlebnisse so hautnah geschildert zu bekommen.
Ist es deswegen ein schlechtes Buch, weil meine Nerven es kaum verkraftet haben? Nein.
Kann ich es bedenkenlos weiterempfehlen? Jein.
Dieses Buch ist für all jene, die noch mindestens einen oder eher noch viel mehr Gründe brauchen, um dem Thema Krieg endlich den Rücken zu kehren. Und da der Krieg gerade wieder einmal viel Aufmerksamkeit bekommt, sind das wohl gar nicht so wenige.

Bewertung vom 09.02.2023
Das Schiff der Träume
Martaler, Sophie

Das Schiff der Träume


ausgezeichnet

Eine Schiffsreise zum Mitträumen

Wer sich der Lektüre von »Das Schiff der Träume« widmet, darf sich an einem raschen und gelungenen Einstieg ins Geschehen erfreuen. Nicht nur die Hauptperson Alma begibt sich das erste Mal als Zimmermädchen auf eine Schiffsreise, sondern auch Vincent, der Sohn des Eigners, tritt diese Reise – inkognito – als Besatzungsmitglied an.

Und ebenso rasch häufen sich die Ereignisse, die aus einer für die Besatzung ohnehin anstrengenden Fahrt ein abenteuerliches Durcheinander machen. Da gibt es Schäden am Schiff, die nicht nur dem Kapitän Kopfzerbrechen bereiten, einen Dieb, ein Mädchen und einen jungen Mann in Nöten und mindestens einen blinden Passagier. Und dann wird doch tatsächlich auch noch in der Zeitung über diese Reise geschrieben …

Alma, die in ärmlichen Verhältnissen lebt, sich jedoch regelmäßig eine schönere Zukunft erträumt, fällt die harte Arbeit schwer, aber ihr Mut und ihre Träumerei führen sie tatsächlich vom Mitteldeck in die erste Klasse – und das auf ganz wundersame Weise. Auch an Vincent, dessen Leben bis ins Kleinste vorgeplant ist, geht diese Reise nicht spurlos vorüber und so bleibt bis zum Ende der Geschichte jede Menge Potenzial zum Mitfiebern und Mitträumen.

Tatsächlich hat mir die Geschichte sogar so gut gefallen, dass ich mir einen zweiten Teil vorstellen könnte.

Wer die Goldenen Zwanziger, Luxus und Kreuzfahrtambiente liebt, der dürfte sich von diesem Roman bestens unterhalten fühlen – ich jedenfalls habe gern mitgeträumt und mitgefiebert.

Bewertung vom 02.02.2023
Reisehandbuch Deutschland im Winter - Reiseführer

Reisehandbuch Deutschland im Winter - Reiseführer


sehr gut

Dieser wunderschöne Reiseführer besticht durch seine Handlichkeit und die gefühlvollen Texte, die der Besonderheit des Winters in Deutschland Rechnung tragen. Die Stärke des Umschlags lässt erwarten, dass sich dieser Reiseführer ohne Weiteres auf viele Touren mitnehmen lässt, ohne Schaden zu nehmen.

Zu jedem Ort, der vorgestellt wird, gibt es einen kurzen Textbeitrag, der auf die jeweilige Region eingeht und erahnen lässt, was man dort erfühlen und erleben kann. Mal handelt es sich um kulturelle Highlights, mal um Shoppinghighlights, mal um Naturschönheiten oder Erlebnisse der etwas anderen Art wie Kamelreiten in Bayern bzw. Iglubauen im Allgäu.

Ich persönlich bin ein absoluter Landschaftsfreak, kann mich besonders für Flüsse, Seen, Berge und das Meer begeistern. Hier fehlten mir ein wenig die Geheimtipps. Denn ein Geheimtipp ist etwas, was ich noch nicht kenne. Jetzt könnte man sagen, ich bin viel quer durch Deutschland gereist und habe mir stets ausreichend Zeit für eine Region genommen und mich auch gern von Einheimischen herumführen lassen. Das ist wahr und dennoch hatte ich gehofft, dass auch für mich noch etwas Neues dabei ist. Außer dem Ruhrpott und Ulm war ich jedoch bereits überall. Das ist ein wenig schade, aber vielleicht ist das halt so, wenn man viel reist. Es gibt wenige Überraschungen. Ich gebe dennoch einen Punkt Abzug dafür, weil viele Tipps wie das Eisbaden in der Nordsee zu Neujahr einfach mal kein Geheimtipp sind, sondern Massenveranstaltungen.

Nichtsdestotrotz gefällt mir die Aufmachung dieses Reiseführers, denn die Sprache ist nicht nüchtern-sachlich, man fühlt eher, dass diese Zeilen von Reiselustigen verfasst wurden, die die jeweilige Region wirklich lieben.

Und tatsächlich hätte ich nicht übel Lust, in ein Wohnmobil zu steigen und mich noch einmal quer durch Deutschland treiben zu lassen, eine Huskyfahrt zu unternehmen, den Almabtrieb noch ein weiteres Mal zu erleben oder doch mal ein eigenes Iglu zu bauen.

In Zeiten, in denen man wenig inspiriert ist, aber dennoch mal etwas abseits des Alltags unternehmen möchte oder wenn man zu Besuch bei Freunden in einer Region ist, in der man sich nicht gut auskennt, dann kann ich mir vorstellen, dass dieser Reiseführer ein freundlicher und inspirierender Begleiter ist.

Auf jeden Fall ist »Deutschland im Winter« ein hübsches Geschenk für den Winter oder in der Weihnachtszeit, der Lust macht, hinter dem warmen Ofen vorzukommen und mal etwas abseits des Alltags zu erleben.

Bewertung vom 29.01.2023
Ein Neuanfang für uns / Die Frauen vom Lindenhof Bd.1
Oswald, Katharina

Ein Neuanfang für uns / Die Frauen vom Lindenhof Bd.1


ausgezeichnet

Ein starker Reihenauftakt mit einer starken Protagonistin

Ich mag Bücher über starke Frauen ebenso wie Bücher über Neuanfänge – in diesem Roman ist beides vereint und zwar auf eine äußerst spannende und mitreißende Art und Weise.

Handlung:

Der Leser wird hier in die 1950er-Jahre entführt, eine Zeit, in der die Schäden und Trauma, die der Krieg hinterlassen hat, noch deutlich und schmerzhaft hervortreten. Mariannes Familie ist arm, der Vater verstorben, der Großvater von einem Aufenthalt im KZ gebrochen. Mit Näharbeiten versuchen Mutter und älteste Tochter, die Familie am Leben zu erhalten, aber das ist alles andere als erfolgversprechend. Ein Ausweg könnte da die verfallene Schreinerei ihres Vaters sein, aber der Vater hat Marianne fehlendes Talent bescheinigt. Und doch ist da in ihr dieser Drang, sich mit diesem Handwerk zu verwirklichen und damit die Familie zu ernähren. Und als ihr dann die Idee kommt, dieses Handwerk nicht nur zu erlernen, sondern dazu zu nutzen, hübsche Puppenstubenmöbel zu fertigen, nimmt die Handlung so richtig Fahrt auf, ohne dass der Spannungsbogen bis zum Ende abreißt.

Figurenzeichnung:

Die Figuren in diesem Roman sind sehr bildhaft beschrieben, besonders Marianne war für mich sehr greifbar. Nicht nur das Schicksal ist in dieser Geschichte ihr Gegenspieler, sondern auch der angehende Verlobte ihrer Schwester Henni, der immer wieder versucht, Marianne auf ihren angestammten Platz als Frau zu verweisen. In einer Zeit, in der Frauen Männerarbeiten zwar mangels Männern übernehmen mussten, aber kaum etwas ohne männlichen Vormund verwirklichen durften, wächst Marianne jedoch glaubhaft über sich selbst hinaus. Fazit: Hier gelingt ein spannender Reihenauftakt über die Frauen vom Lindenhof, der mich besonders wegen der Faszination für Puppenmöbel begeisterte. Auch dass die Liebesgeschichte zwischen Marianne und ihrem Alexandre ganz ohne explizite Sexszenen auskommt, hat mir gefallen.



Dieses Buch lege ich allen Frauen ans Herz, die sich nicht nur für starke Frauen, sondern auch fürs Handwerk und Selfmadewomen begeistern können. Ich vergebe zufriedene 5 Sterne.

Dass ich die Reihe wahrscheinlich nicht weiterverfolgen werde, liegt einzig und allein daran, dass mir die Leseprobe zu Teil 2 gar nicht gefallen hat. Aber das ist, wie so vieles, sicherlich Geschmacksache.

Was mich hier jedoch wirklich begeistert hat, sind die Arbeiten an den Puppenstubenmöbeln. Es gibt vermutlich kaum eine größere Puppenstubenmöbelliebhaberin als mich.